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In Art. 15 Abs.1 c) DSGVO heißt es:
die Empfänger oder Kategorien von Empfängern, gegenüber denen die personenbezogenen Daten offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, insbesondere bei Empfängern in Drittländern oder bei internationalen Organisationen"
Was aber gilt, wenn eine konkrete DSGVO-Auskunft von einem Betroffenen verlangt wird? Reicht es auch hier, lediglich Kategorien zu nennen?
Diese Frage hat der EuGH nun mit einem klaren "Nein" beantwortet. Bei einer individuellen DSGVO-Auskunft müssen grundsätzlich die Empfänger-Adressaten einzeln benannt werden:
Es obliegt den Mitgliedstaaten, dafür zu sorgen, dass die parallele Einlegung dieser Rechtsbehelfe die gleichmäßige und einheitliche Anwendung dieser Verordnung nicht beeinträchtigt
Im April 2019 nahm BE an der Hauptversammlung einer Aktiengesellschaft teil, deren Aktionär er ist, und richtete bei dieser Gelegenheit Fragen an die Mitglieder des Verwaltungsrats und an andere Teilnehmer. Im Anschluss forderte er die Gesellschaft auf, ihm den während der Hauptversammlung aufgezeichneten Tonmitschnitt zu übermitteln.
Die Gesellschaft stellte ihm jedoch nur die Abschnitte der Aufzeichnung zur Verfügung, die seine eigenen Beiträge wiedergaben, nicht aber jene der anderen Teilnehmer, selbst wenn es sich hierbei um die Antworten auf seine Fragen handelte.
BE beantragte daraufhin bei der nach der Allgemeinen Datenschutzverordnung (DSGVO) zuständigen ungarischen Aufsichtsbehörde, der Gesellschaft aufzugeben, ihm die fragliche Aufzeichnung zu übermitteln.
Da die Behörde seinen Antrag ablehnte, erhob BE eine verwaltungsrechtliche Klage gegen die ablehnende Entscheidung beim Hauptstädtischen Stuhlgericht Budapest. Parallel dazu erhob er auch bei den ungarischen Zivilgerichten eine Klage gegen die Entscheidung der Gesellschaft über die Verweigerung des Zugangs. Diese Klage stützte sich auf eine Bestimmung der DSGVO, die jeder Person, die der Ansicht ist, dass die ihr durch diese Verordnung garantierten Rechte verletzt wurden, das Recht auf einen wirksamen gerichtlichen Rechtsbehelf verleiht.
Das erste dieser Verfahren ist noch anhängig; die im zweiten Verfahren angerufenen ungarischen Zivilgerichte stellten jedoch bereits in einem rechtskräftig gewordenen Urteil fest, dass die Gesellschaft das Recht von BE auf Zugang zu seinen personenbezogenen Daten verletzt habe.
Das Hauptstädtische Stuhlgericht Budapest fragt den Gerichtshof, ob es im Rahmen der Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Entscheidung der nationalen Aufsichtsbehörde an das rechtskräftige Urteil der Zivilgerichte gebunden sei, das sich auf denselben Sachverhalt und dieselbe Behauptung eines Verstoßes gegen die DSGVO durch die betreffende Gesellschaft beziehe. Da eine parallele Einlegung von verwaltungs- und zivilrechtlichen Rechtsbehelfen zu einander widersprechenden Entscheidungen führen könne, möchte das ungarische Gericht außerdem wissen, ob einer der Rechtsbehelfe gegenüber dem anderen Vorrang habe.
Der Gerichtshof erinnert daran, dass die DSGVO Personen, die einen Verstoß gegen deren Bestimmungen geltend machen, verschiedene Rechtsbehelfe bietet, wobei jeder dieser Rechtsbehelfe „unbeschadet“ der anderen eingelegt werden können muss.
Somit sieht die Verordnung weder eine vorrangige oder ausschließliche Zuständigkeit noch einen Vorrang der Beurteilung der Aufsichtsbehörde oder eines Gerichts zum Vorliegen einer Verletzung der betreffenden Rechte vor. Folglich können die in der DSGVO vorgesehenen verwaltungs- und zivilrechtlichen Rechtsbehelfe nebeneinander und unabhängig voneinander eingelegt werden.
Was die Gefahr einander widersprechender Entscheidungen der betroffenen nationalen Verwaltungsbehörden und Gerichte betrifft, betont der Gerichtshof, dass es den Mitgliedstaaten obliegt, durch den Erlass der hierfür erforderlichen Verfahrensvorschriften und in Ausübung ihrer Verfahrensautonomie sicherzustellen, dass die in der DSGVO nebeneinander und unabhängig voneinander vorgesehenen Rechtsbehelfe weder die praktische Wirksamkeit und den effektiven Schutz der durch diese Verordnung garantierten Rechte noch die gleichmäßige und einheitliche Anwendung ihrer Bestimmungen oder das Recht auf einen wirksamen Rechtsbehelf bei einem Gericht in Frage stellen.
Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-132/21 | Nemzeti Adatvédelmi és Információszabadság Hatóság
Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 12.01.2023
Das Landgericht hat die Angeklagten, zwei frühere Vorstände für den Bereich Personal und zwei frühere Personalleiter der Volkswagen AG, vom Vorwurf der Untreue freigesprochen.
Gegenstand des Urteils war die Gewährung von Arbeitsentgelten (Monatsentgelte und freiwillige Bonuszahlungen) an freigestellte Betriebsräte in den Jahren 2011 bis 2016, die die Zahlungen an die betriebsverfassungsrechtlich zutreffenden Vergleichsgruppen erheblich überstiegen.
Hierdurch entstand der Volkswagen AG ein Schaden von mehr als 4,5 Millionen Euro. Nach Ansicht des Landgerichts haben die Angeklagten durch die Umstufung der Betriebsräte in deutlich höhere, dem "Managementkreis" vorbehaltene Entgeltgruppen und die Gewährung freiwilliger Bonuszahlungen von jährlich 80.000 Euro bis 560.000 Euro je Betriebsrat den objektiven Tatbestand einer Untreue erfüllt.
Ihnen fehle aber der erforderliche Vorsatz, weil sie sich auf die Einschätzungen interner und externer Berater verlassen beziehungsweise ein bestehendes Vergütungssystem vorgefunden und irrtümlich angenommen hätten, mit ihren jeweiligen bewilligenden Entscheidungen keine Pflichten zu verletzen.
Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Freisprüche aufgehoben.
Zwar ist das Landgericht im Ausgangspunkt zutreffend davon ausgegangen, dass der objektive Tatbestand einer Untreue nach § 266 Abs. 1 Strafgesetzbuch erfüllt sein kann, wenn ein Vorstand oder Prokurist einer Aktiengesellschaft unter Verstoß gegen das betriebsverfassungsrechtliche Begünstigungsverbot einem Mitglied des Betriebsrats ein überhöhtes Arbeitsentgelt gewährt.
Die vom Landgericht hierzu getroffenen Urteilsfeststellungen genügen aber nicht den gesetzlichen Darstellungsanforderungen. Der Senat vermag daher nicht zu beurteilen, ob die Bewilligung der monatlichen Entgelte und Bonuszahlungen den betriebsverfassungsrechtlichen Grundsätzen widerspricht und ob das Landgericht auf zutreffender Grundlage einen Vorsatz der Angeklagten verneint hat.
So ist dem Urteil insbesondere nicht zu entnehmen, nach welchem System die Vergütung von Angestellten der Volkswagen AG generell geregelt war, welche Kriterien für die Einordnung in "Kostenstellen" und "Entgeltgruppen" galten, nach welchen Regeln ein Aufstieg in höhere "Entgeltgruppen" sowie in die verschiedenen "Managementkreise" vorgesehen war und welche Maßstäbe den Entscheidungen über die Gewährung von Bonuszahlungen sowie über deren Höhe zugrunde lagen.
Darüber hinaus weist auch die Beweiswürdigung des Landgerichts zum Vorsatz der Angeklagten einen Rechtsfehler auf. Sie ist lückenhaft, weil das Landgericht insoweit allein die Einordnung der Betriebsratsmitglieder in bestimmte Entgeltstufen in den Blick genommen, jedoch die ihnen über ihre Grundgehälter hinaus gewährten Bonuszahlungen – die teilweise die Grundgehälter erheblich überstiegen – außer Betracht gelassen hat.
Vorinstanz:
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 10.01.2022
Inhaltlich ging es um die erneute Entfernung eines User-Videos auf YouTube.
Der Gläubiger hatte gegen die unberechtigte Löschung in der Vergangenheit einen gerichtlichen Unterlassungstitel gegen die Plattform erwirkt. Dies kümmerte YouTube jedoch nicht weiter, sondern das Unternehmen entfernte die Filmaufnahme erneut:
Eine dreimalige Verwarnung binnen 90 Tagen geht bei der Schuldnerin mit einer Kanal-Löschung einher. Ferner bedeutet die zweimalige Verwarnung für den Nutzer, dass er zwei Wochen lang keine Videos hochladen, Beiträge posten oder Inhalte live streamen kann.
Eine Mitteilung an den Gläubiger, welche Passagen oder sonstigen Inhalte seines Videos gegen welche Regelung der Schuldnerin verstoßen haben sollen, insb. unter Angabe eines Timecodes, erfolgte bei der erneuten Löschung und zweiten Verwarnung (wieder) nicht.
Die Beschwerde des Gläubigers gegen die erneute Löschung wies die Schuldnerin am 17.05.2022 zurück. Zugunsten der Schuldnerin ist ihr Vortrag (zu dem der Gläubiger noch keine Gelegenheit zur Stellungnahme hatte) zu unterstellen, dass sie das Video am 19.05.2022 wieder eingestellt hat. Die Schuldnerin ist nach unstreitigem Vortrag des Gläubigers ohne weiteres in der Lage, Videos innerhalb von 48 Stunden wiederherzustellen."
Insbesondere ist es nicht hinnehmbar, dass die Schuldnerin für die Befolgung des Unterlassungstitels eine volle Woche benötigte, obwohl ihr ein weitaus schnelleres Tätigwerden möglich wäre. Das gesamte Vorgehen der Schuldnerin im vorliegenden Fall offenbart einen laxen Umgang mit dem gerichtlichen Titel.
Unterstellt man zu ihren Gunsten, dass die erneute Löschung und Verwarnung nicht vorsätzlich erfolgten, so liegt ein erheblicher Grad von Fahrlässigkeit jedenfalls darin, dass die Schuldnerin ihr Unternehmen offensichtlich nicht so organisiert hat, dass ihr eine zügige Befolgung gerichtlicher Entscheidungen verlässlich gelingt. Das Zusammentreffen dieser Säumigkeit mit den weiteren genannten Fehlleistungen der Schuldnerin rechtfertigt bereits ein nennenswertes Ordnungsgeld.
Für den Gläubiger bedeutete die zweite Verwarnung ein erhebliches Risiko einer Kanal-Löschung und unmittelbare negative Folgen in der Nutzbarkeit seines Kanals. Nachdem die Schuldnerin sogar die Beschwerde des Gläubigers gegen die erneute Löschung zurückgewiesen hatte, musste der Gläubiger befürchten, für beachtliche Zeit nicht mehr auf YouTube hochladen und posten zu können, also - unter Verstoß gegen einen von ihm erwirkten Titel - vorübergehend insoweit mundtot gemacht zu werden."
Dahinstehen kann, ob - wie die Schuldnerin meint - nicht auf ihre Konzernzugehörigkeit, sondern nur auf sie als (Tochter-)Unternehmen abzustellen ist, was nach Auffassung der Kammer schon deswegen nicht zutrifft, weil etwa im Fall von Gewinnverlagerungen bzw. Gewinnabführungsverträgen Titelverstöße in einem Tochterunternehmen vorkommen können, welches nur aus konzerninternen/steuerlichen Gründen finanzschwach ist.
Allgemeinbekannt generiert die Schuldnerin jedenfalls immense Werbeeinnahmen, was etwa die französische Datenschutzbehörde dazu veranlasste, wegen erheblicher Datenschutzverstöße Bußgelder von 60 Mio. Euro im Januar 2022 und von 40 Mio. Euro im Dezember 2020 zu verhängen (...). Die Gelegenheit, zu ihren wirtschaftlichen Verhältnissen im Rahmen ihrer Beschwerdeschrift vorzutragen, hat die Schuldnerin nicht genutzt."
Bei dem Fall ging es um den Mitarbeiter eines Rettungsdienstes. In seiner Freizeit hatte er eine SMS seines Arbeitgebers erhalten, wonach sein Dienstplan sich aufgrund aktueller Ereignisse änderte. Der Arbeitnehmer las die SMS erst zu Dienstantritt und reagierte somit verspätet.
Der Arbeitgeber sprach daraufhin eine arbeitsrechtliche Abmahnung aus, weil er der Ansicht war, dass der Mitarbeiter seine arbeitsvertraglichen Pflichten verletzt habe. Er hätte auch in seiner Freizeit die Nachricht lesen und reagieren müssen.
Das LAG Kiel folgte dieser Ansicht nicht, sondern gab dem Arbeitnehmer Recht:
Vorher war eine Kenntnisnahme durch den Kläger nicht zu erwarten. Der Kläger ist nicht verpflichtet, während seiner Freizeit eine dienstliche SMS aufzurufen, um sich über seine Arbeitszeit zu informieren und damit zugleich seine Freizeit zu unterbrechen. (...)
Beim Lesen einer SMS, mit der der Arbeitgeber sein Direktionsrecht im Hinblick auf Zeit und Ort der Arbeitsausübung konkretisiert, handelt es sich um Arbeitszeit. Der Kläger erbringt mit dem Lesen eine Arbeitsleistung. (...)
In seiner Freizeit steht dem Kläger dieses Recht auf Unerreichbarkeit zu. Freizeit zeichnet sich gerade dadurch aus, dass Arbeitnehmer/innen in diesem Zeitraum den Arbeitgeber/innen nicht zur Verfügung stehen müssen und selbstbestimmt entscheiden können, wie und wo sie diese Freizeit verbringen.
In dieser Zeit müssen sie gerade nicht fremdnützig tätig sein und sind nicht Bestandteil einer fremdbestimmten arbeitsrechtlichen Organisationseinheit und fungieren nicht als Arbeitskraft. Es gehört zu den vornehmsten Persönlichkeitsrechten, dass ein Mensch selbst entscheidet, für wen er/sie in dieser Zeit erreichbar sein will oder nicht (LAG Thüringen, Urteil vom 16.05.2018 – 6 Sa 442/17 – Juris, Rn. 43). Ob der Kläger einer Weisung, die ihm in seiner Freizeit zur Kenntnis gelangt ist, folgen müsste, braucht hier nicht entschieden zu werden."
Arbeit wird nicht deswegen zur Freizeit, weil sie nur in zeitlich ganz geringfügigem Umfang anfällt.
Das Recht auf Nichterreichbarkeit dient neben der Gewährleistung des Gesundheitsschutzes des Arbeitnehmers durch Gewährleistung ausreichender Ruhezeiten (§ 5 Abs. 1 ArbZG) auch dem Persönlichkeitsschutz (LAG Thüringen, aaO.). Es ist also auch dann zu beachten, wenn – wie hier – die Ruhezeit nach § 5 Abs. 1 Arbeitszeitgesetz durch die Arbeitsaufnahme nicht unterbrochen wird, weil diese zum Zeitpunkt der Dienstplanänderung bereits abgelaufen war (...)"
Der Rat der Stadt Köln änderte im Mai 2022 die Sondernutzungssatzung und erließ neue Gebührentarife. Danach können Betreiber von E-Scooter-Verleihsystemen mit Gebühren von 85 bis 130 Euro pro Fahrzeug und Jahr belegt werden.
Auf Grundlage der so geänderten Satzung setzte die Stadt Köln Ende Juli 2022 gegen die im Stadtgebiet aktiven Verleiher Gebühren in Höhe von bis zu 450.000 Euro fest. Sie begründete dies unter anderem damit, dass von ordnungswidrig auf Fuß- und Radwegen abgestellten E-Scootern erhebliche Beeinträchtigungen für die Allgemeinheit ausgingen.
Gegen die Gebührenbescheide erhoben die E-Scooter-Verleiher Bolt, LimeBike, TIER und VOI Ende August 2022 jeweils Klage beim Verwaltungsgericht Köln. TIER stellte zudem einen Eilantrag.
Die Betreiber machen geltend, dass die Gebühren praktisch dazu führten, das Angebot von E-Scootern im Stadtgebiet zu verhindern. Dies widerspreche dem Fahrrad- und Nahmobilitätsgesetz (FaNaG NRW). Zudem seien die Gebühren unverhältnismäßig hoch im Vergleich zu denen für Leihfahrräder und Carsharing-Angeboten.
Dem ist das Gericht nicht gefolgt und hat zur Begründung ausgeführt: Die Gebühren tragen dem Umstand Rechnung, dass es infolge der Verleihsysteme der Klägerinnen immer wieder zu Behinderungen auf Fuß- und Radwegen durch nicht ordnungsgemäß abgestellte oder umgefallene E-Scooter kommt. Ähnliches kommt in Bezug auf Leihfahrräder seltener vor. Zudem leisten sowohl Bike- als auch Carsharing-Angebote einen größeren Beitrag zur Reduzierung des individuellen Autoverkehrs als E-Scooter.
Die Gebühren führen auch nicht dazu, dass jegliche Form des E-Scooter-Verleihs unwirtschaftlich wird. Das FaNaG NRW bezweckt nicht den Schutz des spezifischen Geschäftsmodells der Klägerinnen.
Gegen die Urteile steht den Beteiligten die Berufung und gegen den Eilbeschluss die Beschwerde zu, über die jeweils das Oberverwaltungsgericht in Münster entscheiden würde.
Az.: 21 K 4871/22, 21 K 4874/22, 21 K 4923/22, 21 K 5019/22, 21 L 1439/22
Quelle: Pressemitteilung des VG Köln v. 11.01.2023
Der Kläger ist ein eingetragener Verein mit dem Zweck der Durchsetzung des Rechts gegen den unlauteren Wettbewerb. Die Beklagte ist Händlerin für Möbel und Küchen. Sie betreibt ein Möbelhaus in München.
Das Möbelhaus hatte am 19. August 2021 zu den sogenannten „KüchenTagen“ des Möbelhauses eine Werbeanzeige in einer Tageszeitung abgedruckt.
Der Verein nahm das Möbelhaus im Hinblick auf diese Werbeanzeige auf Unterlassung in Anspruch und verlangte die Erstattung der außergerichtlich angefallenen Rechtsverfolgungskosten.
Die 17. Handelskammer hat die konkrete Gestaltung der Werbeanzeige als irreführend für Verbraucher eingestuft und der Klage daher stattgegeben.
Für die Leser der Anzeige sei schon nicht klar ersichtlich, wie lange die beworbene Rabattaktion laufe. Auf der Werbeanzeige finde sich blickfangmäßig herausgestellt das Datum des 21.08., im Kleingedruckten sei jedoch ein Hinweis auf das Datum des 31.08.2021 enthalten.
Um den Vorwurf einer Irreführung über die Laufzeit der Rabattaktion auszuschließen, wäre es erforderlich gewesen, die Teilnahmebedingungen unmittelbar den blickfangmäßig herausgestellten Angaben zuzuordnen und so den Verbraucher aufzuklären. Eine solch eindeutige Aufklärung über die Teilnahmebedingungen fehle jedoch in der streitgegenständlichen Werbeanzeige. Selbst wenn man zu Gunsten des Möbelhauses unterstelle, dass der Verbraucher den Hinweis auf das Aktionsende zum 31.08.2021 zur Kenntnis nehme, bliebe er im Ungewissen darüber, was die Befristung bedeute.
Der Entscheidungsdruck, der durch die Befristung des Angebots im Blickfang auf den 21.08. aufgebaut werde, könne durch eine solch uneindeutige weitere Datumsangabe im Kleingedruckten jedenfalls nicht beseitigt werden. Es sei insofern auch zu berücksichtigen, dass die Ankündigung von Preissenkungen wegen der Behauptung einer nur aktuell bestehenden Preisgünstigkeit eine stark anlockende Wirkung auf den Leser ausübe.
Die Kammer sah die blickfangmäßig herausgestellten Rabattzahlen zumindest als uneindeutig an. Der Leser bliebe im Zweifel, ob die Anzeige 20% und 20%, also insgesamt 40% Rabatt anpreise, oder nur jeweils 20% auf verschiedene Produkte.
Eine solch blickfangmäßig her-ausgestellte Aussage, die isoliert betrachtet zur Täuschung geeignet sei, könne jedoch nur durch einen klaren und unmissverständlichen Hinweis korrigiert werden, der selbst am Blick-fang teilhat. An einem solchen Hinweis fehle es hier. Das von der Beklagten angeführte Kleingedruckte im unteren Teil der Werbeanzeige reiche insoweit nicht aus.
Quelle: Pressemitteilung des LG München I v. 12.01.2023
Der Kläger war User bei der Online-Plattform Facebook und verlangte wegen Datenschutzverstößen eine Geldentschädigung. Es ging dabei um die öffentlich zugänglich Daten des Klägers, die Dritte von den Facebook-Seiten abgreifen und konzentriert sammeln konnten (sog. Scraping).
Das Gericht sah eine Verletzung der Informations- und Aufklärungspflichten durch Facebook, da die erfolgten Datenverarbeitungen nicht ausreichend transparent gewesen seien:
Die Kammer vermochte nicht festzustellen, dass die Beklagte den Kläger bei Datenerhebung über den Zweck, seine Mobilfunknummer über die „Zwei-Faktor-Authentifizierung“ hinaus auch für das durch sie verwendete CIT zu verwenden, aufgeklärt hat. Eine solche Aufklärung kann weder bei Hinzufügen der Mobilfunknummer im Rahmen der Registrierung unter Bezugnahme der Datenrichtlinie noch bei späterem Hinzufügen der Mobilfunknummer in der Rubrik „Handy-Einstellungen“ festgestellt werden."
Denn die von ihr behaupteten „Anti-Scraping-Maßnahmen“ sind (...) für sich allein nicht geeignet, um ein dem Risiko angemessenes Schutzniveau zu gewährleisten. Das CIT [Contact-Import-Tool] ermöglicht einen unbefugten Zugang i.S.d. Art. 32 Abs. 2 DSGVO.
Beim Zugang zu Daten geht die entscheidende Aktivität vom Empfänger der Daten aus. Der Verantwortliche muss lediglich durch die Ausgestaltung der technischen Bedingungen die Daten grundsätzlich zum Abruf durch Dritte ermöglichen. Dieses Bereithalten der Daten zum Abruf kann z.B. durch das Einräumen von Zugriffsrechten im Rahmen von Netzwerken oder durch Einstellung in eine Datenbank, auf die auch Dritte zugreifen können, erfolgen (...).
So liegt der Fall hier, da das CIT zweckwidrig nicht zum Auffinden von persönlichen Kontakten auf G sondern entgegen der Nutzungsbedingungen der Beklagten zu Missbrauchszwecken genutzt werden konnte und wurde. Es wird Dritten eine Zuordnung von Telefonnummer zum Facebook-Profil, bei dem diese angegeben wurde, ermöglicht. Dementsprechend wird in Erfahrung gebracht, welche Person hinter der Telefonnummer steht. Hierbei können durch den Rückgriff auf das G-Profil gleichzeitig weitere Informationen über die Person eingeholt werden. Dies birgt für die Nutzer das Risiko von gezielten Phishing-Attacken, Identitätsdiebstahl und weiteren Missbrauch der Daten und damit dem Eintritt von materiellen oder immateriellen Schäden."
Die Gefahr einer Veröffentlichung aller zusammengetragenen Daten, darunter insbesondere die Verknüpfung von Telefonnummer und Name, ist, wie der vorliegende Datenscraping-Fall aufzeigt, besonders hoch. „Scraping“ ist weit verbreitet und entsprechende Versuche bei dem weltweit genutzten sozialen Netzwerk der Beklagten auch aus einer ex-ante-Sicht zu erwarten gewesen."
Eine Reduzierung des klägerseits angegebenen Mindestbetrages war indes gerechtfertigt, da die Kammer keine besondere persönliche Betroffenheit feststellen konnte. Weder hat der Kläger sein Facebook-Pprofil gelöscht und seine Handynummer geändert, noch sonstige Maßnahmen ergriffen, um seine Daten zu schützen.
Zudem ist das Vorbringen der Beklagten, die „Suchbarkeits-Einstellung“ sei bei dem Kläger seit dem 07.10.2016 auf „Alle“ eingestellt (Anlage B17), auf Klägerseite unwidersprochen geblieben, sodass die Kammer davon ausgehen muss, dass eine Änderung der „Suchbarkeits-Einstellung“ nicht stattgefunden hat. Diese Umstände verdeutlichen, dass der objektive Kontrollverlust der personenbezogenen Daten den Kläger jedenfalls subjektiv nicht so stark getroffen hat, da der streitgegenständliche „Scraping-Vorfall“ den Kläger offenbar nicht dazu angehalten hat selbst Konsequenzen zu ziehen und einem möglichen Missbrauch der Daten in Zukunft aktiv entgegenzutreten.
Zudem ist zu berücksichtigen, dass die streitgegenständlichen Daten bislang nicht missbraucht wurden und daher von einer weniger hohen Gefährdung auszugehen ist (...)."
Die Gerichte AG Strausberg (Urt. v. 13.10.2022 - Az.: 25 C 95/21), LG Essen (Urt. v. 10.11.2022 - Az.: 6 O 111/22) und LG GIeßen (Urt. v. 05.11.2022 - Az.: 5 O 195/22) hingegen sind anderer Ansicht und haben entsprechende Klagen abgewiesen.
Die Parteien stritten um die Zahlung einer Maklerprovision.
Die Klägerin war eine Kreissparkasse, der Beklagte wollte eine Immobilie erwerben.
Der Beklagte erhielt von der Klägerin einen Link zu einem Web-Exposé. Auf der Startseite hieß es dort:
(anhakbares Feld) Ich bestätige, den „Maklervertrag Interessent, die Informationen für den Verbraucher und die Widerrufsbelehrung“ vollständig gelesen und verstanden zu haben. Ich nehme das Angebot auf Abschluss eines Maklervertrags mit Kauf-/Mietinteressenten an. Durch meine Annahmeerklärung kommt der Maklervertrag zwischen mir und der Kreissparkasse (...) zustande.
(anhakbares Feld) Mir wurden die Widerrufsbelehrung und das Musterwiderrufsformular per E-Mail zugesendet …*
(anklickbares Feld) Senden
(anklickbares Feld) Maklervertrag herunterladen
*Pflichtangabe …“
Nachdem es zum Kauf der Immobilie kam, weigerte sich der Beklagte, die Provision zu zahlen.
Zu Recht, wie nun das LG Stuttgart entschied.
Denn es sei kein wirksamer Vertrag geschlossen worden, da die gesetzlichen Regelungen zum Bestellbutton (§ 312j Abs.3 BGB) nicht eingehalten worden seien.
Die Norm verpflichte den Unternehmer bei einer kostenpflichtigen Online-Bestellung die Schaltfläche des Bestell-Buttons hinreichend deutlich zu beschriften, z.B. durch "zahlungspflichtig bestellen" oder vergleichbare Texte.
a) Nach § 312j Abs. 3 BGB hat der Unternehmer die Bestellsituation so zu gestalten, dass der Verbraucher mit seiner Bestellung ausdrücklich bestätigt, dass er sich zur Zahlung verpflichtet. Erfolgt die Bestellung über eine Schaltfläche, ist die Pflicht des Unternehmers nur dann erfüllt, wenn diese Schaltfläche gut lesbar mit nichts anderem als den Wörtern „zahlungspflichtig bestellen“ oder mit einer entsprechenden eindeutigen Formulierung beschriftet ist.
bb) Das anklickbare Feld „Senden“ sowie die anhakbaren Felder sind Schaltflächen im Sinne des § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB, denn Schaltfläche im Sinne der Vorschrift sind alle virtuellen Bedienknöpfe (...).
cc) Die Schaltfläche war nicht mit den Worten „zahlungspflichtig bestellen“ oder einer ähnlich eindeutigen Beschriftung versehen. Die Beschriftung der Schaltfläche muss dem Verbraucher eindeutig und zweifelsfrei vor Augen führen, dass er durch die Betätigung der Schaltfläche einen Vertrag schließt und durch den Abschluss des Vertrags zu einer „Zahlung“ (§ 312j Abs. 2 BGB) verpflichtet wird. Auf den übrigen Seiteninhalt kommt es nicht an. Diesen Anforderungen genügt das Wort „Senden“ nicht."
Die Argumentation der Klägerin verkennt zum einen schon, dass die Vorschriften des Verbraucherschutzes nicht dazu dienen, Unternehmern den Vertragsschluss mit Verbrauchern zu erleichtern, sondern die Verbraucher vor dem unbeabsichtigten Eingehen einer vertraglichen Verpflichtung (sogenannte „Kostenfalle“) zu schützen (...). Insbesondere hatte der Gesetzgeber Fallkonstellationen im Blick, in denen eine vermeintlich oder zunächst kostenlose Leistung mit einer künftigen Zahlungspflicht verknüpft wird (insbes. sog. „Abofallen“). Es geht nicht darum, dass der Verbraucher sofort etwas bezahlen muss, sondern darum, dass er (überhaupt oder irgendwann) eine Zahlungsverpflichtung eingeht.
Das Wort „zahlungspflichtig“ ist folglich nicht allein deshalb irreführend, weil die Maklerprovision nicht sofort, sondern erst mit Abschluss des vermittelten Geschäfts fällig wird. Dass der Maklervertrag für den Kunden der Klägerin „zahlungspflichtig“ ist, zeigt sich aber schon daran, dass die Klägerin für ihre Leistung von ihren Kunden eine Zahlung verlangt. Insbesondere verlangt die Klägerin vom Beklagten für die streitgegenständliche Tätigkeit einen Betrag von knapp 30.000,00 Euro. Mithin ist die Leistung der Klägerin nach ihrem Willen keinesfalls kostenlos.
Auch das Wort „bestellen“ ist nicht irreführend. „Bestellen“ kann vielmehr zwanglos auch so verstanden werden, dass irgendeine Art von Vertrag geschlossen werden soll. Andernfalls hätte der Gesetzgeber die Vorschrift des § 312j Abs. 3 Satz 2 BGB auch ausschließlich auf die Lieferung von Waren beschränkt und Dienstleistungen nicht ausdrücklich mit eingeschlossen (§ 312i Abs. 1 BGB).
Ohnehin hat der Beklagte auch nach dem Verständnis der Klägerin etwas „bestellt“, nämlich das vollständige Exposé zu der streitgegenständlichen Immobilie.
ee) Demnach kann dahinstehen, ob neben der gesetzlich vorgesehenen Bezeichnung im streitgegenständlichen Fall auch weitere Bezeichnungen für die streitgegenständliche Schaltfläche ausreichend gewesen wären, etwa „provisionspflichtigen Maklervertrag abschließen“ oder „provisionspflichtig beauftragen“."
Aus der Pressemitteilung:
Nach dem jetzigen Verfahrensstand geht das Bundeskartellamt davon aus, dass die neuen Vorschriften für Digitalkonzerne (§ 19a GWB) einschlägig sind und Google deshalb seine Datenverarbeitungskonditionen und die darauf gestützte Praxis anpassen muss."
Die Konditionen sehen vor, dass Google Daten, z.B. mithilfe seiner zahlreichen eigenen, teils sehr reichweitenstarken Dienste, wie der Google Suche, YouTube, Google Play, Google Maps und dem Google Assistant, aber auch mithilfe von zahlreichen Webseiten und Apps Dritter, für verschiedenste Zwecke erheben und dienstübergreifend verarbeiten kann. Dies betrifft auch Daten aus sog. Hintergrunddiensten von Google, wie den Play Services, die teilweise regelmäßig Daten von Android-Geräten erheben.
Das Bundeskartellamt ist zu der vorläufigen Einschätzung gelangt, dass die Nutzerinnen und Nutzer auf der Basis der aktuellen Konditionen keine ausreichende Wahl haben, ob und inwieweit sie mit dieser weitreichenden dienstübergreifenden Verarbeitung ihrer Daten einverstanden sind."
Am Ende kann es zu einer Einstellung des Verfahrens, Verpflichtungszusagen des Unternehmens oder einer Untersagung durch die Kartellbehörde kommen. Eine abschließende Entscheidung in der Sache wird voraussichtlich im Jahr 2023 ergehen."
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Newsletter
vom 18.01.2023
Betreff:
Rechts-Newsletter 3. KW / 2023: Kanzlei Dr. Bahr
1. EuGH: Bei DSGVO-Auskunft müssen konkrete Empfänger benannt werden, Kategorien-Nennung nicht ausreichend
2. EuGH: Zivil- und verwaltungsrechtliche DSGVO-Rechtsbehelfe können nebeneinander und unabhängig voneinander geltend gemacht werden
3. BGH: Freisprüche um Vergütung der Volkswagen-Betriebsräte aufgehoben
4. LG Karlsruhe: Für unberechtigte Löschung eines YouTube-Videos Verhängung von 90.000,- EUR Ordnungsgeld angemessen
5. LAG Kiel: Dienst-SMS muss in der Freizeit nicht gelesen werden
6. VG Köln: Sondernutzungsgebühren für E-Scooter rechtmäßig
7. LG München I: Irreführende Blickfang-Werbung für Rabattaktion einer Möbelhändlerin
8. LG Paderborn: 500,- EUR DSGVO-Schadensersatz gegen Facebook wegen Daten-Scraping durch Dritte
9. LG Stuttgart: Keine Ansprüche aus Online-Maklervertrag, wenn Bestell-Button nur Beschriftung "Senden" trägt
10. Bundeskartellamt mahnt Google wegen zu weitreichender Datenverarbeitung ab
Die einzelnen News:
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1. EuGH: Bei DSGVO-Auskunft müssen konkrete Empfänger benannt werden, Kategorien-Nennung nicht ausreichend
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Der EuGH hat eine sehr praxisrelevante und umstrittene Frage, die sich im Rahmen einer DSGVO-Auskunft stellte, beantwortet: Reicht es bei einer Auskunft nach Art. 15 DSGVO aus, lediglich die Kategorie von Empfängern zu benennen oder müssen jeweils die konkreten Empfänger benannt werden? Antwort: Die konkreten Empfänger (EuGH, Urt. v. 12.01.2023 - Az.: C-154/21).
"Die betroffene Person hat das Recht, von dem Verantwortlichen eine Bestätigung darüber zu verlangen, ob sie betreffende personenbezogene Daten verarbeitet werden; ist dies der Fall, so hat sie ein Recht auf Auskunft über diese personenbezogenen Daten und auf folgende Informationen: (...)
Bei einer normalen Datenschutzerklärung (z.B. auf einer Webseite) reicht es somit aus, die potenziellen Datenempfänger nach bloßen Kategorien zu benennen, ohne die konkreten Firmen zu erwähnen.
"Art. 15 Abs. 1 Buchst. DSGVO ist dahin auszulegen, dass das in dieser Bestimmung vorgesehene Recht der betroffenen Person auf Auskunft über die sie betreffenden personenbezogenen Daten bedingt, dass der Verantwortliche, wenn diese Daten gegenüber Empfängern offengelegt worden sind oder noch offengelegt werden, verpflichtet ist, der betroffenen Person die Identität der Empfänger mitzuteilen, es sei denn, dass es nicht möglich ist, die Empfänger zu identifizieren, oder dass der Verantwortliche nachweist, dass die Anträge auf Auskunft der betroffenen Person offenkundig unbegründet oder exzessiv im Sinne von Art. 12 Abs. 5 der Verordnung 2016/679 sind; in diesem Fall kann der Verantwortliche der betroffenen Person lediglich die Kategorien der betreffenden Empfänger mitteilen."
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2. EuGH: Zivil- und verwaltungsrechtliche DSGVO-Rechtsbehelfe können nebeneinander und unabhängig voneinander geltend gemacht werden
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Die in der Datenschutz-Grundverordnung vorgesehenen verwaltungs- und zivilrechtlichen Rechtsbehelfe können nebeneinander und unabhängig voneinander eingelegt werden
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3. BGH: Freisprüche um Vergütung der Volkswagen-Betriebsräte aufgehoben
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Der 6. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat am 10. Januar 2023 auf die Revisionen der Staatsanwaltschaft das Urteil des Landgerichts Braunschweig vom 28. September 2021 aufgehoben und die Sache zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts zurückverwiesen.
LG Braunschweig – Urteil vom 28. September 2021 – 16 KLs 406 Js 59398/16 (85/19)
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4. LG Karlsruhe: Für unberechtigte Löschung eines YouTube-Videos Verhängung von 90.000,- EUR Ordnungsgeld angemessen
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Löscht YouTube unberechtigt erneut das Video eines Users auf ihrer Plattform und verstößt damit gegen eine gerichtliche Entscheidung, ist die Verhängung eines Ordnungsgeldes iHv. 90.000,- EUR angemessen (LG Karlsruhe, Beschl. v. 19.12.2022 - Az.: 22 O 11/22).
"Der Beschluss wurde der Schuldnerin am 05.05.2022 zugestellt. Die Schuldnerin schaltete das streitgegenständliche Video am 12.05.2022 wieder frei, um es sodann am 16.05.2022 wieder zu löschen. Am selben Tag verwarnte die Schuldnerin den Gläubiger zum zweiten Mal.
In diesem Verhalten sah das LG Karlsruhe einen klaren Verstoß gegen den gerichtlichen Unterlassungstitel und verhängte ein Ordnungsgeld:
"Danach hat die Schuldnerin in mehrfacher Weise gegen den Unterlassungstitel verstoßen, als sie das Video um mehrere Tage verspätet wieder einstellte, es sodann erneut löschte und den Gläubiger wieder ohne Angabe, inwiefern sein Video regelwidrig sei, verwarnte.
Das Gericht legte dabei die Höhe des Ordnungsgeldes auf 90.000,- EUR fest:
"Zu Unrecht versucht die Schuldnerin, die Bemessung des Ordnungsgelds unter dem Gesichtspunkt einer nicht ausreichenden Darlegung ihrer Finanzstärke anzugreifen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, es läuft das Beschwerdeverfahren vor dem OLG Karlsruhe.
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5. LAG Kiel: Dienst-SMS muss in der Freizeit nicht gelesen werden
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Ein Mitarbeiter ist nicht verpflichtet, eine in seiner Freizeit erhaltene dienstliche SMS (hier: Änderung des Dienstplans) zu lesen und darauf zu reagieren (LAG Kiel, Urt. v. 27.09.2022 Az.: 1 Sa 39 öD/22).
"Mit der Kenntnisnahme des Inhalts der SMS durfte die Beklagte jedoch nicht vor 7:30 Uhr des folgenden Tages rechnen. Die Beklagte konnte unter normalen Umständen nicht davon ausgehen, dass der Kläger diese SMS vor 07:30 Uhr am 08.04.2021 zur Kenntnis nahm.
Und weiter:
"Der Einschätzung, dass das Lesen der SMS zur Arbeitszeit des Klägers zu rechnen ist, steht der zeitlich minimale Aufwand, der mit dem Aufrufen und Lesen einer SMS verbunden ist, nicht entgegen.
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6. VG Köln: Sondernutzungsgebühren für E-Scooter rechtmäßig
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Die von der Stadt Köln festgesetzten Sondernutzungsgebühren für den Betrieb von gewerblichen Verleihsystemen für E-Scooter sind rechtmäßig. Das hat das Verwaltungsgericht Köln heute entschieden und die Klagen von vier E-Scooter-Betreibern abgewiesen. Einen in diesem Zusammenhang gestellten Eilantrag hat das Gericht heute ebenfalls abgelehnt.
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7. LG München I: Irreführende Blickfang-Werbung für Rabattaktion einer Möbelhändlerin
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Die 17. Handelskammer des Landgerichts München I hat heute der Klage eines Vereins zum Schutz gegen den unlauteren Wettbewerb stattgegeben (Az. 17 HKO 17393/21). Der Verein hatte gegen eine Händlerin für Möbel wegen einer Werbeanzeige in einer Tageszeitung geklagt.
Weiter sei aus der beanstandeten Werbeanzeige auch nicht eindeutig erkennbar, unter welchen Voraussetzungen und bezüglich welcher Produkte des Möbelhauses der beworbene Rabatt Anwendung finde.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
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8. LG Paderborn: 500,- EUR DSGVO-Schadensersatz gegen Facebook wegen Daten-Scraping durch Dritte
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Speichern Dritte umfangreich öffentlich zugängliche Daten von Facebook (sog. Scraping), so hat ein User gegen Facebook einen DSGVO-Schadensersatz iHv. 500,- EUR (LG Paderborn, Urt. v. 19.12.2022 - Az.: 3 O 99/22).
"Die Beklagte hat den Kläger allerdings bei Erhebung der Daten seiner Mobilfunknummer unzureichend über den Zweck der Verwendung seiner Mobilfunknummer für das seitens der Beklagten verwendete Contact-Import-Tool (kurz: CIT) aufgeklärt. Hierdurch hat sie ihre Informations- und Aufklärungspflichten nach Art. 13 Abs. 1 lit. c) DSGVO verletzt.
Zudem sah das Gericht einen Verstoß gegen die Datensicherheit (Art. 32 DSGVO):
"Dieser umfassenden Risikobestimmung anhand der genannten Kriterien ist die Beklagte (...) nicht ausreichend nachgekommen.
Und weiter:
"Dieses zwingend zu berücksichtigende Risiko bedingt bereits, dass der Maßstab für die Bestimmung der Angemessenheit des Schutzniveaus entsprechend hoch anzusetzen ist. Dies begründet sich unter anderem daraus, dass das CIT-Verfahren nicht eine reine Erhebung oder Speicherung von Daten durch die Beklagten darstellt. Auch handelt es sich bei den Daten nicht um ohnehin öffentlich einsehbare Daten. Vielmehr wird Dritten ein Zugang zu diesen, insbesondere der Telefonnummer des Nutzers, gewährt. Es erfolgt eine Verknüpfung der zuvor nicht öffentlich einsehbaren Telefonnummer zu den weiteren Daten des Nutzers auf der G-Plattform der Beklagten.
Das Gericht bewertete diese Verletzungen mit einem Schadensersatz iHv. 500,- EUR. Der Kläger hatte einen Betrag von mindestens 1.000,- EUR gefordert:
"Vorliegend hat das Gericht seiner Entscheidung zugrunde gelegt, dass sich die Beklagte mehrere Verstöße gegen die DSGVO vorwerfen lassen muss, die einen sehr weitgehenden Kontrollverlust der personenbezogenen Daten des Klägers ermöglicht und begünstigt haben.
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Das LG Paderborn ist - soweit ersichtlich - eines der ersten Gerichte in Deutschland, das wegen der Scraping-Ereignisse einen DSGVO-Schadensersatzanspruch bejaht haben.
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9. LG Stuttgart: Keine Ansprüche aus Online-Maklervertrag, wenn Bestell-Button nur Beschriftung "Senden" trägt
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Es besteht kein Anspruch aus einem online geschlossenen Online-Maklervertrag, wenn der betreffende Bestell-Button lediglich die Beschriftung "Senden" trägt, da hierdurch nicht die gesetzliche Voraussetzungen erfüllt werden (LG Stuttgart, Urt. v. 28.11.2022 - Az.: 30 O 28/22).
"Ich (...) gebe bezüglich des (...) übermittelten Angebots auf Abschluss eines Maklervertrags für das Objekt (...) folgende nachstehende Willenserklärung(en) ab:
Der Beklagte bestätigte die jeweiligen Datenfelder.
"Die Klägerin hat die Anforderungen des § 312j Abs. 3 BGB nicht erfüllt. Die Schaltfläche, mit der der Beklagte seine Vertragserklärung abgegeben hat, war nicht mit einer entsprechend eindeutigen Formulierung beschriftet.
Und weiter:
"Es genügt auch nicht ausnahmsweise eine andere Beschriftung der Schaltfläche, weil die Worte „zahlungspflichtig bestellen“ irreführend wären, denn eine solche Beschriftung ist nicht irreführend. Der Verbraucher verpflichtet sich durch den Abschluss des Maklervertrages zu einer Zahlung und er bestellt auch eine Leistung der unternehmerisch tätigen Maklerin.
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10. Bundeskartellamt mahnt Google wegen zu weitreichender Datenverarbeitung ab
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Wie das Bundeskartellamt (BKartA) in einer aktuellen Pressemitteilung erklärt, hat es die Google-Unternehmen (Alphabet, Google Ireland und Google Deutschland) wegen aus seiner Sicht zu weitreichender Datenverarbeitungsklauseln abgemahnt.
"Das Bundeskartellamt hat am 23. Dezember 2022 Alphabet Inc., Mountain View, USA, Google Ireland Ltd., Dublin, Irland, und Google Germany GmbH, Hamburg, seine vorläufige rechtliche Einschätzung in dem Verfahren wegen Googles Konditionen zur Datenverarbeitung übersandt.
Kern der Beanstandung ist die ausufernde Reichweite der Datenverarbeitung und die fehlende praktische Möglichkeit des Users, sich hiergegen zu wehren:
"Auf Basis seiner aktuellen Konditionen kann Google eine Vielzahl von Daten aus verschiedensten Diensten kombinieren und damit z.B. sehr detaillierte Profile über Verbraucherinnen und Verbraucher anlegen, die das Unternehmen für Werbung sowie für andere Zwecke nutzen kann, oder auch Funktionen von Diensten trainieren.
Und weiter:
"Das Bundeskartellamt führt gegen Google ein Verwaltungsverfahren. Die ausführlich begründete Abmahnung bildet zunächst einen Zwischenschritt, der dem Unternehmen die Möglichkeit einräumt, zur vorläufigen Einschätzung des Amtes im Einzelnen Stellung zu nehmen und weitere Rechtfertigungsgründe oder Lösungsvorschläge vorzutragen.
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