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Newsletter vom 19.04.2023 |
Betreff: Rechts-Newsletter 16. KW / 2023: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: Wettbewerbswidrige Herkunftstäuschung auch dann, wenn nicht alle wesentlichen Gestaltungsmerkmale übernommen _____________________________________________________________ Eine wettbewerbswidrige Herkunftstäuschung kann auch dann vorliegen, wenn nicht alle wesentlichen Gestaltungsmerkmale vom Nachahmer übernommen worden sind (BGH, Urt. v. 26.01.2023 - Az.: I ZR 15/22). Im vorliegenden Fall ging es um die bekannte Butter-Marke "Kerrygold".
Hier hat der BGH nun festgestellt:
"1. Verpackte Produkte - wie Butter und Mischstreichfette - können Gegenstand des lauterkeitsrechtlichen Nachahmungsschutzes sein. Einem verpackten Produkt kann wettbewerbliche Eigenart zukommen, wenn die äußere Ausgestaltung oder bestimmte Merkmale der Verpackung des Produkts geeignet sind, die interessierten Verkehrskreise auf die betriebliche Herkunft oder die Besonderheiten der darin verpackten Ware hinzuweisen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 2. BAG: Kündigung einer nicht gegen Corona geimpften medizinischen Fachangestellten rechtmäßig _____________________________________________________________ Die Kündigung des Arbeitsverhältnisses einer nicht gegen das Coronavirus SARS-CoV-2 geimpften medizinischen Fachangestellten zum Schutz von Patienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion verstößt nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Die Klägerin arbeitete seit dem 1. Februar 2021 als medizinische Fachangestellte bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt. Die Klägerin wurde auf verschiedenen Stationen in der Patientenversorgung eingesetzt. Sie war nicht bereit, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen und nahm entsprechende Impfangebote ihrer Arbeitgeberin nicht wahr. Die Beklagte kündigte das Arbeitsverhältnis innerhalb der Wartezeit des § 1 Abs. 1 KSchG mit Schreiben vom 22. Juli 2021 ordentlich fristgemäß zum 31. August 2021. Hiergegen hat sich die Klägerin mit ihrer Klage gewandt und insbesondere geltend gemacht, die Kündigung verstoße gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB. Vor Wirksamwerden der ab dem 15. März 2022 geltenden Pflicht zur Vorlage eines Impf- oder Genesenennachweises für das Krankenhauspersonal (vgl. § 20a IfSG) sei sie nicht zu einer Impfung verpflichtet gewesen. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin hatte vor dem Zweiten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat zutreffend angenommen, dass die Kündigung nicht gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB verstößt. Es fehlt an der dafür erforderlichen Kausalität zwischen der Ausübung von Rechten durch den Arbeitnehmer und der benachteiligenden Maßnahme des Arbeitgebers. Das wesentliche Motiv für die Kündigung war nicht die Weigerung der Klägerin, sich einer Impfung gegen SARS-CoV-2 zu unterziehen, sondern der beabsichtigte Schutz der Krankenhauspatienten und der übrigen Belegschaft vor einer Infektion durch nicht geimpftes medizinisches Fachpersonal. Dabei ist es rechtlich ohne Bedeutung, dass die Kündigung vor Inkrafttreten der gesetzlichen Impfpflicht erklärt worden ist. Auch unter verfassungsrechtlichen Gesichtspunkten bestehen keine Bedenken an der Wirksamkeit der Kündigung.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 30. März 2023 – 2 AZR 309/22 –
Quelle: Pressemitteilung des BAG v. 30.03.2023
Die Polizei Berlin hatte dem Beamten das Betreiben eines Internetauftritts u.a. auf der Plattform TikTok untersagt. Der Beamte behandelte dort erkennbar als echter Polizist verschiedene Themen mit Bezug zur Arbeit der Polizei. Er führte Gespräche mit unterschiedlichen Personen aus verschiedenen Milieus, reagierte auf polizeikritische Internetbeiträge Dritter und erreichte mit seiner Art und Weise der Darstellung zum Teil einen hohen Verbreitungsgrad. Der 4. Senat hat festgestellt, dass diese Nebenbeschäftigung vom Dienstherrn untersagt werden durfte, weil sie dienstliche Interessen beeinträchtigt. Hierbei ließ er das Argument des Polizeibeamten, dass er mit seinen szeneadäquaten Internetbeiträgen um Verständnis für die Polizei werbe, nicht gelten. Welche Öffentlichkeitsarbeit geeignet sei, das Ansehen der Polizei zu wahren, habe die Polizeiführung zu entscheiden und gegenüber der Senatsverwaltung für Inneres und dem Abgeordnetenhaus von Berlin zu verantworten. Der Beschluss ist unanfechtbar. Beschluss des 4. Senats vom 17. April 2023 – OVG 4 S 4/23 -
Quelle: Pressemitteilung des OVG Berlin-Brandenburg v. 17.04.2023
Die Klägerin, eine juristische Person, begehrte von dem Beklagten Unterlassung der Verwendung von Daten aus ihrer Lohnbuchhaltung. Sie stützte sich bei ihrem Begehren auch auf die DSGVO. Zu Unrecht, wie nun das OLG Dresden entschied.
Denn die DSGVO sei hier gar nicht anwendbar, so die Richter:
"Nach dem eindeutigen Wortlaut von Art. 4 Nr. 1 DSGVO können sich juristische Personen wie die Klägerin nicht auf die in der DSGVO enthaltenen Ansprüche berufen. Anmerkung von RA Dr. Bahr: Eine vollkommen richtig und zutreffende Entscheidung des OLG Dresden, die die Anwendbarkeit der DSGVO mangels Personenbezug ablehnt.
Aber nicht alle Gerichte teilen diesen Standpunkt. So hat das LG Hamburg Mitte 2022 in einem abwegigen Urteil den genau entgegengesetzten Standpunkt vertreten (LG Hamburg, Urt. v. 11.12.2020 - Az.: 324 O 30/20).
Das Bundesamt für Verfassungsschutz erteilte den Klägern auf ihre Anträge Auskunft über die über sie gespeicherten Daten, soweit diese über das nachrichtendienstliche Informationssystem zu ermitteln waren. Die Klagen gegen die Ablehnung der von den Klägern beantragten weiteren Auskunftserteilung wies das Verwaltungsgericht Köln ab. Die hiergegen gerichtete Berufung des Klägers hatte keinen Erfolg, die der Klägerin hatte nur zum Teil Erfolg. In der mündlichen Urteilsbegründung hat der 16. Senat im Wesentlichen ausgeführt: Den Klägern steht kein Anspruch nach dem Bundesverfassungsschutzgesetz auf weitere Auskunftserteilung über die beim Bundesamt für Verfassungsschutz gespeicherten personenbezogenen Daten in Akten zu der Partei Die Linke sowie ihren Vorgänger- und Unterorganisationen zu. Die nach diesem Gesetz zu beanspruchenden Auskünfte sind bereits erteilt worden. Auch aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung können die Kläger keine weitergehenden Ansprüche herleiten. Insoweit hat das Bundesamt für Verfassungsschutz die Auskunftserteilung ermessensfehlerfrei abgelehnt. Dabei hat es sich jeweils im Einzelfall rechtsfehlerfrei auf einen unverhältnismäßig hohen Verwaltungsaufwand berufen dürfen. Die Klägerin hat aber einen Anspruch darauf, dass das Bundesamt für Verfassungsschutz über ihren noch nicht beschiedenen Antrag entscheidet, ob und welche ihrer beim Bundesamt gespeicherten Daten mit geheimdienstlichen Mitteln erhoben worden sind. Das Oberverwaltungsgericht hat die Revision gegen die Urteile nicht zugelassen. Dagegen kann Nichtzulassungsbeschwerde erhoben werden, über die das Bundesverwaltungsgericht entscheidet. Aktenzeichen: 16 A 517/19 (I. Instanz: VG Köln 13 K 3988/14), 16 A 518/19 (I. Instanz: VG Köln 13 K 7048/14)
Quelle: Pressemitteilung des OVG Münster v. 30.03.2023
Geklagt hatten ein Unternehmen und eine Rettungsmedizinerin, die im Rahmen einer ärztlichen Notfallhotline für Taucher kooperieren. Die Hotlineberatung ist Teil des Unterstützungspakets einer Reise- und Auslandskrankenversicherung.
Im Statusfeststellungsverfahren stufte die Deutsche Rentenversicherung (DRV) die Ärztin als abhängig beschäftigt ein. Demgegenüber gingen sie und das Unternehmen von einer selbständigen Tätigkeit aus, da es keine Verpflichtung zu Bereitschaftsdiensten gegeben habe. Die Telefonate habe sie überall führen können, wo eine ruhige Gesprächssituation gegeben sei. Die Intensität der Beratungen habe sie völlig frei gestalten können. Anders als die erste Instanz hat das LSG die Rechtsauffassung der DRV bestätigt. Unter dem Dach eines Rahmenvertrags habe die Ärztin die Verpflichtung übernommen, für die Dauer der zugeteilten Schichten erreichbar zu sein und die wirtschaftlichen Vorgaben des Unternehmens zu beachten. Aus der ärztlichen Eigenverantwortung bei Heilbehandlungen könne nicht ohne Weiteres auf eine selbständige Tätigkeit geschlossen werden. Hierdurch werde sie noch nicht zur Unternehmerin. Auch der Umstand, dass sie zu Hause gearbeitet habe und keinen Weisungen zum Arbeitsort unterlegen habe, sei in Anbetracht der vielfältigen heutigen Möglichkeiten zur Arbeit im Homeoffice kein taugliches Abgrenzungskriterium mehr. Bei abhängigen Tätigkeiten bestünden gerade im Homeoffice grundsätzlich weitgehende Freiheiten bei der Festlegung der Arbeitszeiten. Quelle: Pressemitteilung des LSG Celle v. 03.04.2023
Der Betroffene machte einen DSGVO-Schadensersatzanspruch nach Art. 82 DSGVO wegen der Scraping-Vorfälle gegen Facebook geltend.
Das LG Fulda wies die Klage ab:
"Jedenfalls fehlt es aber an einem ersatzfähigen Schaden des Klägers im Sinne des Art. 82 Abs. 1 DSGVO. Und weiter: "Nach diesen Grundsätzen, denen das Gericht folgt, ist ein Schaden des Klägers weder substantiiert vorgetragen noch ersichtlich. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 8. AG München: Übertriebene Pflicht zu Corona-Tests bei Hochzeit kann zur Minderung berechtigen _____________________________________________________________ Das Amtsgericht München hatte am 23.01.2023 über die Höhe einer Rechnung einer Hochzeitsfeier eines Münchener Ehepaares auf Sylt zu entscheiden. Dabei stellte das Amtsgericht München fest, dass die auf der Hochzeitsfeier von der Klägerin verlangte Covid-Testung aller Hochzeitsgäste infolge eines positiven Corona-Tests des Brautvaters zu einem zur Minderung berechtigenden Mangel führt. Die Klägerin könne daher von den Beklagten nur 85 % des dem Grunde nach gerechtfertigten Zahlbetrags von 20.185 Euro verlangen. Die Beklagten, das Ehepaar aus München, buchten die von der Klägerin geführte Gaststätte auf Sylt für ihre Ende Juni 2022 stattfindende Hochzeitsfeier. Am Tag der Hochzeit zeigte der Vater der Braut Erkältungssymptome und testete sich positiv auf Covid. Da allen Beteiligten die Wichtigkeit der Teilnahme des Brautvaters klar war, suchte man zusammen mit den Geschäftsführern der Klägerin nach gemeinsamen Lösungen. Der Vater der Braut konnte schließlich insoweit an der Feier teilnehmen, dass er sich im Außenbereich des Restaurants, der an den eigentlichen Feierraum angrenzte und über Fenster einsehbar war, aufhalten durfte. Aufgrund des positiven Corona-Tests des Brautvaters forderten die Geschäftsführer von dem Hochzeitspaar jedoch, dass sich vor Einlass in den Innenbereich des Restaurants auch alle übrigen 76 Gäste ebenfalls auf Covid testen müssten. Um die Feier hieran nicht scheitern zu lassen, akzeptierten die Beklagten die Forderung. Sämtliche Gäste wurden anschließend mit von der Klägerin zur Verfügung gestellten Testkits auf Covid getestet. Da hierbei auch der Corona-Schnelltest des Vaters des Bräutigams positiv ausfiel, musste sich dieser ebenfalls zum Vater der Braut in den Außenbereich begeben. Durch die Testung aller Gäste verzögerte sich der Beginn des Abendessens von 19.30 Uhr auf mindestens 21.30 Uhr. Die Feier fand damit erheblich länger als geplant im Außenbereich des Restaurants statt, ohne Sitzgelegenheiten und ohne Abendessen. Die Testung aller Gäste führte zu deutlichen Spannungen, weil diese als nicht veranlasst und aufgenötigt wahrgenommen wurden. Zwei der Gäste waren erst durch Intervention der Brautfamilie dazu zu bewegen, überhaupt einen Schnelltest durchführen zu lassen. Die entstandenen Spannungen setzten sich in einer Auseinandersetzung über die Bezahlung fort: Während die Beklagten insbesondere auf Grund der unberechtigten Covid-Testung einen Abzug von 20 % auf den Rechnungsbetrag vornahmen, verlangte die Klägerin vollständige Zahlung. Die Klägerin begründete die Forderung einer allgemeinen Testung damit, dass es sich sonst um einen Super-Spreader-Event gehandelt hätte. Sie hätte nur die Option gehabt,die Veranstaltung von ihrer Seite aus abzusagen oder das Risiko durch Coronatests zu minimieren. Die Beklagten trugen insbesondere vor, das Verlangen einer Testung aller Gäste sei vertragswidrig und willkürlich gewesen. Zudem habe sich dadurch der Stehempfang verlängert, was die Klägerin genutzt habe, um den Gästen ausschließlich Champagner anzubieten. Selbst halb volle Champagner-Gläser seien aufgefüllt worden. Dies sei arglistig erfolgt, um den Umsatz des Abends über das kostenträchtigste Getränk gewinnträchtig zu steigern. Das Gericht gab der Klage letztlich nur teilweise statt und verurteilte die Beklagten zur Zahlung eines ausstehenden Teilbetrages in Höhe von 810,50 EUR. Im Übrigen wurde die Klage abgewiesen.
Das Gericht führte in der Begründung aus:
„Eine erhebliche und nicht mehr rechtlich gerechtfertigte Störung lag darin, die Durchführung einer Testung bei allen anderen Gästen zur Bedingung dazu zu machen, erst danach den vorgesehenen Ablauf der Feier stattfinden zu lassen. Urteil des Amtsgerichts München vom 23.01.2023
Aktenzeichen 132 C 12148/22
Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 11.04.2023
Gegenstand der Beurteilung war die Webseite des Standardat.at.
Die Datenschutzbehörde stufte die Ausgestaltung als grundsätzlich zulässig ein:
"Eine Abonnement-Variante kann eine tragfähige Alternative für die Einwilligung sein, zumal betroffenen Personen eine gewisse Autonomie über die Verarbeitung ihrer Daten zuzugestehen ist." Voraussetzung hierfür ist jedoch, so die Behörde, dass die Verarbeitung auf das notwendigste Maße reduziert wird: "Allerdings müssen sich die damit im Zusammenhang stehenden Verarbeitungsvorgänge auf das absolut Notwendige Ausmaß beschränken. Im vorliegenden Fall war die Webseite des Standard.at nicht ganz rechtskonform, da es auch zahlreiche weitere Cookies eingesetzt hatte: "Aus Sicht der Datenschutzbehörde konnten die Beschwerdegegner nicht schlüssig erklären, inwiefern es – neben der Einwilligung zum Zweck der Anzeige (personalisierter) Werbung und der Messung des Werbeerfolgs – angemessen ist, dass die Einwilligung auch weitere Verarbeitungsvorgänge umfasst, die mit dem Einsatz von vielen unterschiedlichen Analyse-Cookies, Cookies zur Website-Optimierung oder Social-Media-Plugins in Verbindung steht. Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die österreichische Behörde liegt auf einer Linie mit der deutschen Datenschutzkonferenz, die das "Pur-Abo-Modell" für rechtmäßig eingestuft hat, vgl. unsere Kanzlei-News v. 03.04.2023.
Die Österreicher differenzieren bei ihrem Ergebnis jedoch stärker: Danach dürfen nur solche Cookies in die Einwilligung gepackt werden, die auch für die personalisierte Werbung von Relevanz sind. Ganz allgemeine Cookies (z.B. Social Media-Plugins) hingegen gehören nicht dazu und benötigen somit im Zweifel eine gesonderte, zusätzliche Einwilligung.
"Update 2023: Werbeeinwilligungen nach DSGVO und UWG Die Veranstaltung ist kostenfrei. Anmeldungen können hier vorgenommen werden. Datum: 16.05.2023 Uhrzeit: 10:30 - 12:00 Uhr |