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Newsletter vom 19.03.2003 23:50 |
Betreff: Rechts-Newsletter 12. KW: Kanzlei RA Dr. Bahr |
anbei erhalten Sie unseren Newsletter zur 12. KW. Sie finden nachfolgend aktuelle Urteile, Entscheidungen oder sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Interessenschwerpunkten Gewerblicher Rechtsschutz, Recht der Neuen Medien und Wirtschaftsrecht.
1. AG Rostock: E-Cards im Wahlkampf 2. Internet-Apotheke DocMorris: Schlussanträge im Verfahren vor dem EuGH 3. Handy-Schulden: Bereits zwölf Prozent der 13- bis 24-Jährigen in Deutschland sind verschuldet 4. BVerfG: Auskunft über Mobilfunk-Daten 5. OLG Köln: Anpassungpflicht bei Software-Pflegevertrag 6. Telefonüberwachungen: Kleine Anfrage der FDP-Anfrage 7. LG Düsseldorf: Jugendschutz durch Überprüfung der Personalausweis- oder Kreditkartennummer 8. OVG: Rechtsradikale Webseiten müssen vorläufig gesperrt werden 1. AG Rostock: E-Cards im Wahlkampf Das AG Rostock hat vor kurzem eine wegweisende Entscheidung zur Zulässigkeit von E-Cards im Wahlkampf getroffen: 1. Die Übersendung von Werbung durch E-Mail ohne Zustimmung des Empfängers stellt eine unzumutbare Belästigung dar und verletzt die Persönlichkeitsrechte des Empfängers 2. Auch das Werben für die politischen Ziele von Parteien durch Übersenden von Newslettern stellt Werbung dar. 3. Eine grundsätzlich unzulässige Handlung wie das Zusenden von E-Mail-Werbung wird nicht dadurch rechtmäßig, dass der Empfänger die Beeinträchtigung durch eigene Abwehrmaßnahmen hätte verhindern können. Urteil v. 28.01.2003 (43 C 68/02) Das Urteil kann online nachgelesen werden bei JurPC: http://www.jurpc.de/rechtspr/20030083.htm 2. Internet-Apotheke DocMorris: Schlussanträge im Verfahren vor dem EuGH Neues vom EuGH-Verfahren der Internet-Apotheke DocMorris: Am 11. März 2003 hat Frau Generalanwalt Christine Stix-Hackl die Schlussanträge in der Rechtssache C-322/01 (Deutscher Apothekerverband gegen Doc Morris pp.) gestellt. Die Dokumente sind unter untenstehendem Link abrufbar. Die Generalanwältin kommt zu dem Ergebnis, dass nach den Art. 28 und 30 EG eine nationale Regelung, nach der die gewerbsmäßige grenzüberschreitende Einfuhr von apothekenpflichtigen Humanarzneimitteln im Wege des Versandhandels durch zugelassene Apotheken aus anderen Mitgliedstaaten aufgrund individueller Bestellungen von Endverbrauchern per Internet untersagt ist, zum Schutze der Gesundheit und des Lebens von Menschen gerechtfertigt ist, wenn es sich um Arzneimittel handelt, die in dem Staat, in den sie verbracht werden, zulassungspflichtig sind, für die aber weder eine nationale Zulassung oder Anerkennung besteht, noch eine zentrale gemeinschaftsrechtliche Genehmigung erteilt wurde. Konsequenz dieser Rechtsansicht wäre, dass klar zwischen dem E-Commerce-Handel mit zwischen im Einfuhrstaat zugelassenen und nicht zugelassenen Arzneimitteln unterschieden werden müsste. Dies würde bedeuten, dass DocMorris in erster Linie nur noch Reimporte einführen dürfte, nicht aber nicht im Einfuhrstaat zugelassene oder sonst anerkannte Arzneimittel. Ob der EuGH der Ansicht der Generalanwältin folgen wird, ist momentan nicht vorhersagbar. Es bleibt somit weiterhin spannend. Link: Schlussantrag online 3. Handy-Schulden: Bereits zwölf Prozent der 13- bis 24-Jährigen in Deutschland sind verschuldet Nach einer neuen Untersuchung des Münchner Instituts für Jugendforschung sind bereits zwölf Prozent der 13- bis 24-Jährigen in Deutschland verschuldet, mit durchschnittlich mit 1.810 Euro. Dabei stehen die durch das Handy verursachten Kosten an Platz 4 (hinter Auto, Ausgehen und Kleidung). Rein rechtlich gesehen können Minderjährige keinen Handy-Vertrag abschließen, da sie nur beschränkt geschäftsfähig sind. Sie benötigen vielmehr die Einwilligung der Eltern.Und hier beginnt die Crux. Häufig leihen sich die Kinder das benötigte Geld bei ihren Eltern. Claudia Kurzbuch von der Bundesarbeitsgemeinschaft (BAG) Schuldnerberatung in Kassel stellt dazu fest: "Vor sechs Jahren war der junge Erwachsene bei uns eine Ausnahme, heute ist er ein gewohntes Bild." In die Kritik ist vor allem die Konsumgüterwirtschaft geraten. So haben schon in jüngerer Vergangenheit die Verbrauchenzentralen BaWü und NRW das "üble Abkassieren" der Handy-Mehrwertdienste-Anbieter angepragert. Es werde versucht, die Zielgruppe der unter 24-jährigen mit allen Mitteln anzusprechen. "Der Handy-Hype und der jugendliche Drang dabei sein zu wollen", werde erbarmungslos ausgenutzt, so die Verbrauchervertreter. Abhilfe könne da nur ein Prepaid-Handy schaffen, bei dem der Jugendliche nur ein vorher genau einstellbares Entgelt-Konto besitze. Link: Kritik der Verbrauchenzentralen BaWü und NRW 4. BVerfG: Auskunft über Mobilfunk-Daten Der Erste Senat hat mit Urteil vom 12. März 2003 die Verfassungsbeschwerden gegen gerichtliche Entscheidungen zurückgewiesen, mit denen die Erteilung von Auskünften über die Verbindungsdaten der Telefongespräche von Journalisten angeordnet worden war. Von den betroffenen Journalisten wurde angenommen, dass sie mit mutmaßlichen Straftätern im Kontakt standen. Beschwerdeführer waren das ZDF, zwei seiner journalistischen Mitarbeiter und eine für das Magazin Stern tätige Journalistin. Link: Ausführliche Pressemitteilung des BVerfG Link: Entscheidung im Original-Wortlaut
5. OLG Köln: Anpassungpflicht bei Software-Pflegevertrag Das OLG Köln (Urt. v. 15.11.2002, 19 U 115/02) hat entschieden, dass der aus einem Software-Pflege-Vertrag verpflichtete Unternehmer bei Änderungen der gesetzlichen Bestimmungen die jeweilige Software an die geänderten Bestimmungen anpassen muss. Das Urteil entspricht der gängigen Rechtsprechung, dass bei notwendigen Änderungen (ob durch rechtliche oder faktische Zwänge, z.B. Euro-Umstellung, Jahr 2000-Problem) sich ein Anspruch auf Änderung aus einem abgeschlossenen Pflegevertrag ergibt. Link: Entscheidung des OLG Köln im Original Link: Kostenloses Muster eines Software-Pflegevertrages 6. Telefonüberwachungen: Kleine Anfrage der FDP-Anfrage Die steigende Zahl der angeordneten Telefonüberwachungen in Deutschland ist Hintergrund einer Kleinen Anfrage der FDP-Fraktion (15/598). Eine Untersuchung der Universität Bielefeld vom Dezember 2002 hatte ergeben, dass der Großteil der richterlichen Anordnungen von Telefonüberwachungsmaßnahmen fehlerhaft sei. So seien 3/4 aller Abhörmaßnahmen rechtswidrig oder fehlerhaft. Für die Bielefelder Studie wurden vier Staatsanwaltschaften untersucht, drei in Nordrhein-Westfalen und eine in einem Stadtstaat. U.a. das erstaunliche Ergebnis: Wenn der Staatsanwalt seinen Antrag schon in Beschlussform vorformuliert, stellen 92,3 Prozent der Richter den Bescheid wortgleich aus. Die FDP-Abgeordneten wollen nun mit ihrer aktuellen Anfrage wissen, welche Konsequenzen die Regierung aus den Ergebnissen dieser Untersuchung zieht. Link: Spiegel-Online: "3/4 aller Lauschangriffe rechtswidrig?" Link: Spiegel-Online: "Abhören in Deutschland" 7. LG Düsseldorf: Jugendschutz durch Überprüfung der Personalausweis- oder Kreditkartennummer Das LG Düsseldorf (Urt. v. 31.01.03 - XXXI 34/02) hatte in der Berufungsverhandlung über einen Fall zu entscheiden, bei dem der Angeklagte in der ersten Instanz wegen Verbreitung pornographischer Schriften zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Der Angeklagte war Geschäftsführer einer Firma, die u.a. Sex-Bilder gegen Geld im Internet anbot. Der Zugang geschah durch den Download eines Web-Dialers. Herunterladen konnten sich den Dialer nur Personen, die vorher eine stimmige Personalausweisnummer oder Kreditkartennummer eingegeben hatten. Das AG Neuss hatte den Angeklagte in der ersten Instanz verurteilt, weil er nicht die ausreichenden und erforderlichen Schutzmechanismen bereithalte, mit denen gesichert sei, dass nur Erwachsene Zugang den Angeboten erhielten. Denn es sei ein leichtes, entsprechende stimmige Personalausweis- oder Kreditkartennummer im Internet innerhalb von wenigen aufzufinden. Entsprechend unsicher sei daher diese Variante. Die Düsseldorfer Richter nun schlossen sich dieser Meinung nicht an, hoben die Verurteilung auf und sprachen den Angeklagten frei. Die Richter sehen die Überprüfung durch die Personalausweis- oder Kreditkartennummer vielmehr als ausreichen an. Zwar gestehen sie zu, dass es ein leichtes sei, sich die entsprechenden Informationen im Internet zu besorgen, dieser Umstand dürfe jedoch nicht zu Lasten des Angeklagten auslegt werden. Link: Das Urteil im Original-Wortlaut (per ueber18.de) 8. OVG: Rechtsradikale Webseiten müssen vorläufig gesperrt werden Die an eine Internet-Zugangsanbieterin (Access-Provider) gerichtete Anordnung der Bezirksregierung Düsseldorf zur Sperrung von zwei rechtsradikalen Internetangeboten muss vorläufig befolgt werden. Dies hat der 8. Senat des Oberverwaltungsgerichts mit Beschluss vom heutigen Tage (Az.: 8 B 2567/02 ) entschieden. Die Bezirksregierung Düsseldorf hat über 70 Internet-Zugangsanbietern mit Sitz in Nordrhein-Westfalen aufgegeben, den Zugang zu zwei rechtsradikalen Webseiten zu sperren, und die sofortige Vollziehung angeordnet. Die beiden Webseiten sind von in den USA ansässigen Providern ins Internet gestellt worden. Die Antragstellerin, eine Internet-Zugangsanbieterin, hatte beim Verwaltungsgericht Arnsberg einen Antrag auf vorläufigen Rechtsschutz gestellt mit dem Ziel, bis zur rechtskräftigen Entscheidung im Klageverfahren die rechtsradikalen Webseiten zunächst nicht sperren zu müssen. Diesen Antrag hatte das Verwaltungsgericht abgelehnt. Das Oberverwaltungsgericht hat die Entscheidung des Verwaltungsgerichts Arnsberg bestätigt. Zur Begründung hat es ausgeführt: Das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung der Sperrverfügung überwiege das Interesse der Antragstellerin, vorläufig dieser Anordnung nicht nachkommen zu müssen. Eine weitere Sachverhaltsermittlung und eine abschließende Beurteilung der Rechtsfragen müssten dem Klageverfahren vorbehalten bleiben. Es spreche allerdings Einiges für die Rechtmäßigkeit der Sperrverfügung. Die Antragsgegnerin habe ihre Verfügung zutreffend auf den Mediendienste-Staatsvertrag (MDStV) gestützt. Beide Internetangebote enthielten strafbare und unzulässige Inhalte im Sinne des MDStV. Auf den Seiten würden Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen verwendet, werde der Tatbestand der Volksverhetzung erfüllt und der Krieg verherrlicht. Das Angebot sei auch offensichtlich geeignet, Kinder und Jugendliche sittlich schwer zu gefährden. Maßnahmen gegenüber den für den Inhalt Verantwortlichen in den USA hätten sich als nicht durchführbar bzw. nicht erfolgversprechend erwiesen. Deshalb könne die Antragstellerin auch als bloße Internet-Zugangsanbieterin in Anspruch genommen werden. Die Sperrung sei der Antragstellerin technisch möglich und zumutbar. Auch wenn es für viele Internetnutzer möglich sei, die beiden Seiten trotz der Sperrung zu erreichen, handele es sich um einen "Schritt in die richtige Richtung" und damit um eine geeignete Maßnahme. Dem relativ geringen Aufwand für die Antragstellerin stünden schwerwiegende Rechtsgutbeeinträchtigungen durch die beiden Internetangebote gegenüber. Die Frage, wer letztlich die Kosten für die Sperrung zu tragen habe, sei im vorliegenden Verfahren nicht zu entscheiden. Quelle: Pressemitteilung des OVG NRW v. 19.03.2003 |
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