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Die Klägerin war Markeninhaberin und stellte fest, dass ein Dritter unter Verletzung ihrer Kennzeichenrechte Google Ads - Werbung geschaltet hatte. Sie verlangte daraufhin von Google Auskunft über den Zeitpunkt der Annoncen-Schaltung, die Anzahl der generierten Klicks und welche Entgelte der Inserent gezahlt hatte.
Anspruchsgrundlage war hierbei § 19 Abs. 1 und Abs. 3 MarkenG:
Der BGH hatte diese Entscheidung nun zu überprüfen. Er kam zu dem Ziel, dass hinsichtlich keiner der Informationen eine Auskunftspflicht bestünde:
Hinsichtlich des Zeitpunkts der Anzeige:
Gegen diese Beurteilung wendet sich die Revision der Beklagten mit Erfolg. (...)
Das Berufungsgericht ist danach rechtsfehlerfrei davon ausgegangen, dass die von der Klägerin begehrte Auskunft über den Zeitpunkt der Anzeigenschaltung nicht zu den Angaben gehört, über die gemäß § 19 Abs. 3 MarkenG Auskunft zu erteilen ist."
Das Berufungsgericht hat angenommen, bei der von der Klägerin begehrten Auskunft über die Anzahl der Klicks gehe es nicht um die Frage, ob und ab wann ein Vertriebsweg zur Verfügung gestanden habe, so dass diese Angaben nicht von § 19 Abs. 1 MarkenG umfasst würden. Die Voraussetzungen des § 19 Abs. 3 Nr. 1 und 2 MarkenG lägen ebenfalls nicht vor. Die Beurteilung hält im Ergebnis der rechtlichen Nachprüfung stand.
Die Regelung in § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG begründet (...) nach ihrem Wortlaut unmittelbar nur eine Auskunftspflicht betreffend "die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren" sowie "über die Preise, die für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen bezahlt wurden". Die Auskunftspflicht bezieht sich damit lediglich auf "die Menge von Waren" und nicht auf "die Menge von Dienstleistungen". (...)
Selbst wenn man hiervon zugunsten der Klägerin ausginge, umfasste die Auskunft über "die Menge der Dienstleistungen" nicht die Anzahl der Klicks, mit denen die über die streitgegenständliche Anzeige zugängliche Internetseite aufgerufen wurde. Die Marke und das Unternehmenskennzeichen der Klägerin sind in der beanstandeten Werbeanzeige zwar in rechtsverletzender Weise für Dienstleistungen der Entsorgung und Verwertung von Abfall sowie für ein in dieser Branche tätiges Unternehmen benutzt worden.
Die von der Klägerin begehrte Auskunft bezieht sich jedoch nicht auf rechtswidrig gekennzeichnete Dienstleistungen, sondern auf eine rechtswidrige Verwendung ihrer Marke und ihres Unternehmenskennzeichens in der Adwords-Anzeige, also in einer Internetwerbung. Kennzeichenverletzende Werbemittel werden vom Wortlaut des § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG nicht erfasst."
aa) Das Berufungsgericht hat angenommen, bei den "Dienstleistungen" im Sinne von § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG handele es sich nicht um diejenigen Dienstleistungen, die der Verletzer für die rechtsverletzende Tätigkeit genutzt habe, sondern um die widerrechtlich gekennzeichneten Dienstleistungen im Sinne von § 19 Abs. 1 MarkenG.
Dafür spreche, dass in § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG die Dienstleistung neben die Ware gestellt werde und in Bezug auf letztere eindeutig sei, dass es sich um diejenige im Sinne von § 19 Abs. 1 MarkenG handele. Eine analoge Anwendung von § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG scheide aus, ebenso ein Anspruch aus § 242 BGB. Dagegen wendet sich die Revision der Klägerin ohne Erfolg. Die Beurteilung des Berufungsgerichts weist keinen Rechtsfehler auf."
Sachverhalt:
Bisheriger Prozessverlauf:
Es sei ihnen zumutbar gewesen, vor Inanspruchnahme der Beklagten den in der Europäischen Union (Schweden) ansässigen Host-Provider der beiden Internetdienste gerichtlich auf Auskunft in Anspruch zu nehmen, um anschließend mit den erlangten Informationen gegen die Betreiber der Internetdienste vorzugehen.
Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Für den Rechtsinhaber besteht dann im Sinne des § 7 Abs. 4 Satz 1 TMG keine andere Möglichkeit, der Verletzung seines Rechts abzuhelfen, wenn zumutbare Anstrengungen zur Inanspruchnahme der Beteiligten, die die Rechtsverletzung selbst begangen oder zu ihr durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben, gescheitert sind oder ihnen jede Erfolgsaussicht fehlt.
Der Access-Provider, der lediglich allgemein den Zugang zum Internet vermittelt, haftet nur subsidiär gegenüber denjenigen Beteiligten, die (wie der Betreiber der Internetseite) die Rechtsverletzung selbst begangen oder (wie der Host-Provider) zur Rechtsverletzung durch die Erbringung von Dienstleistungen beigetragen haben und daher wesentlich näher an der Rechtsgutsverletzung sind.
Als Maßnahme der Sperrung kommt die von den Klägerinnen begehrte DNS(Domain-Name-System)-Sperre in Betracht. Mit dieser wird die Zuordnung zwischen dem in die Browserzeile eingegebenen Domainnamen und der IP-Adresse des Internetdiensts auf dem DNS-Server des Access-Providers verhindert, so dass der Domainname nicht mehr zur entsprechenden Internetseite führt, die allerdings unter ihrer IP-Adresse weiterhin erreichbar ist.
Welche Anstrengungen zur Inanspruchnahme des Betreibers der Internetseite und des Host-Providers zumutbar sind, ist eine Frage des Einzelfalls. Der Rechtsinhaber ist in zumutbarem Umfang dazu verpflichtet, Nachforschungen zur Ermittlung der vorrangig in Anspruch zu nehmenden Beteiligten anzustellen. Die außergerichtliche Inanspruchnahme eines bekannten Betreibers der Internetseite oder Host-Providers auf Entfernung der urheberrechtsverletzenden Inhalte ist dem Rechtsinhaber im Regelfall ebenfalls zumutbar.
Mit Blick auf eine gerichtliche Durchsetzung von Unterlassungs- und Auskunftsansprüchen ist allerdings in besonderem Maß zu berücksichtigen, dass dem Rechtsinhaber keine Maßnahmen auferlegt werden dürfen, die zu einer unzumutbaren zeitlichen Verzögerung seiner Anspruchsdurchsetzung führen. Ein Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes gegen innerhalb der Europäischen Union ansässige Betreiber oder Host-Provider hat der Rechtsinhaber jedoch grundsätzlich anzustrengen. Grundsätzlich zumutbare Anstrengungen können im Einzelfall unterbleiben, wenn ihnen aus vom Anspruchsteller darzulegenden Gründen jede Erfolgsaussicht fehlt.
Nach diesen Maßstäben ist die Beurteilung des Berufungsgerichts, es wäre den Klägerinnen zumutbar gewesen, vor der Inanspruchnahme der Beklagten den Host-Provider der betroffenen Internetdienste in Schweden gerichtlich auf Auskunft in Anspruch zu nehmen, nicht frei von Rechtsfehlern. Die Feststellungen des Berufungsgerichts zur Rechtslage in Schweden lassen offen, ob den Klägerinnen in Schweden ein Rechtsbehelf des einstweiligen Rechtsschutzes für die Geltendmachung eines Anspruchs auf Drittauskunft gegen den dort ansässigen Host-Provider zur Verfügung gestanden hätte.
Das Berufungsurteil erweist sich jedoch aus anderen Gründen als richtig. Von den Klägerinnen ist jedenfalls der Versuch zu verlangen, vor einem deutschen Gericht im Wege der einstweiligen Verfügung einen Auskunftsanspruch gegen den schwedischen Host-Provider geltend zu machen. Es besteht kein Anlass zur Zurückverweisung der Sache an das Berufungsgericht.
Die Klägerinnen haben umfassend zu den von ihnen ergriffenen Maßnahmen vorgetragen. Der Grundsatz des fairen Verfahrens gebietet es nicht, den Klägerinnen durch eine Zurückverweisung die Möglichkeit zu verschaffen, bisher unterbliebene Ermittlungsmaßnahmen erst noch zu veranlassen.
Urteil vom 13. Oktober 2022 - I ZR 111/21 - DNS-Sperre
Vorinstanzen:
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 13.10.2022
Das Landgericht Berlin hat einen der Angeklagten u. a. wegen bandenmäßigen Handeltreibens mit Betäubungsmitteln in nicht geringer Menge in zwei Fällen und den anderen wegen Beihilfe hierzu zu Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren neun Monaten und von zehn Monaten (deren Vollstreckung es zur Bewährung ausgesetzt hat) verurteilt.
Nach den Urteilsfeststellungen des Landgerichts erwarb der Hauptangeklagte – mit Unterstützung des zweiten Angeklagten und eines unbekannt gebliebenen Dritten – im September und Oktober 2019 jeweils 60 kg Blüten von Cannabispflanzen mit einem hohen Anteil des Wirkstoffs Cannabidiol (CBD). Die CBD-Blüten verkaufte er gewinnbringend an Großhändler weiter, die diese ihrerseits an Spätverkaufsstellen und CBD-Shops veräußerten.
Die auf die Sachrüge veranlasste umfassende Überprüfung des Urteils hat keine Rechtsfehler zum Nachteil der Angeklagten ergeben. Insbesondere hat das Landgericht die CBD-Blüten zu Recht als Betäubungsmittel im Sinne der Anlage I zum Betäubungsmittelgesetz (BtMG) eingeordnet.
Die Blüten fielen nicht unter eine Ausnahmevorschrift für Cannabis. Zwar wiesen sie einen Wirkstoffgehalt von 0,2 % THC auf und überschritten damit nicht den in der Ausnahmevorschrift vorgesehenen Grenzwert. Es fehlte aber an der Voraussetzung, dass ein Missbrauch zu Rauschzwecken ausgeschlossen sein muss. Denn wurden die Blüten etwa beim Backen erhitzt, führte dies zur Freisetzung weiteren THC, das beim Konsum durch den Endabnehmer einen Cannabisrausch erzeugen konnte. Das war dem Hauptangeklagten bekannt, seinem Gehilfen gleichgültig.
Entgegen der Auffassung der Revision stellt die Verurteilung wegen des Handels mit CBD-Blüten auch für den Fall keinen Verstoß gegen die europarechtliche Warenverkehrsfreiheit (Art. 34 AEUV) dar, dass die Blüten in Spanien legal produziert wurden. Denn bei den Blüten handelte es sich um Suchtstoffe, mit denen der Handel von vornherein verboten ist und die daher nicht der Warenverkehrsfreiheit unterfallen.
Die dieser Beurteilung zugrundeliegenden europarechtlichen Maßstäbe waren nach den einschlägigen Rechtsnormen so klar und durch die hierzu ergangene Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Union (EuGH) so weit geklärt, dass keine Veranlassung bestand, eine Entscheidung des EuGH zur Vereinbarkeit mit Europarecht einzuholen (Art. 267 AEUV).
Angesichts der Möglichkeit eines gesundheitsgefährdenden Missbrauchs der CBD-Blüten zu Rauschzwecken hat der Senat in der Strafbarkeit des Handels mit diesen auch keinen Verstoß gegen das verfassungsrechtliche Übermaßverbot gesehen.
Das Urteil des Landgerichts Berlin ist damit rechtskräftig.
Beschluss vom 23. Juni 2022 – 5 StR 490/21
Vorinstanz:
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 12.10.2022
Die Beklagte warb auf ihrer Homepage mit folgender Aussage:
Unter Berücksichtigung dieses rechtlichen Maßstabs ist die streitgegenständliche Werbung als irreführend einzustufen.
Es handelt sich bei der Angabe "33 % AUF ALLE KÜCHEN (1) + GRATIS AEG BACKOFEN (1)" um eine Blickfangwerbung, weil sie im Rahmen der Werbeanzeige im Vergleich zu den sonstigen Angaben drucktechnisch besonders herausgestellt und aufgrund des Gesamteindrucks als schlagwortartige Aufmerksamkeitswerbung einzustufen ist.
Diese für den Verbraucher eindeutige Werbeaussage ist objektiv unzutreffend, da die angesprochenen Verkehrskreise aufgrund dieser plakativen Darstellung davon ausgehen, dass die Beklagte mit der Reduzierung von allen Küchen ihr gesamtes Küchensortiment rabattiert anbieten möchte.
Tatsächlich nimmt die Beklagte jedoch Küchen unter einem Wert von 6.900,00 € von dem Angebot aus, wobei dieser Kaufpreis ohne Miele und Bora-Geräte und ohne Montagekosten zu erreichen ist. Es handelt sich daher dabei nicht nur eine präzisierungsbedürftige Unklarheit oder Halbwahrheit, sondern um eine falsche Angabe zu einer leicht nachprüfbaren, objektiven Tatsache."
Diese Blickfangwerbung, die beim Verbraucher den Eindruck erwecken kann, dass sie das Angebot verlässlich beschreibt und alles Wesentliche damit gesagt ist, muss grundsätzlich bereits als solche wahr sein. Der dadurch erzeugte Irrtum kann somit nicht durch einen erläuternden Zusatz in Form einer Fußnote oder ähnlichem richtiggestellt werden."
Die Beklagte bietet den Internetdienst "Local Reviews" an, bei dem registrierte Nutzer der Beklagten die Möglichkeit haben, Unternehmen, Geschäfte, Arztpraxen, Orte und sonstige Einrichtungen zu bewerten. Der Kläger war Arzt und beanstandete den Eintrag eines Dritten, der bei ihm Patient war.
Es ging bei den Äußerungen um Tatsachen im Rahmen einer angedachten Zahnarzt-Behandlung. Beide Parteien (Kläger und Dritter) schilderten den Sachverhalt gänzlich unterschiedlich.
Als die Beklagte den Eintrag nicht löschte, nahm der Kläger sie auf Unterlassung in Anspruch.
Zu Unrecht, wie das OLG Saarbrücken nun entschied:
(1) Auf die Beanstandung der Prozessbevollmächtigten des Klägers (...) hat die Beklagte eine Prüfung eingeleitet, ob die streitgegenständliche Bewertung rechtswidrig ist, und die Verfasserin der Bewertung um eine Stellungnahme gebeten. Zu diesem Vorgehen wäre die Beklagte objektiv nicht einmal verpflichtet gewesen. Denn in der Beanstandung (...) wurde wahrheitswidrig behauptet, dem Kläger sei der Verfasser der Bewertung nicht bekannt, womit bei der Beklagten - bewusst - der falsche Eindruck erweckt wurde, es bestehe überhaupt kein Patientenverhältnis der Nutzerin zum Kläger.
Die auch in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat (...) wiederholte (...)) aufgestellte Behauptung, es sei nicht beabsichtigt gewesen, ein Patientenverhältnis zu bestreiten, entspricht nach Überzeugung des Senats gleichfalls nicht der Wahrheit, weil die Beanstandung anders nicht verstanden werden kann (...). Vielmehr spricht alles dafür, dass hier der Versuch unternommen wurde, eine Löschung der Bewertung zu erreichen, indem gezielt die für die Zulässigkeit der Bewertung nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs entscheidende Tatsachengrundlage - Bestehen eines Behandlungsverhältnisses, vgl. BGH, Urteil vom 1. März 2016 - VI ZR 34/15 Rn. 36, BGHZ 209, 139 - der Wahrheit zuwider in Abrede gestellt wurde."
Dessen ungeachtet hatte die Beklagte durch die überobligatorisch eingeleitete Prüfung und die daraufhin von der Nutzerin abgegebene ausführliche Stellungnahme den Sachverhalt so weit aufgeklärt, wie es möglich und geboten war. Daher brauchte sie auf die Beanstandung der Prozessbevollmächtigten des Klägers (...), die sich erstmals inhaltlich mit der Bewertung auseinandersetzte, keine weitere Sachaufklärung mehr zu betreiben, denn die unterschiedlichen Standpunkte des Klägers und der Nutzerin waren ihr bereits bekannt.
Es ist für den Senat nicht erkennbar, warum die Beklagte - wie der Kläger meint - in dieser Situation nochmals gehalten gewesen sein soll, eine weitere Stellungnahme der Nutzerin einzuholen, nachdem diese das tatsächliche Geschehen, das ihrer Bewertung zugrunde lag, sowohl in der Bewertung selbst als auch in ihrer E-Mail vom 31. Dezember 2020 (Anlage B 4) bereits eingehend aus ihrer Sicht geschildert hatte.
Der Kläger zeigt auch nicht konkret auf, welches Sachverhaltselement noch weiterer Aufklärung bedurft hätte, zumal sich dem Senat nicht erschließt, warum sich aus einer zusätzlichen und ergänzenden Stellungnahme der Nutzerin etwas für den Standpunkt des Klägers Günstiges hätte ergeben können. Jedenfalls ist die der Beklagten im Rahmen ihrer Prüfpflichten obliegende Aufklärung des Sachverhalts kein Selbstzweck, weshalb sie auf die inhaltliche Beanstandung der Prozessbevollmächtigten des Klägers hin die Nutzerin nicht nochmals zu einer Stellungnahme aufzufordern brauchte. Wie weiter unten noch auszuführen sein wird, genügten die bereits bekannten Umstände, um eine Entscheidung über die Berechtigung der Beanstandung treffen zu können."
Die Beklagte betrieb eine Internetseite, in der Daten und Fotos von Personen bereitgehalten wurden, die in Model-Tätigkeiten vermittelt werden wollten. Der Kunde zahlte hierfür ein entsprechendes Entgelt. Für die Auftraggeber, die Job zu vergeben hatten, war das Angebot kostenlos.
In der gerichtlichen Auseinandersetzung ging es nun um die Frage, ob die Kunden, die ein Entgelt bezahlten, als Verbraucher oder als Unternehmer einzustufen waren. Die Beklagte hatte nämlich ihre Webseite so gestaltet, dass sie von einer gewerblichen Tätigkeit ausging und bestimmte Verbraucherrechte ausgeschlossen.
Im Rahmen der Beauftragung unterschrieben die Kunden eine gesonderte Bestätigung, in der sie versicherten, dass sie den Auftrag "als freiberuflich tätiges Model, d.h. als Unternehmer" erteilen würden.
Das LG Berlin ging von einem Wettbewerbsverstoß aus, weil die Kunden als Verbraucher zu bewerten seien und die Beklagte somit bestimmte verbraucherschützende Normen verletze:
Erst recht muss dies gelten, wenn es - wie hier - um die Vorbereitung einer Arbeitsaufnahme geht. Die Beklagte muss sich wegen Letzterem auch auf die von ihr mehrfach bemühte Entscheidung des Bundesgerichtshofs verweisen lassen, wonach Unternehmer- (§ 14 BGB) und nicht Verbraucherhandeln (§ 1031 V 1 ZPO i.V. mit § 13 BGB) schon dann vorliegt, wenn das betreffende Geschäft im Zuge der Aufnahme einer gewerblichen oder selbstständigen beruflichen Tätigkeit (so genannte Existenzgrundung) geschlossen wird (NJW 2005, 1273, beck-online); dieser Rechtsgedanke ist nach Auffassung des Gerichts eben auch hier anzuwenden."
Ein objektiver Dritter durfte jedoch nicht lediglich auf die (zukünftigen) Unternehmer abstellen, sondern musste auch die nach einem Arbeitsverhältnis Suchenden in Betracht ziehen. Letztere handeln nicht etwa aus subjektiven Vorstellungen und Motive, die für den Geschäftsgegner nicht erkennbar waren; vielmehr liegt es auf der Hand, dass diese Vorstellungen und Motive eine tragende Rolle spielen könnten."
Im Übrigen ist diese Erklärung bereits gem. § 309 Nr. 12 b) BGB unwirksam. Auch der Überschrift des zugrunde gelegten Vertragsfomnulars kommt keine Aussagekraft zu.
Die Frage, ob eine Person als Verbraucher oder als Unternehmer agiert, lässt sich nicht anhand von durch den Geschäftspartner vorformulierten Vertragsbestandteilen beantworten.
Vielmehr liegt die Einordnung als Verbraucher sogar außerhalb der Bestimmungsmacht der Parteien. Ob jemand als Verbraucher oder Unternehmer handelt ist ausschließlich am objektiv zu bestimmenden Zweck der mit dem Vertrag verfolgt wird, zu beurteilen. Eine gegenteilige Überschrift des Vertrags (oder auch ein entsprechender Inhalt des Vertrags) ist schlicht als falsa demonstratio unbeachtlich (...)."
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Der Kläger begehrte von seiner Krankenversicherung eine umfangreiche DSGVO-Auskunft, nämlich alle Informationen über die Tarifanpassungen seit dem Jahr 2012. Ziel war die Rückzahlung zu Unrecht erhobener Krankenkassenbeiträge des verklagten Versicherers.
Das Gericht stufte das Vorgehen als rechtsmissbräuchlich ein und wies die Klage ab:
Nach dem Willen der Klagepartei soll das begehrte Auskunftsbündel ausschließlich der Verfolgung von Leistungsansprüchen dienen.
Dabei handelt es sich um einen vollkommen verordnungsfremden Zweck. Nach dem Erwägungsgrund Art. 63 DSGVO, dient das Auskunftsrecht aus Art. 15 DSGVO dem Betroffenen vielmehr dazu, sich der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können. So soll Art. 15 DSGVO eine Rechtmäßigkeitskontrolle der Datenverarbeitungsvorgänge ermöglichen. Der Betroffene soll den Umfang und Inhalt der gespeicherten Daten beurteilen können. Die Auskünfte dienen auch dazu, der betroffenen Person die Wahrnehmung der weiteren Rechte nach der Datenschutzgrundverordnung zu ermöglichen, vor allem das Recht auf Berichtigung nach Art. 16 DSGVO, auf Löschung nach Art. 17 DSGVO und auf Einschränkung der Verarbeitung nach Art. 18 DSGVO (vgl. OLG Köln, Beschluss vom 03.09.2019 - 20 W 10/18).
Die Klagepartei hat keines der vorgenannten Interessen, dies nicht einmal als Reflex.
Das Auskunftsbegehren soll sich nach seinem klar geäußerten Willen allein darin erschöpfen, etwaige geldwerte Ansprüche gegen die Beklagte zu prüfen. Damit trifft das Begehren der Klagepartei nicht einmal den Titel der Verordnung, nämlich den Datenschutz.
Ein Begehren, das sich derart weit von dem Regelungsinhalt einer Rechtsgrundlage entfernt hat, ist nicht schützenswert. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber nicht etwa ein situationsunabhängiges Auskunftsrecht von Verbrauchern gegenüber Unternehmen schaffen wollte, welches im allgemeinen Rechtsverkehr nicht besteht. Vielmehr hat er die zu erteilenden Auskünfte explizit an den Zweck des Datenschutzes gebunden (vgl. Erwägungsgrund 63 DSGVO). "
Der Plattform wurde die entsprechende Bewerbung der Produkte im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes untersagt.
Die Verfügungsbeklagte betreibt eine Vergleichs- und Verkaufsplattform. Über die Plattform können Verbraucher zu den Angeboten von Drittanbietern gelangen; die Verfügungsbeklagte vertreibt über ihre Internetseite aber auch selbst Markenparfums im Wege des Direktverkaufs.
In einer Galerieansicht werden die verschiedenen Parfums, die sowohl von Drittanbietern als auch der Verfügungsbeklagten selbst zum Kauf angeboten werden, in einer Übersicht dargestellt. Klickt der Seitenbesucher auf ein konkretes Produkt, gelangt er auf die jeweilige Produktdetailseite.
Soweit man ein Produkt direkt bei der Verfügungsbeklagten kaufen möchte, wird man zu einer Bestellübersicht geleitet. Die Plattform bewirbt sämtliche Markenparfums in ihrer Galerieansicht und ihren Produktdetailseiten mit Preisersparnissen, indem sie
Bei der Bestellübersicht im Rahmen des Direktverkaufs zeigt die Plattform ebenfalls Streichpreise an. Die dargestellte Ersparnis sowohl bei den Streichpreisen als auch bei den Rabattkästchen berechnet sich aus dem Unterschied zwischen dem günstigsten und dem teuersten gelisteten Angebot auf der Plattform, unabhängig davon, von welchem Händler die Ware angeboten wird.
Die Kammer ordnet die konkrete Darstellung der Streichpreise und Rabattkästchen durch die Verfügungsbeklagte als Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ein.
Soweit die Verfügungsbeklagte die Streichpreise und Rabattkästchen in ihren Galerieansichten und auf ihren Produktdetailseiten verwendet, sei die Darstellung irreführend im Sinne des § 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 2 UWG, da sie zur Täuschung geeignete Angaben über das Vorhandensein eines besonderen Preisvorteils enthalte.
Werden Preise für ein Angebot durchgestrichenen Preisen gegenübergestellt oder mit einem prozentualen Abzug beworben, müsse sich aus der Werbung die Bezugsgröße eindeutig ergeben. Die Werbung mit einer Preisherabsetzung beinhalte ein hohes Irreführungspotential, da der Eindruck vermittelt werde, es handele sich um ein besonders günstiges Angebot.
Zudem verstießen die verwendeten Streichpreise in der Bestellübersicht im Rahmen des Direktverkaufs gegen die Vorschrift des § 11 Abs. 1 Preisangabenverordnung (PAngV).
Die Verfügungsbeklagte stelle entgegen der gesetzlichen Vorgabe bei Angabe der Preisermäßigung nicht auf den niedrigsten Gesamtpreis ab, den sie selbst innerhalb der letzten 30 Tage vor Preisermäßigung angewendet habe, sondern nehme auf den teuersten auf der Plattform ermittelbaren Verkaufspreis Bezug.
Der Verstoß gegen die Verordnung sei unlauter, führt die Kammer in den Urteilsgründen aus, da er geeignet sei, die Interessen von Verbrauchern und Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen: Die Werbung mit den Streichpreisen sei geeignet, den Verbraucher zum Kauf eines durch die Plattform selbst vertriebenen Markenparfums zu veranlassen, ohne dass der Verbraucher die Vor- und Nachteile der geschäftlichen Entscheidung eindeutig erkennen, abwägen und eine „effektive Wahl“ treffen könne. Gegenüber Mitbewerbern erlange das beklagte Portal damit einen nicht unerheblichen und unlauteren Wettbewerbsvorteil.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des LG München I v. 10.10.2022
Damit darf die Klägerin die Bezeichnung „PAULANER Spezi“ weiter nutzen.
Die beklagte Brauerei aus Augsburg hatte vorgerichtlich die Rechtsnachfolge der Klägerin hinsichtlich des Vertrags von 1974 bezweifelt und zudem die Kündigung der Vereinbarung erklärt. Sie begehrte den Abschluss einer neuen Lizenzvereinbarung. Hiergegen wandte sich die Klägerin mit einer Feststellungsklage.
Dieser gab das Landgericht München I heute statt.
Die Kammer erkannte die klägerische Brauerei als Rechtsnachfolgerin an. Zudem erachtete sie die Vereinbarung von 1974 als weiterhin wirksam und fortbestehend.
Zur Überzeugung des Gerichts ist die Vereinbarung von 1974 nicht als Lizenzvertrag, sondern als Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarung auszulegen. Hierfür spreche bereits, so die Kammer, dass die ursprünglich vorgesehene Überschrift des Vertragsdokuments noch vor Vertragsunterzeichnung von „Lizenzvertrag“ in „Vereinbarung“ abgeändert worden sei, sowie weitere Begleitumstände des Vertragsschlusses. So sei mit der Vereinbarung aus dem Jahr 1974 eine endgültige Beilegung bestehender Streitigkeiten zwischen den Parteien beabsichtigt gewesen. Im Vertrauen auf die endgültige Beilegung habe die Klägerin erhebliche Investitionen in den Aufbau ihrer Marke getroffen.
Nach Auffassung des Gerichts sind markenrechtliche Koexistenz- und Abgrenzungsvereinbarungen - im Gegensatz zu Lizenzverträgen - nicht ordentlich kündbar. Denn die Schutzdauer eingetragener Markenrechte könne durch einfache Gebührenzahlung unbegrenzt verlängert werden, so die Kammer.
Das berechtigte Bedürfnis nach einer Abgrenzung der Benutzungsbefugnisse für (tatsächlich oder vermeintlich) verwechslungsfähige Zeichen bestehe deshalb ebenfalls regelmäßig zeitlich unbegrenzt, zumal wenn – wie im Streitfall – mit dem Abschluss der Koexistenz- bzw. Abgrenzungsvereinbarung eine endgültige Beilegung bestehender Meinungsverschiedenheiten beabsichtigt worden sei, und die Parteien im Anschluss an diese Vereinbarung im Vertrauen auf deren Bestand vorhersehbar erhebliche Investitionen in ihren jeweiligen Markenaufbau getätigt hätten.
Für eine außerordentliche Kündigung durch die Beklagte habe die Klägerin keinen Anlass gegeben, so die Kammer, da sie sich stets vertragstreu verhalten habe.
Das Gericht führt hierzu in seinem Urteil aus: „Die Klägerin hält die vertraglichen Vereinbarungen unbestritten ein, und Jahrzehnte nach Abschluss der Vereinbarung eingetretene Vertragsreue als Ausfluss des Wunsches der Beklagten, am beachtlichen wirtschaftlichen Erfolg der Klägerin zu partizipieren, stellt keinen wichtigen Grund im Rechtssinne dar.“
Die im Rahmen einer Widerklage geltend gemachten markenrechtlichen Ansprüche der Beklagten auf Unterlassung, Auskunft und Schadenersatz wies die Kammer wegen des Fortbestehens der Vereinbarung aus dem Jahr 1974 zwischen den Parteien als unbegründet zurück.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des LG München I v. 11.10.2022
Aus der Mitteilung:
Das NetzDG verpflichtet die Anbieter sozialer Netzwerke, auf ihren Plattformen Meldewege vorzuhalten, damit Nutzerinnen und Nutzer Posts mit strafbaren Inhalten den Anbietern zur Prüfung nach den Vorgaben des NetzDG melden können. Ferner sind die Anbieter verpflichtet, eine zustellungsbevollmächtigte Person oder Einrichtung mit ladungsfähiger Anschrift in Deutschland zu benennen, damit deutsche Gerichte und Behörden den Anbietern Schriftstücke mit rechtsverbindlicher Wirkung im Inland zustellen können.
Den Verstoß gegen die Pflicht zur Bereithaltung gesetzeskonformer Meldewege hat das BfJ mit einem Bußgeld in Höhe von 4,25 Millionen Euro geahndet. Wegen der Nichtbenennung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten hat das BfJ ein Bußgeld in Höhe von 875 Tausend Euro verhängt."
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Newsletter
vom 19.10.2022
Betreff:
Rechts-Newsletter 42. KW / 2022: Kanzlei Dr. Bahr
1. BGH: Markeninhaber hat keinen Auskunftsanspruch gegen Google Ads auf Zeitpunkt, Anzahl der Klicks und der gezahlten Preise
2. BGH: Notwendige Maßnahmen, die Rechteinhaber vor Geltendmachung von Websperren zu ergreifen haben
3. BGH: Strafrechtliche Verurteilungen wegen Handeltreibens mit CBD-Blüten nicht zu beanstanden
4. OLG Nürnberg: Objektiv falsche Online-Blickfangwerbung kann nicht Hinweise in der Fußnote richtiggestellt werden
5. OLG Saarbrücken: Prüfpflichten eines Hostproviders bei Bestandung einer Internetbewertung
6. LG Berlin: Wer Model-Jobs sucht, ist Verbraucher, kein Unternehmer = Wettbewerbsverstoß
7. LG Gießen: Zweckwidriger Grund führt zum rechtsmissbräuchlichen DSGVO-Auskunftsanspruch
8. LG München I: Online-Plattform mit Streichpreisen für Markenparfüms irreführend
9. LG München I: Paulaner gewinnt Namensstreit um Marke "Spezi"
10. 5,1 Mio. EUR Bußgeld gegen Telegram wegen Nichteinhaltung der NetzDG-Vorgaben
Die einzelnen News:
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1. BGH: Markeninhaber hat keinen Auskunftsanspruch gegen Google Ads auf Zeitpunkt, Anzahl der Klicks und der gezahlten Preise
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Schaltet ein Dritter Google Ads -Werbung und verletzt damit Kennzeichenrechte, hat der Markeninhaber gegen Google nur einen begrenzten Auskunftsanspruch. Nicht umfasst vom, Auskunftsanspruch sind der Zeitpunkt der Anzeige, die Anzahl der Klick und die Klickpreise (BGH, Urt. v. 14.07.2022 - Az.: I ZR 121/21).
§ 19 Auskunftsanspruch
(1) Der Inhaber einer Marke oder einer geschäftlichen Bezeichnung kann den Verletzer in den Fällen der §§ 14, 15 und 17 auf unverzügliche Auskunft über die Herkunft und den Vertriebsweg von widerrechtlich gekennzeichneten Waren oder Dienstleistungen in Anspruch nehmen.
(...)
(3) Der zur Auskunft Verpflichtete hat Angaben zu machen über
1. Namen und Anschrift der Hersteller, Lieferanten und anderer Vorbesitzer der Waren oder Dienstleistungen sowie der gewerblichen Abnehmer und Verkaufsstellen, für die sie bestimmt waren, und
2 die Menge der hergestellten, ausgelieferten, erhaltenen oder bestellten Waren sowie über die Preise, die für die betreffenden Waren oder Dienstleistungen bezahlt wurden.
Bereits in der Vorinstanz hatte das KG Berlin (Urt. v. 13.07.2021 - Az.: 5 U 87/19) entschieden, dass die Klicks und die gezahlten Entgelte nicht unter diese Norm fallen würden.
"Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts steht der Klägerin kein Anspruch gegen die Beklagte auf Erteilung der mit dem Klageantrag a begehrten Auskunft über den Zeitpunkt zu, ab dem die streitgegenständliche Anzeige auf der Internetseite www.google.de sichtbar war.
Das Berufungsgericht hat angenommen, die von der Klägerin mit dem Klageantrag a begehrte Auskunft dazu, ab welchem Zeitpunkt die streitgegenständliche Anzeige auf der Internetseite www.google.de sichtbar gewesen sei, sei eine solche zum Vertriebsweg im Sinne von § 19 Abs. 1 MarkenG. (...)
Und hinsichtlich der Anzahl der Klicks:
"Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch aus § 19 Abs. 3 Nr. 2 MarkenG auf Auskunft über die Anzahl der Klicks zu, mit denen die über die Anzeige zugängliche Internetseite aufgerufen wurde.
Und in puncto der gezahlten Klickpreise:
"Das Berufungsgericht hat mit Recht auch den Klageantrag c abgewiesen, mit dem die Klägerin Auskunft über den Preis begehrt, den der Besteller an die Beklagte für die Schaltung der streitgegenständlichen AdWords-Anzeige gezahlt hat.
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2. BGH: Notwendige Maßnahmen, die Rechteinhaber vor Geltendmachung von Websperren zu ergreifen haben
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Der unter anderem für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, unter welchen Voraussetzungen Rechtsinhaber von Internetzugangsanbietern nach § 7 Abs. 4 TMG die Sperrung des Zugangs zu Internetseiten beanspruchen können.
Die Beklagte ist ein Telekommunikationsunternehmen. Die Klägerinnen sind Wissenschaftsverlage. Sie verlangen von der Beklagten, dass diese den Zugang zu den Internetseiten von zwei Internetdiensten sperrt, auf denen - nach Darstellung der Klägerinnen - wissenschaftliche Artikel und Bücher bereitgehalten werden, an denen ihnen die ausschließlichen Nutzungsrechte zustehen.
Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Auf die Berufung der Beklagten hat das Oberlandesgericht das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Es hat angenommen, die Klägerinnen hätten entgegen § 7 Abs. 4 TMG nicht die ihnen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft, der Verletzung ihrer Rechte abzuhelfen.
Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält der rechtlichen Nachprüfung im Ergebnis stand.
LG München I - Urteil vom 25. Oktober 2019 - 21 O 15007/18
OLG München - Urteil vom 27. Mai 2021 - 29 U 6933/19
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3. BGH: Strafrechtliche Verurteilungen wegen Handeltreibens mit CBD-Blüten nicht zu beanstanden
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Der in Leipzig ansässige 5. Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revisionen zweier Angeklagter gegen ein Berliner Urteil verworfen, mit dem diese insbesondere wegen des Handels mit CBD-Blüten zu Freiheitsstrafen verurteilt worden sind.
LG Berlin – Urteil vom 7. Juli 2021 – (510 KLs) 254 Js 38/20 (9/20)
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4. OLG Nürnberg: Objektiv falsche Online-Blickfangwerbung kann nicht Hinweise in der Fußnote richtiggestellt werden
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Eine objektiv falsche Blickfangwerbung kann nicht durch Hinweise in einer Fußnote richtiggestellt werden (OLG Nürnberg, Beschl. v. 16.08.2022 - Az.: 3 U 747/22).
"33 % AUF ALLE KÜCHEN (1) + GRATIS AEG BACKOFEN"
Der Text zur Fußnote 1 am Ende der Webseite lautete:
"Beim Kauf einer frei geplanten Einbauküche bei (...) erhalten Sie ab einem Gesamtpreis der Küche von 6.900 € 33 % Rabatt. Dieser Rabatt errechnet sich aus dem Gesamtpreis abzgl. Montagekosten, abzgl. des Kaufpreises für MIELE- und BORA-Geräte sowie dem Material Stein. Zusätzlich erhalten Sie einen AEG Backofen (...) ohne Berechnung (...)"
Das OLG Nürnberg stufte diese Form als irreführend ein:
"Handelt es sich um eine falsche Angabe zu einer leicht nachprüfbaren, objektiven Tatsache, für die es keinen vernünftigen Grund gibt (...), bzw. eine leicht zu vermeidende, eindeutig falsche Werbeaussage, für die kein vernünftiger Anlass besteht (...)), liegt eine sogenannte "dreiste Lüge” vor. In einem solchen Fall der objektiven Unrichtigkeit kann der erzeugte Irrtum nicht durch einen erläuternden Zusatz in Form einer Fußnote oder ähnlichem richtiggestellt werden (...).
Und weiter:
"Für diese objektive Unrichtigkeit ist kein vernünftiger Anlass ersichtlich. Es wäre der Beklagten beispielsweise leicht möglich gewesen, den Zusatz "ab einem Kaufpreis von 6.900,00 €" in die Blickfangwerbung aufzunehmen, da ausreichend Platz vorhanden war. Auch die Beklagte trägt keinen nachvollziehbaren Anlass vor, warum sie die Ausnahme weitab von der Blickfangwerbung nach etlichen Seiten, die herunter gescrollt werden müssen, anbrachte.
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5. OLG Saarbrücken: Prüfpflichten eines Hostproviders bei Bestandung einer Internetbewertung
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Ein Host-Provider ist grundsätzlich nicht zu weiteren Prüfungsmaßnahmen verpflichtet, wenn die Internet-Bewertung eines Dritten beanstandet wird und zwei sich widersprechende Behauptungen vorliegen (OLG Saarbrücken, Urt. v. 09.09.2022 - Az.: 5 U 117/21).
"Nach Maßgabe dieser Grundsätze hat die Beklagte hier ihren Prüfpflichten genügt und ist zutreffend zu der Annahme gelangt, dass das Persönlichkeitsrechts des Klägers durch die beanstandete Bewertung nicht in rechtswidriger Weise verletzt wird.
Und weiter:
"Indes können Beanstandungen gegenüber einem Hostprovider, die auf (bewusst) falschen Tatsachenvortrag gestützt werden, Prüfungspflichten des Hostproviders nicht auslösen, weil falsche tatsächliche Behauptungen objektiv ungeeignet sind, die Rechtswidrigkeit der beanstandeten Bewertung zu begründen.
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6. LG Berlin: Wer Model-Jobs sucht, ist Verbraucher, kein Unternehmer = Wettbewerbsverstoß
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Stellungnahme die aufgrund der Bauleitplanung ermöglichte Bodenversiegelung, so ist die Person des Verfassers regelmäßigWer auf der Suche nach Model-Jobs ist, ist rechtlich als Verbraucher einzustufen und nicht als Unternehmer, so das LG Berlin (Urt. v. 09.08.2022 - Az.: 15 O 459/20).
"Das Verständnis der Verkehrskreise - also der sich als (zukünftige) Unternehmer betrachtenden oder der nach einem Arbeitsverhältnis Suchenden - wird zwar aufgrund der Überschrift des Auftrags einheitlich dahin gehen, dass sie nach dem Auftrag keine Verbraucher darstellen sollen. Diese Vorstellung stimmt jedoch, soweit man auf die nach einem Arbeitsverhältnis Suchenden abstellt, mit den wirklichen Verhältnissen nicht überein. Ein Arbeitnehmer, der mit Bezug zu seiner Arbeit in einem geschäftlichen Zusammenhang betroffen wird, ist nämlich als Verbraucher iSd § 13 zu qualifizieren (...).
Und weiter:
"Das von der Beklagten zitierte Urteil des Bundesfinanzhofs (vom 8.6.1967 - IV 62/65, BeckRS 1967, 21001390) steht dem nicht entgegen. Danach sind Fotomodelle, die nur von Fall zu Fall und vorübergehend zu Werbeaufnahmen für die Bekleidungsindustrie herangezogen werden, zwar gewerblich tätig. Ausgeschlossen ist damit aber natürlich nicht, dass die Modelle - wenn sie eben hinreichend mehr als dies tun, wie hier im Raum stehend - in einem Arbeitsverhältnis tätig werden. (...)
Auch die Tatsache, dass der Kunde ausdrücklich eine schriftliche Bestätigung über die freiberufliche Tätigkeit unterschrieben habe, ändere an dieser Bewertung nichts:
"Auf die Bestätigungserklärung der Frau (...) kann es vor diesem Hintergrund nicht ankommen (vgl. KG, Hinweisbeschl. v. 31.1. 2011 - 8 U 107/10 NJW-RR 2011,1418).
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7. LG Gießen: Zweckwidriger Grund führt zum rechtsmissbräuchlichen DSGVO-Auskunftsanspruch
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Wird mit einem DSGVO-Auskunftsanspruch primär kein datenschutzrechtlicher, sondern ein anderweitiger Zweck verfolgt (hier: Information über Tarifanpassungen), ist das Begehren rechtsmissbräuchlich (LG Gießen, Urt. v. 08.09.2022 - Az.: 5 O 1954/21).
"Der Auskunftsanspruch der Klagepartei lässt sich bei der vorliegenden Sachlage auch nicht erfolgreich auf Art. 15 DSGVO stützen. Ihr steht der sich aus § 242 BGB ergebende Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen. (...)
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8. LG München I: Online-Plattform mit Streichpreisen für Markenparfüms irreführend
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Die 42. Zivilkammer des Landgerichts München I hat mit Urteil vom heutigen Tag die Werbung einer Vergleichs- und Verkaufsplattform mit Streichpreisen und Rabattkästchen für Markenparfums als irreführend für Verbraucher eingestuft (42 O 9140/22).
(1) bei einem Angebot den Gesamtpreis einem höheren durchgestrichenen Preis gegenüberstellt (Streichpreis) und/oder
(2) eine prozentuale Preisersparnis mit einem rot hervorgehobenen Rabatt-Kästchen ausweist (Rabatt-Kästchen).
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9. LG München I: Paulaner gewinnt Namensstreit um Marke "Spezi"
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Die auf Marken- und Wettbewerbsrecht spezialisierte 33. Zivilkammer des Landgerichts München I hat mit Urteil vom 11.10.2022 festgestellt, dass die zwischen zwei Brauereien getroffene Vereinbarung zur Berechtigung der Nutzung der Bezeichnung „PAULANER Spezi“ für ein Mischgetränk aus Limonade und Cola aus dem Jahr 1974 fortbesteht (Az. 33 O 10784/21).
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10. 5,1 Mio. EUR Bußgeld gegen Telegram wegen Nichteinhaltung der NetzDG-Vorgaben
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Wie das Bundesamt für Justiz (BfJ) in einer aktuellen Pressemitteilung erklärt, hat es gegen den Anbieter Telegram ein Bußgeld iHv. 5,1 Mio. EUR wegen Nichteinhaltung bestimmter Vorgaben aus dem Netzwerkdurchsetzungsgesetz (NetzDG) verhängt.
"Der Telegram FZ-LLC als Anbieterin des sozialen Netzwerks Telegram (im Folgenden: Telegram) werden Verstöße gegen die Pflicht zur Vorhaltung gesetzeskonformer Meldewege sowie gegen die Pflicht zur Benennung eines inländischen Zustellungsbevollmächtigten vorgeworfen.
Der Bußgeld-Bescheid ist nicht rechtskräftig.
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