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1. Auch immaterielle Schäden fallen unter den DSGVO-Schaden: In der ersten Entscheidung stellt der EuGH (Urt. v. 14.12.2023 - Az.: C-340/21) klar, dass bereits die Befürchtung eines möglichen Missbrauchs personenbezogener Daten für sich genommen einen immateriellen Schaden darstellen kann. In dem Urteil stellen die Richter fest: 2. Der Verantwortliche trägt die Beweislast dafür, dass die getroffenen Schutzmaßnahmen geeignet waren. 3. Im Fall der unbefugten Offenlegung von bzw. des unbefugten Zugangs zu personenbezogenen Daten durch „Dritte“ (wie Cyberkriminelle) kann der Verantwortliche gegenüber den Personen, denen ein Schaden entstanden ist, ersatzpflichtig sein, es sei denn, er weist nach, dass er in keinerlei Hinsicht für den Schaden verantwortlich ist. 4. Allein der Umstand, dass eine betroffene Person infolge eines Verstoßes gegen die DSGVO befürchtet, dass ihre personenbezogenen Daten durch Dritte missbräuchlich verwendet werden könnten, kann einen „immateriellen Schaden“ darstellen." Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass eine Person, die von einem Verstoß gegen die DSGVO betroffen ist, der für sie negative Folgen gehabt hat, nachweisen muss, dass diese Folgen einen immateriellen Schaden im Sinne von Art. 82 DSGVO darstellen (…). Insbesondere muss das angerufene nationale Gericht, wenn sich eine Person, die auf dieser Grundlage Schadenersatz fordert, auf die Befürchtung beruft, dass ihre personenbezogenen Daten in Zukunft aufgrund eines solchen Verstoßes missbräuchlich verwendet werden, prüfen, ob diese Befürchtung unter den gegebenen besonderen Umständen und im Hinblick auf die betroffene Person als begründet angesehen werden kann. Nach alledem ist auf die (…) Frage zu antworten, dass Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen ist, dass allein der Umstand, dass eine betroffene Person infolge eines Verstoßes gegen die DSGVO befürchtet, dass ihre personenbezogenen Daten durch Dritte missbräuchlich verwendet werden könnten, einen „immateriellen Schaden“ im Sinne dieser Bestimmung darstellen kann." In der zweiten Entscheidung erklärt der EuGH (Urt. v. 14.12.2023 - Az.: C-456/22) deutlich, dass auch rein subjektive Schäden unter die Norm des Art. 82 DSGVO fallen können. Der Sachverhalt war wie folgt: Die Kläger des Ausgangsverfahrens sind der Auffassung, dass diese Veröffentlichung ein Verstoß gegen die DSGVO sei und dass die Gemeinde Ummendorf vorsätzlich gehandelt habe, da die Namen der anderen Beteiligten des Verfahrens, in dem das genannte Urteil ergangen sei, geschwärzt worden seien. Daher nehmen sie die Gemeinde nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO auf Ersatz des ihnen angeblich entstandenen immateriellen Schadens in Anspruch. Ihrer Ansicht nach stellt die unzulässige Offenlegung personenbezogener Daten einer natürlichen Person einen „Schaden“ im Sinne dieser Bestimmung dar, ohne dass eine „Bagatellgrenze“ geltend gemacht werden könne, die der Systematik der DSGVO widerspräche und der abschreckenden Wirkung dieser Bestimmung abträglich wäre. Die Gemeinde Ummendorf dagegen hält bei einem Ersatz „immaterieller Schäden“ im Sinne von Art. 82 Abs. 1 DSGVO den Nachweis spürbarer Nachteile und eine objektiv nachvollziehbare Beeinträchtigung persönlichkeitsbezogener Belange für erforderlich. für erforderlich." Das Erfordernis einer objektiven Erheblichkeitsschwelle dürfe nicht verlangt werden: Eine Person, die von einem Verstoß gegen die DSGVO betroffen ist, der für sie nachteilige Folgen gehabt hat, muss jedoch den Nachweis erbringen, dass diese Folgen einen immateriellen Schaden im Sinne von Art. 82 DSGVO darstellen (…). Der bloße Verstoß gegen die Bestimmungen dieser Verordnung reicht nämlich nicht aus, um einen Schadenersatzanspruch zu begründen (…). Unter diesen Umständen steht zwar nichts dem entgegen, dass die Veröffentlichung personenbezogener Daten im Internet und der daraus resultierende kurzzeitige Verlust der Hoheit über diese Daten den betroffenen Personen einen „immateriellen Schaden“ im Sinne von Art. 82 Abs. 1 DSGVO zufügen können, der zum Schadenersatz berechtigt, doch müssen diese Personen den Nachweis erbringen, dass sie tatsächlich einen solchen Schaden – so geringfügig er auch sein mag – erlitten haben. Nach alledem ist auf die Frage zu antworten, dass Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin auszulegen ist, dass er einer nationalen Rechtsvorschrift oder -praxis entgegensteht, die für einen durch einen Verstoß gegen diese Verordnung verursachten immateriellen Schaden eine „Bagatellgrenze“ vorsieht. Die betroffene Person muss den Nachweis erbringen, dass die Folgen dieses Verstoßes, die sie erlitten zu haben behauptet, ursächlich für einen Schaden waren, der sich von der bloßen Verletzung der Bestimmungen dieser Verordnung unterscheidet." Der Kläger war seit März 2021 als Helfer bei der Beklagten beschäftigt. Er legte am Montag, dem 2. Mai 2022, eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung für die Zeit vom 2. bis zum 6. Mai 2022 vor. Mit Schreiben vom 2. Mai 2022, das dem Kläger am 3. Mai 2022 zuging, kündigte die Beklagte das Arbeitsverhältnis zum 31. Mai 2022. Mit Folgebescheinigungen vom 6. Mai 2022 und vom 20. Mai 2022 wurde Arbeitsunfähigkeit bis zum 20. Mai 2022 und bis zum 31. Mai 2022 (einem Dienstag) bescheinigt. Ab dem 1. Juni 2022 war der Kläger wieder arbeitsfähig und nahm eine neue Beschäftigung auf. Die Beklagte verweigerte die Entgeltfortzahlung mit der Begründung, der Beweiswert der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen sei erschüttert. Dem widersprach der Kläger, weil die Arbeitsunfähigkeit bereits vor dem Zugang der Kündigung bestanden habe. Die Vorinstanzen haben der auf Entgeltfortzahlung gerichteten Klage für die Zeit vom 1. bis zum 31. Mai 2022 stattgegeben. Die Revision der Beklagten hatte teilweise – bezogen auf den Zeitraum vom 7. bis zum 31. Mai 2022 – Erfolg. Ein Arbeitnehmer kann die von ihm behauptete Arbeitsunfähigkeit mit ordnungsgemäß ausgestellten ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen nachweisen. Diese sind das gesetzlich vorgesehene Beweismittel. Deren Beweiswert kann der Arbeitgeber erschüttern, wenn er tatsächliche Umstände darlegt und ggf. beweist, die nach einer Gesamtbetrachtung Anlass zu ernsthaften Zweifeln an der Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers geben. Hiervon ausgehend ist das Landesarbeitsgericht bei der Prüfung des Beweiswerts von Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, die während einer laufenden Kündigungsfrist ausgestellt werden, zutreffend davon ausgegangen, dass für die Erschütterung des Beweiswerts dieser Bescheinigungen nicht entscheidend ist, ob es sich um eine Kündigung des Arbeitnehmers oder eine Kündigung des Arbeitgebers handelt und ob für den Beweis der Arbeitsunfähigkeit eine oder mehrere Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vorgelegt werden. Stets erforderlich ist allerdings eine einzelfallbezogene Würdigung der Gesamtumstände. Hiernach hat das Berufungsgericht richtig erkannt, dass für die Bescheinigung vom 2. Mai 2022 der Beweiswert nicht erschüttert ist. Eine zeitliche Koinzidenz zwischen dem Beginn der Arbeitsunfähigkeit und dem Zugang der Kündigung ist nicht gegeben. Nach den getroffenen Feststellungen hatte der Kläger zum Zeitpunkt der Vorlage der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung keine Kenntnis von der beabsichtigten Beendigung des Arbeitsverhältnisses, etwa durch eine Anhörung des Betriebsrats nach § 102 Abs. 2 Satz 4 BetrVG. Weitere Umstände hat die Beklagte nicht dargelegt. Bezüglich der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen vom 6. Mai 2022 und vom 20. Mai 2022 ist der Beweiswert dagegen erschüttert. Das Landesarbeitsgericht hat insoweit nicht ausreichend berücksichtigt, dass zwischen der in den Folgebescheinigungen festgestellten passgenauen Verlängerung der Arbeitsunfähigkeit und der Kündigungsfrist eine zeitliche Koinzidenz bestand und der Kläger unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine neue Beschäftigung aufgenommen hat. Dies hat zur Folge, dass nunmehr der Kläger für die Zeit vom 7. bis zum 31. Mai 2022 die volle Darlegungs- und Beweislast für das Bestehen krankheitsbedingter Arbeitsunfähigkeit als Voraussetzung für den Entgeltfortzahlungsanspruch nach § 3 Abs. 1 EFZG trägt. Da das Landesarbeitsgericht – aus seiner Sicht konsequent – hierzu keine Feststellungen getroffen hat, war die Sache insoweit zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Landesarbeitsgericht zurückzuverweisen. Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 13. Dezember 2023 – 5 AZR 137/23 – Quelle: Pressemitteilung des BAG v. 13.12.2023
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hob mit heute veröffentlichter Entscheidung eine auf Unterlassung gerichtete Eilentscheidung des Landgerichts auf. Die Antragsgegnerin vermittelt über eine von ihr entwickelte Plattform ärztliche Behandlungsleistungen im Zusammenhang mit medizinischem Cannabis an Patienten. Ihre Tätigkeit bewarb sie mit der Aufforderung: Hiergegen wendet sich der Antragsteller, ein beim Bundesamt der Justiz eingetragener qualifizierter Wirtschaftsverband. Das Landgericht hatte der Antragsgegnerin daraufhin im Eilverfahren verboten, ärztliche Leistungen mit Rabatten zu bewerben. Die hiergegen gerichtete Berufung hatte vor dem OLG Erfolg. Die pauschale Rabattgewährung auf ärztliche Behandlungskosten sei zwar gesetzlich verboten und damit wettbewerbswidrig, führte das OLG aus. Mit den Vorschriften der Gebührenordnung für Ärzte (GOÄ) solle „einem ruinösen Preiswettbewerb der Ärzte im Interesse eines funktionierenden Gesundheitswesens entgegen“ gewirkt werden. Jede Pauschalierung der ärztlichen Vergütung vor der Kontaktaufnahme mit dem Patienten sei deshalb untersagt. Die Antragsgegnerin selbst unterliege jedoch nicht den Regelungen der GOÄ. Adressaten der GOÄ seien ausschließlich Ärzte als Vertragspartner der Patienten aus dem Behandlungsvertrag. Die Antragsgegnerin habe hier zudem ausweislich der eidesstattlichen Versicherung den Arzt entsprechend den Regelungen der GOÄ – also ohne Rabatt - bezahlt und den den Patienten eingeräumten Rabatt selbst getragen. Ihr fehle die dafür nötige „Täterqualifikation“. Nur wenn ein anderer vorsätzlich gegen die Vorschriften verstieße, könne sie an einer solchen vorsätzlichen Haupttat vorsätzlich teilnehmen. „Da aber die Kooperationsärzte der Antragsgegnerin ordnungsgemäß nach der GOÄ abrechnen, fehlt es an einer vorsätzlich begangenen Haupttat, so dass auch eine Haftung der Antragsgegnerin als Teilnehmerin ausscheidet“, vertieft das OLG. Auch der Zweck der GOÄ, dass Abrechnungsverhalten der Ärzte so zu regulieren, dass ruinöser Preiswettbewerb zwischen den Ärzten verhindert werde, gebiete hier nicht eine entsprechende Anwendung auch auf die Antragstellerin. Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nicht anfechtbar. Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 09.11.2023, Az. 6 U 82/23 Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 11.12.2023
Die Klägerin war ein Unternehmen und beanstandete die gesetzliche Verpflichtung, sich elektronisch anzumelden, um Informationen mit dem amtlichen Unternehmensregister austauschen zu können. Sie verlangte, dass vielmehr die postalische Übersendung einer amtlichen Kopie des Personalausweises ausreichen sollte. Das OVG Münster hat dem Ansinnen eine klare Absage erteilt. Der elektronische Registrierungszwang sei rechtlich nicht zu beanstanden: Das Erfordernis einer Registrierung mit einer elektronischen Identifikation des Nutzers (…) beruht (…) auf vernünftigen Erwägungen des Allgemeinwohls. Insbesondere dient es der angestrebten rechtssicheren Datenübermittlung nach einheitlichen Standards ohne vermeidbaren behördlichen Verwaltungsaufwand, indem (…) ein qualifizierter Vertrauensdiensteanbieter einzubinden ist, der die Registerbehörde von eigenem Identifikationsaufwand entlastet. Demgegenüber ist eine übermäßige Belastung der Übermittlungspflichtigen durch die nur einmalige Registrierung nicht erkennbar, zumal ihnen hierfür verschiedene Identifizierungsverfahren zur Verfügung stehen, die den unionsrechtlich bestimmten Sicherheitsanforderungen genügen." Die Klägerin betrieb ein Buchhaltungsbüro und hatte in ihren Räumlichkeiten Videokameras installiert. Als die zuständige Datenschutzbehörde davon erfuhr, schrieb sie die Klägerin an und verlangte umfangreich Auskunft. Die Fragen waren u.a. 2. Zu welchen Zwecken ist die Überwachung ihrer Ansicht nach erforderlich und auf welcher Rechtsgrundlage erfolgt sie? 3. Beschreiben Sie, wie Sie die Überwachung konkret durchführen. Seit wann und in welcher Form findet die Videoüberwachung statt? Erläutern Sie insbesondere, ob Aufzeichnungen erstellt werden oder eine auch aus räumlicher Entfernung abrufbare Liveübertragung erfolgt, wie lange und wo eventuelle Aufnahmen gespeichert werden und ob dies jeweils auch Audioaufnahmen umfasst. 4. Teilen Sie uns zum Standort der Videokamera/ zu den Standorten der Videokameras folgendes mit: a. wie viele Überwachungskameras setzen Sie insgesamt ein? 5. Werden Videobilder über mobile Endgeräte (Smartphone, etc.) abgerufen oder drahtlos per Funk (WLAN) übertragen? Falls ja, bitten wir Sie a. uns mitzuteilen, wer zu welchen Zwecken hierauf zugreift und 6. Zur Technik bitten wir für jede einzelne Kamera um folgende Angaben: a. Ist die jeweilige Kamera starr ausgerichtet, schwenkbar oder handelt es sich um eine Dome-Kamera? 7. Weisen Sie auf die Videoüberwachung durch entsprechende Schilder hin? Sofern Sie Hinweisschilder angebracht haben, legen Sie uns beispielhaft eine gut lesbare Kopie bzw. Fotografie der Schilder vor und tragen Sie den Befestigungsort in die Standortskizze ein. 8. Wie erfolgt die Information der Beschäftigten über die Videoüberwachung? 9. Wie ist sichergestellt, dass die Daten nicht für Verhaltens- und Leistungskontrollen der Beschäftigten genutzt werden? Gibt es eine entsprechende Betriebsvereinbarung? 10. Sofern Sie eine Datenschutzfolgeabschätzung durchgeführt haben, fügen Sie ihrer Antwort bitte eine Kopie des Berichts bei. 11. Wurde eine Datenschutzbeauftragte oder ein Datenschutzbeauftragter bestellt?“ Dagegen wehrte sich die Klägerin nun vor Gericht. U.a. verteidigte sie sich damit, dass die Kameras von ihrem verstorbenen Ehemann angebracht worden seien, der zuvor die Firma geführt habe. Sie verfüge daher über keine vertieften Kenntnisse. Außergerichtlich hatte der Anwalt der Klägerin zuvor der Behörde mitgeteilt, dass die Klägerin sich nicht näher zum Sachverhalt einlassen wolle, weil ein Ordnungswidrigkeiten-Verfahren vermeintlich anhängig sei. Im Gerichtsprozess berief sich die Klägerin aber nicht mehr darauf. Das Gericht wies die Klage ab und erklärte das Vorgehen der Datenschutzbehörde für rechtmäßig. 1. Grundsätzliche Auskunftspflicht des Verantwortlichen: Der datenschutzrechtlich Verantwortliche sei grundsätzlich auskunftsverpflichtet, so das Gericht: (1.) Ziffer I des Bescheides vom 16.06.2022 beruht auf Art. 58 Abs. 1 lit. a DSGVO i.V.m. Art 31 DSGVO i.V.m. § 40 Abs. 4 BDSG. Nach Art. 58 Abs. 1 lit. a DSGVO verfügt jede Aufsichtsbehörde über Untersuchungsbefugnisse, die es ihr gestatten, den Verantwortlichen, den Auftragsverarbeiter und gegebenenfalls den Vertreter des Verantwortlichen oder des Auftragsverarbeiters anzuweisen, alle Informationen bereitzustellen, die für die Erfüllung ihrer Aufgaben erforderlich sind. Als Aufgabe kommt hier insbesondere die Überwachung und Durchsetzung der Anwendung der Datenschutzgrundverordnung nach Art. 57 Abs. 1 lit. a DSGVO in Betracht. Diesem (…) Auskunftsanspruch muss der datenschutzrechtlich Verantwortliche nachkommen. Dies hat der Bundesgesetzgeber auch in § 40 Abs. 4 Satz 1 BDSG im nationalen Recht insbesondere dahingehend konkretisiert, dass Auskunftspflichtige die Beantwortung der Fragen des Beklagten mit Rücksicht auf ein Auskunftsverweigerungsrecht ablehnen können (§ 40 Abs. 4 Satz 2 BDSG). Die Art und Weise, wie die Informationen bereitzustellen sind, ist nicht geregelt. Der Aufsichtsbehörde steht bezüglich der Wahl der konkreten Abhilfemaßnahme ein Ermessen zu (…), welches gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbar ist, § 20 Abs. 2 BDSG i.V.m. § 114 VwGO. Die Befugnis beschränkt sich aber jedenfalls nicht auf reine Auskünfte. Für die Erfüllung der Aufgaben der Aufsichtsbehörde erforderlich sein können auch Beschreibungen, Aufstellungen, Kopien, Screenshots oder Informationen in sonstigen Formaten. Aufgrund des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes kann es im Einzelfall geboten sein, zunächst nur eine schlichte Auskunft und in einem weiteren Schritt ggf. Kopien oder Ähnliches anzufordern. Die Auskunftspflicht führt dazu, dass der Verantwortliche dem Auskunftsverlangen der Aufsichtsbehörde vollständig, richtig und aktuell sowie nachvollziehbar zu entsprechen hat (….)." Der Fragenkatalog geht allein an vier Stellen über die reine Beantwortung von Fragen hinaus. Allein die Ziffern 3, 6, 9 und 11 des streitgegenständlichen Fragenkatalogs enthalten über eine reine Auskunft hinausgehende Aufforderungen zur Vorlage von Skizzen über die Kamerastandorte (…); von Kopien der angebrachten und auf die Kamerabenutzung hinweisenden Schilder (…) sowie – falls vorhanden – der Datenfolgenabschätzung (…) und einer Abschrift des Verzeichnisses der Verarbeitungstätigkeiten (…). Die Beklagte hat damit überwiegend das mildeste Mittel der Informationsbeschaffung in der Ausformung der einfachen Auskunftserteilung gewählt. Die von ihr getroffene Abwägung hinsichtlich der betroffenen Rechtsgüter Dritter und denen der Klägerin ist nicht zu beanstanden." Nach Art. 4 Nr. 7 DSGVO ist „Verantwortlicher“ die natürliche oder juristische Person, Behörde, Einrichtung oder andere Stelle, die allein oder gemeinsam mit anderen über die Zwecke und Mittel der Verarbeitung von personenbezogenen Daten entscheidet. Unstreitig ist die Klägerin seit Februar 2018 Inhaberin der Buchhaltung und hat jedenfalls zwei Kameras seitdem auch weiter benutzt. (…) Dass die Klägerin die Kameras nicht selbst angebracht hat, sondern diese ursprünglich von ihrem im Jahr 2017 verstorbenen Ehemann installiert wurden, steht ihrer Eigenschaft als Verantwortliche seit Übernahme der Inhaberschaft nicht entgegen. Jedenfalls seit diesem Zeitpunkt entscheidet sie über die Zwecke und Mittel der Datenverarbeitung." Auf die Frage, ob der Klägerin möglicherweise ein Auskunftsverweigerungsrecht zustand, weil die Gefahr eines Ordnungswidrigkeitenverfahrens bestand, musste das Gericht nicht näher eingehen: Die Klägerin hat sich jedoch zum einen nicht vor Erlass der Verfügung auf den Einwand berufen. Dass die Beklagte vor Erlass des Bescheides tatsächlich Kenntnis von dem Einwand gehabt hat, hat die Klägerin nicht geltend gemacht. Sie hat nicht zu den Umständen der Übersendung des Schriftsatzes (…) sowie zu der verspäteten Übermittlung an die Beklagte vorgetragen und auch nicht dazu, warum sie auch auf die nach dem Schriftsatz (…) ergangenen Erinnerungen der Beklagten (…) nicht reagiert hat. Im Übrigen hat die Klägerin den obigen Einwand auch nicht weiter substantiiert. Sie hat keine Nachweise dahingehend vorgelegt, dass ein behauptetes Ordnungswidrigkeitenverfahren tatsächlich eingeleitet worden ist und sich im gerichtlichen Verfahren auch nicht mehr auf diesen Einwand berufen." Beklagte war die Targo-Bank, die ein Pop-Up-Fenster einblendete, wenn ein Kunde sich zum Online-Banking einwählte. Der User konnte zwischen den Buttons Das Finanzinstitut wies explizit darauf hin, dass die Entscheidung auf die Nutzung des Online-Bankings keinen Einfluss habe: Falls Sie nicht zustimmen, entziehen Sie uns eine wichtige Grundlage in der gemeinsamen Geschäftsbeziehung. In diesem Fall werden wir nochmals auf Sie zukommen, um gemeinsam eine Lösung zu finden." Denn dem Verbraucher wird eine sofortige Entscheidung (ohne weitere Überlegungs-und Bedenkzeit) abverlangt. Zudem werden ihm für den Fall, dass er seine Zustimmung zur Änderung der Vertragsbedingungen verweigert, nachteilige rechtliche Konsequenzen in Aussicht gestellt. Dadurch wird das Interesse des Verbrauchers, eine informierte Entscheidung treffen zu können, erheblich beeinträchtigt. Mit der Formulierung „Falls Sie nicht zustimmen, entziehen Sie uns eine wichtige Grundlage in der gemeinsamen Geschäftsbeziehung“ stellt die Beklagte die Beendigung der Geschäftsbeziehung durch sie konkret in Aussicht. Bei verständiger Würdigung handelt es sich hierbei aus Sicht des Durchschnittsverbrauchers um die Androhung der Beklagten, dass sie die Geschäftsbeziehung beendet, falls der Verbraucher in der Login-Situation den geänderten AGB und dem geänderten Preis- und Leistungsverzeichnis nicht zustimmt." Von einem solchen sachlich formulierten Aufforderungsschreiben, bei dem ausreichend Überlegungszeit gewährt wird, unterscheidet sich die Einblendung des Pop-up-Fenster, wie dargelegt, bereits dadurch, dass mitten im Login-Verfahren Druck auf den Verbraucher ausgeübt wird. Die Drucksituation entsteht dadurch, dass die Aufforderung zur Zustimmung zu den geänderten AGB und Preisen in das Login- Verfahren eingebettet ist und darüber hinaus aufgrund der gewählten technischen Besonderheit, dass das Pop-Up-Fenster nicht anderweitig geschlossen werden kann als durch Anklicken der Schaltflächen „Stimme nicht zu“ oder „Stimme zu“, eine Art Zwangssituation entsteht." Inhaltlich ging es um Ereignisse, die sich Mai 2018 zugetragen hatten. Die Klägerin sah sich durch diese Handlungen in ihren Datenschutzrechten verletzt und klagte. Im Rahmen der gerichtlichen Auseinandersetzung stellte das VG Hannover klar, dass der Fall nicht auf Basis der aktuellen DSGVO, sondern vielmehr nach altem Recht (BDSG-alt) zu beurteilen sei: Die Anwendbarkeit der DS-GVO ist in deren Art. 99 Abs. 2 DS-GVO festgelegt. Danach gilt die DS-GVO erst seit dem 25. Mai 2018. Die Klägerin hat gegenüber dem Beklagten beanstandet, dass sie betreffende medizinische Unterlagen im Jahr 2012 an einen Gutachter weitergegeben worden sind. Zu Sachverhalten, die sich vor Geltung der DS-GVO ereignet haben, enthält die DS-GVO keine expliziten Regelungen. Eine Übergangsvorschrift, die die Geltung der DS-GVO auch für Sachverhalte vor diesem Datum anordnet, existiert im deutschen Recht nicht." Die Parteien sind unmittelbare Nachbarn in München und stritten über eine im April 2022 auf der Terrasse der Antragsgegnerin aufgestellte Wildüberwachungskamera, die von der Terrasse der Antragstellerin aus sichtbar war. Die Antragstellerin wehrte sich hiergegen unter Verweis auf ihre Persönlichkeitsrechte und forderte die Antragsgegnerin im Juli 2022 u.a. auf, die Videoüberwachung zu beenden und künftig zu unterlassen. Die Antragsgegnerin verweigerte dies mit der Begründung, dass es sich nicht um eine Videoüberwachung, sondern um eine sogenannte Wild-Kamera handeln würde. Es ginge ausschließlich um die Kontrolle des eigenen Gartens. Am 12.08.2022 erließ das Amtsgericht München im einstweiligen Rechtsschutz auf Antrag der Antragstellerin eine einstweilige Verfügung. Danach wurde es der Antragsgegnerin untersagt, auf ihrem Grundstück eine Überwachungskamera aufzustellen, die die Terrasse oder den Garten der Antragstellerin erfasst oder erfassen kann oder den Eindruck hiervon erweckt. Anschließend entfernte die Antragsgegnerin die Kamera. Auf Antrag der Antragstellerin bestätigte das Amtsgericht München mit Urteil vom 01.02.2023 die einstweilige Verfügung und begründete dies wie folgt: „Nach Ansicht des erkennenden Senats kommt es insoweit auf die Umstände des Einzelfalls an. Die Befürchtung, durch vorhandene Überwachungsgeräte überwacht zu werden, ist dann gerechtfertigt, wenn sie auf Grund konkreter Umstände als nachvollziehbar und verständlich erscheint, etwa im Hinblick auf einen eskalierenden Nachbarstreit (vgl. OLG Köln, NJW 2009, 1827 = NZM 2009, 600) oder auf Grund objektiv Verdacht erregender Umstände. Liegen solche Umstände vor, kann das Persönlichkeitsrecht des (vermeintlich) Überwachten schon auf Grund der Verdachtssituation beeinträchtigt sein. Allein die hypothetische Möglichkeit einer Überwachung durch Videokameras und ähnliche Überwachungsgeräte beeinträchtigt hingegen das allgemeine Persönlichkeitsrecht derjenigen, die dadurch betroffen sein könnten, nicht. […].“ Weiterhin fehlte es auch nicht an einem Verfügungsgrund. Das Gericht schließt sich insoweit der überzeugenden Argumentation der Antragstellerseite an. Die Antragstellerin hatte sich von Anfang an gegen die Kamera zur Wehr gesetzt und die Antragsgegnerin war über diesen Umstand informiert. Der Sachverhalt hat sich zwar mittlerweile maßgeblich verändert, da die Kamera entfernt worden ist. Weiterhin hat die Antragsgegnerin im Rahmen der mündlichen Verhandlung dargelegt, dass sie nicht die Absicht habe, eine weitere Kamera aufzustellen. Dieser Umstand alleine kann aber nicht ausreichen, die indizierte Wiederholungsgefahr aufzuheben.“ Urteil des Amtsgerichts München vom 01.02.2023 - Az.: 171 C 11188/22 Das Urteil ist rechtskräftig. Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 11.12.2023
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Zahlreiche prominente Fälle in der letzten Zeit, insbesondere aus dem Immobilien- oder Krypto-Bereich, haben bei vielen Affiliates aktuell die Frage aufgeworfen, ob und wann sie denn persönlich für fehlerhafte oder betrügerische Produkte des Merchants haften. Der heutige Artikel versucht, diese Frage zu beantworten, und gibt Tipps, welche Möglichkeiten der Vermeidung bestehen.
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vom 20.12.2023
Betreff:
Rechts-Newsletter 51. KW / 2023: Kanzlei Dr. Bahr
1. EuGH: Auch subjektive, immaterielle Schäden (wie z.B. Furcht vor missbräuchlicher Daten-Verwendung) können ein DSGVO-Schaden iSv. Art. 82 DGSVO sein
2. BAG: Wann der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert werden kann
3. OLG Frankfurt a.M.: Vermittler von medizinischem Cannabis dürfen Rabatte gewähren
4. OVG Münster: Elektronische Registrierung für Datenübermittlung an das Unternehmensregister rechtlich nicht zu beanstanden
5. VG Bremen: Umfang der Auskunftspflicht des Verantwortlichen gegenüber Datenschutzbehörde
6. LG Düsseldorf: Zustimmung zu neuen Bank-AGB bei Anmeldung zum Online-Banking wettbewerbswidrig
7. VG Hannover: DSGVO gilt nicht für Altfälle vor dem 25. Mai 2018
8. AG München: Videokamera auf Nachbargrundstück kann Allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzen
9. Neue Funktion auf Dr-Bahr.com: Schnelle und einfache Suche in unseren über 13.000 Rechts-News
10. Neuer Aufsatz von RA Dr. Bahr: "Wann haftet ein Affiliate für fehlerhafte oder betrügerische Produkte seines Merchants persönlich?" online
Die einzelnen News:
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1. EuGH: Auch subjektive, immaterielle Schäden (wie z.B. Furcht vor missbräuchlicher Daten-Verwendung) können ein DSGVO-Schaden iSv. Art. 82 DGSVO sein
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In zwei wichtigen Entscheidungen hat der EuGH die Voraussetzungen für den Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO konkretisiert. Danach fallen sowohl immaterielle Schäden als auch subjektive Beeinträchtigungen in den Schutzbereich der Norm. Eine Bagatellgrenze existiert nicht.
"1. Im Fall der unbefugten Offenlegung von bzw. des unbefugten Zugangs zu personenbezogenen Daten können die Gerichte aus diesem Umstand allein nicht ableiten, dass die Schutzmaßnahmen, die der für die Datenverarbeitung Verantwortliche ergriffen hat, nicht geeignet waren. Die Gerichte müssen die Geeignetheit dieser Maßnahmen konkret beurteilen.
Hinsichtlich des DSGVO-Schadensbegriffes erläutern die Robenträger:
"Eine Auslegung von Art. 82 Abs. 1 DSGVO dahin, dass der Begriff „immaterieller Schaden“ im Sinne dieser Bestimmung keine Situationen umfasst, in denen sich eine betroffene Person nur auf ihre Befürchtung beruft, dass ihre Daten in Zukunft von Dritten missbräuchlich verwendet werden, wäre jedoch nicht mit der Gewährleistung eines hohen Schutzniveaus für natürliche Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten in der Union vereinbar, die mit diesem Rechtsakt bezweckt wird.
2. Auch rein subjektive Schäden fallen unter den DSGVO-Schaden:
"Am 19. Juni 2020 hatte die Gemeinde Ummendorf auf ihrer Internetseite ohne Einwilligung der Kläger des Ausgangsverfahrens die Tagesordnung einer Gemeinderatssitzung, in der mehrfach die Namen der Kläger genannt wurden, sowie ein am 10. März 2020 vom Verwaltungsgericht Sigmaringen (Deutschland) verkündetes Urteil veröffentlicht, in dessen Rubrum ebenfalls ihre Namen und Vornamen sowie ihre Anschrift genannt waren. Diese Unterlagen waren bis zum 22. Juni 2020 auf der Homepage dieser Gemeinde verfügbar.
Dieser Fall kam nun zum EuGH und der urteilte, dass den Klägern durchaus in diesen Fällen ein Schadensersatzanspruch zustehen könne.
“Somit kann nicht angenommen werden, dass über diese drei (…) genannten Voraussetzungen hinaus für die Haftung nach Art. 82 Abs. 1 DSGVO weitere Voraussetzungen aufgestellt werden dürfen, etwa die, dass der Nachteil spürbar oder die Beeinträchtigung objektiv sein muss. Folglich verlangt Art. 82 Abs. 1 DSGVO nicht, dass nach einem erwiesenen Verstoß gegen Bestimmungen dieser Verordnung der von der betroffenen Person geltend gemachte „immaterielle Schaden“ eine „Bagatellgrenze“ überschreiten muss, damit dieser Schaden ersatzfähig ist.
Die Robenträger begründen diese weite Auslegung mit der breiten Schutzwirkung der DSGVO:
"Zudem steht eine solche Auslegung mit einem der Ziele der DSGVO im Einklang, namentlich demjenigen, innerhalb der Union ein gleichmäßiges und hohes Niveau des Schutzes natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten zu gewährleisten. Würde der Ersatz des Schadens von einer Erheblichkeitsschwelle abhängig gemacht, könnte dies nämlich die Kohärenz der mit der DSGVO eingeführten Regelung beeinträchtigen, da die graduelle Abstufung einer solchen Begrenzung, von der die Möglichkeit, Schadenersatz zu erhalten, abhinge, je nach Beurteilung durch die angerufenen Gerichte unterschiedlich hoch ausfallen könnte (…).
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2. BAG: Wann der Beweiswert einer Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung erschüttert werden kann
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Der Beweiswert von (Folge-)Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen kann erschüttert sein, wenn der arbeitsunfähige Arbeitnehmer nach Zugang der Kündigung eine oder mehrere Folgebescheinigungen vorlegt, die passgenau die Dauer der Kündigungsfrist umfassen, und er unmittelbar nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses eine neue Beschäftigung aufnimmt.
Vorinstanz: Landesarbeitsgericht Niedersachsen, Urteil vom 8. März 2023 – 8 Sa 859/22 –
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3. OLG Frankfurt a.M.: Vermittler von medizinischem Cannabis dürfen Rabatte gewähren
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Die Vermittlerin von ärztlichen Behandlungsleistungen im Zusammenhang mit medizinischem Cannabis darf für ihre Tätigkeit mit einem Rabatt von 20% werben, wenn sie diesen Rabatt selbst trägt und die von ihr vermittelten Ärzten vollständig auf Basis der GOÄ honoriert werden.
„Buche jetzt deine Termine und spare 20%“.
Im Rahmen dieser Werbeaktion übermittelten die Kooperationsärzte nach der Behandlung an die Antragsgegnerin die jeweilige Rechnung über ihre Gebührenforderung. Die Antragsgegnerin zog den beworbenen Rabatt von 20 % ab und stellte den jeweiligen Kunden sodann die Rechnung im Namen der Kooperationsärzte aus.
„Entscheidend ist nur, dass der jeweilige Kooperationsarzt den von ihm nach der GOÄ korrekt in Rechnung gestellten Betrag vollständig erhält und folglich nicht selbst gegen die Vergütungsregelungen verstößt“,
untermauert der Senat. Da nur Ärzte der GOÄ unterlägen, könne die Antragsgegnerin unter keinen Umständen einen Verstoß gegen die Regelungen der GOÄ begehen.
„Selbst, wenn es sich bei der angegriffenen Rabattaktion nicht um eine bloß vorübergehende Marketingmaßnahme handeln sollte, ist weder ersichtlich noch vorgetragen, dass die Gesundheitsversorgung der Bevölkerung durch qualifizierte Ärzte in Gefahr geraten werden könnte, falls sich Unternehmen wie die Antragsgegnerin einem ruinösen Preiswettbewerb ausgesetzt sähen“,
schließt das OLG.
(vorausgehend Landgericht Frankfurt am Main, Urteil vom 3.3.2023, Az. 3-10 O 4/23)
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4. OVG Münster: Elektronische Registrierung für Datenübermittlung an das Unternehmensregister rechtlich nicht zu beanstanden
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Die Regelung, dass für Datenübermittlungen an das Unternehmensregister eine elektronische Registrierung notwendig ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Die Verfahrensweise dient einer rechtssicheren Datenübermittlung bei dem geringstmöglichen behördlichen Verwaltungsaufwand (OVG Münster, Beschl. v. 27.11.2023 - Az.: 4 B 1081/23).
"Gemessen an diesem Maßstab zeigt die Antragstellerin eine Verletzung ihrer durch Art. 12 Abs. 1 GG gewährleisteten Berufsfreiheit nicht auf.
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5. VG Bremen: Umfang der Auskunftspflicht des Verantwortlichen gegenüber Datenschutzbehörde
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Der Verantwortliche ist gegenüber der zuständigen Datenschutzbehörde grundsätzlich auskunftsverpflichtet. Es besteht jedoch ein Auskunftsverweigerungsrecht, sobald die Gefahr eines Ordnungswidrigkeitsverfahrens besteht (VG Bremen, Urt. v. 27.11.2023 - Az.: 4 K 1160/22).
"1. Trifft der oben dargestellte Sachverhalt zu?
b. an welchen Stellen haben Sie diese installiert? Bitte legen Sie uns eine Skizze mit den eingezeichneten Standorten der Kameras vor (bei mehreren Kameras bitte durchnummerieren) und zeichnen Sie in diese Skizze die jeweilige Ausrichtung der Kameras ein.
b. um ausführliche Darstellung der nach Art. 32 DSGVO [Datenschutz-Grundverordnung] getroffenen Sicherungsmaßnahmen, insbesondere gegen unbefugten Zugriff.
b. Handelt es sich um sogenannte PTZ-Kameras (= schwenken, zoomen, neigen)?
c. Welche weiteren Funktionen haben die Kameras (z. B. steuerbare Zoomobjekte, Funkkamera, Audiofunktion)?
d. Welche Modelle setzen Sie hinsichtlich Kamera und Speichermedium ein? Bitte übersenden Sie uns jeweils die entsprechenden Datenblätter.
Als die Klägerin inhaltlich nicht weiter reagierte, drohten die Datenschützer für jede nicht beantwortete Einzelfrage ein Ordnungsgeld iHv. 50,- EUR an.
"Die (…) Anweisung zur Auskunftserteilung begegnet keinen rechtlichen Bedenken.
Auch der verlangte Umfang der Auskunft sei angemessen:
"Vorliegend sind auch Ermessensfehler hinsichtlich der Auskunftsanordnung nicht ersichtlich. Die seitens der Beklagten an die Klägerin gerichteten Fragen sind nicht zu beanstanden. Insbesondere sind sie gerade nicht willkürlich gewählt, sondern dienen erkennbar dazu, die von der Klägerin durchgeführte Videoüberwachung umfassend datenschutzrechtlich zu bewerten. Dabei zielen die Fragen unter anderem auf den Umfang der Überwachung, ihren Zweck sowie der Beschaffung von Informationen über die Einhaltung besonderer Datenschutzvorschriften ab und enthalten weitere wesentliche Aspekte für die Zulässigkeit der Videoüberwachung.
Die Klägerin sei auch die datenschutzrechtlich Verantwortliche gewesen. Dies gelte auch dann, wenn die Videokameras von ihrem verstorbenen Ehemann installiert worden seien:
"Die Klägerin ist Verantwortliche im Sinne der Datenschutzgrundverordnung.
2. Ausnahme: Auskunftsverweigerungsrecht bei Selbstbelastung
"Einzig der sich aus dem verspätet eingereichten Schriftsatz (…) ergebende geltende gemachte Einwand der Klägerin, sie habe keine Auskünfte wegen eines möglicherweise eingeleiteten Ordnungswidrigkeitenverfahrens geben wollen, könnte gemäß § 40 Abs. 4 Satz 2 BDSG der Beantwortung des Fragenkatalogs entgegenstehen und stellt einen inhaltlichen Einwand dar.
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6. LG Düsseldorf: Zustimmung zu neuen Bank-AGB bei Anmeldung zum Online-Banking wettbewerbswidrig
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Fragt eine Bank bei der Anmeldung zum Online-Banking die Zustimmung zu ihren neuen AGB ab, liegt darin eine Wettbewerbsverstoß (LG Düsseldorf, Urt. v. 13.09.2023 - Az.: 12 O 78/22).
“Stimme zu”
und
"Stimme" nicht zu"
entscheiden. Eine andere Wahl war nicht möglich.
"Wichtig: Egal wie Sie sich entscheiden, Ihr Online-Banking bleibt wie gewohnt für Sie nutzbar.
Das LG Düsseldorf wertete dies als aggressive geschäftliche Handlung, die wettbewerbswidrig sei:
"Dies berücksichtigend stellt sich das Pop-up-Fenster mit seinem Inhalt in der konkreten Situation, in der sich der Verbraucher beim Online-Banking der Beklagten einloggt, als eine aggressive geschäftliche Handlung in Gestalt einer Nötigung dar.
Und weiter:
"Der unzulässige Druck wird dabei inmitten des Login-Vorgangs durch die Verknüpfung der angedrohten Beendigung der Geschäftsbeziehung mit dem fortdauernden Nutzungswillen des Online-Bankings durch den Verbraucher begründet.(…)
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7. VG Hannover: DSGVO gilt nicht für Altfälle vor dem 25. Mai 2018
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Die Vorschriften der DSGVO sind nicht auf Sachverhalte anwendbar, die den Zeitraum vor dem 25. Mai 2018 betreffen (VG Hannover, Urt. v. 10.10.2023 - Az.: 10 A 5223/19).
"Danach findet die DS-GVO auf den vorliegenden Fall keine Anwendung.
Und weiter:
“Das Inkrafttreten der DS-GVO stellt nach deren Art. 99 eine klare Zäsur zwischen dem alten und dem neuen Recht dar. Da der deutsche Gesetzgeber keine Übergangsvorschrift erlassen hat, die unter bestimmten Umständen eine Anwendung des neuen Rechts auch auf vor deren Geltung begangene Verstöße gegen datenschutzrechtliche Vorschriften angeordnet hat, unterliegen vor diesem Datum erfolgte Verstöße vollständig dem alten Recht (VG Ansbach, Urteil vom 22.9.2021 – AN 14 K 19.01274 –, juris Rn. 44)."
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8. AG München: Videokamera auf Nachbargrundstück kann Allgemeines Persönlichkeitsrecht verletzen
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In einem Nachbarschaftsstreit sah das Amtsgericht München in dem Aufstellen einer Kamera auf dem Nachbargrundstück eine Persönlichkeitsrechtsverletzung und bestätigte mit Urteil vom 01.02.2023 eine einstweilige Verfügung, wonach der Antragsgegnerin dies untersagt wurde.
„Die vormals aufgestellte Kamera hat die Antragstellerin in ihrem Persönlichkeitsrecht verletzt. Dabei kommt es nicht entscheidend darauf an, ob die Kamera tatsächlich ausschließlich den Bereich der Antragsgegnerin erfasst hat oder nicht. Die Antragstellerseite verweist insoweit mit Erfolg auf die Entscheidung des BGH vom 16.03.2010 (VI ZR 176/09). Das Gericht darf eine Passage aus dieser Entscheidung zitieren:
Unter Berücksichtigung dieses Maßstabs hatte die Antragstellerin einen Anspruch auf Beseitigung der Kamera und entsprechende Unterlassung der etwaigen weiteren Installation einer vergleichbaren Kamera. Nach Ansicht der Lichtbilder ist das Gericht der Überzeugung, dass die Antragstellerin zu der Ansicht gelangen konnte, dass ihr Grundstück von der Kamera erfasst werde. Es handelte sich nicht mehr um die rein hypothetische Möglichkeit der Überwachung.
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9. Neue Funktion auf Dr-Bahr.com: Schnelle und einfache Suche in unseren über 13.000 Rechts-News
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Ab sofort gibt es auf unserer Webseite eine schnelle und einfache Suche für unsere über 13.000 Rechts-News.
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10. Neuer Aufsatz von RA Dr. Bahr: "Wann haftet ein Affiliate für fehlerhafte oder betrügerische Produkte seines Merchants persönlich?" online
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Aus der Website Boosting #77, dem führenden Magazin für SEO, SEM, Usability und E-Commerce, gibt es einen neuen Aufsatz von RA Dr. Bahr zum Download.
Wann haftet ein Affiliate für fehlerhafte oder betrügerische Produkte seines Merchants persönlich?
Der Aufsatz ist hier online und kann hier als PDF heruntergeladen werden.
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