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Newsletter vom 20.01.2016 |
Betreff: Rechts-Newsletter 3. KW / 2016: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: Facebook-Funktion "Freunde finden" wettbewerbswidrig _____________________________________________________________ Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat hat heute entschieden, dass die mithilfe der Funktion "Freunde finden" des Internet-Dienstes "Facebook" versendeten Einladungs-E-Mails an Personen, die nicht als "Facebook"-Mitglieder registriert sind, eine wettbewerbsrechtlich unzulässige belästigende Werbung darstellen. Der I. Zivilsenat hat weiter entschieden, dass "Facebook" im Rahmen des im November 2010 zur Verfügung gestellten Registrierungsvorgangs für die Funktion "Freunde finden" den Nutzer über Art und Umfang der Nutzung von ihm importierter Kontaktdaten irregeführt hat. Der Kläger ist der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände in Deutschland. Die in Irland ansässige Beklagte betreibt in Europa die Internet-Plattform "Facebook". Der Kläger nimmt die Beklagte wegen der Gestaltung der von ihr bereit gestellten Funktion "Freunde finden", mit der der Nutzer veranlasst wird, seine E-Mail-Adressdateien in den Datenbestand von "Facebook" zu importieren, und wegen der Versendung von Einladungs-E-Mails an bisher nicht als Nutzer der Plattform registrierte Personen auf Unterlassung in Anspruch. Der Kläger sieht in dem Versand von Einladungs-E-Mails an nicht als Nutzer der Plattform registrierte Personen eine den Empfänger belästigende Werbung der Beklagten im Sinne von § 7 Abs. 1 und 2 Nr. 3 UWG*. Er macht ferner geltend, die Beklagte täusche die Nutzer im Rahmen ihres Registrierungsvorgangs in unzulässiger Weise darüber, in welchem Umfang vom Nutzer importierte E-Mail-Adressdateien von "Facebook" genutzt würden. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung ist ohne Erfolg geblieben. Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Beklagten zurückgewiesen. Einladungs-E-Mails von "Facebook" an Empfänger, die in den Erhalt der E-Mails nicht ausdrücklich eingewilligt haben, stellen eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG dar. Die Einladungs-E-Mails sind Werbung der Beklagten, auch wenn ihre Versendung durch den sich bei "Facebook" registrierenden Nutzer ausgelöst wird, weil es sich um eine von der Beklagten zur Verfügung gestellte Funktion handelt, mit der Dritte auf das Angebot von "Facebook" aufmerksam gemacht werden sollen. Die Einladungs-E-Mails werden vom Empfänger nicht als private Mitteilung des "Facebook"-Nutzers, sondern als Werbung der Beklagten verstanden. Durch die Angaben, die die Beklagte im November 2010 bei der Registrierung für die Facebook-Funktion "Freunde finden" gemacht hat, hat die Beklagte sich registrierende Nutzer entgegen § 5 UWG** über Art und Umfang der Nutzung der E-Mail-Kontaktdaten getäuscht. Der im ersten Schritt des Registrierungsvorgangs eingeblendete Hinweis "Sind deine Freunde schon bei Facebook?" klärt nicht darüber auf, dass die vom Nutzer importierten E-Mail-Kontaktdaten ausgewertet werden und eine Versendung der Einladungs-E-Mails auch an Personen erfolgt, die noch nicht bei "Facebook" registriert sind. Die unter dem elektronischen Verweis "Dein Passwort wird von Facebook nicht gespeichert" hinterlegten weitergehenden Informationen können die Irreführung nicht ausräumen, weil ihre Kenntnisnahme durch den Nutzer nicht sichergestellt ist. Urteil vom 14. Januar 2016 - I ZR 65/14 - Freunde finden
Vorinstanzen: Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 14.01.2016
*§ 7 UWG: **§ 5 UWG: Über den Kläger wurde im Jahr 2013 auf insolvenzbekanntmachungen.de die Information veröffentlicht, dass ihm Restschuldbefreiung erteilt wurde. Die verklagte Agentur speicherte diese Daten. Der Kläger war nun der Ansicht, dass eine solche Speicherung nicht rechtmäßig sei, da die Daten zwischenzeitlich von insolvenzbekanntmachungen.de entfernt worden seien. Außerdem habe das Unternehmen bei der Speicherung keine Interessensabwägung vorgenommen. Die Frankurter Richter wiesen die Klage ab. Das Handeln der Agentur sei rechtlich absolut einwandfrei. Der Erlaubnistatbestand des § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG setze nicht voraus, dass die Daten auch noch während der gesamten Speicherdauer allgemein zugänglich seien. Nach dem Gesetzeswortlaut komme es nur darauf an, dass die Daten öffentlichen Quellen entnommen werden konnten. Dies bedeute, dass allein der Zeitpunkt der Speicherung maßgeblich für die Frage sei, ob die Daten einer öffentlichen Quelle entnommen wurden. Eine zeitliche Einschränkung für die weitere Speicherdauer sei nicht enthalten.
Die Speicherung sei auch nicht deshalb unzulässig, weil die Auskunftei nicht eine Abwägung der bestehenden Interessen vorgenommen habe. Dies sei bei der Datenspeicherung für eigene Geschäftszwecke erforderlich. Bei der geschäftsmäßigen Datenerhebung zum Zweck der Übermittlung nach § 29 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 BDSG gebe es dieses Erfordernis nicht. Denn diese Regelung verweise in Absatz 1 Satz 2 lediglich auf § 28 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 3 bis 3b BDSG. Diese Vorschriften enthielten keine Verpflichtung zur Vornahme einer einzelfallbezogenen Interessenabwägung.
Die Beklagte mahnte das klägerische Unternehmen, eine juristische Person, und ihren Geschäftsführer persönlich wegen eines Wettbewerbsverstoßes ab. Gerügt wurden widersprüchliche Angaben zu den Rücksendekosten im Falle der Ausübung des Widerrufsrechts. Die in Anspruch Genommenen erhoben daraufhin negative Feststellungsklage. Das Gericht hatte nun zu klären, ob für beide Ansprüche der identische Streitwert festzusetzen oder bei dem Begehren gegen den Geschäftsführer eine Reduzierung vorzunehmen war. Das OLG Hamm entschied, dass für beide Ansprüche der identische Streitwert gelte. Zwar hätten andere Gerichte (z.B. OLG Hamburg, Beschl. v. 03.04.2013 - Az.: 3 W 18/13; KG Berlin, Beschl. v. 09.11.2010 - Az.: 5 W 188/10) eine Reduzierung angenommen. Diese Bewertung könne jedoch nach der geänderten BGH-Rechtsprechung zur Geschäftsführerhaftung nicht mehr überzeugen. Nach nunmehr geltender Rechtslage hafte ein Geschäftsführer für Wettbewerbsverstöße nur noch dann, wenn besondere Umstände vorlägen. Wer vor diesem Hintergrund nicht nur die juristische Person, sondern auch den gesetzlichen Vertreter auf Unterlassung in Anspruch nehme, gehe insoweit insbesondere wegen der für einen Außenstehenden in der Regel nicht ohne Weiteres erkennbaren und durchschaubaren internen Strukturen der juristischen Person ein nicht unerhebliches Prozessrisiko ein und dokumentiere hierdurch, welche hohe Bedeutung gerade auch die Inanspruchnahme des gesetzlichen Vertreters für ihn, den Anspruchsteller, habe.
Hiermit sei es nicht vereinbar, den Anspruch gegen den gesetzlichen Vertreter grundsätzlich niedriger zu bewerten als den Anspruch gegen die juristische Person.
Der Kläger wehrte sich dagegen, dass der verklagte Access-Provider seine IP-Adressdaten gespeichert und im Rahmen eines P2P-Urheberrechtsstreits an den Rechteinhaber herausgegeben hatte. Der Kläger hielt die Speicherung für rechtswidrig. Das OLG Köln teilte diese Ansicht nicht, sondern bewertete das Verhalten des Netz-Betreibers für rechtlich einwandfrei. Ein Access-Provider dürfe die IP-Adressen seiner Kunden für bis zu 7 Tagen speichern, wenn dies zur Abwehr von Gefahren und zur Beseitigung von Störungen erforderlich sei. Der BGH habe dies bereits mehrfach entschieden, u.a. BGH, Urt. v. 03.07.2014 - Az.: III ZR 391/13 und BGH, Urt. v. 13.01.2011 - Az.: III ZR 146/10. DDoS-Attacken, Spam-Mails oder die Übersendung von Trojanern seien klassische Gefahren- und Störungsfälle. Im vorliegenden Fall habe das verklagte Unternehmen nachweisen können, dass es unerlässlich sei, die Daten wenige Tage zu speichern, um diese auftretenden Gefahren zu vermeiden. Dabei bedürfe es keiner bereits aufgetretenen Störung; ausreichend sei vielmehr eine abstrakte Gefahr.
Es sei daher nicht zu beanstanden, dass der Access-Provider die Daten gespeichert habe.
Was heißt das nun auf Deutsch? Was eine Internettauschbörse ist, werden viele wissen: ein Nutzer stellt anderen Nutzern über das Internet eine Auswahl seiner Dateien zur Verfügung (= Filesharing) und erhält im Gegenzug die Möglichkeit, auf Dateien anderer Teilnehmer zuzugreifen. Wenn dies illegal geschieht und Rechte Dritter verletzt werden, stellt sich für diese bei der Verfolgung von Schadensersatzansprüchen oft das Problem, den Verantwortlichen ausfindig zu machen. Über eine solche, schwierige Fragen der sogenannten Darlegungs- und Beweislast und sogar Fragen nach dem Umfang der Geltung von Grundrechten aufwerfende Fallkonstellation hatte das Oberlandesgericht München zu entscheiden. Die Klägerin, eine Tonträgerherstellerin, der die ausschließlichen Verwertungsrechte an einem bestimmten Musikalbum und den dort enthaltenen elf Musiktiteln zustehen, hatte vor dem Landgericht München I gegen ein Ehepaar Schadensersatzansprüche in Höhe von mindestens 2.500,-- EUR und Ersatz ihrer Abmahnkosten in Höhe von über 1.000,-- EUR geltend gemacht, da dieses Album mit sämtlichen Titeln an einem bestimmten Tag über einen Internetanschluss, dessen Inhaber die beklagten Eheleute sind, mittels einer Filesharing-Software im Rahmen einer Internettauschbörse ohne Zustimmung der Klägerin unberechtigt zum Herunterladen angeboten worden war. Das Vorbringen der Beklagten, sie hätten drei Kinder und diese hätten Zugang zu dem Internetanschluss gehabt, bestritt die Klägerin. Die Beklagten hatten zu ihrem Antrag auf Klageabweisung vorgetragen, sie selbst hätten zur fraglichen Zeit einen gemeinsamen, normalerweise im Wohnzimmer stehenden Rechner besessen. Sie hätten mit ihren drei damals bereits volljährigen Kindern zusammen gewohnt, die jeweils eigene Rechner gehabt hätten. Mit einem Router der Telekom hätten sie einen drahtlosen Internetzugang betrieben, der durch ein auch den Kindern bekanntes Passwort gesichert gewesen sei. Die Verletzungshandlung sei von einem ihrer Kinder vorgenommen worden; sie wüssten zwar, welches Kind dafür verantwortlich sei, wollten dieses jedoch nicht benennen. Mit Urteil vom 01.07.2015 (Gz.: 37 O 5394/14) hatte das Landgericht die Beklagten dazu verurteilt, an die Klägerin 3.544,40 EUR nebst Zinsen zu bezahlen. Das Oberlandesgericht bestätigte nun das landgerichtliche Urteil und wies die Berufung des beklagten Ehepaares insoweit zurück. Es sah das Ehepaar als Täter der begangenen Rechtsverletzung gemäß § 97 Abs. 2 Satz 1 Urheberrechtsgesetz (UrhG) an.
In seinem Urteil stellte das Oberlandesgericht zunächst die für den Nachweis der Täterschaft in Filesharing-Fällen in der Rechtsprechung gelten Grundsätze dar: Wenn allerdings ein urheberrechtlich geschütztes Werk oder eine urheberrechtlich geschützte Leistung der Öffentlichkeit von einer IP-Adresse aus zugänglich gemacht wird, die zum fraglichen Zeitpunkt einer bestimmten Person zugeteilt ist, spricht eine tatsächliche Vermutung für eine Täterschaft des Anschlussinhabers. Halten mehrere Personen, etwa - wie im Streitfall - Eheleute, den Internetanschluss mit der betreffenden IP-Adresse gemeinsam, so gilt die Vermutung zulasten aller Anschlussmitinhaber.
Eine tatsächliche Vermutung begründet einen sogenannten Anscheinsbeweis, zu dessen Erschütterung nicht allein der Hinweis auf die Möglichkeit eines anderen Verlaufs genügt; es müssen vielmehr besondere, gegebenenfalls vom Anspruchsgegner - hier dem Anschlussinhaber - nachzuweisende Umstände hinzukommen, aus denen sich die ernste Möglichkeit eines anderen als des vermuteten Verlaufs ergeben soll. Will sich der Anspruchsteller auf die tatsächliche Vermutung stützen, so obliegt es grundsätzlich ihm, deren Voraussetzungen darzulegen und nötigenfalls zu beweisen. Beweisbedürftig werden die entsprechenden Darlegungen des Anspruchstellers jedoch nur, wenn der Anschlussinhaber sie nicht nur pauschal bestreitet, sondern ihnen mit konkreten Angaben entgegentritt. Dieser sogenannten sekundären Darlegungslast genügt der Anschlussinhaber nur dann, wenn er vorträgt, ob und gegebenenfalls welche anderen Personen selbständigen Zugang zu seinem Internetanschluss hatten und als Täter in Betracht kommen; in diesem Umfang ist er im Rahmen des Zumutbaren zu Nachforschungen sowie zur Mitteilung verpflichtet, welche Kenntnisse er dabei über die Umstände einer eventuellen Verletzungshandlung gewonnen hat. Diesen Anforderungen wird die pauschale Behauptung der bloß theoretischen Möglichkeit des Zugriffs von im Haushalt des Anschlussinhabers lebenden Dritten auf seinen Internetanschluss nicht gerecht. Entspricht der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast, ist es wieder Sache des Anspruchstellers, die für eine Haftung des Anschlussinhabers als Täter einer Urheberrechtsverletzung sprechenden Umstände darzulegen und nachzuweisen. Entspricht der Anschlussinhaber dagegen seiner sekundären Darlegungslast nicht, so ist zugunsten des Anspruchstellers dessen Vorbringen zugrunde zu legen. - Sekundäre Darlegungslast und tatsächliche Vermutung stehen daher, so das Oberlandesgericht, nicht einander ausschließend nebeneinander, sondern greifen wie folgt ineinander: Die sekundäre Darlegungslast betrifft die der Feststellung der Täterschaft vorgelagerte Frage, ob die Voraussetzungen für die tatsächliche Vermutung vorliegen, der Anschlussinhaber sei der Täter. Erst wenn der Anschlussinhaber dieser sekundären Darlegungslast genügt, trifft den Anspruchsteller die Last der dann erforderlichen Beweise; genügt der Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast dagegen nicht, so muss er zur Widerlegung der dann für den Anspruchsteller streitenden tatsächlichen Vermutung den Gegenbeweis erbringen.
Nach diesen Grundsätzen, so das Oberlandesgericht, sei das Landgericht in dem nun entschiedenen Fall zu Recht von der Täterschaft der Beklagten ausgegangen. Damit hätten sie sich lediglich pauschal auf eine bloß generell bestehende Zugriffsmöglichkeit ihrer drei Kinder auf den Internetanschluss berufen, ohne konkrete Angaben zur Verletzungshandlung zu machen. Entgegen der Auffassung der Beklagten stehe die Grundrechtsverbürgung des Art. 6 Abs.1 GG, nach der Ehe und Familie unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung stehen, dieser zivilprozessualen Obliegenheit nicht entgegen. Denn Art. 6 Abs.1 GG gewähre keinen schrankenlosen Schutz gegen jede Art von Beeinträchtigung familiärer Belange; vielmehr seien auch die gegenläufigen Belange der Klägerin, deren Ansprüche ihrerseits den Schutz der Eigentumsgewährleistung des Art. 14 GG genießen würden, zu berücksichtigen. Diesen komme im Streitfall ein Gewicht zu, das es rechtfertige, dass sich die Beklagten im Einzelnen dazu erklären müssen, wie es zu den - unstreitig über ihren Internetanschluss erfolgten - Rechtsverletzungen aus der Familie heraus gekommen sei; andernfalls könnten die Inhaber urheberrechtlich geschützter Nutzungsrechte bei Rechtsverletzungen vermittels von Familien genutzter Internetanschlüsse ihre Ansprüche regelmäßig nicht durchsetzen. Da die Beklagten ihrer sekundären Darlegungslast zum Zugriff Dritter auf ihren Internetanschluss nicht nachgekommen seien, sei von der tatsächlichen Vermutung auszugehen, dass die Beklagten als Inhaber des Anschlusses die Täter der Rechtsverletzung seien. Diese tatsächliche Vermutung hätten die Beklagten nicht erschüttert. Sie haben sich zwar darauf berufen, dass auch ihre Kinder zum Zeitpunkt der rechtsverletzenden Handlung Zugriff auf den Internetanschluss gehabt hätten, und diese zum Beweis dafür benannt. Sie seien jedoch beweisfällig geblieben, weil sich die als Zeugen benannten Kinder auf ihr ihnen jeweils gemäß § 383 Abs. 1 Nr. 3 ZPO zustehendes Zeugnisverweigerungsrecht berufen haben. Das Oberlandesgericht hat, soweit es die Berufung der Beklagten zurückgewiesen hat, die Revision gegen seine Entscheidung zum Bundesgerichtshof zugelassen. Dies deshalb, da die Rechtsfrage, durch welche Angaben ein Anschlussinhaber seiner sekundären Darlegungslast nachkommen kann, über den Streitfall hinaus für eine Vielzahl von Filesharing-Fällen Bedeutung hat. Das Geschäftszeichen des Verfahrens vor dem Oberlandesgericht München lautet 29 U 2593/15.
Quelle: Pressemitteilung des OLG München v. 14.01.2016
Die Parteien stritten um die Urheberrechtsfähigkeit von Arragements von Musikwerken. Das LG Frankenthal wies die Klage ab und berief sich dabei auf die eigene Sachkenntnis hinsichtlich der Musikstücke. Einen Sachverständigen zog das Gericht nicht hinzu. Es berief sich dabei zum einen auf den Umstand, dass die Ausbildung in theoretischen und praktischen Grundlagen der Musik zur allgemeinen und schulischen Ausbildung gehöre. Zum anderen handle es sich bei den Richtern um langjährige Mitglieder einer auf Urheberrecht spezialisierten Kammer. Diese Argumentation ließ das Gericht nicht gelten und hob das erstinstanzliche Urteil auf. Ein Richter könne, so das OLG Zweibrücken, auf die Einholung eines Sachverständigengutachtens verzichten, wenn er entsprechende eigene, besondere Sachkunde aufweise.
Eine solche besondere Sachkunde sei im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Es reiche nicht aus, sich auf die allgemeine Schulausbildung oder eigene hobbymäßig betriebene Musiktätigkeiten zu berufen. Auch der Hinweis, dass die Kammer sich seit langem mit Urheberrechtsverletzungen auseinandersetze, genüge nicht, um ohne weiteres ein besonderes musikalisches Fachwissen zu begründen.
Der Beklagte verfügte über eine Erlaubnis als Versicherungsvertreter nach § 34 d GewO. Er trat jedoch zugleich als Versicherungsmakler auf. Dies stufte das Gericht als unzulässig ein und bejahte einen Wettbewerbsverstoß. Eine Person könne nur eines von beiden sein: Entweder Versicherungsvertreter oder Versicherungsmakler. Eine Doppeltätigkeit komme nicht in Betracht, so die Robenträger. Sinn dieser Regelung sei, die Einordnung als Makler oder Vertreter für den Kunden transparent zu machen. Der Versicherungsvertreter stehe nämlich im Lager des Versicherers und habe daher dessen Interessen bei seiner Vermittlungstätigkeit im Auge zu behalten. Anders hingegen der Versicherungsmakler: Dieser werde im Auftrag des Kunden tätig.
Da der Beklagte gegen dieses Verbot der Doppeltätigkeit verstoßen habe, sei eine Wettbewerbsverletzung zu bejahen.
Es ging inhaltlich um eine Urheberrechtsverletzung. Nach der außergerichtlichen Abmahnung gab die Beklagte eine Unterlassungserklärung ab, versah diese jedoch mit der auflösender Bedingung einer allgemein verbindlichen höchstrichterlichen Rechtsprechung. Dies ließ das LG Hannover nicht ausreichen, um die Wiederholungsgefahr auszuschließen. Denn es bleibe offen, was unter einer allgemein verbindlichen höchstrichterlichen Rechtsprechung zu verstehen sei. So stelle sich beispielsweise die Frage, ob die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs oder des Europäischen Gerichtshofes gemeint sei. Angesichts dieser unklaren Formulierungen sei hier nicht von einer vorbehaltlosen Unterlassungserklärung auszugehen, so dass der klägerische Anspruch weiterhin bestünde.
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Diese aktuelle Rechtsprechung ist von außerordentlich hoher praktischer Relevanz, da in einer Vielzahl von Fällen Unterlassungserklärungen unter eine identische oder zumindest inhaltsgleiche Bedingung gestellt werden.
Nach dem Urteilen des OLG Hamburg und LG Hannover wird man von einer solchen Formulierung nur noch sehr beschränkt Gebrauch machen können.
Eine Hochschule bot eine Open Source-Software, die unter der GNU General Public License stand, zum Download an. Dabei wurde jedoch weder der Quellcode noch der Lizenztext mitgeliefert. Das LG Leipzig bewertete dies als urheberrechtswidrig.
Die Lizenzeinräumung nach der GPL setze u.a. voraus, dass sowohl Quellcode als auch Lizenztext vorhanden seien. Dies sei im vorliegenden Fall nicht geschehen, so dass die Universität keine Nutzungsrechte hatte, die Software zum Download anzubieten.
Ein Mitbewerber mahnte einen Makler an, weil dieser bei einem Online-Angebot für eine Immobile nicht die Pflichtangaben § 16a EnEV vorgenommen hatte. Das LG München I sah darin einen Wettbewerbsverstoß und veurteilte den verklagten Makler zur Unterlassung. Die Norm stelle ausdrücklich auf den Verkäufer der Immobilie und nicht auf den Eigentümer ab. Dies entspriche auch dem Schutzzweck der Norm. Die Vorschriften statuierten also eine grundsätzliche Verpflichtung für die entsprechenden Angaben in Verkaufs- oder Vermietungsanzeigen und knüpften dabei gerade nicht an eine Pflicht des Eigentümers an, sondern regelten vielmehr, dass die Angaben in der jeweiligen Verkaufs- oder Vermietungsanzeige zu machen seien. Die vom verklagten Makler vorgenommene Auslegung würde dem Sinn und Zweck der Vorschrift und der ihr zugrundeliegenden EU-Richtlinie widersprechen, da die Verpflichtung zur Angabe des Energieausweises bei einer solchen Auslegung in den allermeisten Fällen keinerlei Wirkung entfalten würde. Gerade in Großstädten würde der allergrößte Teil der Immobilien über Makler vermittelt. Es widerspreche der Intension des Gesetzgebers, gerade die Personengruppe, die die Vorschriften der EnEV kennen müssten, nämlich die Makler, von der Verpflichtung zur Angabe des Energieausweises herauszunehmen.
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Gegen die Anwendbarkeit von § 16a EnEV auf Makler:
- LG Bielefeld (Urt. v. 06.10.2015 - Az.: 12 O 60/15) Für die Anwendbarkeit von § 16a EnEV auf Makler:
- LG München II (Urt. v. 29.10.2015 - Az.: 2 HK O 3089/15) Der Kläger wollte von dem Beklagten, dem Landesbeauftragten für den Datenschutz und die Informationsfreiheit in Baden-Würrtemberg (LDI), eine datenschutzrechtliche Überprüfung des Verhaltenes seiner örtlichen Kreissparkasse. Die Parteien korrespondierten mehrfach miteinander. Schließlich ging dem Kläger das gesamte Verfahren nicht schnell genug und er erhob Untätigkeitsklage. Das Gericht bewertete ein solches Verfahren als aussichtslos. Eine Datenschutzbehörde sei nicht innerhalb starrer Fristen verpflichtet, einzelne Bürgeranfragen zu beantworten, sondern es hänge stets von den konkreten Umständen des Einzelfalls ab.
Die Behörde habe hier in angemessener Art und Weise reagiert. Nach nur neun Tagen habe sie dem Kläger bereits eine erste vorläufige datenschutzrechtliche Einschätzung zukommen lassen. Zugleich wies sie darauf hin, dass vor einer abschließenden Bewertung zunächst die Stellungnahme der Sparkasse einzuholen sei.
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