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Die Themen im Überblick:
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1. OLG Frankfurt: Mitstörerhaftung des eBay-Account-Inhabers
2. OLG Frankfurt: Urheberrecht an Quelltext einer Webseite?
3. OLG Hamburg: Streitwert bei Stadtpläne-Abmahnungen
4. OLG München: Markenerhaltung durch ausländische Homepage-Nutzung?
5. OLG München: Unzulässige Internet-Schleichwerbung eines Arztes
6. OLG Naumburg: Irrtum bei Fehlinterpretation einer einstweiligen Verfügung
7. OLG Naumburg: Vertragsanpassung bei urheberrechtlich geschütztem Firmenlogo?
8. LG Hannover: Preisangabepflichten bei Premium-SMS
9. RegTP: Entscheidung im Fall Mobilcom ./. Simyo
10. Neues Web-Portal "Glücksspiel & Recht"
11. In eigener Sache: Neue Rechts-News auf "IT im Unternehmen"
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1. OLG Frankfurt: Mitstörerhaftung des eBay-Account-Inhabers
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Das OLG Frankfurt a.M. (Beschl. v. 13.06.2005 - Az.: 6 W 20/05) hatte zu beurteilen, ob der Inhaber eines eBay-Accounts mit auf Unterlassung haftet, wenn ein Dritter über diesen Account Rechtsverletzungen begeht.
Der Beklagte hatte einem Dritten die Zugangsdaten für seinen eBay-Account gegeben, damit dieser Gegenstände online versteigern konnte. Der Dritte hatte dann Markenverletzungen begangen.
Nun nahm der Markeninhaber auch den Account-Inhaber auf Unterlassung in Anspruch.
Zu recht, wie die Frankfurt Richter entschieden. Der Inhaber hafte als Mitstörer ebenfalls auf Unterlassung:
"Markenrechtliche Unterlassungsansprüche bestehen gegenüber jedem, der – auch ohne Täter oder Teilnehmer zu sein – in irgendeiner Weise willentlich und adäquat kausal zur Verletzung eines geschützten Gutes beiträgt (...)Danach kann auch derjenige haftbar sein, der seinen Telefon-, Fax- oder Telefaxanschluss einem Dritten überlässt, der seinerseits von diesem Anschluss aus das Schutzrecht verletzende Handlungen begeht (...).
Vergleichbar liegt der Fall hier. Der Beklagte hat seinen eBay-Account (...) seiner Ehefrau zur Verfügung gestellt und ihr damit die Möglichkeit eröffnet, unter seinem eBay-Namen Rechtsgeschäfte zu tätigen. Es lag damit in seinem Interesse, sich in geeigneter Weise darüber zu informieren, welche Waren über seinen Account versteigert werden.
Notfalls hätte er dies durch die Kontrolle seines Accounts erreichen können. Es kann dahingestellt bleiben, ob ein Account-Inhaber, der seinen Account einem Dritten zur Verfügung stellt, in jedem Fall, ungeachtet weiterer Umstände, für Markenrechtsverletzungen verantwortlich ist, die anlässlich der von dem Dritten versteigerten Waren eintreten, oder ob darin im Einzelfall eine Überspannung der dem Account-Inhaber aufzuerlegenden Prüfungspflichten liegen kann (...)."
Und weiter:
"Denn der Beklagte hat sich offenbar überhaupt nicht darum gekümmert, welche Waren seine Ehrfrau unter seinem Account versteigert. Daher hat er nicht nur die streitgegenständliche Verletzungshandlung nicht unterbunden.
Vielmehr hat seine Ehefrau unter seinem Account mindestens drei weitere Versteigerungen durchgeführt, die A-Plagiate zum Gegenstand hatten. Bemerkenswert ist in diesem Zusammenhang außerdem, dass die Ehrfrau des Beklagten unstreitig auch unter dem eBay-Account (...) in mindestens einem Fall ein A-Plagiat angeboten hat. Inhaber dieses Accounts ist der unter derselben Anschrift wie der Beklagte und seine Ehrfrau wohnende B. Dies alles deutet darauf hin, dass die Ehefrau des Beklagten in größerem Stil mit Plagiaten handelt, weshalb der Beklagte sich, soweit dies unter seinem Account geschehen ist, nicht auf den Standpunkt zurückziehen kann, er habe nicht gewusst, welche Waren seine Ehefrau versteigert."
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2. OLG Frankfurt: Urheberrecht an Quelltext einer Webseite?
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Das OLG Frankfurt a.M. (Urt. v. 22.03.2005 - Az.: 11 U 64/2004) hatte zu beurteilen, ob der Quelltext einer Webseite urheberrechtlich schutzfähig ist.
Die Verfügungsklägerin betrieb im Internet ein Karriereportal, auf dem Unternehmen gegen Entgelt Stellenanzeigen veröffentlichen können. Die Beklagte war im gleichen Bereich tätig und übernahm nun den Quelltext einer Webseite mit Anzeigen, die die Klägerin erstellt hatte.
Die Klägerin berief sich nun auf das Urheber- und Wettbewerbsrecht und wollte die Beseitigung der übernommenen Inhalte.
Die Frankfurter haben dies abgelehnt. Zunächst beschäftigen sie sich mit der urheberrechtlichen Seite:
"Nach einheitlicher Auffassung (...) kann der Gestaltung einzelner sog. Websites unabhängig von der Digitalisierung ihres Inhalts an sich Urheberrechtsschutz zukommen, soweit die erforderliche Schöpfungshöhe (§ 2 Abs. 2 UrhG) erreicht wird.
[Ein solcher Anspruch] scheidet (...) bezüglich der von der Klägerin erstellten Websites (...) aus. Denn unstreitig hat die Klägerin die streitgegenständlichen Anzeigen nicht selbst gestaltet, sondern sie hat die ihr von der Auftraggeberin gemachten Vorgaben hinsichtlich der zu verwendenden und in Form einer Word-Datei für die Anzeigen auch zur Verfügung gestellten Texte, Bilder, Logos und Designs lediglich in eine HTML-Datei umgeschrieben. Im Vordergrund der Berufung steht dementsprechend auch die Darstellung dieses Umschreibens, also des digitalen Herstellungsprozesses. Die Anzeige als solche setzt lediglich handwerklich die Vorgaben der Auftraggeberin um und stellt keine persönliche geistige Schöpfung i.S.v. § 2 Abs. 2 UrhG dar."
Ebenso verneint das Gericht einen urheberrechtlichen Sonderschutz als Computerprogrammm, da es an der Programmierleistung fehle:
"(...) Die multimediale Darstellung einzelner Websites auf dem Computerbildschirm [stellt] keine Ausdrucksform des zugrunde liegenden HTML-Codes als Computerprogramm ist; vielmehr ist es gerade umgekehrt: der HTML-Code ist bloßes Hilfsmittel zur Kommunikation einer vorgegebenen Bildschirmgestaltung im Netz (...).
Dass bestimmte Informationen in eine HTML-Codierung gebracht werden, begründet nicht die Annahme einer Programmierleistung (...)."
Dann hatte sich das OLG Frankfurt mit der wettbewerbsrechtlichen Seite auseinanderzusetzen.
"Soweit ein Sonderrechtsschutz nicht gegeben ist, steht die Benutzung einer Leistung anderer für die eigene gewerbliche Betätigung grundsätzlich jedermann frei. Ergänzender wettbewerblicher Leistungsschutz greift daher nur ein, wenn und soweit diese Benutzung dem Prinzip des freien Leistungswettbewerbs zuwiderläuft (...).
Vorliegend kommt es – da die Beklagte die HTML-Datei kopiert, also bewusst nachgeahmt hat und damit eine unmittelbare Leistungsübernahme vorliegt – (...) entscheidend darauf an, ob der Leistung der Klägerin wettbewerbliche Eigenart zuzubilligen ist und ob besondere Unlauterkeitsmerkmale festzustellen sind; denn nur in solchen Fällen kann von einer Nachahmung überhaupt eine relevante subjektive Behinderung des nachgeahmten Konkurrenten ausgehen."
Dies konnten die Richter im vorliegenden Fall nicht erkennen. Die Webseite weise keine Besonderheiten auf und sei auch bei der Erstellung nicht einem erheblichen Aufwand verbunden gewesen.
"Schließlich hat die Klägerin keine konkreten Merkmale dafür vorgetragen, dass sich die von ihr gestaltete Website durch ihren Aufbau, Logik der Darstellung, ihren Inhalt und die grafische Darstellung gegenüber dem, was üblicherweise im Internet bei Stellenmarktanzeigen anzutreffen ist, besonders auszeichnet."
Die Klage wurde demnach vollumfänglich abgewiesen.
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3. OLG Hamburg: Streitwert bei Stadtpläne-Abmahnungen
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Schon seit längerem wird über die mit Online-Stadtplänen verbundenen Urheberrechtsverletzungen und Abmahnungen kontrovers diskutiert. Vor kurzem gab es ein Aufsehen erregendes Urteil des AG Charlottenburg, das feststellte, dass 100,- EUR anwaltliche Abmahnkosten "genug seien", vgl. die Kanzlei-Infos v. 13.05.2005 (= http://shink.de/q3q3aa). Andere Dezernate des AG Charlottenburg kamen in identischen Fällen zum genauen Gegenteil und verurteilten den Beklagten jeweils wegen einer Urheberrechtswidrigkeit zur Zahlung von Schadensersatz, vgl. die Kanzlei-Infos v. 19.05.2005 (= http://shink.de/omh3xt) und v. 26.05.2005 (= http://shink.de/1ddky1).
Das KG Berlin (Beschl. v. 19.12.2003 - Az.: 5 W 367/03 = Kanzlei-Infos v. 22.05.2005 = http://shink.de/azu8i) hat entschieden, dass in solchen Fällen von einem Streitwert von 10.000,- EUR auszugehen ist.
Nun lag dem OLG Hamburg (Beschl. v. 10.03.2004 - Az.. 5 W 3/04) ein nahezu identischer Fall zur Beurteilung vor. Dort hatte der Beklagte zwei urheberrechtlich geschützte Kartenausschnitte auf seiner Webseite veröffentlicht. Das LG Hamburg hatte den Streitwert auf 9.000,- EUR festgesetzt. Hiergegen legte der Beklagte Beschwerde ein.
Dem ist das OLG nur teilweise gefolgt. Zunächst stellt es fest, dass als wertbildender Faktor nicht nur die eigentliche Verletzung herangezogen werden kann, sondern auch der generelle Gedanke der Abschreckung:
"Gleichwohl ist die Ast. nicht gehindert, bei der Bemessung des gerichtlichen Streitwerts den Gedanken einer wirkungsvollen Abschreckung angemessen zu berücksichtigen. Denn die Verteidigung von Urheberrechten beschränkt sich nicht auf das Verfolgungsinteresse innerhalb des jeweiligen (potenziellen) Lizenzverhältnisses. (...)
Der Senat hält an seiner Auffassung fest, dass diese (...) Intention nachhaltig auch bei der Streitwertbemessung Berücksichtigung zu finden hat, und zwar auch gegenüber Rechtsverletzern, deren individueller Verstoß - wie derjenige des Ag. - nicht sehr erheblich ist."
Jedoch setzte das OLG den Streitwert auf 6.000,- EUR herunter:
"Bei einer Gesamtwürdigung dieser Umstände hat das LG auch nach Auffassung des Senats den Streitwert beanstandungsfrei auf 6000 Euro für einen Verstoß festgesetzt. Der vorgenommenen Erhöhung auf 9000 Euro für zwei Verstoßfälle bedarf es bei der vorliegenden Sachverhaltsgestaltung nach Auffassung des Senats allerdings nicht.
Denn bereits die Höhe des Ursprungsstreitwerts wird nicht in erster Linie von der Höhe entgangener Lizenzeinnahmen, sondern - wie dargelegt - auch von Abschreckungsgesichtspunkten bestimmt. In diesem Rahmen ist es für die Frage der Streitwertberechnung jedenfalls dann ohne ausschlaggebende Bedeutung, ob der Bekl. nicht nur einen Kartenausschnitt, sondern zwei Ausschnitte unbefugt verwertet hat, wenn es sich bei dem zweiten um eine Teil-Vergrößerungsansicht des ersten Ausschnitts handelt.
Angesichts der Tatsache, dass etwa das KG mit Beschluss vom 19. 12. 2003 einen vergleichbaren Einzelverstoß mit einem Streitwert von 10000 Euro bemessen hat (5 W 367/03), liegen die von dem LG festgesetzten Werte noch im unteren Bereich der nach Sachlage vertretbaren Beträge."
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4. OLG München: Markenerhaltung durch ausländische Homepage-Nutzung?
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Gemäß § 49 Abs.1 MarkenG ist eine eingetragene Marke zu löschen, wenn sie nicht innerhalb von fünf Jahren nach Eintragung auch tatsächlich genutzt wird. Erforderlich ist hierbei, dass die Marke "im Inland ernsthaft genutzt" wird (§ 26 Abs.1 MarkenG).
Nun hatte das OLG München (Urt. v. 16.06.2005 - Az.: 29 U 5456/04) darüber zu entscheiden, ob dafür ausreichend ist, wenn ein amerikanischer Anbieter auf seiner .com-Domain, die als Second-Level-Domain den Markennamen enthielt, auch deutsche Kunde belieferte.
Dies haben die Münchener Richter verneint:
"Die Internetbenutzung einer Kennzeichnung für Dienstleistungen ist nicht bereits deshalb eine solche im Inland, weil inländische Internetnutzer die Dienstleistung tatsächlich in Anspruch nehmen.
Vielmehr ist das lediglich Ausfluss der das Internet kennzeichnenden Eigenheit der weltweiten Verfügbarkeit der Inhalte, der Ubiquität des Internets. Dieser Umstand begründet den Konflikt mit dem im Immaterialgüterrecht maßgeblichen Territorialitätsprinzip erst und löst ihn nicht schon. Dazu bedarf es vielmehr des Abstellens auf einen gesteigerten Inlandsbezug (...)."
Und weiter:
"Bei als Verletzungshandlungen angegriffenen Benutzungen würde dies zu einer uferlosen Ausdehnung des Schutzes nationaler Kennzeichenrechte und zu einer unangemessenen Beschränkung der Selbstdarstellung ausländischer Unternehmen führen. (...)
Nichts anderes gilt für die gleichsam gespiegelte Situation, die nicht die Verletzung einer inländischen Marke durch eine Handlung im Internet, sondern den Erhalt einer inländischen Marke durch solche Handlungen betrifft. Würde Benutzungshandlungen im Internet schon allein deshalb rechtserhaltende Wirkung zukommen, weil sie im Inland abrufbar sind, führte das entgegen dem Zweck (...), die Möglichkeiten für die Eintragung neuer Marken zu verbessern und die Gesamtzahl der eingetragenen und geschützten Marken und damit die Anzahl der zwischen ihnen möglichen Konflikte zu verringern (...)."
Dann benennen die Richter, unter welchen Umständen ein Inlandsbezug doch gegeben ist:
"Bei dem Internetauftritt unter der Domain (...) ergibt er sich weder aus der Sprache, in der sich die Beklagte im Internet präsentiert, noch aus der Währung, in der die Preisangaben erfolgen. Er ergibt sich auch nicht aus der Verwendung einer deutschen Flagge unter der Rubrik International Delivery zur Kennzeichnung der Darstellung derjenigen Waren, die in Deutschland ausgeliefert werden können (...).
Dieser Verwendung ist nur zu entnehmen, dass die Beklagte anbietet, Blumen in einer Vielzahl verschiedener Länder, darunter Deutschland, zu liefern. Dass dieses Angebot über das mit der Ubiquität des Internets verbundene Maß hinaus auch deutsche Besteller anspreche, kann der Verwendung der deutschen Flagge dagegen nicht entnommen werden."
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5. OLG München: Unzulässige Internet-Schleichwerbung eines Arztes
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Der Beklagte, ein Arzt, hatte eine selbst verfasste Broschüre mit dem Titel „Lebensmittel und Vitalstoffe DIE BASIS DER GESUNDHEIT“ herausgegeben und sie Interessierten gegen einen Kostenbeitrag von EUR 5,00 übersandt. Auf der letzten redaktionell bearbeiteten Seite folgten drei Seiten mit Werbeanzeigen für ein Produkt der L-GmbH.
In einem Schreiben an den Geschäftsführer der L-GmbH hatte der Beklagte geäußert, dass seiner Meinung nach dieses Produkt das einzige auf dem Markt sei, welches alle Empfehlungen der Ernährungswissenschaftler zur täglichen Nahrungsergänzung in sich vereine.
Das Schreiben war im Internet abrufbar, ohne dass der Beklagte dem zugestimmt hatte.
Das OLG München (Urt. v. 20.01.2005 - Az.: 29 U 4589/04) hat die Werbeanzeige für das Produkt der L-GmbH als Schleichwerbung eingestuft und in der Veröffentlichung der Broschüre einen wettbewerbswidrigen Verstoß gesehen (§ 3 UWG, § 4 Nr. 3 UWG).
„Die streitgegenständliche Broschüre ist objektiv geeignet, den Wettbewerb sowohl des Beklagten als Arztes als auch der Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln zu fördern. Insbesondere befürwortet die Broschüre den Konsum von Nahrungsergänzungsmitteln und ist deshalb geeignet, sich insoweit nachfragefördernd auszuwirken.“
Auch sah das OLG München die Wettbewerbsabsicht des Beklagten sowohl für ihn selbst als auch für die L-GmbH klar gegeben.
„Dafür, dass die Aufzählung der Kriterien für ein gutes Nahrungsergänzungsmittel und die sich daran anschließenden Wertungen zumindest auch in der Absicht erfolgten, den Absatz des in der sich anschließenden Anzeige beworbenen Produkts zu fördern, spricht schon die nahezu lückenlose Übereinstimmung der vom Beklagten aufgestellten Kriterien mit den in der Anzeige dargestellten Eigenschaften des Produkts.
(…) Auch wenn die vom Beklagten aufgezählten Kriterien objektiv gerechtfertigt sein sollten, sprechen diese Anpreisungen im Zusammenwirken mit der unmittelbaren Gegenüberstellung zur Werbeanzeige dafür, dass dieser Abschnitt der Broschüre zumindest auch in der Absicht erfolgte, den Umsatz des als derartig ideal beschriebenen Produkts zu fördern.“
Und weiter:
„Der genannte Text enthält übermäßig anpreisende Werbeaussagen und ist deshalb nicht als lediglich redaktioneller Text ohne Werbecharakter anzusehen. (…)
Dieser Werbecharakter wird verschleiert. Der Leser der Broschüre misst dem redaktionellen Text des Beklagten, der für sich Vertrauen in seine Sachkompetenz als im Bereich der Nahrungsergänzungsmittel erfahrener Arzt in Anspruch nimmt, als fachlich orientierter und neutraler Instanz größere Bedeutung bei und steht ihm unkritischer gegenüber als den werbenden Behauptungen von Inserenten (…).
Er erwartet nicht, dass in einem derartigen Text Werbung enthalten ist und kann sie nicht klar als solche erkennen. Seine Platzierung im redaktionellen Teil der Broschüre verschleiert daher den Werbecharakter dieses Texts (…)“.
Das Gericht hält die angegriffene Wettbewerbshandlung insbesondere auch deswegen für unlauter, weil hier die ärztliche Vertrauensstellung ausgenutzt werde.
„Die Inanspruchnahme von Vertrauen in seine Eigenschaft als Arzt ermöglicht es dem Beklagten, bei medizinisch nicht fachkundigen Lesern, an die sich die Broschüre richtet, in besonders wirksamer Weise den Eindruck zu erwecken, gerade das anschließend offen beworbene Produkt verdiene besondere Wertschätzung. (…)
Daneben werden auch andere Hersteller von Nahrungsergänzungsmitteln in ihrem Wettbewerb um Käufer benachteiligt, weil diesen die vom Beklagten zu Gunsten der Herstellerin des Produkts L. betriebene Werbemöglichkeit verschlossen bleibt.
Schon wegen der besonderen Qualität, die das einen Arzt entgegengebrachte Vertrauen hat, ist auch der durch eine dieses Vertrauen missbrauchende Werbung bewirkte Wettbewerbsnachteil nicht unerheblich.“
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6. OLG Naumburg: Irrtum bei Fehlinterpretation einer einstweiligen Verfügung
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Das OLG Naumburg (Beschl. 23.03.2005 – Az. 10 W 12/05 (Hs)) hat der Beschwerde eines Schuldners gegen die Verhängung eines Ordnungsgeldes wegen Zuwiderhandlung gegen eine Unterlassungsverfügung nicht stattgegeben.
Gegen den Schuldner war im Wege eines einstweiligen Verfügungsverfahrens von der Gläubigerin ein Urteil des Landgerichts erwirkt worden, mit welchem dem Schuldner u.a. untersagt worden war, „im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbes auf seiner Internetseite (...) eine Werbung einzustellen, welche den Eindruck suggeriert, es handele sich um ein Interview, obwohl fragende und antwortende Person identisch sind und (...) diese Werbung so zu bezeichnen, dass der Eindruck entsteht, es handele sich um eine Pressemitteilung".
Weiter war dem Schuldner untersagt worden, von der Gläubigerin beanstandete Äußerungen aus dieser Werbung zu verbreiten. Für den Fall der Zuwiderhandlung gegen diese einstweilige Verfügung hatte das Landgericht dem Schuldner zugleich die Verhängung eines Ordnungsgeldes bis zu 250.000,- Euro, ersatzweise Ordnungshaft angedroht.
Das entsprechende Urteil wurde dem Schuldner zugestellt, welcher hiergegen Berufung einlegte. Den streitigen Beitrag auf seiner Homepage entfernte der Schuldner zunächst nicht.
In dieser Vorgehensweise sah die Gläubigerin einen Verstoß gegen den Inhalt der Unterlassungsverfügung und beantragte die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Schuldner.
Hiergegen wandte sich der Schuldner mit der Begründung, die Fortführung der beanstandeten Internetseite beruhe auf einem Irrtum; er sei davon ausgegangen, dass er seine Werbung so lange im Internet fortsetzen dürfe, so lange das von ihm mit der Berufung angefochtene Urteil des Landgerichts noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei.
Nachdem er über die Rechtslage aufgeklärt worden sei, habe er unverzüglich die Löschung der Internetseite veranlasst.
Dem Antrag der Gläubigerin auf Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen den Schuldner gab das Landgericht statt, da der Schuldner den beanstandeten Beitrag trotz des gegen ihn erlassenen Urteils nicht entfernt habe. Die daraufhin von dem Schuldner eingelegte Beschwerde wurde von dem Oberlandesgericht Naumburg verworfen.
Der vom Schuldner vertretenen Ansicht, dass die versehentliche Fortführung der beanstandeten Werbung im Internet von dem Verbotsumfang der Unterlassungsverfügung gar nicht erfasst sei, vermochte sich das Gericht nicht anzuschließen. Der Schuldner hatte insoweit vorgetragen, nach dem Inhalt der einstweiligen Verfügung sei ihm ausschließlich die Einstellung neuer Werbung untersagt worden, die Vorhaltung der alten, streitgegenständlichen Werbung begründe keinen neuen, selbständigen Verstoß gegen die Unterlassungsverfügung, welche mit einem Ordnungsgeld geahndet werden könne.
Das OLG begründete seine Entscheidung damit, dass gerade auch darin ein ahndungswürdiger Verstoß gegen die Unterlassungsverfügung liege, dass der Schuldner den beanstandeten Beitrag nicht umgehend von seiner Homepage entfernt habe. Die Unterlassungsverfügung lasse auch keinen Zweifel darüber entstehen, dass nicht nur „(…) das zukünftige Neueinstellen von Werbeartikeln mit inhaltlich entsprechenden Äußerungen in das Internet untersagt, (…)“ sei, sondern „(…) auch die fortgesetzte Vorhaltung der beanstandeten Werbeanzeige von dem Verbotsgehalt der einstweiligen Verfügung erfasst ist. (…)“
Aus der Formulierung der Unterlassungsverfügung, nach der es dem Schuldner verboten sei, auf seiner Internetseite eine Werbung mit dem im einzelnen dargestellten Inhalt „einzustellen“, gehe entgegen der Ansicht des Schuldners nicht hervor, „(…) dass ihm ausschließlich die Neueinbringung zusätzlicher Äußerungen auf die Internetseite untersagt sein soll (…).“.
Unter dem Begriff des „Einstellens“ im Internet sei auch das Vorhalten und Präsentieren von Daten bzw. im hiesigen Falle einer Werbeaussage im Internet zu verstehen.
Auch könne kein Zweifel daran bestehen, dass der Schuldner die Veröffentlichung des streitgegenständlichen Anzeigeartikel nicht fortsetzen dürfe, da die Verbotsverfügung dem Schuldner das Behaupten der beanstandeten Äußerungen unmissverständlich untersage. Insoweit könne nicht lediglich auf die in der Unterlassungsverfügung verwandte Formulierung „Werbung einzustellen“ abgestellt werden.
Soweit der Schuldner vorgetragen hatte, irrig davon ausgegangen zu sein, dass er seine Werbung so lange im Internet fortsetzen dürfe, so lange das von ihm mit der Berufung angefochtene Urteil des Landgerichts noch nicht in Rechtskraft erwachsen sei, vermochte dies an der Rechtsauffassung des OLG Naumburg nichts zu ändern; der Schuldner hätte eine Rechtsauskunft einholen müssen, ob er die streitige Werbung weiterhin im Internet vorhalten durfte.
Er hätte sich nicht auf seine eigene Rechtsmeinung verlassen dürfen, sondern hätte diese durch fachkundigen Rechtsrat absichern müssen.
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7. OLG Naumburg: Vertragsanpassung bei urheberrechtlich geschütztem Firmenlogo?
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Das OLG Naumburg (Urt. v. 07.04.2005 – Az.: 10 U 7/04) hatte darüber zu entscheiden, ob der (Mit-) Urheber eines Firmenlogos einen Anspruch auf Vertragsanpassung (§ 32 a UrhG) hat, wenn der Anteil des Logos erheblich zum wirtschaftlichen Erfolg des Unternehmens (hier ca. 5 % des Umsatzes) beiträgt.
Im Ergebnis hat das Gericht einen solchen Anspruch abgelehnt. Zur Begründung führt es aus, das für eine Vertragsanpassung gemäß § 32 a UrhG erforderliche Missverhältnis zwischen der vertraglich vereinbarten Vergütung für die Gestaltung des Logos und den Erträgen und Nutzungen aus der Verwendung des Firmenlogos bestehe nicht.
„§ 32 a UrhG normiert den sogenannten Fairness-Ausgleich. Dieser setzt voraus, dass der Urheber dem Werknutzer ein Nutzungsrecht zu Bedingungen eingeräumt hat, die unter Berücksichtigung der gesamten Beziehungen zwischen Urheber und Werknutzer zu einem auffälligen Missverhältnis zwischen vereinbarter Gegenleistung und den Erträgen und Vorteilen aus der Nutzung des Werks führen.
Damit gewährt § 32 a UrhG eine angemessene Beteiligung an dem wirtschaftlichen Erfolg des Werks.“
Zwar könne ein Firmenlogo grundsätzlich zu einem wirtschaftlichen Erfolg und damit zu einem messbaren Ertrag des urheberrechtlich geschützten Werks führen, da es als Bestandteil des Corporate Design für den Gesamteindruck eines Unternehmens von Bedeutung sei.
Gleichwohl lägen in dem zu entscheidenden Fall die Voraussetzungen für eine Vertragsanpassung nicht vor. Das Firmenlogo sei vorliegend für den unternehmerischen Erfolg der Beklagten nur von untergeordneter Bedeutung, denn es seien keine Umstände ersichtlich und von der Klägerin dargelegt worden, dass das Logo die Gewinnentwicklung der Beklagten messbar beeinflusst habe.
Vielmehr sei es als „rahmenbegleitendes Werk“ anzusehen, das zwar für das Image der Beklagten von positiver Bedeutung gewesen sein mag, aber am wirtschaftlichen Erfolg der unternehmerischen Tätigkeit der Beklagten auch nicht mittelbar beteiligt gewesen sei.
Darüber hinaus sei zu berücksichtigen, dass die positive wirtschaftliche Entwicklung der Beklagten unstreitig andauerte, auch nachdem diese das streitgegenständliche Firmenlogo abgelegt und gegen ein anderes ausgetauscht hatte.
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8. LG Hannover: Preisangabepflichten bei Premium-SMS
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Das LG Hannover (Urt. v. 21.06.2005 - Az: 14 O 158/04m = http://shink.de/vbt4cd) hatte als eines der ersten Gerichte über die Preisangabepflichten bei Premium SMS (Flirt-Chats) zu entscheiden.
Preise sind im geschäftlichen Verkehr gemäß den gesetzlichen Bestimmungen so anzubringen, dass sie sich in unmittelbarer Umgebung zum Angebot befinden, eindeutig zuzuordnen, leicht erkennbar und deutliche lesbar sind.
Im Fall des LG hatte der Nutzer erst nach sechsmaligem Herunterscrollen auf dem Handy-Display den Preis entdecken können. Dies hat das Gericht als wettbewerbswidrig angesehen:
"Wie sich aus diesen technischen Gegebenheiten ergibt, ist es möglich, dass eine am einer SMS stehende Preisinformation für den Empfänger der SMS eben nicht leicht erkennbar und gut wahrnehmbar ist und ggf. längeres Herunterscrollen im Anzeigefeld, nach der "eigentlichen" SMS-Nachricht erfordert.
Selbst wenn es vom Grundsatz eigentlich genügt, dass die Preisinformation am Ende der SMS erscheint, muss die Beklagte, um ihren Informationspflichten zu genügen, unter Beachtung der vorgenannten Grundsätze zur Preisinformation, um diese Probleme zu vermeiden, schon am Beginn einer entsprechenden SMS darauf verweisen, dass sich am Ende der SMS eine Preisinformation befindet. Dies ist bei den SMS, die die Beklagte versendet, aber nicht der Fall."
Weiter hatte das Gericht zu klären, was gilt, wenn technisch nicht sichergestellt, dass der Nutzer die erste kostenlose SMS erhält, in der über die Kosten der nachfolgenden, entgeltpflichtigen SMS informiert wird.
"Die Beklagte hat auch insoweit gegen verbraucherschützende Vorschriften verstoßen (...). Wie oben schon ausgeführt, gesteht die Beklagte selbst zu, dass SMS dann, wenn man sein Handy über einige Zeit nicht anschaltet, nicht eintreffen.
Damit ist ihr bewusst, dass auch die erste SMS, mit der allein sie über Preise informiert, den Empfänger nicht erreichen muss. Dann aber muss sie - da sie eben nicht protokolliert und sie auch keine Statusmeldungen beim "Kunden" erhält (...), auch in den Folge-SMS die Preisinformation geben, um ihren vorgenanten Verpflichtungen zur Preisinformation gerecht zu werden.
Im übrigen ist auf folgendes hinzuweisen: Die Beklagte behauptet zwar, sie versuche zu verhindern, dass Kinder und Jugendliche zu diesem Dienst Zugang erhielten (...), wobei sie aber nicht einmal mitteilt, wie sie dies zu hindern sucht.
Zumindest werden aber Jugendliche von dem von der Beklagten angebotenen Dienst angesprochen; gerade im Hinblick auf die von der Beklagten unter der Adresse www.(...).de vorgesehene Anmeldung, die suggeriert, dass der "Flirt gratis" sei, ist das Handeln der Beklagten, in den vermittelten Folge-SMS nicht den Preis für eine SMS anzugeben, geeignet, bei diesem Personenkreis die geschäftliche Unerfahrenheit auszunutzen; dies verstößt gegen § 4 Nr. 2 UWG."
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9. RegTP: Entscheidung im Fall Mobilcom ./. Simyo
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Die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP) erklärt in einer aktuellen Pressemitteilung (= http://shink.de/wbi7t), dass sie im Fall Mobilcom ./. Simyo eine Entscheidung zugunsten von Simyo getroffen hat.
Mobilcom hatte die Reg TP angerufen und wollte geklärt wissen, ob und unter welchen Voraussetzungen E-Plus, die hinter der neuen Marke "Simyo" steht, ohne Verstoß gegen ihre Lizenz neue Angebote in den Markt einführen darf, ohne vorher die Diensteanbieter hiervon in Kenntnis zu setzen bzw. in die Lage zu versetzen, eigene Endkunden-Angebote zeitgleich auf den Markt zu bringen.
Die RegTP hat dies nicht für erforderlich gehalten.
"Unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls halten wir eine unterschiedliche Behandlung nach der Lizenz ebenso wie nach allgemeinem Wettbewerbsrecht für zulässig, wenn es hierfür sachlich rechtfertigende Gründe gibt", erläuterte Matthias Kurth, Präsident der Reg TP die Entscheidung. "Dazu zählt für uns zum Beispiel vorstoßender Wettbewerb. Er ist ein prinzipiell wünschenswerter Ausdruck wettbewerbskonformen Verhaltens."
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10. Neues Web-Portal "Glücksspiel & Recht"
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"Glücksspiel & Recht" (= http://www.gluecksspiel-und-recht.de) heißt unser neuestes Rechts-Portal und beschäftigt sich mit der großen Welt der Glücksspiele und Gewinnspiele. Ein juristisch noch oftmals unerforschtes Gebiet.
Der Surfer findet auf den Seiten zahlreiche Aufsätze, Gerichtsurteile und sonstige wichtige Infos zu den Themen Ausspielung, Lotterie, Sportwette, Online-Casino, Spielbanken uva.
Neben "Affiliate & Recht" (= http://www.affiliateundrecht.de), "Dialer & Recht" (= http://www.dialerundrecht.de), "Mehrwertdienste & Recht" (= http://www.mehrwertdiensteundrecht.de), "R-Gespräche & Recht" (= http://www.r-gespraecheundrecht.de) und "Suchmaschinen & Recht" (= http://www.suchmaschinen-und-recht.de) ist es das 6. Portal aus unserer "... & Recht" - Reihe.
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11. In eigener Sache: Neue Rechts-News auf "IT im Unternehmen"
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Neben den schon bestehenden rechtlichen News-Reihen bei verschiedenen Informations-Portalen (vgl. http://shink.de/rn2fu) gibt die Kanzlei Dr. Bahr ab sofort auch auf "IT im Unternehmen" (= http://www.testticker.de) Rechts-News heraus.
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