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Newsletter vom 20.10.2010 |
Betreff: Rechts-Newsletter 42. KW / 2010: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: "steuerberater-suedniedersachsen.de" ist nicht berufsrechtswidrig _____________________________________________________________ Der Betrieb der Domain "steuerberater-suedniedersachsen.de" durch einen Steuerberater ist zulässig und stellt keinen Berufsrechtsverstoß dar (BGH, Urt. v. 01.09.2010 - Az.: StbSt (R) 2/10). Die Staatsanwaltschaft ging gegen einen Steuerberater vor, der die Domain "steuerberater-suedniedersachsen" verwendete. Die Staatsanwaltschaft sah darin einen Berufsverstoß, weil es sich nach ihrer Ansicht um einen Berufsverstoß handle. Die BGH-Richter verneinten eine Verletzung geltender Regeln. Die Werbung des Steuerberaters sei sachlich nachprüfbar und nicht marktschreierisch. Er informiere lediglich über seine Person und seine Dienstleistung sowie darüber, in welcher Region er tätig sei. Diese Angaben seien weder falsch noch berufswidrig. Ein durchschnittlicher Mandant werde schon gar keine Sonderstellung des Steuerberaters vermuten, sondern lediglich den regional abgegrenzten Raum erkennen. Von einer Irreführung und damit einhergehenden Unlauterkeit sei daher keinesfalls auszugehen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 2. BPatG: Zurückweisung von Marken-Umschreibungsantrag bei Zweifel zulässig _____________________________________________________________ Bestehen Zweifel bei der Übertragung von Markenrechten, kann das DPMA eine Umschreibung ablehnen (BPatG, Beschl. v. 15.09.2010 - Az.: 26 W (pat) 97/08). Für die Markeninhaberin war seit über zehn Jahren eine Wort-Bild-Marke eingetragen. Der Insolvenzverwalter erklärte gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt, dass das Insolvenzverfahren über das Vermögen der Markeninhaberin eröffnet worden ist und bat um Mitteilung der für die Markeninhaberin beim Amt bestehenden Schutzrechte. Die Klägerin erklärte hierzu, dass bereits vor zehn Jahren ein Vertrag zur Abtretung der Markenrechte abgeschlossen worden sei und sie daher nunmehr Inhaberin der Marke sei. Ein Umschreibungsantrag sei bereits gestellt worden. Die Markenabteilung hatte Zweifel an der Rechtsübertragung und wies den Antrag zurück. Daher ersuchte die Klägerin gerichtliche Hilfe. Die Richter lehnten eine Übertragung ab. Sie schlossen sich der Argumentation des Deutschen Patent- und Markenamtes an und erklärten, dass sie Zweifel an der Rechteübertragung hätten. Diese seien auch begründet, weil der angebliche Abtretungsvertrag bereits zehn Jahre alt und nun plötzlich und vor allem erst nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens vorgelegt worden sei. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 3. OLG Dresden: "fluege.de" darf nicht automatisch Zusatzversicherung mit einkalkulieren _____________________________________________________________ Das Internet-Reiseportal "fluege.de" handelt wettbewerbswidrig, wenn es im Laufe des Buchungsvorganges an keiner Stelle den Gesamt-Endpreis angibt, in dem die erhobene Serviceleistung inkludiert ist (OLG Dresden, Urt. v. 17.08.2010 - Az.: 14 U 551/10). Die Online-Plattform "fluege.de" gab im Rahmen des Bestellvorgangs die angefallene Servicegebühr nicht mit an, sondern verwies lediglich auf ihre AGB. Darüber hinaus fügte der Anbieter - ungewollt und automatisch - eine kostenpflichtige Reisezusatzversicherung dem Angebot hinzu. Wollte der Kunde dieses Zusatzangebot nicht, musste er dieses aktiv abwählen (Opt-Out). Wie schon in der Vorinstanz stuften auch die Richter des OLG Dresden den Sachverhalt als wettbewerbswidrig ein. Die Nichtanzeige der Servicegebühr verstoße gegen die geltenden Preisangabepflichten. Auch sei es der Beklagten untersagt, mittels einer Voreinstellung im Wege des "Opt-In" in den Endpreis eine Reiseversicherung einzuschließen, ohne dass der Kunde hiervon Kenntnis habe oder von sich aus diese Option gewählt habe. Es handle sich dabei um fakultative Kosten, die mit der eigentlichen Transportleistung nichts zu tun hätten und daher einer gesonderten Einwilligung des Kunden bedürften. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 4. OLG Düsseldorf: "Ein Indianer kennt keinen Schmerz" ist wettbewerbswidrige Heilmittelwerbung _____________________________________________________________ Das OLG Düsseldorf hat entschieden (Urt. v. 13.04.2010 - Az.: I-20 U 251/08), dass eine Werbung für Heilmittel in Printmedien insbesondere dann rechtswidrig sein kann, wenn ein eindeutiger Hinweis dahingehend, dass es sich um eine Anzeige handelt, nicht gegeben ist. Bei der Beklagten handelte es sich um die Herausgeberin einer Reihe von Zeitschriften. In diesen Zeitschriften waren unter anderem wie folgt überschriebene Werbebeiträge für Heilmittel geschaltet: - "Ein Indianer kennt kein Schmerz: dank der Kraft der Natur Die Werbebeiträge waren nicht mit dem Hinweis "Anzeige" versehen. Die Klägerin, ein Berufsverband, sah hierin eine unzulässige verdeckte Werbung. Die Beiträge würden gerade keine typischen Werbeslogans beinhalten. Da es sich um Magazine der "Regenbogenpresse" handle, würde der Leser sie außerdem nur flüchtig wahrnehmen. Darüber hinaus werde beim Betrachter der Eindruck erweckt, dass es sich um redaktionelle Beiträge handelt. Hiergegen trug die Beklagte vor, dass der Werbecharakter der Beiträge für den Leser ohne weiteres erkennbar gewesen sei. Schon die folgende Überschrift: "Ein Indianer kennt kein Schmerz: dank der Kraft der Natur", werde als typischer Werbeslogan erkannt. Zu berücksichtigen seien außerdem werbetypische Auslobungen in den Beiträgen (z.B. "lindert Schmerzen"). Das LG hatte der Beklagten die Schaltung der Werbebeiträge in erster Instanz untersagt. Diese Entscheidung wurde nun vom OLG Düsseldorf weitgehend bestätigt. Nach Auffassung der Düsseldorfer Richter lag eine unlautere verdeckte Werbung vor. Die Werbebeiträge würden vom durchschnittlich aufmerksamen Leser ihrer Gestaltung nach als redaktionelle Beiträge verstanden werden. Hieran ändere auch der Umstand nichts, dass der Name der Produkte in den Beiträgen genannt worden ist. Hierdurch werde die Täuschungsgefahr nicht beseitigt. Es sei einer Zeitschrift nämlich erlaubt, ihren Lesern in redaktionellen Beiträgen Produkte zu empfehlen, wenn der Autor von deren Qualität überzeugt ist. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 5. OLG Frankfurt: Unberechtigte KK-Anträge zur Änderung der Domain-Daten können Schadensersatz auslösen _____________________________________________________________ Trifft ein Provider keine ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen, so dass Kunden eine Vielzahl von unberechtigten KK-Anträgen auf einen Domainwechsel stellen können, so liegt hierin ein Rechtsverstoß (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 19.05.2010 - Az.: 6 U 65/09). Der Beklagte, ein Provider, stellte im Kundenauftrag eine Vielzahl von KK-Anträgen an die DENIC für die Domains, die von dem Kläger und dessen Geschäftspartner gehalten wurden. Der Kläger widersprach den KK-Einträgen. Dennoch stellte der Beklagte erneut KK-Anträge und begehrte damit die Änderung der WHOIS-Daten. Sie erklärten, dass der Beklagte durch die Vielzahl der KK-Anträge den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb verletzt habe. Er sei Täter dieser Handlung und hafte damit dem Kläger gegenüber auf Schadensersatz. Im Rahmen des ihm Zumutbaren müsse er die Organisation seines Betriebes darauf ausrichten, dass nur zulässige KK-Anträge durchgeführt würden. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 6. OLG Hamm: Nennung der Anwendungsgebiete registrierter homöopathischer Mittel ist generell verboten _____________________________________________________________ Das OLG Hamm hat entschieden (Urt. v. 15.04.2010 - Az.: I-4 U 218/09), dass registrierte homöopathische Arzneimittel sowohl gegenüber Verbrauchern als auch gegenüber Fachkreisen nicht durch die Nennung ihrer Anwendungsgebiete beworben werden dürfen. Die Beklagte vertrieb eine Broschüre, die der Bewerbung eines registrierten homöopathischen Arzneimittels diente. Diese Broschüre wurde von der Beklagten lediglich an Fachkreise abgegeben. In ihr hieß es unter anderem: "Die sechs Wirkstoffe des Präparats wirken im Einzelnen gegen Nieren- und Harnwegserkrankungen, Erkrankungen der Leber- und Gallenblase..." Hierin sah die Klägerin, ein Berufsverband, einen Verstoß gegen das Heilmittelwerberecht. Dieses beinhalte ein generelles Verbot der Bewerbung homöopathischer Arzneimittel unter Angabe der Anwendungsgebiete. Der Umstand, dass die Broschüre lediglich an Fachkreise abgegeben wurde, sei daher unerheblich. Dies gelte auch vor dem Hintergrund, dass nicht sichergestellt sei, dass diese Fachkreise die Broschüre nicht an Verbraucher weitergeben. Die Beklagte wendete hiergegen ein, dass ihrerseits durch die ausschließliche Abgabe der Broschüre an Fachkreise alles Erforderliche dafür, dass die Broschüre nicht an Verbraucher gelangt, getan worden sei. Des Weiteren trug sie vor, dass das Heilmittelwerberecht insbesondere dem Schutz der Laien bzw. Verbraucher diene. Diese seien von der Werbung aber gerade nicht betroffen. Ein derart umfangreiches Werbeverbot sei mit der Berufsfreiheit außerdem nicht zu vereinbaren. Nachdem das LG Bielefeld die Klage abgewiesen hatte, gab das OLG Hamm der Klägerin nun Recht. Das OLG Hamm begründete seine Entscheidung insbesondere damit, dass für registrierte homöopathische Arzneimittel das Gesetz ein generelles Verbot der Werbung unter Angabe von Anwendungsgebieten vorsehe. Eine Unterscheidung zwischen einer Werbung gegenüber Fachkreisen und einer solchen gegenüber Verbrauchern sei gerade nicht gegeben. Da der Gesetzgeber an anderen Stellen im Heilmittelwerberecht eine solche Unterscheidung ausdrücklich vorgenommen hat, sei davon auszugehen, dass in dem vorliegenden Fall nicht unterschieden werden solle. Anmerkung von RA Menke: Unter Zugrundelegung des Gesetzestextes ist die Entscheidung des OLG Hamm absolut korrekt. Zu beachten ist jedoch, dass mit Anwendungsgebieten homöopathischer Arzneimittel nicht geworben werden darf, weil den Mitteln aufgrund ihrer geringen Dosierung eine Wirkung zumeist nur sehr schwer nachgewiesen werden kann. Dies dürften die Fachkreise sehr wohl wissen. Aus diesem beachtenswerten Grund hatte das LG Bielefeld die Klage übrigens abgewiesen. Hersteller, die mit der Nennung von Anwendungsgebieten werben wollen, sollten versuchen, für ihr Präparat eine Zulassung zu erhalten. Für arzneimittelrechtlich zugelassene Produkte gilt das Verbot nämlich gerade nicht. Hierfür müssen sie aber eine Wirkung nachweisen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 7. OLG Hamm: Auffällige Bewerbung des Lotto-Jackpots rechtswidrig _____________________________________________________________ Die auffällige Herausstellung und blickfangmäßige Bewerbung des Lotto-Jackpotts verstößt gegen die Vorschriften des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV). Die Summe des Gewinns darf nicht größer und in knalligeren Farben dargestellt werden, als die Warn- und Aufklärungshinweise (OLG Hamm, Urt. v. 29.04.2010 - Az.: 4 U 198/09). Die Beklagte hatte einen Lotto-Jackpott von 4 Millionen EUR farblich herausgestellt und in großer Schriftgröße abgebildet. Die Warn- und Aufklärungshinweise hingegen waren kaum zu erkennen. Der Betrachter wurde durch die Aussage "Jetzt Du" zum Mitmachen aufgefordert. Durch diese Ausgestaltung verstoße die Beklagte gegen die Regelungen des GlüStV, die derartige blickfangmäßige Werbung verbiete. Auch durch die besondere Ansprache ("Jetzt Du") erfolge eine besondere "Aktivierung" der potentiellen Kunden. Die Warn- und Aufklärungshinweise seien demgegenüber nicht ausreichend, sondern trägen vielmehr in den Hintergrund. Die Werbung sei besonders auf eine Anreizwirkung ausgerichtet. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 8. LG Berlin: Verstorbene müssen länger als zwei Stunden nach ihrem Tod im Krankenhaus verbleiben _____________________________________________________________ Das LG Berlin hat entschieden (Urt. v. 19.01.2010 - Az.: 16 O 249/08), dass Bestattungsunternehmen mit Krankenhäusern und Heimen nicht vereinbaren dürfen, dass sie die Verstorbenen innerhalb von zwei Stunden nach deren Tod in ihre Kühlräume verbringen können. Bei der Beklagten handelte es sich um ein Bestattungsinstitut. Dieses hatte mit einem Krankenhaus einen Vertrag abgeschlossen, der unter anderem die folgende Klause enthielt: "Die Verstorbenen verbleiben mindestens zwei Stunden im Krankenhaus. Dies soll den Hinterbliebenen die Möglichkeit der Abschiednahme geben." Nach Ablauf der zwei Stunden wurden die Verstorbenen in das Kühlhaus der Beklagten verbracht. Hierin sah die Klägerin, ein Verband zur Vertretung gewerblichen Interessen, einen Wettbewerbsverstoß. Die Beklagte nutze die Zwangslage von Verbrauchern aus. Dadurch, dass die Verstorbenen lediglich zwei Stunden nach ihrem Tod im Krankenhaus verbleiben, würde die Hinterbliebenen dazu gezwungen, mit der Beklagten in Kontakt zu treten. Hierbei habe die Beklagte die Möglichkeit, den Angehörigen ihre Bestattungsleistungen anzubieten. Hierdurch erziele die Beklagte gegenüber ihren Mitbewerbern einen unlauteren Vorteil. Die Beklagte trug vor, dass ein unlauterer Wettbewerbsvorteil ihrerseits nicht gegeben sei, da die Hinterbliebenen sich auch an einen Bestatter ihrer Wahl wenden könnten und nicht mit ihr in Kontakt treten müssten. Das LG Berlin gab der Klägerin Recht. Es sei zwar nicht per se rechtswidrig, dass Krankenhäuser mit privaten Bestattungsunternehmen derartige Verträge abschließen. Eine Unlauterkeit ergebe ich aber daraus, dass der Vertrag es der Beklagte ermöglicht, einen Transport bereits nach zwei Stunden vorzunehmen. Hierdurch würden die Hinterbliebenen in eine über das notwendige Maß hinausgehende Zwangslage gebracht. Diese Frist sei zu kurz, dass sie eine sachgerechte Entscheidung über die Vergabe eines Bestattungsauftrags treffen könnten. Schon zur Vermeidung eines weiteren Transportes liege es nahe, der Beklagten den Vorzug zu geben. Die Beklagte nutze daher die Zwangslage von Verbrauchern für ihr eigenes wirtschaftliches Fortkommen aus. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 9. VG Braunschweig: Private Vermittlung von Sportwetten weiterhin unzulässig _____________________________________________________________ Die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs vom 8. September 2010 zum staatlichen Wettmonopol haben nicht zur Folge, dass Betreiber privater Sportwettbüros jetzt vor Gericht erfolgreich mit neuen Eilanträgen gegen Untersagungsverfügungen des Niedersächsischen Innenministeriums vorgehen können. Die Betreiber der Sportwettbüros müssen die Untersagungsverfügungen deshalb auch dann vorläufig weiterhin befolgen, wenn sie Klage gegen die Verfügungen erhoben haben. Dies hat die 5. Kammer des Verwaltungsgerichts in einem jetzt veröffentlichten Beschluss entschieden. Die Antragstellerin betrieb eine private Sportwettenvermittlung. Dies untersagte ihr das Niedersächsische Innenministerium mit sofortiger Wirkung. Hiergegen wandte sich die Antragstellerin mit einer Klage und einem Eilantrag. Mit letzterem begehrte sie die vorläufige Erlaubnis zum Weiterbetrieb ihrer Betriebsstätte bis zum Abschluss des Klageverfahrens. Diesen Eilantrag lehnte letztlich das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in einem früheren Verfahren ab. Das Klageverfahren hatte das Verwaltungsgericht Braunschweig ausgesetzt, um die nunmehr ergangenen Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) abzuwarten. In dem aktuellen Verfahren beantragte die Antragstellerin im Hinblick auf die Entscheidungen des EuGH vom September 2010, die früheren Eilentscheidungen wegen "veränderter Umstände" zu ändern und ihr den Betrieb ihrer Sportwettenvermittlung vorläufig - bis zum Abschluss des Klageverfahrens - zu gestatten. Zur Begründung machte sie geltend, der EuGH habe entschieden, dass das deutsche staatliche Sportwettenmonopol den europarechtlichen Anforderungen nicht genüge. Das Verwaltungsgericht Braunschweig ist dieser Argumentation nicht gefolgt. Der EuGH habe - anders als dies die Pressemitteilung des Gerichtshofes nahegelegt habe - nicht entschieden, dass die derzeitige rechtliche und tatsächliche Ausgestaltung des staatlichen Monopols im Bereich der Sportwettenvermittlung gegen europäisches Gemeinschaftsrecht verstoße, weil sie die Glücksspiele nicht in kohärenter und systematischer Weise begrenze. Vielmehr habe der Gerichtshof - wie in derartigen sogenannten Vorabentscheidungsverfahren üblich - die tatsächlichen Feststellungen der vorlegenden Gerichte - hier der Verwaltungsgerichte Gießen und Stuttgart - seiner Entscheidung zugrunde gelegt, ohne insoweit eigene Tatsachenfeststellungen zu treffen. Diese Tatsachenfeststellung der Verwaltungsgerichte Gießen und Stuttgart, die sich zudem auf die Sachlage vor Inkrafttreten des Glücksspielstaatsvertrages zum 1. Januar 2008 bezögen, teile das Verwaltungsgericht Braunschweig im Eilverfahren nicht uneingeschränkt. Die Braunschweiger Richterinnen und Richter vertreten - wie das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht in früheren Entscheidungen - die Auffassung, es müsse dem Klageverfahren vorbehalten bleiben, die relevanten Umstände festzustellen und zu bewerten. Für die Zeit bis zur Entscheidung über die Klageverfahren ergebe eine Güterabwägung, dass die Interessen der privaten Sportwettenvermittler zurückzutreten haben. Denn von einem unregulierten Marktzugang gingen erhebliche Gefahren aus; außerdem hätten die Vermittler ihr Geschäft in einer Zeit begonnen, in der ihre Tätigkeit nach deutschen Gesetzen verboten war. Gestern hat die Antragstellerin das Rechtsmittel der Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Braunschweig eingelegt, über die das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht noch nicht entschieden hat. (Beschluss vom 07.10.2010, Aktenzeichen 5 B 178/10) Quelle: Pressemitteilung des VG Braunschweig v. 13.10.2010 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 10. LG Hamburg: Speicherung von Daten für Online-Bewertungsportal für Ärzte zulässig _____________________________________________________________ Das LG Hamburg (Urt. v. 20.09.2010 - Az.: 325 O 111/10) hat entschieden, dass die Nutzung öffentlich zugänglicher Daten für ein Arzt-Bewertungsportal datenschutzrechtlich zulässig ist. Die Beklagte betrieb ein Internet-Portal, eine Plattform, auf der Ärzte bewertet werden konnten. Sie verwendete dabei auch die Daten des Klägers, eines Arztes. Dieser verlangte die Löschung. Zu Unrecht wie die Hamburger Richter entschieden. Die Informationen seien öffentlich zugängliche Daten gewesen, da sie auch anderweitig im Netz verfügbar seien, nämlich auf der Webseite der Klinik, in der der Kläger tätig sei. Die Verwendung dieser allgemeinen Daten könne der Kläger daher nicht verbieten. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 11. LG Hamburg: YouTube haftet für Urheberrechtsverletzungen seiner Nutzer _____________________________________________________________ Die Online-Plattform YouTube haftet für die Urheberrechtsverletzungen seiner User, so das LG Hamburg (Urt. v. 03.09.2010 - Az.: 308 O 27/09). Der Rechteinhaber eines Musikwerkes nahm den bekannten Online-Dienst auf Unterlassung und auf Auskunft (zur Vorbereitung eines späteren Schadensersatzanspruches) in Anspruch. Die Hamburger Richter bestätigten die Haftung. Das Portal habe sich die fremden Inhalte zu Eigen gemacht, so dass sich erhöhte Prüfpflichten ergeben würden. YouTube sei verpflichtet, sich für jeden hochgeladenen Inhalt, die Rechte einräumen zu lassen. Für die Rechteeinräumung reiche es allerdings nicht aus, dass der User eine formularmäßige Versicherung abgebe, da der Dienst auch anonym genutzt werden könnte. Insofern müsse vielmehr ein einzelfallbezogener Nachweis erfolgen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 12. VG Wiesbaden: BKA durfte für NATO-Gipfel keine Journalisten-Daten weitergeben _____________________________________________________________ Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Wiesbaden hat durch Urteil vom 06.10.2010 der Klage eines freiberuflichen Journalisten aus Polen stattgegeben, der dagegen geklagte hatte, dass das BKA der NATO personenbezogene Daten übermittelt hatte, die zur Ablehnung der Akkreditierung des Klägers zum NATO-Gipfel vom 3. bis 4. April 2009 führten. Das Gericht urteilte, dass es an einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage für die Datenübermittlung durch das BKA an internationale Organisationen fehlt und die Übermittlung daher rechtswidrig gewesen ist. Der Kläger, der für die polnische Ausgabe der internationalen Monatszeitschrift "le monde diplomatique" und andere Zeitschriften vom NATO-Gipfel vom 3. bis 4. April 2009 berichten wollte, beantragte am 29.01.2009 online bei der NATO seine Akkreditierung als Journalist für das Gipfeltreffen. Dort erklärte er sich damit einverstanden, dass seine persönlichen Daten gespeichert und in Verbindung mit seiner Akkreditierung verwendet würden. Die NATO lehnte die Akkreditierung ohne Angaben von Gründen ab. Hintergrund der Ablehnung war, dass die NATO dem BKA im Rahmen des mit der NATO vereinbarten standardisierten Akkreditierungsüberprüfungsverfahrens für den NATO-Gipfel 2009 die persönlichen Daten des Klägers zur Überprüfung übermittelt hatte. Der automatische Datenabgleich im polizeilichen Informationssystem INPOL führte dazu, dass das BKA eine Empfehlung zur Nichtzulassung des Klägers gegenüber der NATO abgab, die daraufhin die Ablehnung des Klägers aussprach. Das Gericht entschied, dass die von dem BKA vorgenommene Gefährdungsprognose an die NATO mangels einer gesetzlichen Ermächtigungsgrundlage rechtswidrig war. Das BKA- Gesetz enthalte keine Norm, die es ermögliche, Daten an die NATO zu übermitteln. Es sei berechtigt, für die eigenen Aufgaben des Schutzes von Mitgliedern von Verfassungsorganen auf die gespeicherten Daten beim BKA zuzugreifen und diese zu nutzen. Auch gebe es eine Berechtigung im BKA- Gesetz, personenbezogen Daten an Dienststellen der Stationierungsstreitkräfte oder an eine internationale kriminalpolizeiliche Organisation zu übermitteln. Diese Voraussetzungen träfen aber allesamt nicht auf das NATO- Hauptquartier in Brüssel zu. Eine vergleichbare Berechtigung, wie sie das Bundesamt für Verfassungsschutz für die Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen besitze, habe das BKA nicht, wie das Gericht feststellte. Schließlich sei, so das Gericht, auch eine Berechtigung des BKA zur Übermittlung personenbezogener Daten nicht nach dem Bundesdatenschutzgesetz gegeben, da der Kläger eine – grundsätzlich - schriftliche Einwilligung zur Übermittlung seiner Daten dem BKA gegenüber gerade nicht erteilt habe. Die Einwilligung der NATO gegenüber habe nicht die Weitergabe seiner Daten an Dritte enthalten. Gegen dieses Urteil (Az.: 6 K 280/10.WI) hat das Gericht die Revision zum Bundesverwaltungsgericht zugelassen; die Beteiligten können auch einen Antrag auf Zulassung der Berufung stellen, über den der Hessische Verwaltungsgerichtshof in Kassel zu entscheiden hat. Quelle: Pressemitteilung des VG Wiesbaden v. 12.10.2010 zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 13. AG Brühl: Unklare Sachlage bei Telefonmarketing-Fall geht zu Lasten des Klägers _____________________________________________________________ Trägt der Kläger in einem Fall wegen unerlaubter Telefonanrufe nicht ausreichend vor, so ist der Anspruch abzuweisen (AG Brühl, Urt. v. 24.08.2010 - Az.: 24 C 194/10). Der Kläger nahm die Beklagte wegen unerlaubter Cold Calls vor Gericht in Anspruch. Nähere Angaben zum Sachverhalt und zur Art und Weise der Telefonanrufe erfolgten jedoch nicht. Daher wies das Gericht die Klage ab. Es liege kein ausreichender Sachvortrag vor, wann die Beklagte angerufen habe und welchen Inhalt die Gespräche hatten Von einem Rechtsverstoß könne jedoch nur dann ausgegangen werden, wenn die Werbeanrufen entgegen den Wünschen des Anschlussinhabers stattgefunden habe. Hierzu fehle jede Information. Der Richter erklärte, dass er lediglich zwischen den Zeilen erkennen könne, welcher Sachverhalt der Schadensersatzforderung zugrunde liege. Derartige Spekulationen seien dem Gericht aber nicht zumutbar und in keiner Weise geeignet, den ordnungsgemäßen Sachvortrag des Klägers zu ersetzen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 14. AG Hamburg: Übernahme urheberrechtlich geschützter Werke als RSS-Feed auf Homepage unzulässig _____________________________________________________________ Das Einbinden eines RSS-Feeds, der urheberrechtlich geschützte Inhalte beinhaltet, ohne Zustimmung des Rechteinhabers ist urheberrechtswidrig, so das AG Hamburg (Urt. v. 27.09.2010 - Az.: 36A C 375/09). Der Kläger hatte auf einer Webseite eine vom ihm hergestellte Fotografie sowie einen beschreibenden Text öffentlich zugänglich gemacht. Der Beklagte betrieb eine Online-Seite und band die Fotografie und den Text des Klägers auf seiner Homepage als RSS-Feed ein. Da der Beklagte sich sowohl weigerte die Abmahnkosten zu übernehmen als auch Schadensersatz zu leisten, machte der Kläger seinen Anspruch vor dem AG Hamburg gelten. Der Kläger wurde außergerichtlich und gerichtlich durch die Kanzlei Dr. Bahr vertreten. Das Gericht gab der Klage statt. Der Beklagte habe keine Befugnis gehabt, die fremden Werke bei sich als RSS-Feed einzubinden. Der Beklagte habe den Rechtsverstoß auch selbst verwirklicht und sei daher als Täter einzustufen. Die Einbindung sei so erfolgt, dass neue Inhalte auf der ursprünglichen Webseite automatisch auch auf der Internetseite des Beklagten abrufbar gewesen seien. Für die Fotografie wurden dem Kläger 90,- EUR zugesprochen, für den Text 150,- EUR an Schadensersatz. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 15. Law-Podcasting: Die Schranken des Urheberrechts - Teil 1: Das Zitatrecht _____________________________________________________________ Auf Law-Podcasting.de, dem 1. deutschen Anwalts-Audio-Blog, gibt es heute einen Podcast zum Thema "Die Schranken des Urheberrechts - Teil 1: Das Zitatrecht Inhalt: Mittlerweile dürfte jedem bewusst sein, dass es äußerst problematisch werden kann, wenn man fremde Texte oder Werke - egal welcher Größe und welchen Umfangs - einfach verwendet, ohne den Urheber oder Rechteinhaber zuvor um Erlaubnis zu bitten. Häufig schwingt berechtigterweise die Angst vor einer Abmahnung mit. Dass dem nicht immer so sein muss und es durchaus Möglichkeiten gibt, Teile oder sogar ganze Werke zu übernehmen, zeigt dieser Podcast. Er ist aufgrund der Größe in zwei Teile geteilt. Heute hören Sie den ersten Teil. Nächste Woche folgt der zweite. zurück zur Übersicht |