anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 16. KW im Jahre 2004. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Interessenschwerpunkten Recht der Neuen Medien, Gewerblicher Rechtsschutz, Wirtschaftsrecht und Gewinnspiel- / Glücksspielrecht.
Neben den Entscheidungen des BGH (Telefonwerbung; Spam) und des BPatG (Explorer-Marke endgültig gelöscht) sind hier vor allem die Urteile des OLG Frankfurt (Abstracts & Urheberrecht) und des OLG Köln (Impressums-Pflicht) zu erwähnen.
Die Kanzlei Heyms & Dr. Bahr wünscht Ihnen wie immer angenehmes Lesen. Kontaktieren Sie uns einfach, falls Sie Fragen oder Anregungen haben: http://www.Heyms-DrBahr.de/findex.php?p=kontakt.html
Die Themen im Überblick:
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1. BGH: Zulässigkeit von Telefonwerbung im Geschäftsverkehr
2. BGH: Spam ist rechtswidrig
3. BPatG: Marke "Explorer" bleibt gelöscht
4. OLG Frankfurt: "Abstracts" & Urheberrecht
5. OLG Köln: Bei Web-Impressum Telefon-Nummer Pflicht
6. LG Nürnberg-Fürth: Keine Produktempfehlung per E-Mail
7. AG Bremen: Glücksspiel mit europäischer Lizenz nicht strafbar
8. AG Charlottenburg: Übernahme eines Interviews in Web-Forum
9. AG Würzburg: Strafbarer EDV-Handel
10. Open Source Handbuch 2004 zum Download
11. Google ändert Adwords-Richtlinien
12. FFII: Neues zu EU-Software-Patenten
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1. BGH: Zulässigkeit von Telefonwerbung im Geschäftsverkehr
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Der BGH (Urt. v. 5.2.2004 - Az.: I ZR 87/02 = http://snipurl.com/5tz8) hatte darüber zu entscheiden, wann Telefonwerbung im geschäftlichen Verkehr zulässig ist.
Die Beklagte gibt gemeinsam mit der DeTeMedien GmbH, einer 100%igen Tochtergesellschaft der Deutschen Telekom AG (DTAG), deren Telefonbuch und ein unter der Bezeichnung "Gelbe Seiten" vertriebenes Branchenfernsprechbuch heraus. In das Telefonverzeichniss werden neben Kunden der DTAG auch Kunden anderer Telefongesellschaften aufgenommen, die entsprechende Vereinbarungen mit der DTAG geschlossen haben.
Die Kunden erteilen dabei jeweils ihrer Telefongesellschaft den Auftrag zur Aufnahme eines Eintrags in die genannten Telefonverzeichnisse. Die Aufnahme eines sog. Grund- bzw. Standardeintrags in das Telefonbuch und/oder die "Gelben Seiten" erfolgt unentgeltlich. Für die Telefonkunden besteht die Möglichkeit, den kostenlosen Grund- bzw. Standardeintrag um entgeltpflichtige Zusätze, Ergänzungen oder Anzeigen zu erweitern. Die Beklagte nimmt zu diesem Zweck telefonischen Kontakt mit gewerblichen Kunden der DTAG sowie der sonstigen Telefongesellschaften auf und bietet ihnen derartige kostenpflichtige Erweiterungen des Grund- bzw. Standardeintrags an.
Die Klägerin, die sich ebenfalls mit der Herausgabe eines Branchenfernsprechverzeichnisses befaßt, beanstandet dies als unter dem Gesichtspunkt der Belästigung unlauteres Wettbewerbsverhalten i.S. von § 1 UWG.
Dieser Ansicht ist der BGH nicht gefolgt:
"Wer einen Telefonanschluß zu gewerblichen Zwecken unterhält, rechnet (...) mit Anrufen potentieller Geschäftspartner und solcher Personen, die zu ihm mit Blick auf seine Geschäftstätigkeit auch in deren eigenem Interesse in Verbindung zu treten wünschen. Anders als im privaten Bereich ist telefonische Werbung im geschäftlichen Bereich daher nicht nur zulässig, wenn der Angerufene zuvor ausdrücklich oder konkludent sein Einverständnis erklärt hat, sondern sie ist auch dann als wettbewerbsgemäß anzusehen, wenn aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden daran vermutet werden kann (...).
Ein ausreichend großes Interesse des anzurufenden Gewerbetreibenden (...) kann insbesondere gegeben sein, wenn die telefonische Werbemaßnahme in einem sachlichen Zusammenhang mit einer bereits bestehenden Geschäftsverbindung steht (...)."
Eine solche, bereits bestehende Geschäftsbeziehung sei hier vorhanden:
"Die beanstandete Werbemaßnahme steht in zweifacher Hinsicht mit der den Standardeintrag betreffenden Geschäftsbeziehung in einem engen sachlichen Zusammenhang: Zum einen betrifft die Werbemaßnahme (...) nicht eine von der bereits bestehenden Geschäftsbeziehung verschiedene Leistung. Sie zielt darauf ab, den Telefonkunden zu einer Erweiterung oder zu einer andersartigen Gestaltung des Eintrags zu veranlassen.
Zum anderen erfolgt die Werbung für eine entgeltliche Änderung des Eintrags im Zusammenhang mit einem Telefonanruf, mit dem der Inhalt des bisherigen Standardeintrags für eine neue Auflage der Telefonverzeichnisse überprüft werden soll."
Es sei nicht zu beanstanden, dass die Telefonwerbung in Verbindung mit einem der Datenpflege dienenden Telefonanruf der Beklagten erfolgt sei. Zwar habe die Datenpflege per Telefon gegenüber einer postalischen oder sonstigen elektronischen Variante keine besonderen Vorteile, jedoch ergebe sich daraus nicht zwangsläufig deren Rechtswidrigkeit:
"Ein mutmaßliches Einverständnis (...) kann vielmehr auch dann anzunehmen sein, wenn die telefonische Werbemaßnahme zwar gegenüber der schriftlichen Werbung keine Vorzüge aufweist (...), sie aber gleichwohl seinen Interessen noch in einem solchen Maße entspricht, das die damit verbundenen Belästigungen als hinnehmbar erscheinen läßt.
Es steht folglich der Annahme eines mutmaßlichen Einverständnisses (...) nicht entgegen, daß bei einem schriftlichen Datenabgleich des Standardeintrags etwaige Unklarheiten oder Unsicherheiten in der Schreibweise besser beseitigt werden könnten als bei einer telefonischen Überprüfung. Die auf telefonischem Wege mögliche Abfrage des (...) bestehenden Standardeintrags kann die Überprüfung auf etwaige Änderungen oder Unrichtigkeiten jedenfalls in einem solchen Maße gewährleisten, daß die Annahme eines mutmaßlichen Einverständnisses (...) gerechtfertigt ist."
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2. BGH: Spam ist rechtswidrig
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Der Bundesgerichtshof hat in einem aktuellen Urteil (Urt. v. 11. März 2004 - Az. I ZR 81/01 = http://snipurl.com/5tze) festgestellt, dass Spam-E-Mails zwischen Wettbewerbern unlauter iSd. § 1 UWG sind.
Der eigentliche Fall betrifft nur den geschäftlichen Bereich, kann aber unproblematisch verallgemeinert werden. Die offiziellen Leitsätze im Überblick:
"1. Die Zusendung einer unverlangten E-Mail zu Werbezwecken verstößt grundsätzlich gegen die guten Sitten im Wettbewerb. Eine solche Werbung ist nur dann ausnahmsweise zulässig, wenn der Empfänger ausdrücklich oder konkludent sein Einverständnis erklärt hat, E-Mail-Werbung zu erhalten, oder wenn bei der Werbung gegenüber Gewerbetreibenden aufgrund konkreter tatsächlicher Umstände ein sachliches Interesse des Empfängers vermutet werden kann.
2. Ein die Wettbewerbswidrigkeit ausschließendes Einverständnis des Empfängers der E-Mail hat der Werbende darzulegen und gegebenenfalls zu beweisen.
3. Der Werbende hat durch geeignete Maßnahmen sicherzustellen, daß es nicht zu einer fehlerhaften Zusendung einer E-Mail zu Werbezwecken aufgrund des Schreibversehens eines Dritten kommt."
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3. BPatG: Marke "Explorer" bleibt gelöscht
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Intern.de (= http://snipurl.com/5tzf) berichtet, dass das Bundespatentgericht (BPatG) (Beschl. v. 16. Februar 2004 - Az.: 30 W (pat) 199/02) in dem Markenstreit um den Begriff "Explorer" die Löschungsentscheidung des Deutschen Patent- und Markenamtes (DPMA) (Beschl. v. 8. Juli 2002 - Az.: S 37/01 = http://snipurl.com/5tzg) bestätigt hat.
Mitte der 90er ließ die Beschwerdeführerin den Begriff als Marke eintragen. Es folgten zahlreiche Abmahnungen und Klagen der Markeninhaberin gegen Dritte wegen vermeintlicher Markenverletzungen.
Der Fall "Explorer" war und ist ein gutes Beispiel für den typischen Fall des Markengrabbings. Es wird sich ein allgemeingültiger Begriff, der von einer Vielzahl von Personen im Internet benutzt wird, herausgegriffen und als Marke angemeldet, um dann kostenpflichtige Abmahnungen aussprechen zu können. Vgl. dazu die Promotion von RA Dr. Bahr "Missbrauch der wettbewerbsrechtlichen Abmahnung im Internet", S. 246 (= http://snipurl.com/4pdi)
So war es auch erst vor kurzem wieder im Falle von "eMule", vgl. den Aufsatz von RA Dr. Bahr: "eMule: Ein weiteres Stück aus dem Markengrabbing-Tollhaus" (= http://snipurl.com/4kb9)
Das DPMA hatte entschieden, dass die Marke "Explorer" wegen Bösgläubigkeit nach § 50 I Nr. 4 MarkenG löschen war.
"Im vorliegenden Fall ist (...) der Tatbestand der Markenerschleichung in Kombination mit dem Fall einer Sperrmarke gegeben.
Denn EXPLORER ist heute und war auch schon im Zeitpunkt der Eintragung für alle eingetragenen Waren nicht nur eine gemäß § 8 II Nr 2 MarkenG von der Eintragung ausgeschlossene Angabe, vielmehr wurde der Begriff (...) schon vor dem Anmeldetag von zahlreichen Konkurrenten der Markeninhaberin zur Produktkennzeichnung verwendet."
Diese Entscheidung ist nun durch das BPatG bestätigt worden. Das Gericht stützt seinen Beschluss dabei maßgeblich auf die mangelnde Unterscheidungskraft des Begriffes. Da es sich um ein rein beschreibendes, nicht unterscheidungskräftiges Wort handle, sei schon deswegen eine Markeneintragung unmöglich.
Hinsichtlich der Bösgläubigkeit sieht das Gericht dagegen die hohen Voraussetzungen, die zu einer solchen Annahme führen, als nicht erfüllt an, was jedoch nur Auswirkungen auf die Kostenentscheidung (§ 63 MarkenG) hat.
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4. OLG Frankfurt: "Abstracts" & Urheberrecht
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Das OLG Frankfurt (Urt. v. 01.04.2003 - Az.: 11 U 47/02 = http://snipurl.com/5tzi) hatte darüber zu entscheiden, ob die Erstellung und Veröffentlichung von "abstracts", d.h. kurzen Zusammenfassungen von Artikeln und Aufsätzen, für einen juristischen Auskunftsdienst fremde Urheberrechte verletzt.
Dies haben die Richter verneint:
"Der Senat (= das OLG Frankfurt, Anm. d. Red.) hat darauf abgestellt, ob der Inhalt des Originaltextes mit eigenen Worten und in kurzer Form wiedergegeben oder ob das abstract die Lektüre des Originaltextes teilweise oder ganz ersetzt (...).
Für die hier streitige Zusammenfassung rechtswissenschaftlicher Fachbeiträge läßt sich diese Frage nicht einheitlich beantworten. (...).
(...) die Zeilenzahl oder auch bein bestimmter Umfang des abstracts im Verhältnis zum Umfang der Originalveröffentlichung bieten (...) kein geeignetes Abgrenzungskritierium. (...)
Ob ein abstract den Originalbeitrag zu ersetzen vermag, hängt (...) ganz wesentlich von den (subjektiven) Bedürfnissen der Leser ab. In aller Regel wird Lesern, die sich mit einer speziellen Fachmaterie vertieft befassen, die Lekture eines abstracts nicht das Studium des Originalbeitrags ersetzen können."
Insofern ist das OLG Frankfurt im vorliegenden Fall davon ausgegangen, dass die abstracts nicht den Originalbeitrag ersetzt und daher auch keine Urheberrechte verletzt sind.
Ebenfalls abgelehnt haben die Richter einen Unterlassungsanspruch aus § 1 UWG, da keine unmittelbare, unlautere Leistungsübernahme vorliege. Denn die abstracts beruhe auf einer eigenen Leistung, nämlich der Kurzzusammenfassung des jeweiligen Autors.
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5. OLG Köln: Bei Web-Impressum Telefon-Nummer Pflicht
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Das OLG Köln (Urt. v. 13.02.2004 - Az.: 6 U 109/03 = http://snipurl.com/5tzk) hatte darüber zu entscheiden, ob bei einem Web-Impressum die Angabe einer Telefon-Nummer Pflicht ist oder ob es ausreicht, wenn der Domain-Inhaber eine E-Mail-Adresse und eine Fax-Nummer angibt.
Die Kölner Richter haben sich für die erste Ansicht entschieden:
"Bereits aus dem Wortlaut des § 6 Nrn. 1 und 2 TDG folgt damit, dass die Beklagte als Diensteanbieter Angaben machen muss, die die unmittelbare Kommunikation mit ihr ermöglichen, und dass das mehr als die Postanschrift und die E-Mail-Adresse sein muss.
Denn die Angabe der Postanschrift wird bereits von § 6 Nr. 1 TDG gefordert, die Angabe der E-Mail-Adresse schreibt § 6 Nr. 2 TDG (Adresse der elektronischen Post) zwingend vor."
Und weiter:
"Soweit ersichtlich wird deshalb in der Rechtsprechung und dem juristischen Schrifttum an keiner Stelle in Zweifel gezogen, dass - so der Wortlaut der Gesetzesbegründung zu § 6 TDG - Angaben, die eine schnelle elektronische Kontaktaufnahme und unmittelbare Kontaktaufnahme mit dem Diensteanbieter ermöglichen, sich auf die Angabe einer E-Mail-Adresse und "zumindest auf die Angabe der Telefonnummer" beziehen.
Der Gesetzestext "unmittelbare Kommunikation", die nach dem eindeutigen Wortlaut des § 6 TDG neben die Möglichkeit einer schnellen elektronischen Kontaktaufnahme treten muss, kann deshalb bei verständiger Würdigung der Gesetzesbegründung nur so verstanden werden, dass zur unmittelbaren Kommunikationsmöglichkeit eine Telefon- und nicht etwa nur eine Telefaxnummer angegeben werden muss."
Das OLG folgt damit der offiziellen Gesetzesbegründung des TDG (BT-Drucks. 14/6098; PDF, 416 KB = http://snipurl.com/5tzl), in der ausdrücklich bestimmt wird, dass zumindest die Angabe der Telefonnummer und der E-Mail-Adresse Pflicht sind.
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6. LG Nürnberg-Fürth: Keine Produktempfehlung per E-Mail
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Nach eigenen Angaben (= http://snipurl.com/5tzm) hat die Wettbewerbszentrale vor dem LG Nürnberg-Fürth (Beschl. v. 4.3.2004 - Az.: 4 HKO 2056/04) gegen die Norisbank eine einstweilige Verfügung erwirkt. Darin wird der Bank verboten, Verbraucher aufzufordern persönliche Nachrichten an Freunde zusammen mit einer Produktempfehlung zugunsten der Bank per E-Mail zu versenden.
Die Wettbewerbszentrale sieht ein solches Verhalten als versteckte, unerlaubte Werbung an:
„Unverlangte Produktwerbung über elektronische Medien stellt eine unzulässige Belästigung des Verbrauchers dar“, so Hans-Frieder Schönheit, stellvertretender Hauptgeschäftsführer der Wettbewerbszentrale. „Dieses Verbot kann nicht dadurch umgangen werden, dass Privatleute als Werbemittler eingesetzt werden“.
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7. AG Bremen: Glücksspiel mit europäischer Lizenz nicht strafbar
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Die Entwicklung in Sachen Glücksspiel-Recht in Deutschland in den vergangenen Monaten ist außerordentlich turbulent.
Erst vor kurzem hat der EuGH (Urt. v. 6 . November 2003 - Az.: C-243/01 - Gambelli = http://snipurl.com/2xd4) eine grundlegende Entscheidung in Sachen Glücksspiele getroffen ("Gambelli"). Vgl. dazu den Artikel von RA Dr. Bahr: "Glücksspiele: Grundlegende Änderung der Rechtsprechung" (= http://snipurl.com/3ybd).
Diese Rechtsansicht ist durch den Beschluss des LG München (Besch. v. 27. Oktober 2003 - Az.: 5 Qs 41/2003), die Entscheidung des AG Heidenheim (Beschl. v. 01.12.2003 - AZ.: 3 Ds 424/03 = PDF, 76 KB = http://snipurl.com/49dx), des LG Berlin (Beschl. v. 23.09.2003 - Az.: 526 Qs 214/03 = Kanzlei-Info v. 01.02.2004 = http://snipurl.com/5tzp) und des Hessischen VGH (Beschl. v. 9. November 2003 - Az.: 11 TG 3060/03 = Kanzlei-Info v. 24.02.2004 = http://snipurl.com/5tzq) in der nationalen Rechtsprechung bestätigt worden. Vgl. hierzu den Artikel von RA Dr. Bahr: "Neuigkeiten aus dem Bereich des Glückspiel-Rechts" (= http://snipurl.com/447o)
Dagegen haben das BayOLG (Beschl. v. 26.11.2003 - 5 St RR 289/03 = vgl. die Kanzlei-Info v. 21.01.2004 = http://snipurl.com/447y), das VG Stade (Beschl. v. 27.11.2003 - Az.: 6 B 1674/03 = vgl. die Kanzlei-Info v. 27.01.2004 = http://snipurl.com/49dy) und das VG Arnsberg (Beschl.v. 17.11.2003 - Az.: 1 L 1646/03 = Kanzlei-Info v. 16.02.2004 = http://snipurl.com/4nvj) eine Änderung der bisherigen Rechtslage verneint.
Nun hat das AG Bremen (Beschl. v. 10. März 2004 - Az.: 74 Ds 601 Js 7083/03) entschieden, dass die Eröffnung des strafrechtlichen Hauptverfahrens abzulehnen war:
"Der der Angeschuldigten zur Last gelegte Tatvorwurf, (...) in Bremen eine Wettannahmestelle für die Firma (...) aus Großbritannien betrieben und damit ohne behördliche Erlaubnis ein öffentliches Glückspiel veranstaltet zu haben, läßt sich aus Rechtsgründen nicht feststellen.
In der jüngsten Vergangenheit haben verschiedene Amts- und Landgerichte die Anwendbarkeit der Strafvorschrift des § 284 StGB aus Rechtsgründen auf parallel liegende Sachverhalte aus Rechtsgründen verneint. (...)
Das Landgericht München (Beschluss vom 27.10.2003 - 5 Qs, 41/03) - sowie das Amtsgericht Heidenheim (Beschluss vom 04.12.2003 - 8 Ds AK 424/03) - haben unter Anwendung der europarechtlichen Rechtsprechung die in anderen Ländern der EG erteilte Konzession als ausreichende rechtliche Grundlage für die hier inkriminierte Sportwette angesehen, so dass auch in den Entscheidungen eine Strafbarkeit nach § 284 StGB verneint worden ist.
(...) Bei diese Sachlage ist eine Verurteilung der Angeschuldigten nicht wahrscheinlich, sodass die Eröffnung des Hauptverfahrens aus rechtlichen Gründen abzulehnen war."
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8. AG Charlottenburg: Übernahme eines Interviews in Web-Forum
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Das AG Charlottenburg (Urt. v. 17.11.2003 - Az.: 236 C 105/03) hatte zu beurteilen, ob die Übernahme eines Interviews in ein Web-Forum Urheberrechte verletzt.
Die Beklagte betrieb eine private Homepage, u.a. auch mit einem Web-Forum. Dort wies sie auf das Interview hin. Da aber einige der Foren-Leser Probleme beim Aufrufen der fremden Seite hatten, übernahm die Beklagte das Interview und stellte es vollumfänglich in ihr Web-Forum.
Der Kläger verlangte nun nach § 97 Abs.1 S.1 UrhG Schadensersatz, iHv. der Hälfte seines ursprünglichen Honorars, also insgesamt knapp 850,- EUR.
Das AG Charlottenburg hat diesem Begehren nicht stattgegeben. Es differenziert dabei zwischen dem Zeitraum vor Inkrafttreten der Urheberrechtsreform (13.09.2003) und danach (Hinweis: Zur Urheberrechtsreform haben wir eine eigene Rechts-FAQ "Fragen zum neuen Urheberrecht" eingerichtet http://snipurl.com/4f19).
Vor der Urheberrechtsreform sei das Handeln durch die Urheberrechtsschranke des § 52 Abs.1 UrhG a.F. gedeckt. Nach dieser Vorschrift erfährt das Urheberrecht eine Eingrenzung, wenn die öffentliche Zugänglichmachung und damit auch das Einstellen in das Web-Forum keinem Erwerbszweck dient und die Teilnehmer ohne Entgelt zugelassen werden.
Das Gericht beschreitet damit für das alte Urheberrecht neue Wege, denn bislang hat sich mit dieser Frage noch kein Gericht - soweit ersichtlich - auseinander gesetzt.
Auch für den Zeitraum nach der Urheberrechtsreform wurde ein Anspruch verneint. Zwar sei seit dem 13.09.2003 generell die öffentliche Wiedergabe von der Zustimmung des Urhebers abhängig (§ 52 Abs.3 UrhG). Die Veröffentlichung im Web-Forum sei daher dem Grunde nach schon eine Urheberrechtsverletzung.
Das Gericht sprach dem Kläger jedoch der Höhe nach 0,- EUR zu. In akribischer Rechnung legt es dar, wieviele Cent der Kläger pro Abruf für sein Interview bei der vorherigen Veröffentlichung erhalten habe (0,0005113 EUR/Abruf):
"Wenn das Gericht nun großzügig zu Gunsten des Klägers von 2.000 monatlichen Nutzern der Angebote der Beklagten ausgeht, (...) errechnet sich ein Honorar von 1,0226 EUR für diese Nutzeranzahl. In diesem Fall aber ist es angemessen, die Höhe der geschuldeten Vergütung auf Null festzusetzen..."
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9. AG Würzburg: Strafbarer EDV-Handel
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Das AG Würzburg (Urt. v. 24.04.2003 - Az.: 302 Ls 150 Js 21751/02 = http://snipurl.com/5tzu) hatte den Fall strafrechtlich zu würdigen, dass der Angeklagte in fast 3.700 Fällen gefälschte Software (hier: Office 97) zum Verkauf in Umlauf brachte.
Die Richter haben 1 Jahr Freiheisstrafe auf Bewährung als Schuldspruch ermittelt.
Angeboten hatte der Angeklagte das EDV-Produkt für 14,- EUR das Stück, also weit unter Ladenpreis. Durch sein Handeln machte er sich der gewerbsmäßigen unerlaubten Verwertung von urheberrechtlich geschützten Werken in fast 3.700 strafbar (§§ 106, 108a UrhG).
Gemäß § 108a UrhG kann ein solches Handeln mit einer Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren bestraft werden.
Im vorliegenden Fall sprach das Gericht ein relativ mildes Urteil aus:
"Die Vollstreckung der Strafe konnte (...) zur Bewährung ausgesetzt werden, da der Angeklagte erstmals zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wurde und es zu erwarten ist, dass er sich das Urteil zur Warnung dienen lassen und in Zukunft ein straffreies Leben wird, zumal er durch die erlittene Untersuchungshaft hinreichend beeindruckt erschien."
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10. Open Source Handbuch 2004 zum Download
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Ab sofort steht das "Open Source Handbuch 2004" zum kostenlosen Download (PDF, 3.6 MB = http://snipurl.com/5tzv) bereit. Der Band umfasst insgesamt insgesamt 453 Seiten und beinhaltet Artikel unterschiedlichster Autoren.
Dabei ist die Darstellung der rechtlichen Aspekte nur einer von vielen Punkten. Genauso wichtig sind den Herausgebern die Bereiche "Ökonomie", "Technik" und "Gesellschaft". Schon dies offenbart, dass versucht wird, sich der Materie "Open Source" interdisziplinär zu nähern.
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11. Google ändert Adwords-Richtlinien
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Intern.de berichtet (= http://snipurl.com/5u00), dass die bekannte Suchmaschine ihre Adwords-Richtlinien geändert hat. Diese Richtlinien sind hier einsehbar (= http://snipurl.com/5u01).
Markennamen dürfen nun bei Textanzeigen und als Schlagworte (sog. Keyword Trigger) in den USA und Kanada gebucht werden. Verboten ist lediglich die Wiedergabe des Namens innerhalb des einsehbaren Werbetextes.
Außerhalb den USA und Kanada dagegen gilt weiterhin das Verbot beider Werbeformen für fremde Markennamen.
In Deutschland würde eine solche Regelung wie in den USA und Kanada klar gegen geltendes Recht verstoßen.
Erst Ende letzten Jahres hat das LG Hamburg im einstweiligen Rechtsschutz (Beschl. v. 14.11.2003 - Az.: 312 O 887/03) Google untersagt, Werbung für eine Domain mittels eines bestimmten Schlagwortes zu betreiben. Der Domain-Inhaber hatte bei Google die Möglichkeit der sog. "AdWords" genutzt und einen entsprechenden Werbeauftrag geschaltet. Da Google Kenntnis von den Rechtsverletzungen hatte, jedoch nichts unternahm, kam eine Haftungsprivilegierung nach §§ 8ff. TDG nicht in Frage. Vgl. zu dem ganzen den Aufsatz von RA Dr. Bahr: "(Mitstörer-) Haftung für Google AdWords?" = http://snipurl.com/3ojk
Wenig später hat das LG München I (Beschl. v. 02.12.2003 - Az.: 33 O 21461/03) eine entsprechende einstweilige Verfügung gegen Google in einem identischen Fall abgelehnt, weil es Google nicht zumutbar sei, die entsprechenden AdWords auf Markenverletzung im Vorwege zu untersuchen. Das sei aufgrund der hohen Zahl der Eingaben, der Änderungsmöglichkeiten der Werbekunden und aufgrund der Unkenntnis möglicher Lizenzvereinbarungen nicht machbar.
Außerdem wäre dazu eine umfassende Recherche der jeweiligen Rechtspositionen unter Berücksichtigung des konkreten Werbeinhalts notwendig, was für Google rein faktisch schon nicht möglich sei. Auch sei hier die Rechtsverletzung nicht offenkundig gewesen, so dass Google nicht als Mitstörer hafte. Der entscheidende Unterschied zu der Hamburger Entscheidung ist, dass Google im Münchener Fall keine Kenntnis von der Rechteverletzung hatte. Vgl. dazu auch den Aufsatz von RA Dr. Bahr: "Doch keine Mitstörerhaftung bei Google AdWords?" = http://snipurl.com/5u02
Zwar wird auch in Deutschland z.T. die Ansicht vertreten, die Benutzung fremder Meta-Tags sei kein Verstoß gegen das MarkenG oder das UWG. Die herrschende Rechtsprechung ist da aber klar anderer Ansicht und bejaht eine Rechtsverletzung. Vgl. dazu den Aufsatz von RA Dr. Bahr: "Meta-Tags sind Markenrechtsverletzungen - oder doch nicht?" = http://snipurl.com/5u05
Insofern ist die Rechtslage in Deutschland klar: Niemand darf den Markenname eines Dritten benutzen, egal ob als Meta-Tag oder als Adword oder als Keyword Trigger. Nicht ohne Grund erfolgt die Freigabe der Keyword Trigger nicht auch für Google Deutschland: Andernfalls würde sich die Suchmaschine einem enormen Haftungsrisiko als Mitstörer aussetzen.
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12. FFII: Neues zu EU-Software-Patenten
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Nach monatelangen Diskussionen hinter verschlossenen Türen hat die irische EU-Ratspräsidentschaft den Vorschlag für eine EU-Softwarepatent-Richtlinie wieder auf die "politische" Ebene gehoben. Die Iren wollen, dass der Ministerrat der Mitgliedsstaaten bis Mai alle Einwände fallen lässt.
Der Entwurf der Ratspräsidentschaft streicht dabei sämtliche klarstellenden Änderungen des EU-Parlaments vom September 2003 und macht sich für direkte Patente auf Computerprogramme, Datenstrukturen und Prozessbeschreibungen stark.
Ein letzter Versuch der Delegation Luxemburgs, wenigstens die Umwandlung zwischen Dateiformaten patentfrei zu halten, wurde zurückgewiesen. Die Patentabteilung von Nokia ist momentan dabei, Unterschriften von leitenden Firmenangestellten für einen "Aufruf zum Handeln" ("Call for Action") zu Gunsten des Präsidentschaftsentwurfes zu sammeln. Auf der anderen Seite machen die Befürworter des Parlamentsbeschlusses mit diversen Veranstaltungen auf die Gefahren der Softwarepatentierung aufmerksam.
Sie rufen zu einem "Netzstreik" und einer Demonstration am 14. April in Brüssel unter dem Motto "No Software Patents -- Power to the Parliament!" ("Softwarepatente nein danke! -- Gesetze nur von gewählten Vertretern!") auf. Sie rechnen damit, dass so erneut eine Wirkung wie im Vorfeld der EU-Parlamentsentscheidung im September 2003 erreicht werden kann; seinerzeit waren die Aktionen wichtiger Faktor für die klare Entscheidung des Parlaments gegen Softwarepatente.
Die vollständige Pressemitteilung finden Sie hier.
Quelle: Pressemitteilung des Förderverein für eine Freie Informationelle Infrastruktur e.V. (FFII) v. 8. April 2004
Hinweis:
Weitere, ausgezeichnete Informationen zur der Problematik von Software-Patenten finden Sie auf den Webseiten der FFII: http://swpat.ffii.org/index.de.html
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