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Newsletter vom 21.09.2016
Betreff: Rechts-Newsletter 38. KW / 2016: Kanzlei Dr. Bahr


anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 38. KW im Jahre 2016. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Schwerpunkten Recht der Neuen Medien, Glücksspiel- / Gewinnspielrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Datenschutzrecht, Presserecht und Wirtschaftsrecht.

Die Kanzlei Dr. Bahr wünscht Ihnen wie immer angenehmes Lesen. Kontaktieren Sie uns einfach, falls Sie Fragen oder Anregungen haben: http://www.Dr-Bahr.com/kontakt.html


1. EuGH: (Keine) Haftung für fremde Urheberrechtsverletzungen bei offenem WLAN

2. EuG: Standard-Klingelton ("Plim-Plim") nicht als Hörmarke eintragbar

3. BVerfG: Berichterstattung über die Adoptivtöchter eines Fernsehmoderators rechtmäßig

4. OLG Düsseldorf: Kein wettbewerbswidrige Herabsetzung durch Blog-Posting

5. OLG Rostock: "Rabauken-Jäger" doch keine ist strafbare Beleidigung

6. LG Essen: Komplettküchen-Angebote müssen Hersteller und Typenbezeichnung enthalten

7. LG Trier: Für Makler-Anzeige gelten auch die EnEV-Vorschriften

8. AG Hamburg: Online-Werbeeinwilligung erlischt nicht durch Zeitablauf

9. AG München: FC Bayern wird nicht aus dem Vereinsregister gelöscht

10. AG Rockenhausen: Mobile Insolvenz-App ist datenschutzwidrig

Die einzelnen News:

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1. EuGH: (Keine) Haftung für fremde Urheberrechtsverletzungen bei offenem WLAN
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Ein Geschäftsinhaber, der der Öffentlichkeit kostenlos ein WiFi-Netz zur Verfügung stellt, ist für Urheberrechtsverletzungen eines Nutzers nicht verantwortlich

Jedoch darf ihm durch eine Anordnung aufgegeben werden, sein Netz durch ein Passwort zu sichern, um diese Rechtsverletzungen zu beenden oder ihnen vorzubeugen

Herr Tobias Mc Fadden betreibt ein Geschäft für Licht- und Tontechnik, in dem er kostenlos ein öffentlich zugängliches WiFi-Netz bereitstellt, um die Aufmerksamkeit potenzieller Kunden auf seine Waren und Dienstleistungen zu lenken. Über dieses Netz wurde im Jahr 2010 ein musikalisches Werk, für das Sony die Rechte innehat, rechtswidrig zum Herunterladen angeboten.

Das mit dem Rechtsstreit zwischen Sony und Herrn Mc Fadden befasste Landgericht München I ist der Ansicht, dass Herr Mc Fadden selbst die betreffenden Urheberrechtsverletzungen nicht begangen habe. Es hält jedoch seine mittelbare Haftung für diese Rechtsverletzung für denkbar, da er sein WiFi-Netz nicht gesichert habe. Da es Zweifel hat, ob die Richtlinie über den elektronischen Geschäftsverkehr1 einer solchen mittelbaren Haftung entgegensteht, hat es dem Gerichtshof eine Reihe von Fragen vorgelegt.

Die Haftung von Vermittlern, die Dienste der reinen Durchleitung von Daten anbieten, für eine von einem Dritten begangene rechtswidrige Handlung wird nämlich durch die Richtlinie beschränkt. Diese Haftungsbeschränkung greift, wenn drei kumulative Voraussetzungen erfüllt sind: 1. Der Anbieter von Diensten hat die Übermittlung nicht veranlasst. 2. Er hat den Adressaten der Übertragung nicht ausgewählt. 3. Er hat die übermittelten Informationen nicht ausgewählt oder verändert.

In seinem heutigen Urteil stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass ein Anbieter, der der Öffentlichkeit unentgeltlich ein WiFi-Netz zur Verfügung stellt, um die Aufmerksamkeit potenzieller Kunden auf die Waren oder Dienstleistungen eines Geschäfts zu lenken, damit einen „Dienst der Informationsgesellschaft“ im Sinne der Richtlinie erbringt.

Der Gerichtshof bestätigt weiter, dass dann, wenn die drei genannten Voraussetzungen erfüllt sind, keine Haftung eines Anbieters bestehen kann, der wie Herr Mc Fadden Zugang zu einem Kommunikationsnetz vermittelt. Daher hat der Urheberrechtsinhaber gegen diesen Anbieter keinen Anspruch auf Schadensersatz, weil Dritte das WiFi-Netz zur Verletzung seiner Rechte benutzt haben. Da ein solcher Schadensersatzanspruch nicht besteht, kann der Urheberrechtsinhaber auch keine Erstattung der für sein Schadensersatzbegehren aufgewendeten Abmahn- oder Gerichtskosten verlangen.

Hingegen läuft es der Richtlinie nicht zuwider, dass der Urheberrechtsinhaber bei einer innerstaatlichen Behörde oder einem innerstaatlichen Gericht eine Anordnung beantragt, mit der dem Anbieter aufgegeben wird, jeder Urheberrechtsverletzung durch seine Kunden ein Ende zu setzen oder solchen Rechtsverletzungen vorzubeugen.

Der Gerichtshof stellt schließlich fest, dass eine Anordnung, mit der dem Anbieter die Sicherung des Internetanschlusses durch ein Passwort aufgegeben wird, geeignet erscheint, ein Gleichgewicht zwischen den Rechten von Rechtsinhabern an ihrem geistigen Eigentum einerseits und dem Recht der Anbieter von Internetzugangsdiensten auf unternehmerische Freiheit und dem Recht der Internetnutzer auf Informationsfreiheit andererseits herzustellen. Der Gerichtshof weist insbesondere darauf hin, dass eine solche Maßnahme dazu angetan ist, Nutzer eines Kommunikationsnetzes von Urheberrechtsverletzungen abzuhalten. Um diesen Abschreckungseffekt zu gewährleisten, ist es allerdings erforderlich, dass die Nutzer, um nicht anonym handeln zu können, ihre Identität offenbaren müssen, bevor sie das erforderliche Passwort erhalten.

Dagegen schließt die Richtlinie ausdrücklich Maßnahmen aus, die auf eine Überwachung der durch ein Kommunikationsnetz übermittelten Informationen abzielt. Auch eine Maßnahme, die in der vollständigen Abschaltung des Internetanschlusses bestünde, ohne dass die unternehmerische Freiheit des Anbieters weniger beschränkende Maßnahmen in Betracht gezogen würden, wäre nicht geeignet, die einander widerstreitenden Rechte in Einklang zu bringen.

Urteil in der Rechtssache C-484/14
Tobias Mc Fadden / Sony Music Entertainment Germany GmbH

Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 15.09.2016

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2. EuG: Standard-Klingelton ("Plim-Plim") nicht als Hörmarke eintragbar
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Das Gericht der EU bestätigt, dass ein Standardklingelton (Alarm- oder Telefonklingelton) wegen seiner Banalität nicht als Unionsmarke eingetragen werden kann

Im Jahr 2014 meldete die brasilianische Gesellschaft Globo Comunicação e Participações das folgende Hörzeichen für u. a. Träger zur Verbreitung von Informationen auf elektronischem und mündlichem  Wege  sowie  mittels  Fernsehens  (z. B.  Anwendungen  für  Tabletcomputer  und Smartphones) beim EUIPO (Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum, ehemals HABM) als Unionsmarke an: (...)

Das Hörzeichen sollte im Wesentlichen als Alarm- oder Telefonklingelton verwendet werden.

Das EUIPO lehnte die Eintragung dieses Hörzeichens als Unionsmarke ab, weil ihm die Unterscheidungskraft fehle. So handele es sich bei der angemeldeten Marke um einen banalen und allgemein üblichen Klingelton, der generell nicht auffalle und dem Verbraucher nicht im Gedächtnis bleibe.

Die  Globo Comunicação e Participações S/A hat beim Gericht der Europäischen Union eine Klage auf Aufhebung dieser Entscheidung des EUIPO erhoben.

Mit seinem heutigen Urteil bestätigt das Gericht die Entscheidung des EUIPO und weist die Klage des brasilianischen Unternehmens ab.

Das Gericht führt zunächst aus, dass Klänge markenfähig sind, wenn sie sich grafisch darstellen lassen – was hier der Fall ist, da die angemeldete Marke als Musiknoten dargestellt wird, die in einem Notensystem mit Notenschlüssel, Pausen und Vorzeichen aufgezeichnet sind.

Nach Ansicht des Gerichts wird die angemeldete Marke jedoch von der breiten Öffentlichkeit lediglich als eine bloße Funktion der beanspruchten Waren und Dienstleistungen wahrgenommen und  nicht  als  ein  Hinweis  auf  deren  betriebliche  Herkunft.  Denn  es  handelt  sich  um  einen „Standardklingelton“, der sich bei jedem elektronischen Gerät mit einer Zeitschaltuhr und jedem Telefon findet, so dass das Publikum ohne vorherige Kenntnis nicht in der Lage sein wird, diesen Klingelton als Hinweis darauf zu identifizieren, dass die Waren und Dienstleistungen von der Globo Comunicação e Participações S/A stammen.

Die angemeldete Marke ist nicht mehr als ein Alarm- oder Telefonklingelton, der als einzige charakteristische Eigenschaft die Wiederholung der Note aufweist, aus der er besteht (zweimal die Note Gis), und damit kein weiteres Merkmal, das es ermöglichen würde, darin etwas anderes zu erkennen als eben diesen Klingelton. Daraus zieht das Gericht die Schlussfolgerung, dass dieser Klingelton im Allgemeinen nicht auffällt und dem Verbraucher nicht im Gedächtnis bleibt.

In Bezug auf Fernsehdienste sowie Dienstleistungen der Fernsehprogrammgestaltung stellt das Gericht die gleichen Erwägungen an und kommt zu dem Ergebnis, dass das Publikum das Hörzeichen wegen seiner Banalität lediglich als Hinweis auf den Beginn oder das Ende eines Fernsehprogramms wahrnehmen wird.

Da der angemeldeten Marke die Unterscheidungskraft fehlt, gelangt das Gericht zu dem Schluss, dass das EUIPO keinen Fehler begangen hat, als es ihre Eintragung abgelehnt hat.

Urteil in der Rechtssache T-408/15
Globo Comunicação e Participações S.A. / EUIPO

Quelle: Pressemitteilung des EuG v.13.09.2016

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3. BVerfG: Berichterstattung über die Adoptivtöchter eines Fernsehmoderators rechtmäßig
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Die erneute Veröffentlichung von bereits weit verbreiteten Informationen greift in geringerem Maße in das informationelle Selbstbestimmungsrecht ein als eine erstmalige Veröffentlichung. Daher müssen die Adoptivtöchter eines Fernsehmoderators ihre Erwähnung in der Wortberichterstattung hinnehmen, wenn dieselbe Information bereits in mehreren, nicht beanstandeten Artikeln veröffentlicht worden war. Dies hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts mit heute veröffentlichtem Beschluss entschieden und damit die Verfassungsbeschwerden der beiden Adoptivtöchter eines Fernsehmoderators nicht zur Entscheidung angenommen.

Sachverhalt:
Ein Fernsehmoderator und seine Ehefrau adoptierten in den Jahren 1997 und 2000 Kinder aus einem sibirischen Waisenhaus, worüber in der Folgezeit in zahlreichen, auch im Internet zugänglichen Presseveröffentlichungen berichtet wurde. Im Jahr 2011 erschienen in mehreren Zeitschriften Artikel über öffentliche Auftritte des Fernsehmoderators. In diesen Artikeln wurde in jeweils einem Satz unter Nennung des Vornamens und des Alters erwähnt, dass die beiden Kinder die Adoptivtöchter des Fernsehmoderators und seiner Ehefrau sind. Die Kinder klagten darauf, den Presseverlagen ihre Nennung als Adoptivtöchter des Fernsehmoderators zu untersagen. Der Bundesgerichtshof wies die Klagen letztinstanzlich mit den angegriffenen Urteilen ab. Mit ihren Verfassungsbeschwerden rügen die Kinder im Wesentlichen eine Verletzung ihres Rechts auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG).

Wesentliche Erwägungen der Kammer:
Die angegriffenen Entscheidungen verletzen nicht die von Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG geschützte informationelle Selbstbestimmung der Beschwerdeführerinnen.

1. Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung umfasst die Befugnis der Person, grundsätzlich selbst darüber zu entscheiden, ob, wann und innerhalb welcher Grenzen persönliche Lebenssachverhalte offenbart werden. Allerdings findet die informationelle Selbstbestimmung ihre Grenze insbesondere in der Meinungs- und Pressefreiheit. Da Kinder und Jugendliche sich erst zu eigenverantwortlichen Personen entwickeln müssen, sind sie in der Wahrung ihrer Persönlichkeitsrechte besonders schutzbedürftig. Dabei ist das Schutzbedürfnis besonders ausgeprägt, wenn sich die Kinder prominenter Eltern weder durch eigenes Verhalten noch durch ihre Eltern der Öffentlichkeit ausgesetzt haben.

2. Die Abwägungsentscheidung des Bundesgerichtshofs, in der er der Pressefreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG) den Vorrang gibt, ist verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden.

Gegenstand der Berichterstattung war ausschließlich eine Information, die bereits über mehrere Jahre breiten Empfängerkreisen bekannt gemacht worden war. Vor diesem tatsächlichen Hintergrund begegnet die Folgerung des Bundesgerichtshofs keinen verfassungsrechtlichen Bedenken, dass die erneute Veröffentlichung der bereits zugänglichen Information in geringerem Maße in die informationelle Selbstbestimmung der Beschwerdeführerinnen eingreift als eine erstmalige Veröffentlichung.

Darüber hinaus ist nicht erkennbar, dass die Beschwerdeführerinnen sich als Folge der Berichterstattung speziellen Verhaltenserwartungen ausgesetzt sehen könnten oder ihnen nicht unbefangen begegnet werden wird. Da allein Vorname, Abstammung und Alter der Beschwerdeführerinnen veröffentlicht wurde, ist auch eine optische Erkennbarkeit der Kinder für die breitere Öffentlichkeit nicht gegeben.

Beschluss vom 28. Juli 2016
1 BvR 335/14, 1 BvR 2464/15, 1 BvR 1635/14, 1 BvR 1621/14

Quelle: Pressemitteilung des BVerfG v. 08.09.2016

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4. OLG Düsseldorf: Kein wettbewerbswidrige Herabsetzung durch Blog-Posting
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Das Blog-Posting eines Unternehmens, das sich kritisch zu den Rechtsrisiken beim Kauf aufgespaltener Volumenlizenzen äußert, ist keine wettbewerbswidrige Herabsetzung (OLG Düsseldorf, Urt. v. 12.07.2016 - Az.: 20 U 117/15).

Die beiden Parteien waren Unternehmen, die mit gebrauchter Software handelten.

Die verklagte Firma warnte in ihrem Blog über die entstehenden Rechtsrisiken, wenn Software-Volumenlizenzen aufgespaltet werden.

Die Klägerin sah darin eine Herabsetzung ihrer unternehmerischen Tätigkeit und ging wettbewerbsrechtlich gegen die Beklagte vor.

Das OLG Düsseldorf lehnte eine wettbewerbswidrige Herabsetzung ab.

Durch die gewählten Formulierungen sei ersichtlich, dass es sich um eine persönliche Einschätzung der Beklagten handle. Die Beklagte nehme die aktuelle Rechtsprechung zum Anlass, über die Problematik zu berichten.

Für die Rechtmäßigkeit des Postings spreche insbesondere auch, dass die Rechtslage einseitig dargestellt werde, sondern gleichzeitig herausgestellt werde, dass es Stimmen gebe, die die Rechtsposition anders bewerteten. Auch würden weitere Beiträge verlinkt, die sich mit der Zulässigkeit der Aufspaltung von Volumenlizenzen beschäftigten.

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5. OLG Rostock: "Rabauken-Jäger" doch keine ist strafbare Beleidigung
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Der Strafsenat des Oberlandesgerichts Rostock hat heute einen Lokalredakteur der Haffzeitung vom Vorwurf der Beleidigung freigesprochen. Der Redakteur hatte einen Jäger u.a. als „Rabauken- Jäger“ bezeichnet, nachdem dieser ein zuvor offensichtlich von einem anderen Autofahrer angefahrenes Reh mittels eines Seils an der Anhängerkupplung seines PKW über die B 109 geschleift hatte.

Ein von einem nachfolgenden Autofahrer aufgenommenes Foto hatte bereits zuvor für Empörung in den sozialen Medien gesorgt. Dass der Jäger  das Reh nicht etwa erlegt hatte, sondern mit seinem Verhalten lediglich der von dem Kadaver ausgehenden Gefahr für den Straßenverkehr begegnen wollte, stellte sich erst später heraus.

Aus Sicht des Strafsenats bestehen schon erhebliche Zweifel, ob der Begriff „Rabauken-Jäger“ in seiner konkreten Verwendung einen strafrechtlich relevanten herabsetzenden Charakter hat. Denn es sei zu bedenken, dass der Redakteur den Begriff des „Rabauken“, der im allgemeinen Sprachgebrauch als Tadel für das ungestüme Verhalten junger Männer verwendet werde, in Bezug auf den als älteren Herren skizzierten Jäger aus Sicht des Lesers in eindeutig feuilletonistisch- ironisierender Weise benutzt habe.

Dies könne aber letztlich dahinstehen. Jedenfalls sei die Begriffswahl im Rahmen der Güterabwägung zwischen dem Persönlichkeitsrecht des Jägers auf der einen und der Meinungs- und Pressefreiheit auf der anderen Seite strafrechtlich nicht zu beanstanden. Letztlich müsse sich der Jäger auch heftige Kritik gefallen lassen, da er mit seinem Verhalten objektiv gegen die Grundsätze weidmännischen Verhaltens verstoßen habe. Der Redakteur  habe  sogar  noch  versucht,  den  Jäger  nach  den  Gründen  für  sein  Verhalten  zu befragen, dies sei aber wegen dessen urlaubsbedingter Abwesenheit nicht gelungen.

Deshalb könne man ihm angesichts der Tatsache, dass die sozialen Medien über den Vorfall schon diskutierten, nicht vorhalten, mit seinem Bericht nicht bis zu einer vollständigen Aufklärung der möglicherweise den Jäger entlastenden Hintergründe zugewartet zu haben. Insofern ginge das berechtigte Interesse der Presse an aktueller Berichterstattung vor.

Quelle: Pressemitteilung des OLG Rostock v. 09.09.2016

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6. LG Essen: Komplettküchen-Angebote müssen Hersteller und Typenbezeichnung enthalten
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Angebote mit Komplettküchen müssen zwingend den genauen Hersteller und die Typenbezeichnungen angegeben, andernfalls liegt ein Wettbewerbsverstoß vor (LG Essen, Urt. v. 10.03.2016 - Az.: 43 O 103/15).

Das verklagte Unternehmen bewarb Komplettküchen, ohne den genauen Hersteller und die Typenbezeichnung anzugeben.

Das LG Essen stufte dies als wettbewerbswidrig ein.

Da sowohl der Hersteller als auch das konkrete Modell den Wert einer Küche maßgeblich beeinflusse, müssten diese zwingend mit angegeben werden. Nur so könne sich der Verbraucher eine ausreichende Informationsgrundlage für seinen Kauf verschaffen.

Würden diese Daten vorenthalten, fehlten die wesentlichen Informationen. Hierin liege ein Wettbewerbsverstoß.

Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Das LG Essen entspricht der der gängigen Rechtsprechung. Die Gerichte nehmen durchgehend einen Rechtsverstoß in diesen Fällen an: BGH (Urt. v. 19.02.2014 - Az.: I ZR 17/13), OLG Bamberg (Beschl. v. 11.03.2016 - Az.: 3 U 8/16), LG Potsdam (Urt. v. 09.03.2016 - Az.: 52 O 115/15) und LG Würzburg (Urt. v. 17.02.2015 - Az.: 1 HKO 1781/15).

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7. LG Trier: Für Makler-Anzeige gelten auch die EnEV-Vorschriften
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Die Anzeige eines Maklers muss die Pflichtangaben nach der Energieeinsparungsverordnung (EnEV) beinhalten, andernfalls liegt ein abmahnbarer Rechtsverstoß vor (LG Trier, Urt. v.  25.08.2016 - Az.: 10 HK O 11/16).

Die verklagte Maklerin hatte eine Immobilienanzeige geschaltet, jedoch ohne Einhaltung der EnEV-Vorschriften.

Das Gericht bejahte eine Wettbewerbsverletzung.

Die Vorschriften der EnEV würden nicht nur für den Eigentümer gelten, sondern auch für den Verkäufer der Immobilie. Eine richtlinienkonforme Auslegung des § 16a EnEV führe dazu, dass die Verpflichtung grundsätzlich diejenige Person treffe, die für die Anzeige verantwortlich sei. Im vorliegenden Fall also die Maklerin.

Die Frage, ob § 16a EnEV auch für Makler gilt, ist derzeit sehr umstritten. Die Gerichte entscheiden hier bislang sehr unterschiedlich.

Für die Anwendbarkeit von § 16a EnEV auf Makler:

- LG Bayreuth (Urt. v. 28.04.2016 - Az.: 13 HK 57/15)
- LG München I (Urt. v. 16.11.2015 - Az.: 4 HK O 634/15)
- LG Tübingen (Urt. v. 19.10.2015 - Az.: 20 O 60/15)
- LG Tübingen (Urt. v. 01.02.2016 - Az.: 20 O 53/15)

Gegen die Anwendbarkeit von § 16a EnEV auf Makler:

- LG Bielefeld (Urt. v. 06.10.2015 - Az.: 12 O 60/15)
- LG Düsseldorf  (Urt. v. 08.10.2014 - Az.: 12 O 167/14)
- LG Gießen (Urt. v. 11.09.2015 - Az.: 8 O 7/15)
- LG München II (Urt. v. 29.10.2015 - Az.: 2 HK O 3089/15)

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8. AG Hamburg: Online-Werbeeinwilligung erlischt nicht durch Zeitablauf
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Eine Einwilligung in Online-Werbung erlischt nicht durch Zeitablauf, wenn die Einwilligung regelmäßig vom Verwender genutzt wird (AG Hamburg, Urt. v. 24.08.2016 - Az.: 9 C 106/16).

Die Klägerin beanstandete, dass sie unerlaubte Werbung per E-Mail erhalten hatte. Sie hatte zwar in der Vergangenheit (im Jahr 2010) eine entsprechende Einwilligung abgegeben, diese sei jedoch im Jahre 2016 nicht mehr wirksam, da sie durch Zeitablauf erloschen sei.

Dieser Rechtsansicht erteilte das AG Hamburg eine Absage.

Die Wirksamkeit der Einwilligung sei nicht bereits deshalb entfallen, weil ihre Erteilung mehrere Jahre zurückliege. Die Wirksamkeit einer Einwilligung erlösche nämlich nicht, wenn wenn die Einwilligung - wie im vorliegenden Fall - entsprechend in regelmäßigen Abständen E-Mails werbenden Inhalts an einen Abonnent versandt werde.

Dies gilt auch dann, wenn sich der Zeitraum über mehrere Jahre erstrecke. Der Empfänger könne in einer solchen Situation nicht davon ausgehen oder darauf vertrauen, dass er zukünftig keine weiteren E-Mails mehr erhalte.

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9. AG München: FC Bayern wird nicht aus dem Vereinsregister gelöscht
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Das Amtsgericht München, Registergericht, hat einer Anfang August 2016 eingegangenen Anregung, den Fußball-Club Bayern, München eingetragener Verein ?wegen Rechtsformverfehlung? aus dem Vereinsregister zu löschen, nicht entsprochen.

Hintergrund der Anregung ist, dass nur nichtwirtschaftliche Vereine i.S.v. § 21 BGB, deren Zweck im Gegensatz zu wirtschaftlichen Vereinen nach § 22 BGB nicht auf einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb gerichtet ist, im Vereinsregister einzutragen sind und hierdurch Rechtsfähigkeit erlangen.

In der Anregung wird behauptet, der Fußball-Club betätige sich in einem Maße wirtschaftlich, dass seine ideelle Betätigung demgegenüber untergeordnet sei.

In der amtsgerichtlichen Entscheidung wird ausgeführt, dass bereits der Bundesgerichtshof in einer Entscheidung vom 29.09.1982 (I ZR 88/80) eine Auslagerung wirtschaftlicher Tätigkeiten von Vereinen auf Kapitalgesellschaften grundsätzlich für zulässig erachtet hat (sog. ?Nebenzweckprivileg?). Die konkreten Verhältnisse bei dem Fußball-Club Bayern, München wurden geprüft.

Es besteht eine Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, der FC Bayern München AG. Unter Berücksichtigung der konkreten Umstände dieser Beteiligung hat das Amtsgericht München im Rahmen der Einzelfallprüfung die Einleitung eines Amtslöschungsverfahrens hier abgelehnt. Ein Rechtsmittel gegen diese Entscheidung gibt es nicht.

Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 16.09.2016

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10. AG Rockenhausen: Mobile Insolvenz-App ist datenschutzwidrig
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Eine mobile Insolvenz-App, die öffentlich zugängliche Daten enthält, ist datenschutzwidrig (AG Rockenhausen, Urt. v. 09.08.2016 - Az.: 2 C 341/16).

Die Beklagte bot seit mehreren Wochen eine mobile App an, die die amtlichen Insolvenzbekanntmachungen enthielt. Die Anwendung umfasste mehr als eine Million Privatpersonen und Unternehmen, was ca. 98% aller Schuldner in Deutschland entsprach.  Der Datenbestand selbst stammte von den Insolvenzgerichten und war somit allgemein zugänglichen Quellen entnommen.

Die Kläger befanden sich im Insolvenzverfahren bzw. hatten ein solches beendet. In der App waren beide Personen verzeichnet.

Das Gericht sah dies als datenschutzwidrig an.

Zwar seien die Informationen lediglich aus allgemein zugänglichen Quellen entnommen. Jedoch liege hier die Besonderheit vor, dass der Nutzer der App die Informationen anhand bestimmter Suchbegriffe selektieren könne. Auch sei eine räumliche, grafische Darstellung möglich.

Dadurch erhielten die Datensätze eine neue Qualität, die ihr Anbieten rechtswidrig werden lasse. Denn durch ein solches vereinfachtes Anzeigen erziele die App eine "Prangerwirkung" und berücksichtige nicht hinreichend die Interessen der betroffenen Schuldner.

Darüber hinaus sei die mobile Software auch deswegen nicht erlaubt, weil sie nicht das berechtigte Interesse der App-Nutzer abfrage. Da der Beklagten die einzelnen Anwender schon bereits namentlich nicht bekannt seien, könne die nach dem Gesetz in § 29 Abs.2 Nr.1 BDSG vorgesehene Abfrage nach dem berechtigten Interesse nicht durchgeführt werden.

Es bestünde, so das Gericht, auch kein generelles Interesse der Allgemeinheit, genau zu wissen, wer in seiner näheren Umgebung insolvent sei und wer nicht. Wer als Gläubiger über eine bestimmte Person nähere Informationen beziehen wolle, könne dies über das allgemeine Internet-Portal "insolvenzbekanntmachung.de" machen. Dadurch würden seinen wirtschaftlichen Belangen ausreichend Rechnung getragen.

Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Eine hochinteressante Entscheidung, die viele aktuelle und ungeklärte Rechtsfragen aufwirft.

Das Urteil hat insgesamt 15 Seiten und ist für eine amtsgerichtliche Entscheidung außergewöhnlich umfangreich und detailliert begründet.

Der Standpunkt, dass durch die Verknüpfung der Daten und die Art und Weise der Darstellung die Informationen eine neue Datenqualität erhalten würden und dadurch rechtswidrig seien, kann mit guten Gründen bezweifelt werden. Würde man nämlich diesen Gedankengang weiterverfolgen, wäre praktisch jede Visualisierung von allgemein zugänglichen Daten (z.B. Google Maps, Google Street View) damit verboten.

Auch der Rückgriff auf die fehlende Abfrage des berechtigten Interesses kann im Ergebnis nicht wirklich überzeugen. Es handelt sich hierbei um allgemein zugängliche Daten, die an zahlreichen anderen Stellen ohne eine solche Abfrage einsehbar sind. So u.a. auch auf "insolvenzbekanntmachungen.de" selbst. Die Regelung in § 29 Abs.2 Nr. 1 BDSG ist daher entsprechend teleologisch zu reduzieren. So hat der BGH in der "spickmich"-Entscheidung (BGH, Urt. v. 23.06.2009 - Az.: VI ZR 196/08) ausdrücklich darauf abgestellt, dass die abfragenden User einen Anspruch darauf haben, anonym zu bleiben.

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