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Newsletter vom 21.10.2015 |
Betreff: Rechts-Newsletter 42. KW / 2015: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BVerfG: Zum Auskunftsanspruch der Presse nach Landesgesetz _____________________________________________________________ Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 3. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts eine Verfassungsbeschwerde gegen ein Urteil des Bundesverwaltungsgerichts zum presserechtlichen Auskunftsanspruch nicht zur Entscheidung angenommen. Dieses hatte unter anderem entschieden, dass Auskunftsansprüche gegen Bundesbehörden nicht auf die Landespressegesetze gestützt werden können. Die Kammer lässt dahinstehen, auf welcher Rechtsgrundlage solche Ansprüche beruhen, da der Beschwerdeführer jedenfalls im Ergebnis nicht in seinen Grundrechten verletzt ist. Dabei kommt es nicht darauf an, dass das Bundesverwaltungsgericht diese nur als „Mindestanspruch“ qualifiziert. Denn solange auch die Landespressegesetze, deren Verfassungsmäßigkeit der Beschwerdeführer selbst nicht in Zweifel zieht, keine entsprechenden Ansprüche gewähren, ist für eine Verletzung der Pressefreiheit nichts ersichtlich. Die Landespressegesetze gewähren nur Zugang zu bereits vorhandenen Informationen. Der Beschwerdeführer begehrte demgegenüber Informationen vom Bundesnachrichtendienst, über die dieser - zum maßgeblichen Zeitpunkt im fachgerichtlichen Verfahren - selbst noch nicht verfügte. Sachverhalt und Verfahrensgang: Wesentliche Erwägungen der Kammer: 1. Dahinstehen kann die Frage, ob die Länder im Rahmen ihrer Kompetenzen zur Regelung des Presserechts auch Auskunftspflichten gegenüber Bundesbehörden begründen können oder ob solche Regelungen dem Bundesgesetzgeber vorbehalten sind. Es kann auch offen bleiben, ob ein Auskunftsanspruch unter Rückgriff auf Art. 5 Abs. 1 Satz 2 GG unmittelbar aus der Verfassung abgeleitet werden kann und wie weit dieser gegebenenfalls reicht. Denn für eine Verletzung der Pressefreiheit ist jedenfalls dann nichts ersichtlich, solange den Presseangehörigen im Ergebnis ein Auskunftsanspruch eingeräumt wird, der hinter dem Gehalt der Auskunftsansprüche der Landespressegesetze nicht zurückbleibt. Wenn es den Fachgerichten auf diese Weise gelingt, die Konsequenzen der nach Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts nicht wirksam geregelten Auskunftsansprüche von Presseangehörigen gegenüber Bundesbehörden aufzufangen, kommt eine Verletzung von Grundrechten nicht in Betracht und ist eine Annahme des Verfahrens durch das Bundesverfassungsgericht nicht angezeigt. 2. So liegt es hier. Die Auskunftsansprüche in den Landespressegesetzen verschaffen nur den Zugang zu solchen Informationen, die bei öffentlichen Stellen vorhanden sind. Die landesrechtlichen Anspruchsgrundlagen, gegen die der Beschwerdeführer insoweit keine verfassungsrechtlichen Bedenken vorträgt, beinhalten keinen Anspruch auf Generierung und Verschaffung von Informationen und sonstigem Material. Auch das Informationsfreiheitsrecht ermöglicht im Rahmen seines Anwendungsbereichs nur Zugang zu tatsächlich vorhandenen Informationen. Demgegenüber richtete sich der vom Beschwerdeführer geltend gemachte Auskunftsanspruch nach den verfassungsrechtlich nicht zu beanstandenden Feststellungen im fachgerichtlichen Verfahren auf eine Verschaffung von Informationen, über die der Bundesnachrichtendienst selbst noch nicht verfügte. Die angefragten Informationen sollten vielmehr zu einem wesentlichen Teil Beschluss vom 27. Juli 2015 - 1 BvR 1452/13
Quelle: Pressemitteilung des BVerfG v. 13.10.2015
Die öffentliche Bekanntgabe der von einem namentlich benannten Kind in der Grundschule gezeigten konkreten Verhaltensweisen und Fähigkeiten beeinträchtigt dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht in seiner Ausprägung als Recht auf ungestörte kindgemäße Entwicklung. Die verklagte Lehrerin hatte en Buch herausgegeben, in dem es u.a. hieß: "Am 12. November 2007 kam Frau W., damals kommissarische Konrektorin, im Schulflur auf mich zu. Im Hintergrund gewahrte ich eine Mutter mit ihrer kleinen Tochter. Die betroffene Schülerin sah hierdurch ihr Persönlichkeitsrecht verletzt und klagte. Zu Recht. Der BGH sah die Interessen des Kindes erheblich berührt. Kinder bedürften eines besonderen Schutzes, weil sie sich erst zu eigenverantwortlichen Personen entwickeln würden. Ihre Persönlichkeitsentfaltung könne dadurch, dass persönliche Angelegenheiten zum Gegenstand öffentlicher Erörterung gemacht würden, wesentlich empfindlicher gestört werden als die von Erwachsenen. Insbesondere sei kein sachlicher Grund ersichtlich, die Klägerin namentlich zu nennen. Etwaige Publikations-Ziele hätten auch dann erreicht werden können, wenn die Klägerin in der Darstellung anonymisiert worden wäre.
Zudem sei zu berücksichtigen, dass die Vorgänge im Rahmen des Unterrichts erfolgt seien und daher grundsätzlich in den Bereich der dienstlichen Verschwiegenheitspflicht fallen würden.
Bei Eingabe des geschützten Markennamens "Poster Lounge" bei Google zeigte die Suchmaschine folgende organische Suchtreffer an: "poster lounge -> .de Die betreffende Webseite, die von von der Beklagten betrieben wurde, war eine Online-Verkaufsplattform, auf der auch Poster verkauft wurden. Im Quelltext der in den Suchergebnissen verlinkten Seite der Beklagten war mehrfach das Begriffspaar "poster lounge" enthalten. Dieser Umstand beruhte darauf, dass die Beklagte die auf ihrer Internetseite vorhandene interne Suchmaschine so programmiert hatte, dass Suchanfragen der Nutzer automatisch gesammelt, analysiert und dazu verwendet wurden, späteren Nutzern Suchworte vorzuschlagen. Die gesammelten Suchdaten wurden darüber hinaus, soweit sie vom Programm automatisch zu Suchvorschlägen umgesetzt worden waren, auch in den Quelltext der Internetseite der Beklagten aufgenommen. Der so zustande gekommene Quelltext war ursächlich für die von der Klägerin beanstandeten Suchergebnisse. Auch die konkrete Titelzeile der Treffer ("poster lounge -> .de") ergab sich aus dem Inhalt des Quelltextes der Internetseite der Beklagten. Der BGH bejahte in einem solchen Fall die Haftung der Online-Plattform für die von Google angezeigten Suchtreffer. Denn durch die Programmierung der eigenen, internen Suchmaschine würden die entsprechenden Begriffe im Quelltext platziert, so dass Google entsprechende Suchtreffer generiere.
Es handle sich dabei um eine aktive Beeinflussung der Suchergebnisse einer Internetsuchmaschine im eigenen wirtschaftlichen Interesse, so dass die Beklagte die Markenverletzung durch aktives Tun herbeigeführt habe.
Die Klägerin betreibt in der münsterländischen Gemeinde Ochtrup eine Spielhalle mit zwölf Geldspielgeräten. Die Vergnügungssteuersatzung der Gemeinde sah bis einschließlich 2009 auf Geldspielgeräte eine Vergnügungssteuer nach dem Stückzahlmaßstab i.H.v. 150 € monatlich je Gerät vor. Ab dem 1. Januar 2010 wurde der Steuermaßstab geändert und eine Geldspielgerätesteuer i.H.v. 20 v. H. des Einspielergebnisses erhoben. Dies führte bei der Klägerin zu mehr als einer Verdoppelung der Steuer. Mit ihrer Klage vor dem Verwaltungsgericht hat sich die Klägerin gegen insgesamt zehn Bescheide gewandt, die auf die neue Satzung gestützt waren. Dabei hat sie im Wesentlichen eine Erdrosselungswirkung der Steuererhöhung geltend gemacht. Das Verwaltungsgericht hat die Klage unter Hinweis auf das positive Betriebsergebnis des Jahres 2011 abgewiesen. Auch die vom Oberverwaltungsgericht zugelassene Berufung blieb erfolglos. Das Oberverwaltungsgericht argumentierte, eine Erdrosselungswirkung sei ausgeschlossen, da die Klägerin rechtlich nicht gehindert sei, Geräte mit einem höheren durchschnittlichen Kasseninhalt einzusetzen. Eine solche Preiserhöhung sei auch am Markt durchsetzbar. Zwar könne die Klägerin selbst die Geräte nicht umprogrammieren, da nur Geräte mit einer zuvor erteilten Bauartzulassung verwendet werden dürften. Ob solche Geräte auf dem Markt angeboten würden und ob sich ein Austausch der Geräte einfach gestalte, sei aber unerheblich. Denn es sei Sache des Unternehmers, sich auf eine etwaige Steuererhöhung vorzubereiten. Das Bundesverwaltungsgericht ist dem nicht gefolgt. Das Oberverwaltungsgericht durfte die genannten Fragen auf der Grundlage seiner Argumentation nicht offen lassen. Falls die neue Steuerlast für ein wirtschaftlich arbeitendes Unternehmen in der Situation der Klägerin nur nach einem zeitaufwändigen und kapitalintensiven Austausch des Gerätebestandes tragbar ist, hätte die Steuer nicht ohne angemessene Übergangsfrist derart erhöht werden dürfen. Das Oberverwaltungsgericht muss daher entweder die von ihm offen gelassenen Fragen nach dem Umstellungsaufwand und der Verfügbarkeit von Aus tauschgeräten aufklären, oder es muss untersuchen, ob ein durchschnittlicher Spielhallenbetreiber in Ochtrup auch ohne Preiserhöhung eine Spielgerätesteuer von 20 v. H. des Einspielergebnisses verkraften kann. BVerwG 9 C 22.14 - Urteil vom 14. Oktober 2015 Vorinstanzen: Quelle: Pressemitteilung des BVerwG v. 14.10.2015
Die Klägerin veranstaltet das Fernsehprogramm Sat.1. Während der Unterbrechung der Serie „Anna und die Liebe“ wurde ein Programmhinweis auf die Übertragung eines Boxkampfes ausgestrahlt. Zu sehen war zunächst für etwa zwei Sekunden ein den gesamten Bildschirm ausfüllender brennender Boxring und in der rechten Bildschirmhälfte der Boxer Felix Sturm. Während dieser sich auf die Kamera zubewegte, erschienen in der Mitte des Bildes in einem schwarzen Kreis die Buchstaben „FR“ und links daneben der Hinweis „HEUTE 22.15 STURM VS. MURRAY“. Nach diesen zwei Sekunden verwandelte sich der schwarze Kreis mit den Buchstaben „FR“ zu einem drehenden farbigen Ball, dem so genannten Sat.1-Ball. Gleichzeitig wurde der Schriftzug „WERBUNG“ eingeblendet. Diese Einblendung dauerte wiederum ca. zwei Sekunden. Im Anschluss daran begann der erste Werbespot. In vergleichbarer Weise wurde am selben Tag während der Unterbrechung der Serie „K 11“ in eine Programmankündigung für die Show „The Voice of Germany“ vor dem nachfolgenden Werbeblock der Schriftzug „WERBUNG“ eingeblendet. Durch den angefochtenen Bescheid beanstandete die beklagte Landesmedienanstalt in diesen beiden Fällen einen Verstoß gegen das rundfunkrechtliche Gebot einer Trennung von Werbung und Programm. Das Verwaltungsgericht Neustadt an der Weinstraße hat die hiergegen erhobene Klage abgewiesen, das Oberverwaltungsgericht Koblenz hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht hat auch die Revision der Klägerin zurückgewiesen: Nach der hier einschlägigen Bestimmung des Rundfunkstaatsvertrags muss Werbung dem Medium angemessen durch optische oder akustische Mittel oder räumlich eindeutig von anderen Sendungsteilen abgesetzt sein. Andere Sendungsteile im Sinne dieser Bestimmung sind auch Hinweise auf eigene spätere Sendungen. Um die hier ausgestrahlten Programmhinweise von der nachfolgenden Werbung abzusetzen, hat die Klägerin als optisches Mittel die Einblendung des Schriftzugs „WERBUNG“ in den Programmhinweis verwandt. Zwar verlangt der Rundfunkstaatsvertrag nicht, dass das optische Mittel zur Trennung von Programm und Werbung nach dem letzten Bild des Programms und vor dem ersten Bild der Werbung eingesetzt wird. Jedoch war diese Einblendung angesichts der hier von der Klägerin gewählten Gestaltung nicht geeignet, die nachfolgende Werbung, wie vom Rundfunkstaatsvertrag verlangt, eindeutig von dem Programmhinweis abzusetzen. Die sehr kurze Einblendung des Schriftzugs „WERBUNG“ reichte wegen der optischen Dominanz des weiterlaufenden Programmhinweises nicht aus, dem durchschnittlich aufmerksamen Zuschauer hinreichend deutlich zu machen, dass unmittelbar danach Werbung beginnt. BVerwG 6 C 17.14 - Urteil vom 14. Oktober 2015 Vorinstanzen:
Quelle: Pressemitteilung des BVerwG v. 14.10.2015
Die Parteien stritten darum, unter welchem Namen sie im geschäftlichen Verkehr auftreten durften, da beide Unternehmen nahezu namensgleich waren. Im Rahmen des Rechtsstreits beanstandete die eine Seite, dass die andere Seite auf ihrer Firmen-Homepage eine "Catch all"-Funktion eingerichtet hatte. Damit würden Mails von Dritten, die irrtümlich an das andere Unternehmen geschickt worden seien, "abgefangen". Ein solcher Irrtum liege nahe, da die Domain-Namen sich nur in der Top-Level-Domain (".com" anstatt ".de") unterscheiden würden. Ein solches Verhalten sei wettbewerbswidrig. Die Bochumer Richter teilten diese Ansicht nicht.
Ein Wettbewerbsverstoß sei nicht erkennbar. Vielmehr handle es sich bei der "Catch all"-Funktion um eine übliche Vorgehensweise, damit sämtliche Mails bei ihr ankämen. Andernfalls bestünde die Gefahr, dass bereits geringfügige Abweichungen (z.B. falsche Schreibweise von Mitarbeiter-Namen) zu einer Unzustellbarkeit der Mails führe. Dies brauche das Unternehmen nicht hinzunehmen.
Seit der letzten Verbraucherrechte-Richtlinie muss der Online-Shop-Betreiber seinem Kunden zumindestens eine gängige und zumutbare kostenlose Bezahlmöglichkeit anbieten: "§ 312 a Abs.4 BGB: Der Betreiber von opodo.de bot als kostenlose Möglichkeit lediglich die Variante "VISA Entropay" an. Die anderen waren kostenpflichtig. Das Hamburger Gericht sah dies als nicht ausreichend an, da "VISA Entropay" wenig verbreitet sei und daher erhebliche Teile der Bevölkerung nicht die Chance hätten, eine kostenfreie Zahlungsmöglichkeit zu nutzen.
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Das OLG Dresden (Urt v. 03.02.2015 - Az.: 14 U 1489/14) bewertet die Zahlungsmittel "VISA Electron" und "MasterCard GOLD" als nicht gängig.
Geklagt hatte eine Genossenschaft, die als Registrierungsstelle Internet-Domains verwaltet und betreibt. Die Genossenschaft hatte mit einem Unternehmer, der Inhaber eines Onlineshops für Unterhaltungselektronik war, einen Vertrag über die Registrierung einer Internet-Domain geschlossen, in dem sie sich u.a. zur Zurverfügungstellung und Unterhaltung einer Internet-Domain verpflichtet hatte. Aufgrund rückständiger Steuern des Unternehmers pfändete das beklagte Finanzamt u.a. dessen Anspruch auf Aufrechterhaltung der Registrierung der Internet-Domain für seinen Onlineshop. Mit ihrer hiergegen gerichteten Klage begehrte die Genossenschaft die Aufhebung der Pfändung. Der 7. Senat des Finanzgerichts Münster wies die Klage ab. Bei den Rechten des Unternehmers aus dem Domainvertrag handele es sich, so der Senat, um pfändbare Vermögensrechte im Sinne der abgabenrechtlichen Pfändungsvorschriften. Gegenstand der Pfändung sei dabei nicht die Internet-Domain als solche, die nur eine technische Adresse im Internet darstelle, sondern die Gesamtheit der schuldrechtlichen Ansprüche, die dem Domaininhaber gegenüber der Vergabestelle aus dem Registrierungsvertrag zustünden. Das beklagte Finanzamt habe mit der Pfändung auch keine pfändungsfremden Ziele verfolgt, sondern sich das Zugriffsrecht auf die Ansprüche des Unternehmers aus dem Domainvertrag gesichert. Die Genossenschaft könne als Drittschuldnerin in Anspruch genommen werden, da sie Schuldnerin der Ansprüche aus dem Domainvertrag sei. Der Umstand, dass für die Genossenschaft durch eine zunehmende Zahl solcher Pfändungen zukünftig ein nicht unerheblicher Arbeits- und Verwaltungsaufwand ausgelöst werden könne, sei dabei unerheblich. Wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtsfrage hat der Senat die Revision zum Bundesfinanzhof zugelassen.
Quelle: Pressemitteilung des FG Münster v. 15.10.2015
Dies hat die 3. Kammer des Verwaltungsgerichts Trier in einem Urteil vom 22.9.2015 ausgesprochen und damit eine Disziplinarverfügung des Landes gegen eine Polizeikommissarin aufgehoben. Diese hatte später veröffentlichte personenbezogene Daten Dritter im Polizeidatensystem POLIS ohne dienstlichen Anlass abgefragt und alsdann weitergegeben und war deshalb strafgerichtlich zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Das beklagte Land verhängte zudem die Disziplinarmaßnahme einer Kürzung der Dienstbezüge. Zu Unrecht, so die Richter der 3. Kammer. Zwar habe die Klägerin mit ihrem Verhalten ein Dienstvergehen begangen. Wegen der strafgerichtlichen Verurteilung bleibe das Dienstvergehen jedoch ohne disziplinarrechtliche Konsequenz. Die einschlägige Vorschrift im Landesdisziplinargesetz verbiete die Verhängung einer Disziplinarmaßnahme, wenn derselbe Lebenssachverhalt bereits Gegenstand einer strafgerichtlichen Verurteilung gewesen sei. Die unbefugte Datenabfrage und die nachfolgende Weitergabe an Dritte stellten sich im zu entscheidenden Fall als einheitlicher Lebenssachverhalt in diesem Sinne dar. Entgegen der vom Land vertretenen Auffassung könne man diesen einheitlichen Sachverhalt auch nicht deshalb aufspalten, weil die Klägerin die unbefugte Datenabfrage nur zum Teil selbst durchgeführt und zum anderen Teil Kollegen hierfür eingesetzt habe. Wollte man in dem Einsatz der Kollegen als gutgläubige Werkzeuge einen getrennten Lebenssachverhalt sehen, würde dies zu einer unnatürlichen Aufspaltung eines zusammengehörenden Geschehens führen. Im Falle der Klägerin sei eine zusätzliche Disziplinarmaßnahme auch nicht zur Pflichtenmahnung erforderlich. Vielmehr habe sie erkennbar das lange Strafverfahren, die gegen sie verhängte Geldstrafe, den Lauf des überlangen Disziplinarverfahrens, ihre Suspendierung und nicht zuletzt die Außenwirkung ihres Fehlverhaltens, derart erzieherisch auf sich einwirken lassen, dass mit weiteren Verfehlungen in Zukunft nicht zu rechnen sei. Gegen die Entscheidung können die Beteiligten innerhalb eines Monats die Zulassung der Berufung durch das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz beantragen. VG Trier, Urteil vom 22. September 2015 – 3 K 66/15.TR
Quelle: Pressemitteilung des VG Trier v. 12.10.2015
Die Klägerin, eine Seniorenresidenz, ließ sich von der Beklagten, einem Webdesigner, ihre Homepage erstellen. Hierzu übersandte ein Mitarbeiter der Klägerin u.a. ein Bild, das einen Kartenausschnitt von Hannover zeigte. Der Beklagte fügte diese Grafik auftragsgemäß auf der Internetseite ein. Einige Zeit später wurde die Klägerin von dem Rechteinhaber des Kartenausschnitts abgemahnt, da keine Berechtigung zur Nutzung vorlag. Die Klägerin reagierte jedoch nicht, so dass eine einstweilige Verfügung erging. Als auch auf die einstweilige Verfügung nicht reagierte wurde, erfolgte ein kostenpflichtiges Abschluss-Schreiben. Erst jetzt wurde dieser Rechtsstreit beendet. Die Klägerin verlangte nun vom Webdesigner Ersatz der ihr enstandenen Kosten, denn er habe pflichtwidrig unterlassen, sie darauf hinzuweisen, dass die Grafik urheberrechtlich geschützt sei. Der Beklagte wandte ein, das Bild stamme von der Klägerin selbst, so dass ihn insoweit keine Prüfpflichten träfen. In jedem Fall sei eine Verantwortlichkeit durch seine AGB ausgeschlossen. Das AG Oldenburg hat den Webdesigner zur Übernahme von 50% der entstandenen Kosten verurteilt. Gegenüber dem Rechteinhaber an der Stadtkarte hätten sowohl die Klägerin als auch der Beklagte die Rechte verletzt, so dass sie als Gesamtschuldner anzusehen seien. Beide Beteiligten treffe ein ungefähr gleichwertiges Verschulden, so dass die Klägerin die Hälfte der Verbindlichkeiten ersetzt verlangen könne. Auch wenn die Grafik von der Klägerin stamme, hätte der Beklagte die Seniorenresidenz auf die Rechtslage hinweisen müssen. Denn es bestünde eine vertragliche Beratungspflicht des Webdesigners. Aufgabe des Unternehmens sei es, seinem Kunden ein mangelfreies Werk zu verschaffen. Dies umfasse auch die Rechtmäßigkeit des konzipierten Internetauftritts. Eine Hinweispflicht könne allenfalls dann entfallen, wenn der Kunde aufgrund der Geringfügigkeit der Vergütung nicht mit einer entsprechenden Vergütung rechnen könne. Die urheberrechtliche Problematik sei im vorliegenden Fall auch offensichtlich. Denn auf den ersten Blick sei ersichtlich gewesen, dass die Karte nicht von der Klägerin selbst, sondern vom einem professionellen Kartographen stamme. Die Ansprüche seien auch nicht durch die AGB des Webdesigners ausgeschlossen, da diese unwirksam seien. Die Regelung, wonach die urheberrechtliche Prüfpflicht ausschließlich den Kunden treffe, benachteiligte die andere Vertragspartei einseitig und sei daher nicht wirksam. Wesentliche Vertragspflicht des Webdesigners sei die Beachtung des Rechts bei Konzeption und Umsetzung eines Internetauftritts. Hiervon könne er sich nicht freizeichnen.
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Bislang liegen nur vereinzelt Urteile vor. So hat z.B. das KG Berlin (Urt. v. 04.02.2011 - Az.: 19 U 109/10) entschieden, dass eine Werbeagentur bei Beauftragung einer Werbemaßnahme oder Erstellung eines Logos nicht zwingend verpflichtet ist, von sich aus eine umfangreiche Markenrecherche vorzunehmen, um Rechtsverletzungen Dritter zu vermeiden. Ob den Webdesigner hier tatsächlich eine Pflicht traf, beim Kunden nachzufragen, ob die Rechtslage zum Bild geklärt sei, kann durchaus mit guten Argumenten bezweifelt werden. Absolut nicht nachvollziehbar ist der Umfang der Haftung. Denn die Klägerin hätte, als sie abgemahnt wurde, einfach eine entsprechende Unterlassungserklärung abgeben können. So wäre z.B. das anschließende Verfügungsverfahren vermieden worden. Gleiches gilt für das erfolgte Abschluss-Schreiben. Hier hat der Anwalt der Klägerin offensichtlich eine mangelhafte Leistung erbracht. Denn auch diese Kosten wären vermeidbar gewesen, wenn rechtzeitig eine Abschlusserklärung abgegeben worden wäre. Warum für all dieses klägerische Fehlverhalten auch der Beklagte mithaften soll, ist nicht nachvollziehbar. Selbst wenn man eine Pflichtverletzung des Webdesigners annehmen sollte, hätte die interne Haftungsquote ganz anders, nämlich eindeutig zu Lasten der Klägerin, ausfallen müssen und nicht wie vom Gericht bestimmt 50:50.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig, das Berufungsverfahren vor dem LG Oldenburg (Az.: 4 S 224/15) läuft.
Vor kurzem hat bekanntlich der EuGH (Urt. v. 06.10.2015 - Az.: C-362/14) das Safe Harbor-Abkommen für rechtswidrig eingestuft. Die Art.-29-Datenschutzgruppe hat in einer Stellungnahme eine Frist bis Ende Januar 2016 gesetzt, wonach Safe Harbor zwischen Europa und den USA neu zu verhandeln. Als Verhandlungsmaxime soll dabei gelten: "Therefore, the Working Party is urgently calling on the Member States and the European institutions to open discussions with US authorities in order to find political, legal and technical solutions enabling data transfers to the territory of the United States that respect fundamental rights. Such solutions could be found through the negotiations of an intergovernmental agreement providing stronger guarantees to EU data subjects. Sollte bis Ende Januar kein neues Abkommen vorliegen, sollen die Europäischen alle notwendigen und erforderlichen Maßnahmen ergreifen: "If by the end of January 2016, no appropriate solution is found with the US authorities and depending on the assessment of the transfer tools by the Working Party, EU data protection authorities are committed to take all necessary and appropriate actions, which may include coordinated enforcement actions." Inzwischen haben auch einige deutsche Landesdatenschutzbehörden eine erste Stellungnahme abgegeben. Das Unabhängige Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein (ULD) vertritt im Ergebnis die Meinung, dass jede Übertragung von personenbezogenen Daten (bis auf bestimmte Einzelfälle) rechtswidrig ist. In der Praxis käme dies einem faktischen Totalverbot gleich.
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