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Newsletter vom 21.11.2012 |
Betreff: Rechts-Newsletter 47. KW / 2012: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BVerfG: Bezeichnung anderer als "rechtsradikal" in einem Internet-Forum ist zulässige Meinungsäußerung _____________________________________________________________ Eine Person in einem Internetforum in Auseinandersetzung mit deren Beiträgen als „rechtsradikal“ zu betiteln, ist ein Werturteil und grundsätzlich von der Meinungsfreiheit gedeckt. Dies entschied das Bundesverfassungsgericht in einem heute veröffentlichten Beschluss vom 17. September 2012 und hob daher die angegriffenen Unterlassungsurteile auf. Es obliegt nun den Zivilgerichten, das Grundrecht auf Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers mit dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht der kritisierten Person abzuwägen. Der Entscheidung liegen im Wesentlichen folgende Erwägungen zugrunde: 1. Der im zivilrechtlichen Ausgangsverfahren auf Unterlassung klagende Rechtsanwalt beschäftigte sich auf seiner Kanzleihomepage und in Zeitschriftenveröffentlichungen mit politischen Themen. Er schrieb unter anderem über die „khasarischen, also nicht-semitischen Juden“, die das Wirtschaftsgeschehen in der Welt bestimmten, und über den „transitorischen Charakter“ des Grundgesetzes, das lediglich ein „ordnungsrechtliches Instrumentarium der Siegermächte“ sei. Der Beschwerdeführer, ebenfalls Rechtsanwalt, setzte sich in einem Internet-Diskussionsforum mit diesen Veröffentlichungen auseinander: Der Verfasser liefere „einen seiner typischen rechtsextremen originellen Beiträge zur Besatzerrepublik BRD, die endlich durch einen bioregionalistisch organisierten Volksstaat zu ersetzen sei“. Wer meine, „die Welt werde im Grunde von einer Gruppe khasarischer Juden beherrscht, welche im Verborgenen die Strippen ziehen“, müsse „es sich gefallen lassen, rechtsradikal genannt zu werden“. Das Landgericht und das Oberlandesgericht verurteilten den Beschwerdeführer zur Unterlassung der Äußerungen, wobei das Landgericht sie teilweise als unwahre Tatsachenbehauptungen und das Oberlandesgericht sie als Schmähkritik aus dem Schutzbereich der Meinungsfreiheit herausfallen ließen. Das Bundesverfassungsgericht hat beide Urteile aufgehoben und die Sache an das Landgericht zurückverwiesen. 2. Diese Urteile verletzen den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht auf Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG). a) Es handelt sich um Meinungsäußerungen in Form eines Werturteils, denn es ist nicht durch eine Beweiserhebung festzustellen, wann ein Beitrag „rechtsextrem“ ist, wann sich ein Denken vom „klassisch rechtsradikalen verschwörungstheoretischen Weltbild“ unterscheidet und wann man „es sich gefallen lassen muss, rechtsradikal genannt zu werden“. b) Bedeutung und Tragweite der Meinungsfreiheit werden verkannt, wenn eine Äußerung unzutreffend als Tatsachenbehauptung, Formalbeleidigung oder Schmähkritik eingestuft wird mit der Folge, dass sie dann nicht im selben Maß am Grundrechtsschutz teilnimmt wie Äußerungen, die als Werturteil ohne beleidigenden oder schmähenden Charakter anzusehen sind.
Verfassungsrechtlich ist die Schmähung eng definiert, da bei ihrem Vorliegen schon jede Abwägung mit der Meinungsfreiheit entfällt. Eine Schmähkritik ist nicht einfach jede Beleidigung, sondern spezifisch dadurch gekennzeichnet, dass nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Diffamierung der Person im Vordergrund steht. Dies kann hier aber nicht angenommen werden, denn alle Äußerungen haben einen c) Verfassungsrechtlich geboten war also eine Abwägung zwischen der Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers und dem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Unterlassungsklägers. Das Ergebnis dieser Abwägung hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. In der Abwägung muss das Gericht, an das zurückverwiesen wurde, berücksichtigen, dass der Unterlassungskläger weder in seiner Intim- noch in seiner Dagegen ist die Meinungsfreiheit des Beschwerdeführers in ihrem Kern betroffen. Die Verurteilung zur Unterlassung eines Werturteils muss im Interesse des Schutzes der Meinungsfreiheit auf das zum Rechtsgüterschutz unbedingt Erforderliche beschränkt werden. Der Unterlassungskläger hat seine Beiträge öffentlich zur Diskussion gestellt; dann muss zur öffentlichen Meinungsbildung auch eine inhaltliche Diskussion möglich sein. Beschluss vom 17. September 2012 - 1 BvR 2979/10
Quelle: Pressemitteilung des BVerfG v. 13.11.2012
Der Kläger, ein Journalist, verlangt vom Bundesrechnungshof auf der Grundlage des Informationsfreiheitsgesetzes Einsicht in Prüfungsunterlagen über Zuwendungen, die vom Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung verschiedenen Stiftungen politischer Parteien und kirchlichen Organisationen zur Förderung von Vorhaben auf dem Gebiet der Entwicklungshilfe gewährt wurden. Das Oberverwaltungsgericht hat der Klage in der Berufungsinstanz im Wesentlichen stattgegeben und den Bundesrechnungshof verpflichtet, dem Kläger Kopien der jeweils abschließenden Prüfungsniederschriften der letzten Prüfung der genannten Organisationen zu übersenden, soweit nicht im Einzelfall besondere Ausschlussgründe wie etwa der Schutz personenbezogener Daten oder der Schutz von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen entgegenstehen. Das Bundesverwaltungsgericht hat diese Entscheidung bestätigt. Der Bundesrechnungshof zählt zu den informationspflichtigen Bundesbehörden. Bei seiner Prüfungstätigkeit nimmt er Verwaltungsaufgaben wahr. Er kann sich nicht darauf berufen, dass eine effektive Prüfung nur dann möglich sei, wenn den geprüften Stellen der vertrauliche Umgang mit den erlangten Erkenntnissen zugesichert werde. BVerwG 7 C 1.12 - Urteil vom 15. November 2012 Vorinstanzen: OVG Münster, 8 A 2593/10 - Urteil vom 26. Oktober 2011 - VG Köln, 13 K 717.09 - Urteil vom 30. September 2010 -
Quelle: Pressemitteilung des BVerwG v. 15.11.2012
Die Klägerin ist bei der beklagten Rundfunkanstalt als Redakteurin beschäftigt. Sie stellte für den 30. November 2010 einen Dienstreiseantrag, dem ihr Vorgesetzter nicht entsprach. Eine nochmalige Anfrage der Klägerin wegen der Dienstreisegenehmigung am 29. November wurde abschlägig beschieden. Am 30. November meldete sich die Klägerin krank und erschien am Folgetag wieder zur Arbeit. Daraufhin forderte die Beklagte die Klägerin auf, künftig schon am ersten Tag der Krankmeldung einen Arzt aufzusuchen und ein entsprechendes Attest vorzulegen. Mit ihrer Klage hat die Klägerin den Widerruf dieser Weisung begehrt und geltend gemacht, das Verlangen des Arbeitgebers auf Vorlage einer ärztlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bereits für den ersten Tag der Erkrankung bedürfe einer sachlichen Rechtfertigung. Außerdem sehe der für die Beklagte geltende Tarifvertrag ein derartiges Recht nicht vor. Die Vorinstanzen haben die Klage abgewiesen. Die Revision der Klägerin blieb erfolglos. Die Ausübung des dem Arbeitgeber von § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG eingeräumten Rechts steht im nicht gebundenen Ermessen des Arbeitgebers. Insbesondere ist es nicht erforderlich, dass gegen den Arbeitnehmer ein begründeter Verdacht besteht, er habe in der Vergangenheit eine Erkrankung nur vorgetäuscht. Eine tarifliche Regelung steht dem nur entgegen, wenn sie das Recht des Arbeitgebers aus § 5 Abs. 1 Satz 3 EFZG ausdrücklich ausschließt. Das war vorliegend nicht der Fall.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 14. November 2012 - 5 AZR 886/11 -
Quelle: Pressemitteilung des BAG v. 14.11.2012
Der 1961 geborene Kläger bewarb sich als sog. Seiteneinsteiger im Sommer 2009 als Lehrer an einer Hauptschule in Nordrhein-Westfalen. Vor seiner Einstellung wurde er aufgefordert, auf einem Vordruck zu erklären, ob er vorbestraft sei, und zu versichern, dass gegen ihn kein Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft anhängig sei oder innerhalb der letzten drei Jahre anhängig gewesen sei. Der Kläger unterzeichnete den Vordruck, ohne Angaben zu etwaigen Ermittlungsverfahren zu machen. Er wurde zum 15. September 2009 eingestellt. Im Oktober 2009 erhielt die zuständige Bezirksregierung einen anonymen Hinweis, der sie veranlasste, die Staatsanwaltschaft um Mitteilung strafrechtsrelevanter Vorfälle zu bitten. Die daraufhin übersandte Vorgangsliste wies mehrere nach §§ 153 ff. StPO eingestellte Ermittlungsverfahren aus. Das beklagte Land kündigte das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich, weil der Kläger die Frage nach Ermittlungsverfahren unrichtig beantwortet habe. Der Kläger hält die Kündigung für unwirksam. Bereits eingestellte Ermittlungsverfahren habe er nicht angeben müssen. Das Arbeitsgericht hat die außerordentliche Kündigung, das Landesarbeitsgericht auch die ordentliche Kündigung als unwirksam angesehen. Die hiergegen eingelegte Revision des beklagten Landes blieb vor dem Sechsten Senat des Bundesarbeitsgerichts ohne Erfolg. Eine Erhebung von Daten, wie sie die unspezifizierte Frage nach Ermittlungsverfahren darstellt, ist nach den datenschutzrechtlichen Bestimmungen in Nordrhein-Westfalen nur zulässig, wenn sie durch eine Rechtsvorschrift erlaubt ist oder der Betroffene einwilligt. Solche Informationen zu abgeschlossenen Ermittlungsverfahren sind für die Bewerbung um eine Stelle als Lehrer nicht erforderlich und damit nicht durch § 29 des Datenschutzgesetzes Nordrhein-Westfalen gestattet. Die allein auf die wahrheitswidrige Beantwortung der Frage nach Ermittlungsverfahren gestützte Kündigung verstieß deshalb gegen die objektive Wertordnung des Grundgesetzes, wie sie im Recht auf informationelle Selbstbestimmung, bei dem es sich um eine Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 GG) handelt, zum Ausdruck kommt. Sie war deshalb gemäß § 138 Abs. 1 BGB unwirksam.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. November 2012 - 6 AZR 339/11 -
Quelle: Pressemitteilung des BAG v. 15.11.2012
Die Klägerinnen sind Tonträgerhersteller. Sie sind Inhaber ausschließlicher urheberrechtlicher Nutzungsrechte an zahlreichen Musikaufnahmen. Am 28. Januar 2007 wurden nach den Ermittlungen eines von den Klägerinnen beauftragten Unternehmens in einer Internettauschbörse unter einer bestimmten IP-Adresse 1147 Audiodateien zum kostenlosen Herunterladen angeboten. Die Klägerinnen stellten Strafanzeige gegen Unbekannt und teilten der Staatsanwaltschaft die IP-Adresse mit. Nach der im Ermittlungsverfahren eingeholten Auskunft des Internetproviders war die IP-Adresse zur fraglichen Zeit dem Internetanschluss der Beklagten zugewiesen. Bei den Beklagten handelt es sich um ein Ehepaar. Sie hatten den Internetanschluss auch ihrem damals 13 Jahre alten Sohn zur Verfügung gestellt, dem sie zu seinem 12. Geburtstag den gebrauchten PC des Beklagten zu 1 überlassen hatten. Bei einer vom zuständigen Amtsgericht angeordneten Durchsuchung der Wohnung der Beklagten wurde am 22. August 2007 der PC des Sohnes der Beklagten beschlagnahmt. Auf dem Computer waren die Tauschbörsenprogramme "Morpheus" und "Bearshare" installiert; das Symbol des Programms "Bearshare" war auf dem Desktop des PC zu sehen. Nach Einsichtnahme in die Ermittlungsakte der Staatsanwaltschaft ließen die Klägerinnen die Beklagten durch einen Rechtsanwalt abmahnen und zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auffordern. Die Beklagten gaben die Unterlassungserklärung ab. Sie weigerten sich jedoch, Schadensersatz zu zahlen und die Abmahnkosten zu erstatten. Die Klägerinnen sind der Ansicht, die Beklagten seien wegen einer Verletzung ihrer elterlichen Aufsichtspflicht zum Ersatz des Schadens verpflichtet, der durch das unbefugte öffentliche Zugänglichmachen der Musikstücke entstanden sei. Sie nehmen die Beklagten wegen des öffentlichen Zugänglichmachens von 15 Musikaufnahmen auf Zahlung von Schadensersatz in Höhe von 200 € je Titel, insgesamt also 3.000 € nebst Zinsen sowie auf Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 2.380,80 € in Anspruch. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist ohne Erfolg geblieben. Das Berufungsgericht hat angenommen, die Beklagten hafteten nach § 832 Abs. 1 BGB für den durch das illegale Filesharing ihres minderjährigen Sohnes entstandenen Schaden, weil sie ihre elterliche Aufsichtspflicht verletzt hätten. Sie hätten die Einhaltung der von ihnen aufgestellten Verhaltensregeln für die Internetnutzung nicht - wie von ihnen behauptet - kontrolliert. Hätten die Beklagte auf dem Computer ihres Sohnes tatsächlich eine Firewall und ein Sicherheitsprogramm installiert, das bezüglich der Installation weiterer Programme auf "keine Zulassung" gestellt gewesen wäre, hätte ihr Sohn die Filesharingsoftware nicht installieren können. Hätte der Beklagte zu 1 den PC seines Sohnes monatlich überprüft, hätte er die von seinem Sohn installierten Programme bei einem Blick in die Softwareliste oder auf den Desktop des Computers entdecken müssen. Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des Berufungsgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen. Nach Ansicht des BGH genügen Eltern ihrer Aufsichtspflicht über ein normal entwickeltes 13-jähriges Kindes, das ihre grundlegenden Gebote und Verbote befolgt, regelmäßig bereits dadurch, dass sie das Kind über das Verbot einer rechtswidrigen Teilnahme an Internettauschbörsen belehren. Eine Verpflichtung der Eltern, die Nutzung des Internet durch das Kind zu überwachen, den Computer des Kindes zu überprüfen oder dem Kind den Zugang zum Internet (teilweise) zu versperren, besteht grundsätzlich nicht. Zu derartigen Maßnahmen sind Eltern - so der BGH - erst verpflichtet, wenn sie konkrete Anhaltspunkte für eine rechtsverletzende Nutzung des Internetanschlusses durch das Kind haben.
Urteil vom 15. November 2012 - I ZR 74/12 - Morpheus
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 15.11.2012
Das verklagte Unternehmen warb in einem TV-Spot für sein Produkt (hier: einen Nassrasierer) und gab dabei u.a. das Testergebnis "gut" der Stiftung Warentest an. Den genauen Rang (nämlich Positon 6 von 15 getesteten Nassrasierern) und die Tatsache, dass andere Waren die Bewerbung "sehr gut" erzielten, verschwieg es jedoch. Die Frankfurter Richter stuften dies als eine wettbewerbswidrige Irreführung ein. Das Unternehmen hätte hier in der Werbung die Gesamtposition des Testergebnisses mitteilen müssen, damit der Verbraucher das Testergebnis entsprechend hätte beurteilen und bewerten können.
Ohne diese Mitteilung gehe der Verbraucher aus, dass die erlangte Stellung beim Testergebnis eine der Spitzenpositionen gewesen sei, was aber gerade nicht zutreffe.
Mit ihrer überwiegend erfolgreichen Klage wollte die in Dublin ansässige Fluggesellschaft verhindern, dass die Beklagte weiterhin kommerziell Flüge der Klägerin unter Verwendung deren Online-Flugdatenbank vermittelt. Die Klägerin bietet international Linienflüge im sog. Low-Fare-Segment an. Die Flüge vertreibt sie ausschließlich über ihre Buchungswebsite und ein eigenes Call-Center. Der Direktvertrieb soll gewährleisten, dass die Endpreise möglichst niedrig bleiben und der Kunde nicht mit Provisionen oder anderen Vermittlungsgebühren Dritter belastet wird. Die Beklagte ist ein großer niederländischer Reiseanbieter. Sie betreibt ein Internet-Reiseportal, in dem sich der Kunde über die schnellste und günstigste Flugverbindung zum gewünschten Ziel informieren und anschließend den Flug buchen kann. Auch Flüge der Klägerin können über das Portal gebucht werden, ohne dass der Kunde die Website der Klägerin besuchen muss. Um die für die Auswertung nötigen Flugdaten zu erhalten, greift die Beklagte auch auf die Website der Klägerin mit deren Flugdatenbank zu. Entscheidet sich der Kunde für einen Flug der Klägerin, übermittelt die Beklagte die Kundendaten an deren Buchungssystem und vermittelt den Vertragsschluss. Der Kunde zahlt den Flugpreis zuzüglich einer von der Beklagten erhobenen Vermittlungsgebühr („Customer-Service“ bzw. „Reservierungsgebühr“) an die Beklagte, die ihrerseits den Flugpreis an die Klägerin weiterleitet. Der 5. Zivilsenat des Hanseatischen Oberlandesgerichts hat entschieden, dass die Beklagte mit ihrem Geschäftsmodell die Klägerin unter dem Gesichtspunkt des sog. Schleichbezugs wettbewerbswidrig behindere. Anerkannt sei, dass ein Händler unlauter handele, wenn er beim Kauf eines Produkts gegenüber dem Anbieter, der das Produkt ausschließlich selbst vermarkte und den gewerblichen Weiterverkauf verbiete, seine Wiederverkaufsabsicht verschweige. Ein unlauterer Schleichbezug kann nach Auffassung des Gerichts aber auch dann vorliegen, wenn es – wie hier - nicht um den Weiterverkauf eines Produkts geht, sondern lediglich ein Vertragsschluss vermittelt wird. Auch die nicht autorisierte Vermittlung seiner Leistungen könne einen Anbieter in seiner wettbewerblichen Entfaltung behindern, wenn dadurch seine eigentlichen Vertriebswege nicht nur entgegen seiner erklärten Absicht, sondern gerade in wettbewerbswidriger Weise umgangen würden. Die Beklagte verletze mit ihrer Vorgehensweise legitime absatzbezogene Interessen der Klägerin. Ziel der Beklagten sei, den Kunden auf ihrer Website zu halten und ihn zu veranlassen, zumindest den gesamten kommerziellen Geschäftsablauf ausschließlich mit ihr und nicht mit der Klägerin abzuwickeln. Auf diese Weise werde die Klägerin um die Möglichkeit gebracht, dem Kunden vor seiner Buchungsentscheidung ihre Zusatzleistungen werbend anzubieten. Auch das Interesse der Klägerin, Flugpreise anzubieten, die nicht noch durch Vermittlungsprovisionen Dritter gesteigert würden, sei grundsätzlich schutzfähig. Zumal die Beklagte es durch die intransparente Gestaltung ihrer Kosten darauf anlege, dass der Kunde nicht erkenne, dass die Zusatzgebühr von ihr und nicht von den Fluggesellschaften erhoben werde. Nicht jede Nutzung, die dem Willen des Anbieters zuwiderlaufe, sei auch ein wettbewerbswidriger Schleichbezug. Die Klägerin habe allerdings die gewerbliche Vermittlung nicht nur in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) ausdrücklich ausgeschlossen; sie habe außerdem ihre Website technisch so gestaltet hat, dass ohne vorherige Akzeptanz der AGB keine Buchung bzw. Buchungsvermittlung möglich sei. Die Beklagte habe daher vor jeder Buchungsvermittlung zunächst das Vermittlungsverbot akzeptiert und es anschließend missachtet. Damit habe sie die Grenze zu einer wettbewerbsrechtlich nicht mehr akzeptablen Beeinträchtigung der Klägerin überschritten. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zum Bundesgerichtshof zugelassen, da über die grundlegende Frage der rechtlichen Rahmenbedingungen für Vermittlungsdienstleistungen und die Schutzfähigkeit exklusiver Vertriebsmodelle im Internet noch nicht höchstrichterlich entschieden worden sei.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamburg v. 12.11.2012
Im September 2010 hatte der verklagte BVB den seinen Torhüter vertretenden Spielerberater angesprochen, um Verhandlungen über eine Vertragsverlängerung aufzunehmen. Vor dem erfolgreichen Abschluss der Verhandlungen im Jahre 2011 hatte sich der Spieler im November 2010 von seinem bisherigen Spielerberater getrennt und einen neuen Berater beauftragt. Unter Hinweis auf einen nach seiner Ansicht mit dem BVB abgeschlossenen Maklervertrag hatte der abgelöste Spielerberater vom BVB Auskunft über die Konditionen der später ohne seine Mitwirkung vereinbarten Vertragsverlängerung und ein - der Höhe nach noch zu bezifferndes - Maklerhonorar in Höhe von 10% des mit dem Spieler abgesprochenen Jahresbruttogehaltes verlangt. Der 18. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Hamm hat das Begehren des abgelösten Spielerberaters als unbegründet zurückgewiesen. Zwischen dem BVB und dem abgelösten Spielerberater sei kein Maklervertrag zustande gekommen, der eine Zahlungspflicht des Vereins begründe. Ein Vertragsschluss ergebe sich nicht aus den Umständen der Kontaktaufnahme und den anfänglich unter Beteiligung des Beraters geführten Vertragsverhandlungen. Der BVB habe den Spielerberater als Vertreter des Spielers angesprochen und ihn dabei nicht selbst als Makler beauftragt. Letzteres sei zwar denkbar, im vorliegenden Fall aber nicht feststellbar. Dafür spreche auch nicht, dass ein Verein im Falle einer vertraglichen Einigung mit einem Spieler regelmäßig auch das Honorar des beteiligten Spielerberaters übernehme. Dem könne auch eine erst bei der Vertragsverlängerung vereinbarte Zahlungszusage zugrunde liegen. Beschluss des 18. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 24.09.2012 (I-18 U 25/12), nicht rechtskräftig (BGH III ZR 340/12).
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 14.11.2012
Das Unternehmen hatte das neue Smartphone grundsätzlich ohne diesen Hinweis beworben. Erst im letzten Schritt des Bestellvorgangs tauchte die Information des SIM-Locks auf. Die Wettbewerbszentrale hielt dies für irreführend, weil wesentliche Merkmale des Angebots nicht mitgeteilt worden seien. Denn durch den SIM-Lock werde die Nutzbarkeit des Produkts massiv eingeschränkt.
Das LG Bonn erließ die beantragte einstweilige Verfügung. Das TK-Unternehmen gab daraufhin wenig später eine Abschlusserklärung ab, so dass die Entscheidung rechtskräftig ist.
Nun hat das Gericht in einer aktuellen Entscheidung (LG Köln, Urt. v. 31.10.2012 - Az.: 28 O 306/11) klargestellt, dass diese Grundsätze nur dann gelten, wenn der verklagte Anschlussinhaber darlegen kann, dass ihn wegen anderer Umstände keine Verantwortlichkeit trifft. Die Anwälte des Beklagten hatten hier vorgetragen, dass der Computer des Beklagten gegen den Zugriff Dritter ausreichend gesichert gewesen sei. Diesen Ausführungen schenkten die Richter jedoch keinen Glauben, da die Schriftsätze der Beklagten-Anwälte widersprüchlich gewesen seien. So sei zunächst vorgetragen worden, der Internet-Zugang sei durch einen WLAN-Router erfolgt. In einem späteren Schreiben habe es dann geheißen, es sei ein LAN-Router vorhanden und ein WLAN-Netzwerk sei über einen USB-Stick hergestellt worden. Angesichts dieser gegensätzlichen Ausführungen hielt das Gericht den Vortrag des Beklagten für wenig glaubwürdig. Daher hafte der Beklagte.
Das Gericht bejahte einen Schadensersatzanspruch von 200,- EUR pro Datei. Darüber hinaus hielt es einen Streitwert von 400.000,- EUR für 5.000 Audiodateien (bei 4 Klägern) für angemessen, so dass Abmahnkosten iHv. ca. 3.500,- EUR zu Recht entstanden seien.
Dritte können über die Funktion "Stellen Sie Ihre eigenen Bilder ein" dem Angebot eines Amazon-Händlers eigene Bilder hinzufügen. Obgleich der Amazon-Händler diesen Upload in keiner Weise kontrollieren kann, haftet er. Die Kölner Richter führen auf, dass durch die Teilnahme am Online-Verkauf der Amazon-Händler die Gefahr geschaffen habe. Auch wenn er diese Gefahr derzeitig nur dadurch vermeiden könne, indem er den Abverkauf bei Amazon vollständig einstelle, sei eine solche Anforderung angemessen verhältnismäßig.
Denn das Recht des Urhebers müsse nicht hinter die geschäftlichen Interessen des Amazon-Händlers zurücktreten. Vielmehr sei Amazon verpflichtet, ein solches technisches System zu implementieren, dass derartige Rechtsverletzungen zukünftig unterblieben.
Bei ihrer Absicht, die Öffentlichkeit auf diese Art und Weise über die von der städtischen Lebensmittelüberwachung festgestellten Hygieneverstöße im Betrieb des Antragstellers zu informieren, stützte sich die Stadt auf eine erst zum 01.09.2012 in Kraft getretene Vorschrift (§ 40 Abs. 1a des Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuchs). Nach dieser Vorschrift informiert die Behörde die Öffentlichkeit unter Nennung der Bezeichnung des Lebensmittels sowie unter Nennung des Lebensmittelunternehmens, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel hergestellt oder behandelt oder in den Verkehr gelangt ist, wenn der durch Tatsachen hinreichend begründete Verdacht besteht, dass gegen Vorschriften im Anwendungsbereich dieses Gesetzes, die (unter anderem) der Einhaltung hygienischer Anforderungen dienen, in nicht nur unerheblichem Ausmaß oder wiederholt verstoßen worden ist und die Verhängung eines Bußgeldes von mindestens 350,-- € zu erwarten ist. Nach Auffassung des Verwaltungsgerichts sprach zwar Einiges dafür, dass der Gaststättenbetrieb Verstöße im Sinne dieser Vorschrift begangen hatte. Es bestünden aber - so das Verwaltungsgericht - erhebliche Zweifel, ob § 40 Abs. 1a Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch die Behörde auch dazu ermächtige und verpflichte, die Öffentlichkeit über Mängel bei der Hygiene eines Gaststättenbetriebs zu informieren. Der Wortlaut des Gesetzes spreche dafür, dass die Behörde nur zur Herausgabe einer sogenannten Produktwarnung ermächtigt werde, also zur Information über ein konkretes Lebensmittel, das unter Verstoß gegen lebensmittelrechtliche Vorschriften hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gelangt sei. Dass die Vorschrift über ihren Wortlaut hinaus die Pflicht der Behörden begründe, die Öffentlichkeit generell über hygienische Mängel in Betrieben zu informieren, die Lebensmittel verarbeiteten und/oder in den Verkehr brächten, lasse sich auch der amtlichen Begründung des Gesetzes nicht entnehmen. Angesichts der erheblichen Zweifel an der Rechtmäßigkeit der geplanten Veröffentlichung überwiege das Interesse des Gaststättenbetreibers, hiervon vorläufig verschont zu bleiben. Dies gelte umso mehr, als in der Zwischenzeit die Einhaltung der Hygienevorschriften in dieser Gaststätte sichergestellt sei, eine Veröffentlichung deshalb zum Schutz der Verbraucher nicht unerlässlich sei. Der Beschluss vom 07.11.2012 (2 K 2430/12) ist nicht rechtskräftig. Die Stadt Pforzheim kann gegen ihn binnen zwei Wochen ab Zustellung beim Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg in Mannheim Beschwerde einlegen.
Quelle: Pressemitteilung des VG Pforzheim v. 13.11.2012
Inhalt:
Viele Händler verwenden Klauseln wie „Lieferung in der Regel innerhalb von 2 Werktagen“ oder „die Lieferzeit beträgt ca. 1 Woche“. Dass für die Händler vielfältige Gründe bestehen, eine genaue Angabe des Leistungszeitpunkts zu vermeiden, leuchtet ein. Auch die großen Online-Marktplatzbetreiber Amazon und eBay erkannten dieses Bedürfnis ihrer Händler und fügen den Angaben zur Versanddauer automatisch per Algorithmus ein „voraussichtlich“ hinzu. Dieser Service war gut gemeint, aber nicht gut durchdacht.
Warum die so gewählte Voreinstellung jederzeit zu Abmahnungen gegenüber den eBay- und Amazon-Händlern führen kann, beleuchtet der heutige Podcast.
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