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Newsletter vom 22.04.2009 |
Betreff: Rechts-Newsletter 16. KW / 2009: Kanzlei Dr. Bahr |
Kurz nach der Begehung einer schweren Straftat (hier: Mord) überwiege im Zweifel zwar das Informationsinteresse der Öffentlichkeit gegenüber dem Schutzbedürfnis des Straftäters. Eine Namensnennung könne daher zu diesem Zeitpunkt durchaus gerechtfertigt sein. Etwas anderes gelte jedoch, wenn die Tat bereits Anfang der 1990er Jahre geschehen sei und der Betroffene kurz vor der Haftentlassung stehe. In einem solchen Fall überwiege das Interesse des Täters auf Resozialisierung. Dem Informationsbedürfnis würde dadurch genüge getan, dass auch weiterhin über den Fall berichtet werden dürfe und nur die Erwähnung des Namens zu unterbleiben habe.
Die Richter nahmen diese hohe Summe insbesondere deswegen an, weil es dem Antragsteller erkennbar um eine wirkungsvolle Abwehr schwerwiegender Urheberrechtsverstöße im Internet gehe. Zudem stuften die Richter das Handeln des Antragsgegners als besonders kritikbedürftig ein, denn die Geschäftstätigkeit basiere auf dem Umstand, dass der Usenet-Anbieter zumindest billigend die massenhafte Verletzung von fremden Urheberrechten in Kauf nehme. Diese begründe ein höheres Gefährdungspotential, das sich auch bei der Bestimmung der Streitwerthöhe niederschlage.
Der Beklagte, ein Fahrzeughersteller, hatte von dem klägerischen Software-Anbieter ein EDV-Programm für den Einkauf von Zulieferteilen erstellen lassen. Auf die Software griffen der Beklagte und seine Zulieferer im Wege des ASP zu. Obgleich der Vertrag Ende Januar 2005 auslief, nutzte der Beklagte die Software weiterhin und bot auch seinen Zulieferern die Möglichkeit des Zugriffs an. Das Software-Haus sah darin eine Urheberrechtsverletzung. Zu Recht wie die Münchener Richter entschieden. Durch das Angebot an seine Zulieferer habe der Beklagte die Software unerlaubt veröffentlicht und damit einen Urheberrechtsverstoß begangen. Nach dem Wortlaut des Gesetzes sei es unerheblich, ob Programmdaten auch tatsächlich übertragen wurden oder nicht. Ausreichend sei vielmehr, dass der Fahrzeughersteller einer unbestimmten Anzahl von Personen, hier seinen Lieferanten, den Zugriff ermöglicht habe.
Neben seiner ehemaligen Tätigkeit als Leiter des Hamburger Nachrichtenmagazins war der Kläger auch Autor eines Buch über die Rote Armee Fraktion. (RAF). Auf Basis dieses Buches erfolgte im Jahre 2008 eine erfolgreiche Verfilmung des Stoffes. In Zusammenhang mit der Premiere dieses Filmes wurde ein Farbbeutelanschlag auf das Haus des Klägers verübt. Die beklagte Zeitung berichtete hierüber und bildete dabei auch das Haus des Klägers von unterschiedlichen Seiten ab. Zu Unrecht wie die Berliner Richter entschieden. Die Veröffentlichung der Bilder verletze den Kläger in seinem Recht aus Privatsphäre. Das öffentliche Interesse an der Farbbeuteltat sei gering. Zudem handle es sich um eine relativ unbedeutende Tat. Das Bedürfnis des Klägers in seiner Privatsphäre geschützt zu sein, überwiege eindeutig. Die Privatsphäre erstrecke sich insbesondere auf dem heimischen Bereich, in dem der Einzelne zu sich kommen und sich entspannen könne. Diesen Schutz würden auch Personen wie der Kläger genießen, die einer gesteigerten öffentlichen Beobachtung unterlägen. Der Artikel befriedige, so die Richter, lediglich die Neugier des Lesers und diene reinen Unterhaltungszwecken.
Kläger und Beklagter waren jeweils Rechtsanwälte. Der Beklagte gab auf seiner Homepage als Bezeichnung "Rechtsanwalt Dr." an. Er hatte diese Titel als "Doktor prav" an der Universität Bratislava erworben. In Berlin und Bayern war das Führen eines solchen Titels ohne weitere Zusätze erlaubt, in allen anderen Bundesländern verboten. Der Kläger sah in der Platzierung auf der Webseite einen Wettbewerbsverstoß, da die Homepage sich an an alle 16 Bundesländer gleichermaßen richte und nicht nur an Anwohner aus Berlin oder Bayern. Die Düsseldorfer Richter gaben dem Kläger recht und verboten die Führung des Titels ohne erläuternde Zusätze. Da der Internetauftritt bestimmungsgemäß im gesamten Bundesgebiet abrufbar sei, reiche es eben nicht aus, dass die Länder Berlin und Bayern das Tragen des Doktor-Titels ohne jeglichen Zusatz erlauben würden. Vielmehr müsse es in allen Bundesländern erlaubt sein. Da dies nicht der Fall sei, verstoße der Beklagte gegen geltendes Recht. Es liege darin auch ein Wettbewerbsverstoß, denn der Doktorgrad erzeuge bei einem großen Teil der Bevölkerung erhebliches Vertrauen in die Kompetenz des jeweiligen Trägers. Dies sei ein Umstand, der objektiv geeignet sei, neue Mandanten anzulocken und damit die eigene Marktposition gegenüber Konkurrenten zu stärken.
Die Beklagte, eine große deutsche Krankenkasse, warb auf ihrer Internet-Seite mit den Sätzen: "NEU: DIE TESTMITGLIEDSCHAFT! Dies sahen die Niedersächsischen Richter als irreführend an. Der Kunde gehe aufgrund der Werbung der Beklagten davon aus, dass er bei Nichtgefallen jederzeit in seine alte Krankenkasse zurück könne. Dies sei jedoch nachweislich nicht richtig. Zwar lasse das Gesetz eine Verkürzung der 18-monatigen Kündigungsfrist ausnahmsweise zu, aber nur für den Fall, dass eine Mitgliedschaft bei einer anderen Krankenkasse der gleichen Kassenart begründet werde. Die Rückkehr zur vorherigen Krankenkasse sei jedoch nicht möglich. Es werde daher ein Irrtum beim Verbraucher erregt, der einen Wettbewerbsverstoß begründe.
Die Angeklagte war politisch engagiert im Kampf gegen Neonazis. In der Vergangenheit kam es häufiger zu Auseinandersetzungen mit Anhängern der rechten Szene. Mehrfach veröffentlichten die Rechtsradikalen auf ihren Internetseiten Fotos von der Angeklagten und verhöhnten sie. Auf der Demonstration gegen Neonazis vermummte sie sich daher, um nicht erneut fotografiert zu werden. In der 1.Instanz wurde sie deswegen wegen Verstoßes gegen das Vermummungsverbot strafrechtlich verurteilt. Hiergegen legte sie Berufung ein. Die Berufungsrichter sprachen die Angeklagte frei. Die Beschuldigte habe ihr Gesicht nur zum Schutz der eigenen Identität vor den Neonazis vermummt und gerade nicht vor der Polizei. Sie habe hierdurch lediglich verhindern wollen, dass Anhänger der rechten Szene erneut von ihr Bilder machten, die später im Internet zu Diffamierungszwecken veröffentlicht würden. Die Teilnehmer einer Demonstration müssten sich nicht dem politischen Gegner und dessen Repressalien ausliefern. Andernfalls bestünde bestehe die erhebliche Gefahr, dass politische Demonstrationen auf Dauer durch das systematische Fotografieren in die Demonstrationszüge hinein leicht unterbunden würden. Denn die einzige Alternative sei dann das Fernbleiben von der Veranstaltung, was eine erhebliche und unzumutbare Einschränkung des grundgesetzlich geschützten Demonstrationsrechts darstelle.
Eine derartige Presseveröffentlichung sei nicht durch das allgemeine Informationsinteresse gedeckt, denn die Privatsphäre des bekannten Fussballers überwiege. Auch wenn es sich um einen Prominenten handle, so er verliere dadurch nicht seinen Anspruch auf Privatheit. Etwas anderes ergebe sich auch nicht aus dem Umstand, dass der Kläger sich selbst öffentlich zum dem Thema Beziehung geäußert habe. Denn diese Erklärungen, so die Hanseatischen Juristen, beträfen alleine die Tatsache, dass er sich wieder mit seiner Frau versöhnt habe. Hinsichtlich des Ehebruchs habe er dagegen in der Öffentlichkeit nie Äußerungen vorgenommen. so dass dieser Bereich zu seinem rechtlich geschützten Privatleben zähle.
Denn entgegen der werblichen Anpreisung als "unbegrenzte Datenflatrate" würden die Leistungen in Wahrheit nach dem Verbrauch eines gewissen Datenvolumens in puncto Geschwindigkeit beschränkt. Damit werde der Verbraucher bewusst in die Irre geführt. Daran ändere auch nichts der Sternchenhinweis am Ende des Angebots. Dies sei nicht ausreichend, um die Fehlvorstellung des Kunden, wenn er "unbegrenzte Datenflatrate" lese, aus der Welt zu schaffen. Denn die Wahl der Begrifflichkeiten erwecke gerade den Eindruck, es handle sich um eine unbegrenzte Leistung.
Das LG Frankfurt a.M. (Urt. v. 02.01.2008 - Az.: 3-08 O 143/07) hatte Anfang 2008 dem Unternehmen Arcor verboten, Werbung auf einer Internet-Plattform zu schalten, auf der schwerpunktmäßig urheberrechtswidrige oder jugendgefährdende Werke zum Download angeboten wurden. Das Telekommunikations-Unternehmen sei durch die Schaltung seiner Werbung als Mitstörer anzusehen, so das LG Frankfurt. Dies sehen die Münchener Richter anders und verneinten eine Mithaftung. Es sei nicht ersichtlich, dass das verklagte Unternehmen eine irgendwie geartete Einwirkungsmöglichkeit auf die Webseite habe. Zwar fördere es mit seiner Werbeplatzierung das Handeln des illegalen Portal-Betreibers. Es jedoch weltfremd anzunehmen, dass die Plattform maßgeblich auf Werbegelder aus Deutschland angewiesen sei. Die Androhung eines Boykotts hätte daher keinerlei Wirkung erzielt. Insofern fehle an der realen Einwirkungsmöglichkeit des Beklagten. Eine Mitstörerhaftung sei daher zu verneinen.
Der Kläger war 1981 vom Ministerium für Staatssicherheit der DDR unter Androhung eines Ermittlungsverfahrens sowie einer Gefängnisstrafe wegen seiner Kenntnis von illegalen Antiquitätenverkäufen nach Westberlin als informeller Mitarbeiter (IM) angeworben worden. Seit 1989 war der Kläger gar als IMB tätig, wurde also über die Informationsbeschaffung hinaus als einer von nur wenigen IM zur Zersetzung, Zerschlagung oder Zurückdrängung von Feinden eingesetzt. Der Beklagte berichtet auf seiner Internetseite über die Aktivitäten der Staatssicherheit in und um Erfurt. Dabei ist auch ein Foto veröffentlicht, auf dem ein Militärstaatsanwalt im Dezember 1989 Räumlichkeiten des Ministeriums für Staatssicherheit versiegelt. Auf diesem Foto ist auch der Kläger zu sehen. Neben dem Bild stehen Namen und Funktion (IMB) des Klägers. Dergleichen wollte der Kläger dem Beklagten verbieten lassen. Begründung: Da er im Staatsapparat der DDR weder ein Amt bekleidet noch eine sonstige Position des öffentlichen Lebens ausgefüllt habe, müsse das Informationsinteresse der Öffentlichkeit hinter seinen berechtigten Interessen zurücktreten. Das sah die 9. Zivilkammer anders: Es handelt sich so befanden die Richter um ein wahrhaft historische Bilddokument, auf dem der Kläger da zu sehen ist. Als IMB so heißt es in dem Urteil weiter hebt sich der Kläger durchaus von anderen informellen Mitarbeitern oder gar der übrigen Bevölkerung der DDR ab und ist insoweit sehr wohl exponiert. Vor diesem Hintergrund muss das grundsätzlich anerkennenswerte Interesse des Klägers an Anonymität hinter die durch die allgemeine Meinungsfreiheit, die Informationsfreiheit und die Wissenschaftsfreiheit geschützten Interessen des Beklagten zurücktreten. Die Aufarbeitung historischer Ereignisse und die Ermittlung der geschichtlichen Wahrheit, wie sie unabdingbare Voraussetzung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und eines jeden freien und pluralistischen Gemeinwesens sind, würden in nicht hinnehmbarem Maße zurückgedrängt, wenn über historische und geschichtlich bedeutsame Ereignisse nicht voll umfänglich berichtet werden dürfte. Dies schließt die Veröffentlichung von Bildern und soweit Personen sprichwörtlich Geschichte machen Bildnissen mit ein. Im vorliegenden Fall ist es gerade auch nicht so, dass die Person des Klägers für die historische Aufarbeitung irrelevant wäre, so dass sein Recht auf Anonymität die Publikationsinteressen des Beklagten und die Informationsinteressen der Allgemeinheit überwiegen würde: Gerade die Besonderheit des Augenblicks und die Funktion, die der Kläger seinerzeit eingenommen hatte, lassen die Veröffentlichung seines Bildnisses als gerechtfertigt erscheinen. Gleiches gilt nach dem Urteil auch für die Namensnennung: Man darf das historische Foto also nicht nur zeigen, sondern auch sagen, wer und was darauf zu sehen ist. (Urteil des Landgerichts München I, Aktenzeichen: 9 O 1277/09; nicht rechtskräftig) Quelle: Pressemitteilung des LG München I v. 15.04.2009
Beweispflichtig für die Inkenntnissetzung sei derjenige, der den Unterlassungsanspruch geltend mache. Könne er nicht beweisen, dass er den Foren-Betreiber benachrichtigt habe, trete keine Mitstörerhaftung ein. Da die Klägerin diesen Nachweis im vorliegenden Fall nicht erbringe konnte, lehnte das Gericht den Anspruch ab.
Dazu aus der Pressemitteilung des Bundesfamilien-Ministeriums: "Seiten mit kinderpornografischen Inhalten im Internet sind künftig nicht mehr ohne weiteres von Deutschland aus aufrufbar. Dies bewirkt ein Vertrag, den die fünf größten Internetzugangsanbieter (Provider) Deutschlands heute mit dem Bundeskriminalamt (BKA) geschlossen haben. Mit der Vertragsunterzeichnung setzen die Bundesregierung und die fünf Unternehmen nach nur drei Monaten eine entsprechende Vereinbarung vom 13. Januar 2009 um. Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen hatte diesen wichtigen Schritt gemeinsam mit ihren Kabinettskollegen Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble und Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg angestoßen und intensiv vorbereitet. Fünf Unternehmen unterzeichneten am 17. April den Vertrag mit dem BKA: - Deutsche Telekom AG, Diese fünf Unternehmen decken rund 75 Prozent des deutschen Anbietermarktes ab. Mit dem Vertrag verpflichten sich die unterzeichnenden Internetanbieter, zeitnah Seiten mit kinderpornografischem Inhalt zu sperren. Spätestens in sechs Monaten muss die Technik funktionsfähig in Gang gesetzt sein. Die Sperren auf Domain Name System (DNS)-Basis verhindern, dass die illegalen Seiten mit kinderpornografischem Inhalt durch Eingabe des Namens aufgerufen werden können. In der Regel erscheint dann eine erläuternde STOPP-Seite. In den Verträgen sind die Aufgaben klar verteilt: Die Liste der zu sperrenden Adressen ermittelt, liefert und verantwortet das BKA. Die eventuelle Haftung für die danach einzuleitende Sperrung liegt daher auch allein beim BKA. Die Zugangsanbieter sind ausschließlich für die technischen Sperrmaßnahmen zuständig, nicht für die Inhalte." Unter http://www.zensurprovider.de/liste.php steht eine Übersicht zum Abruf bereit, die zeigt welche ISP sperren und welche nicht. Bereits in der Vergangenheit hatte der Chaos Computer Club (CCC) hat ein entsprechendes Vertragsmuster veröffentlicht. Der geschlossene öffentlich-rechtliche Vertrag ist juristisch außerordentlich umstritten und wird wegen einer Vielzahl von Punkten heftigst kritisiert. Dabei werden praktisch alle rechtlichen Standpunkte vertreten: Von totaler Unwirksamkeit bis hin zu umfassender Rechtmäßigkeit.
Mit der Schaffung eines eigenständigen, gesetzlichen Auskunftsanspruchs Mitte 2008 sollte damit Schluss sein. Ziel der Neuregelung war die Eindämmung von Urheberrechtsverletzungen. Nachdem eine wahre Welle von Anträgen die Gerichte, insbesondere beim Landgericht Köln, erreicht hatte, zeigt der Artikel von Rechtsanwalt Noogie C. Kaufmann, Master of Arts, in der vergangenen ComputerTechnik - c´t 08/09, Seite 156 (PDF-Download hier) auf, was tatsächlich dran ist am neuen Auskunftsanspruch und was "Tauscher" zu befürchten oder nicht zu befürchten haben.
Inhalt: Der Bundesgerichtshof hat dazu im September 2008 eine Grundsatzentscheidung getroffen. Mit dieser Grundsatz-Entscheidung beschäftigt sich der heutige Podcast.
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