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Newsletter vom 22.05.2013 |
Betreff: Rechts-Newsletter 21. KW / 2013: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. Bundesgerichtshof legt dem Gerichtshof der Europäischen Union Frage zur urheberrechtlichen Zulässigkeit des "Framing" vor _____________________________________________________________ Der u.a. für das Urheberrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat dem Gerichtshof der Europäischen Union die Frage vorgelegt, ob der Betreiber einer Internetseite eine Urheberrechtsverletzung begeht, wenn er urheberrechtlich geschützte Inhalte, die auf anderen Internetseiten öffentlich zugänglich sind, im Wege des "Framing" in seine eigene Internetseite einbindet. Die Klägerin, die Wasserfiltersysteme herstellt und vertreibt, ließ zu Werbezwecken einen etwa zwei Minuten langen Film mit dem Titel "Die Realität" herstellen, der sich mit der Wasserverschmutzung befasst. Sie ist Inhaberin der ausschließlichen Nutzungsrechte an diesem Film. Der Film war - nach dem Vorbringen der Klägerin ohne ihre Zustimmung - auf der Videoplattform "YouTube" abrufbar. Die beiden Beklagten sind als selbständige Handelsvertreter für ein mit der Klägerin im Wettbewerb stehendes Unternehmen tätig. Sie unterhalten jeweils eigene Internetseiten, auf denen sie für die von ihnen vertriebenen Produkte werben. Im Sommer 2010 ermöglichten sie den Besuchern ihrer Internetseiten, das von der Klägerin in Auftrag gegebene Video im Wege des "Framing" abzurufen. Bei einem Klick auf einen elektronischen Verweis wurde der Film vom Server der Videoplattform "YouTube" abgerufen und in einem auf den Webseiten der Beklagten erscheinenden Rahmen ("Frame") abgespielt. Die Klägerin ist der Auffassung, die Beklagten hätten das Video damit unberechtigt im Sinne des § 19a UrhG öffentlich zugänglich gemacht. Sie hat die Beklagten daher auf Zahlung von Schadensersatz in Anspruch genommen. Das Landgericht hat die Beklagten antragsgemäß zur Zahlung von Schadensersatz in Höhe von je 1.000 € an die Klägerin verurteilt. Auf die Berufung der Beklagten hat das Berufungsgericht die Klage abgewiesen. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision begehrt die Klägerin die Wiederherstellung des landgerichtlichen Urteils. Das Berufungsgericht hat zwar - so der Bundesgerichtshof - mit Recht angenommen, dass die bloße Verknüpfung eines auf einer fremden Internetseite bereitgehaltenen Werkes mit der eigenen Internetseite im Wege des "Framing" grundsätzlich kein öffentliches Zugänglichmachen im Sinne des § 19a UrhG darstellt, weil allein der Inhaber der fremden Internetseite darüber entscheidet, ob das auf seiner Internetseite bereitgehaltene Werk der Öffentlichkeit zugänglich bleibt. Eine solche Verknüpfung könnte jedoch bei einer im Blick auf Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG zur Harmonisierung bestimmter Aspekte des Urheberrechts und der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft gebotenen richtlinienkonformen Auslegung des § 15 Abs. 2 UrhG ein unbenanntes Verwertungsrecht der öffentlichen Wiedergabe verletzen. Der Bundesgerichtshof hat dem Gerichtshof der Europäischen Union daher die - auch unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Gerichtshofs nicht zweifelsfrei zu beantwortende - Frage vorgelegt, ob bei der hier in Rede stehenden Einbettung eines auf einer fremden Internetseite öffentlich zugänglich gemachten fremden Werkes in eine eigene Internetseite eine öffentliche Wiedergabe im Sinne des Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2001/29/EG vorliegt.
Beschluss vom 16. Mai 2013 - I ZR 46/12 - Die Realität
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 16.05.2013
Die Kläger vermittelten in Bayern Sportwetten an private Wettanbieter im EU-Ausland, die ebenso wie sie selbst nicht über eine im Inland erteilte Erlaubnis verfügten. Die beklagten Städte München und Nürnberg sowie drei ebenfalls beklagte bayerische Landkreise untersagten die Vermittlungstätigkeit. Sie stützten ihre Verbote maßgeblich auf das staatliche Sportwettenmonopol. Dieses war bis Ende 2007 im Lotteriestaatsvertrag und anschließend im zwischenzeitlich ebenfalls ausgelaufenen Glücksspielstaatsvertrag alter Fassung geregelt; es schloss eine Wettvermittlung an private Veranstalter aus. Eine der Untersagungsverfügungen verwies zusätzlich auf die Notwendigkeit, den gesetzlichen Erlaubnisvorbehalt durchzusetzen, um die Gefahren einer illegalen Wettvermittlung abzuwehren. Die dagegen erhobenen Klagen wurden in erster Instanz abgewiesen. Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof gab den Berufungen der Kläger statt. Dagegen legte die Landesanwaltschaft Bayern Revisionen ein. Während der Revisionsverfahren trat am 1. Juli 2012 ein neuer Glücksspielstaatsvertrag in Kraft. Daraufhin erklärten die zuständigen Behörden, aus den angefochtenen Verfügungen nach diesem Zeitpunkt keine Rechte mehr herleiten zu wollen. Im Revisionsverfahren haben die Kläger deshalb zuletzt beantragt, die Rechtswidrigkeit der erledigten Untersagungen nach altem Recht festzustellen. Das Bundesverwaltungsgericht hat insoweit den Revisionen der Landesanwaltschaft Bayern stattgegeben und die klageabweisenden erstinstanzlichen Urteile wiederhergestellt. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass die Klagen auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Untersagungsverfügungen unzulässig sind. Für erledigte Sachen können die staatlichen Gerichte nur in Anspruch genommen werden, wenn der Kläger daran ein berechtigtes Interesse hat. Das ist in den entschiedenen Verfahren nicht der Fall. Ein solches Interesse ist nicht mit einer Wiederholungsgefahr zu begründen, weil sich die maßgebliche Rechtslage mit dem Inkrafttreten des neuen Glücksspielstaatsvertrags in Bayern zum 1. Juli 2012 wesentlich geändert hat. Ein Rehabilitierungsinteresse liegt in den entschiedenen Fällen ebenfalls nicht vor. Dieses setzt voraus, dass das soziale Ansehen der Betroffenen herabgesetzt wird. Eine solche Stigmatisierung liegt nicht schon in der Feststellung, die untersagte Tätigkeit sei rechtswidrig oder erfülle den objektiven Tatbestand einer Strafrechtsnorm. Erforderlich ist vielmehr ein personenbezogener Vorwurf schuldhaft kriminellen Verhaltens. Soweit in den entschiedenen Fällen Ermittlungsverfahren eingeleitet worden waren, ist eine etwaige stigmatisierende Außenwirkung mit deren Einstellung entfallen. Wenn ein Verschulden dabei nicht ausdrücklich verneint, sondern mit Bezug auf die unklare Rechtslage nur bezweifelt und als allenfalls geringfügig bezeichnet wurde, ist schon wegen der Einstellung des Verfahrens als Bagatellsache nicht von einer nachhaltigen, heute noch fortwirkenden Stigmatisierung auszugehen. In künftigen Verwaltungsverfahren nach neuem Recht drohen den Klägern wegen der Missachtung des umstrittenen Monopols ebenfalls keine Nachteile, wie der Vertreter des Freistaats Bayern ausdrücklich versichert hat. Ein berechtigtes Interesse an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der erledigten Untersagungen ist auch nicht wegen eines tiefgreifenden Eingriffs in die Berufsfreiheit oder die Niederlassungs- oder Dienstleistungsfreiheit zu bejahen. Das Grundrecht auf effektiven Rechtsschutz gebietet grundsätzlich nicht, den Rechtsweg gegen erledigte Maßnahmen zu eröffnen, wenn dies für die Beseitigung etwa fortwirkender Nachteile für den Betroffenen nicht von Nutzen sein kann. Anders ist es nur bei Eingriffen, die sich typischerweise kurzfristig endgültig erledigen. Sonst wäre in diesen Fällen eine gerichtliche Klärung in einem Hauptsacheverfahren praktisch ausgeschlossen. Die glücksspielrechtlichen Untersagungen sind als Verwaltungsakte mit Dauerwirkung aber gerade nicht auf eine solch kurzfristige Erledigung, sondern auf langfristige Geltung angelegt. Das belegen die entschiedenen Fälle. In ihnen ist die endgültige Erledigung erst nach mehrjährigem Rechtsstreit aufgrund einer nachträglichen Befristung während des Revisionsverfahrens eingetreten. Bis dahin war eine gerichtliche Überprüfung in der Hauptsache im Rahmen der Anfechtungsklage ohne Weiteres möglich und wurde in den ersten beiden Instanzen auch vorgenommen. Aus den unionsrechtlichen Grundfreiheiten und der Gewährleistung eines wirksamen Rechtsbehelfs nach der Europäischen Grundrechtecharta lässt sich keine Verpflichtung herleiten, in solchen Fällen die Anforderungen an ein berechtigtes Feststellungsinteresse großzügiger zu fassen. Das ergibt sich aus der unionsgerichtlichen Rechtsprechung. Die Absicht, Staatshaftungsansprüche geltend zu machen, kann ein berechtigtes Feststellungsinteresse in den entschiedenen Verfahren ebenfalls nicht begründen. Eine Staatshaftungsklage wäre jeweils offensichtlich aussichtslos. Im Zeitraum bis zum Herbst 2010 liegt nach der zivilgerichtlichen Rechtsprechung weder ein für die Amtshaftung erforderliches Verschulden der zuständigen Amtswalter noch eine hinreichend qualifizierte Verletzung unionsrechtlicher Bestimmungen vor. Den Amtswaltern ist nicht vorzuwerfen, dass sie sich an der damaligen Rechtsprechung der bayerischen Verwaltungsgerichte orientierten, die die Untersagungen gebilligt hatten. Die unionsrechtlichen Anforderungen an das Sportwettenmonopol waren zumindest bis zu den Entscheidungen des Gerichtshofs der Europäischen Union vom 8. September 2010 und den daran anknüpfenden Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. November 2010 noch nicht hinreichend geklärt. Für den anschließenden Zeitraum bis zur endgültigen Erledigung der Untersagungen am 30. Juni 2012 fehlt es jedenfalls an der Ursächlichkeit einer etwaigen Rechtswidrigkeit der Verbotsverfügungen für den geltend gemachten Schaden. Bei Ermessensentscheidungen wie den glücksspielrechtlichen Untersagungen ist der erforderliche Ursachenzusammenhang zwischen Rechtsverletzung und Schaden nur zu bejahen, wenn feststeht, dass die Behörde bei fehlerfreier Ermessensausübung eine andere, nicht zum Schaden führende Entscheidung getroffen hätte. Das trifft in den entschiedenen Fällen nicht zu. Die Behörden hätten die unerlaubte Sportwettenvermittlung - unabhängig von der Wirksamkeit und Anwendbarkeit des Monopols - ermessensfehlerfrei untersagen können, um den ordnungsrechtlichen Erlaubnisvorbehalt im Interesse effektiver Gefahrenabwehr durchzusetzen. Der Erlaubnisvorbehalt selbst ist mit Verfassungs- und Unionsrecht vereinbar. Er dient dazu, die persönliche Zuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zu überprüfen und sicherzustellen, dass seine Wettvermittlung den gesetzlichen Anforderungen entspricht, die insbesondere zum Spieler- und zum Jugendschutz bestehen. Die Durchsetzung des Erlaubnisvorbehalts wäre in den entschiedenen Fällen auch nicht unverhältnismäßig gewesen. Anders wäre es nur, wenn die untersagte Tätigkeit offensichtlich erlaubnisfähig gewesen wäre. Die Ungewissheit, ob sie erlaubnisfähig war, schloss eine Untersagung dagegen nicht aus. Der Erlaubnisvorbehalt soll und darf gerade sicherstellen, dass offene Fragen zur Gefährlichkeit der Tätigkeit im Erlaubnisverfahren geklärt werden. Seine Durchsetzung soll verhindern, dass unkontrolliertes Handeln vollendete Tatsachen schaffen und unüberprüfte Gefahren realisieren kann. Eine Klärung im Erlaubnisverfahren war den Betroffenen auch zuzumuten, weil der Freistaat Bayern dieses Verfahren nach den unionsgerichtlichen Entscheidungen vom September 2010 für private Wettanbieter und deren Vermittler geöffnet hatte. Die landesgesetzliche Regelung ermöglichte eine entsprechende, verfassungs- und unionsrechtskonforme Auslegung und Anwendung der einschlägigen Vorschriften. Gegen etwaige rechtsfehlerhafte - auch unionsrechtswidrige - Entscheidungen im Erlaubnisverfahren stand effektiver Rechtsschutz zur Verfügung. BVerwG 8 C 14.12 - Urteil vom 16. Mai 2013
Vorinstanzen: BVerwG 8 C 15.12 - Urteil vom 16. Mai 2013 Vorinstanzen: BVerwG 8 C 16.12 - Urteil vom 16. Mai 2013 Vorinstanzen: BVerwG 8 C 35.12 - Urteil vom 16. Mai 2013 Vorinstanzen: BVerwG 8 C 41.12 - Urteil vom 16. Mai 2013 Vorinstanzen: BVerwG 8 C 40.12 - Urteil vom 16. Mai 2013 Vorinstanzen: BVerwG 8 C 20.12 - Urteil vom 16. Mai 2013 Vorinstanzen: BVerwG 8 C 22.12 - Urteil vom 16. Mai 2013 Vorinstanzen: BVerwG 8 C 38.12 - Urteil vom 16. Mai 2013 Vorinstanzen:
Quelle: Pressemitteilung des BVerwG v. 16.05.2013
Er hat damit seine frühere Auffassung aufgegeben (Beschluss vom 23. Juni 1964 GrS 1/64 S, BFHE 80, 73, BStBl III 1964, 500), nach der Prostituierte aus „gewerbsmäßiger Unzucht“ keine gewerblichen, sondern sonstige Einkünfte i.S. des § 22 Nr. 3 des Einkommensteuergesetzes erwirtschafteten. Der BFH folgte mit seiner nunmehr getroffenen Entscheidung der in der Verwaltung und der Literatur allgemein vertretenen Auffassung, nach der Prostituierte mit ihrer Tätigkeit einen Gewerbebetrieb unterhalten. Beschluss vom 20.02.13 GrS 1/12
Quelle: Pressemitteilung des BFH v. 08.05.2013
Ein Hotelbetreiber ging gegen unwahre Tatsachenbehauptungen vor, die ein User im Rahmen einer Bewertung auf der Online-Plattform von HolidayCheck abgegeben hatte. Das Hotel-Unternehmen verlangte von HolidayCheck Unterlassung. Die Berliner Richter verneinten eine Haftung des Plattform-Betreibers. Zum einen liege kein Verbreiten iSd. § 4 Nr. 8 UWG vor, da es hierfür einer qualifizierten Unterstützungshandlung bedürfe. Hier schalte die Beklagte lediglich fremde Bewertungen frei. Dies gelte selbst dann, wenn - wie hier - die Äußerung von einem HolidayCheck-Mitarbeiter überprüft und freigeschaltet worden sei. Darüber hinaus komme die Beklagte in den Genuss der Haftungsprivilegierung des § 10 TMG. Obgleich nach der (älteren) Rechtsprechung des BGH diese Norm auf Unterlassungsansprüche keine Anwendung finde, bejaht das KG Berlin im vorliegenden Fall dessen Gültigkeit. Vielmehr sei auf die Rechtsprechung des EuGH abzustellen, wonach auch die Beklagte in den Genuss dieser Privilegierung komme.
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Bereits die Frage, ob hier ein tatsächlich kein wettbewerbsrechtliches Verbreiten vorliegt, kann mit guten Argumenten durchaus anders beantwortet werden. Gleiches gilt für die Frage der Haftungsprivilegierung. Hier betritt das KG Berlin mit seinen Ausführungen juristisches Neuland. Das Gericht hat die Revision zugelassen, so dass es nicht unwahrscheinlich ist, dass alsbald der BGH ein abschließendes Machtwort sprechen wird.
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Es ging bei der Rechtsstreitigkeit um die Frage, ob Geräte, die in einer Musterküche ausgestellt worden waren, nach der Energiekennzeichnungsverordnung (EnVKV) angabepflichtig sind. Nach den Vorschriften der EnVKV müssen grundsätzlich sämtliche neuen Geräte gekennzeichnet werden. Nur Gebrauchtgeräte sind hiervon ausgenommen. Auf diese Ausnahmevorschrift berief sich die Beklagte. Das KG Berlin sah im vorliegenden Fall keine solche Ausnahme. Maßgeblich sei, welche originäre Zweckbestimmung das jeweilige Geräte habe. Hier z.B. handle es sich um einen Backofen, der also dem Backen diene. Das Produkt werde daher nicht schon allein deswegen zum Gebrauchtgerät, weil er in einer Musterküche aufgebaut und elektrisch angeschlossen werde. Der Backofen sei zum Backen da und nicht zum Anschauen. Folglich bleibe ein Backofen, solange niemand mit ihm backe, ungebraucht.
Dies gelte um so mehr bei der sonstigen Ausstattung einer Küche (Gasherd, Geschirrspüler), die noch nicht einmal angeschlossen worden sei. Es verstehe sich von selbst, dass aufgrund dieser Umstände bereits ein Gebrauchen ausscheide, so dass auch kein Gebrauchtgerät vorliegen könne.
Das Regierungspräsidium Gießen wirft dem Gewerbetreibenden, der Tabakwaren vertreibt, vor, nachhaltig Vorschriften des Jugendschutzrechts dadurch missachtet zu haben, dass er zum wiederholten Male nachweislich Zigaretten an Jugendliche verkauft und deswegen auch schon mehrere Bußgeldbescheide erhalten habe. Nach § 35 Abs. 1 S. 1 Gewerbeordnung - GewO - sei die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun. Unzuverlässig in diesem Sinne sei ein Gewerbetreibender, der nach dem Gesamteindruck seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe künftig ordnungsgemäß betreiben wird. Mit der nachhaltigen Missachtung der Vorschriften des Jugendschutzrechts, das verbietet, in Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit Tabakwaren an Kinder und Jugendliche abzugeben, habe der Antragsteller seine Unzuverlässigkeit bewiesen. Als bedeutsames Rechtsgut genieße der Jugendschutz Verfassungsrang. Dem Argument des Antragstellers, die schieren Verkaufszahlen belegten, dass ihm eine Überprüfung des Alters seiner Kunden nicht in jedem Fall möglich sei, ließ das Gericht in Anbetracht dessen und wegen der wiederholten Verstöße nicht gelten. Der Beschluss vom 29.04.2013 (8 L 326/13.GI) ist noch nicht rechtskräftig. Der Antragsteller hat mittlerweile dagegen Beschwerde beim Hessischen Verwaltungsgerichtshof in Kassel eingelegt.
Quelle: Pressemitteilung des VG Gießen v. 15.05.2013
Geklagt hatte eine Apothekerin, die die Bareinnahmen ihrer Apotheke mit einer sog. PC-Kasse erfasste. Die baren Tageseinnahmen stellte sie durch fortlaufende Tagesendsummenbons (Z-Bons) mit anschließender Nullstellung des Kassenspeichers fest. Die Summe der täglichen Bareinnahmen wurde manuell in das Kassenbuch übertragen, das Grundlage der Buchführung war. Der Aufforderung des Betriebsprüfers, auch die elektronische Datei mit den Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe vorzulegen, kam sie nicht nach. Zwar legte sie dem Betriebsprüfer eine CD mit Daten aus ihrem Kassensystem vor; die Datei mit der Einzeldokumentation der Verkäufe hatte sie dabei jedoch entfernt. Das Hessische Finanzgericht entschied, dass für die Aufforderung des Finanzamtes, auch die Datei mit den Einzelaufzeichnungen der Barverkäufe vorzulegen, keine Rechtsgrundlage bestehe. Denn für die Klägerin, die nicht an andere gewerbliche Unternehmen, sondern an Endverbraucher liefere, habe aufgrund der Größe und der Einzelumsatzhäufigkeit weder nach dem Handelsgesetzbuch noch nach der Abgabenordnung oder nach berufsrechtlichen Bestimmungen eine Verpflichtung bestanden, die einzelnen Barverkäufe manuell oder auf einem Datenträger aufzuzeichnen. Die Klägerin könne sich dabei auch auf die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs stützen, wonach es aus Gründen der Zumutbarkeit und Praktikabilität für eine ordnungsgemäße Buchführung auch im Computerzeitalter nicht erforderlich sei, Einzelaufzeichnungen zu führen, wenn der Unternehmer - wie die klagende Apothekerin - gegen Barzahlung Waren von geringem Wert an eine unbestimmte Vielzahl von Kunden im offenen Ladengeschäft verkaufe. Ausreichend sei in solchen Fällen, auf Einzelaufzeichnungen zu verzichten und die festgestellten Tagesendsummen täglich-fortlaufend in ein Kassenbuch zu übertragen. Die Führung des Kassenbuchs solle die streitigen Einzelaufzeichnungen gerade ersetzen. Dass die Klägerin gleichwohl zusätzlich die einzelnen Barverkäufe freiwillig und programmgesteuert in einer gesonderten Datei mitgeschrieben und gespeichert habe, ändere hieran nichts und führe nicht zu einer Vorlagepflicht bei der Betriebsprüfung. Denn die Datei sei grundsätzlich nicht Bestandteil der nach § 147 Abgabenordnung aufzubewahrenden Grundaufzeichnungen. Dass die Datei für das Finanzamt bei einer Verprobung der Pflichtaufzeichnungen hilfreich und interessant sein könne, sei unerheblich. Für den Betrieb der Apothekerin sei die gesonderte Aufzeichnung des Warenausgangs und der Einnahmen gerade nicht rforderlich. Dem Gesetzgeber stehe es allerdings frei, nach österreichischem Vorbild ein gesetzliches Zugriffsrecht auch für die außerhalb einer gesetzlichen Aufzeichnungspflicht vom Steuerpflichtigen geschaffenen Daten zu schaffen. Das Hessische Finanzgericht hat abschließend und durchaus praxisrelevant aber auch klargestellt, dass die hier streitige Frage des Bestehens einer Vorlagepflicht nach § 147 AO von der Frage einer im Übrigen erkennbaren Nichtordnungsmäßigkeit der Buchführung und der dadurch eröffneten Schätzungsbefugnis des Finanzamtes nach § 162 AO strikt zu trennen sei. So ließen nicht ordnungsgemäße Kassenaufzeichnungen (z.B. Differenzen zwischen den Tagessummen laut Z-Bons und den Eintragungen im Kassenbuch oder die nicht zeitgerechte Führung des Kassenbuchs) den Schluss zu, dass nicht alle Bareinnahmen verbucht worden sind und berechtigten das Finanzamt zu Zuschätzungen. Das Urteil vom 24.04.2013 ist vorläufig nicht rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des FinG Kassel v. 14.05.2013
Die Beklagte bewarb ihre Brillen online mit der Aussage: "Immer in erstklassiger Optiker-Qualität" Diese Werbung bezog sich auf sogenannte Korrektionsbrillen. Dabei handelt es sich um Brillen, die regelmäßig nur auf der Grundlage der aus einem Brillenpass ersichtlichen Refraktionswerte (Sphäre, Zylinder, Achslage) des Kunden und des Pupillenabstands hergestellt werden. Bei einer solchen Anfertigung sei jedoch nicht gewährleistet, dass immer und ausnahmslos die beste Brillen-Qualität zugrunde liege. Um das bestmöglichste Ergebnis zu erzielen, sei es zwingend notwendig, dass eine individuelle Anpassung an die unsymmetrische Anatomie der Augenbrauen, der Nase, der Ohren, der Schläfe und der Gesichttopographie erfolge. Diese könne bei derartigen Korrektionsbrillen, die online versendet würden, nicht geschehen.
Es sei somit nicht ausgeschlossen, dass in Einzelfällen die Brille unverträglich sei und somit eben keine "erstklassige Optiker-Qualität" erziele. Daher sei die Werbeaussage der Beklagten irreführend und somit wettbewerbswidrig.
Die Marken der Klägerin waren von bestimmten Medien als Erkennungsbekleidung der rechtsextremen Szene beschrieben worden. Die Internetplattform eBay schloss daraufhin Produkte dieser Marken von laufenden und zukünftigen Auktionen aus. Dagegen wehrt sich die Markeninhaberin. Sie bestreitet, dass Sie der rechtsextremen Szene verbunden sei und macht geltend, dass sie selbst die Waren zwar nur an Zwischenhändler vertreibe, der Verkauf der Zwischenhändler an die Endkunden erfolge aber zu 25 % über eBay. In der Sperrung liege eine Benachteiligung durch eBay als marktbeherrschendes Unternehmen und ein unzulässiger Boykott. Die Markeninhaberin hat deshalb beantragt, es eBay im Wege einer einstweiligen Verfügung zu verbieten, ihre mit den streitgegenständlichen Marken gekennzeichneten Produkte vom Verkauf über den Internetmarktplatz eBay auszuschließen. Das Landgericht Nürnberg-Fürth hat diesen Antrag mit Urteil vom 17.5.2013 zurückgewiesen. Nach Ansicht des Gerichts liegen schon die Voraussetzungen für eine Entscheidung im Verfahren des vorläufigen Rechtschutzes nicht vor. Das Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes dient an sich nur der Sicherung von Ansprüchen bis zur Entscheidung im sog. Hauptsacheverfahren. Würde eBay einstweilen gerichtlich gezwungen, den Vertrieb bis zu einer Entscheidung in der Hauptsache zu erlauben, könnte das nicht mehr rückgängig gemacht werden, selbst wenn sich herausstellen sollte, dass die Waren der Klägerin zu Recht vom Verkauf ausgeschlossen wurden. Im Ergebnis würde dies also die Hauptsache vorwegnehmen, was nur in besonderen Ausnahmefällen zulässig ist. Nach Ansicht des Gerichts wiegt im konkreten Fall der der Fa. eBay drohende Schaden, nämlich mit in rechtsextremen Kreisen beliebter Kleidung in Verbindung gebracht zu werden, schwerer als ein etwaiger Umsatzrückgang der Klägerin. Zudem handele es sich bei eBay nicht um ein marktbeherrschendes Unternehmen im Sinne des Wettbewerbsrechts, weil zum relevanten Markt auch andere Internetplattformen und Online-Shops gehörten. Es bestünden deshalb für die Klägerin auch zumutbare Ausweichmöglichkeiten. Soweit die Beklagte zum Schutz ihres Namens handle, fehle es an einer unbilligen Behinderung der Klägerin. Schließlich bestünde zwischen den Parteien auch kein Wettbewerbsverhältnis. Darauf, ob die Klägerin als rechtextremistisch einzustufen sei, komme es deshalb nicht an. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Die Klägerin kann Berufung zum Oberlandesgericht Nürnberg einlegen. (Landgericht Nürnberg-Fürth, Urt. vom 17.5.2013, Az. 4 HK 1975/13)
Quelle: Pressemitteilung des LG Nürnberg-Fürth v. 17.05.2013
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