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Newsletter vom 22.06.2016 |
Betreff: Rechts-Newsletter 25. KW / 2016: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: Fehlen einer Herstellergarantie ist Sachmangel _____________________________________________________________ Der Bundesgerichtshof hat sich heute in einer Entscheidung mit der Frage befasst, ob beim Kauf eines Gebrauchtwagens das Fehlen einer nach den Angaben des Verkäufers noch laufenden Herstellergarantie einen Sachmangel darstellt, der den Käufer zum Rücktritt berechtigen kann.
Der Sachverhalt: Später verweigerte der Hersteller mit der Begründung, im Rahmen einer Motoranalyse seien Anzeichen für eine Manipulation des Kilometerstandes - vor Übergabe des Fahrzeugs an den Kläger - festgestellt worden, weitere Garantieleistungen; die Kosten der bereits durchgeführten Reparaturleistungen und des während der letzten Reparatur zur Verfügung gestellten Ersatzfahrzeugs wurden dem Kläger nunmehr teilweise in Rechnung gestellt. Daraufhin trat dieser unter Verweis auf die fehlende Herstellergarantie vom Kaufvertrag zurück und verlangte die Rückzahlung des Kaufpreises sowie den Ersatz ihm entstandener Aufwendungen.
Bisheriger Prozessverlauf: Deshalb könne das Fehlen einer solchen Garantie, auch wenn sie vom Verkäufer zugesagt oder beworben worden sei, von vornherein nicht einen für einen Rücktritt erforderlichen Sachmangel im Sinne der § 433 Abs. 1 Satz 2 BGB*, § 434 Abs. 1 BGB** begründen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Klagebegehren weiter.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Der Bundesgerichtshof – so auch der Senat - hat seit der Schuldrechtsmodernisierung bereits mehrfach entschieden, dass als Beschaffenheitsmerkmale einer Kaufsache nicht nur die Faktoren anzusehen sind, die ihr selbst unmittelbar anhaften, sondern vielmehr auch all jene Beziehungen der Sache zur Umwelt, die nach der Verkehrsauffassung Einfluss auf die Wertschätzung der Sache haben. Das Bestehen einer Herstellergarantie für ein Kraftfahrzeug erfüllt diese Voraussetzungen. Ihr kommt beim Autokauf regelmäßig sogar ein erhebliches wirtschaftliches Gewicht zu. Entgegen der Auffassung der Vorinstanzen kann das Fehlen der beworbenen Herstellergarantie deshalb - bei Vorliegen der weiteren, vom Berufungsgericht nicht geprüften Voraussetzungen des § 434 Abs. 1 BGB** - auch im vorliegenden Fall einen Mangel des verkauften Gebrauchtwagens begründen und den Kläger zum Rücktritt berechtigen. Der Senat hat deshalb das Berufungsurteil aufgehoben und die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen, damit die erforderlichen weiteren Feststellungen getroffen werden können. Urteil vom 15. Juni 2016 - VIII ZR 134/15 Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 15.06.2016 *§ 433 BGB Vertragstypische Pflichten beim Kaufvertrag **§ 434 BGB Sachmangel Vorinstanzen: Der Kläger führt den Namen "Manfred von Borsig". Er war Nachfahre der Berliner Industriellenfamilie Borsig. Albert Borsig erwarb Mitte des 19. Jahrhunderts ein Landgut, das bis zur Enteignung durch die sowjetische Besatzungsmacht im Eigentum der Familie blieb. Die Beklagten erwarben von der Treuhand im Jahr 2000 das Grundstück und firmierten unter "Landgut A. Borsig Kontor [Rechtsform]". Zudem wurde der Domainname "landgut-aborsig.de" registriert. Durch beides sah sich der Kläger in seinen Namensrechten verletzt und klagte. Der BGH bejahte einen Verstoß gegen seine Namensrechte durch den Unternehmensnamen. Es gebe keinen sachlichen Grund, dass die Beklagten unter dieser Bezeichnung firmieren dürften. Der Kläger habe den Beklagten keine Namensrechte eingeräumt. Auch sei keine Verwendung der Bezeichnung "Landgut Borsig" für die Liegenschaft im allgemeinen lokalen Sprachgebrauch festgestellt werden können, woraus die Beklagten möglicherweise ein Recht hätten herleiten können. Durch die Domain-Registrierung hingegen seien keine Interessen verletzt. Es sei schon sehr zweifelhaft, ob in der Registrierung des Domainnamens "landgut-aborsig.de" eine Verwendung des Familiennamens des Klägers gesehen werden könne. Denn der Anfangsbuchstabe "a" hinter dem Bindestrich erwecke aufgrund der Kleinschreibung und des fehlenden Zeichenabstands zu "borsig" nicht den Eindruck einer Vornamensinitiale. Die Bezeichnung "aborsig" ist nicht mit "Borsig" identisch. In jedem Fall fehle es an einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen des Klägers. Nach ständiger Rechtsprechung liege die Beeinträchtigung des Namensrechts durch Registrierung eines Domainnamens in der dadurch eintretenden Sperrwirkung, die es ausschließe, dass der Berechtigte unter seinem Namen als Teil der Internetadresse aufgefunden werde.
An einer vergleichbaren Interessenbeeinträchtigung fehle es aber, wenn ein Domainname registriert werde, der aus der fehlerhaften Schreibweise eines Namens gebildet wurde. Eine solche Registrierung hindere den Namensinhaber nämlich nicht daran, seinen Namen in der richtigen Schreibweise als Internetadresse zu benutzen.
Der Kläger, ein Beamter, wehrte sich gegen die Streichung einer Funktionszulage. Aufgrund des Vorwurfs, er habe seinen Dienstcomputer und den dienstlichen Internetzugang während der Arbeitszeit zu privaten Zwecken (u.a. zum Konsum nicht strafbarer Pornographie) genutzt, lwurde der Kläger zu einer anderen Dienststelle abgeorndet, bei der diese zusätzliche Vergütung nicht mehr erhielt. Gegen diese Streichung wehrte sich der Kläger aktuell. Zu Unrecht wie nun das BVerwG entschied: Ein Beamter habe keinen Anspruch auf deine Zulage, wenn für das Ausscheiden aus der bisherigen Verwendung ausschließlich oder überwiegend persönliche Gründe maßgebend waren und dem Beamten die neue Verwendung aus diesen Gründen übertragen wurde.
Genau dies sei hier der Fall: Die Abordnung sei durch das Fehlverhalten des Klägers bedingt gewesen, so dass die Streichung des zusätzlichen Entgeltes sachgerecht und angemessen gewesen sei.
Der Kläger ist Abgeordneter des Deutschen Bundestages und dort Mitglied der Fraktion DIE LINKE. Er begehrte von dem beklagten BND Auskunft über seine dort gespeicherten personenbezogenen Daten sowie darüber, ob und in welchem Umfang der BND seine Daten an die National Security Agency (NSA) der USA weitergegeben bzw. von dieser Organisation erhalten hat. Der BND erteilte dem Kläger Auskunft über die ihn betreffenden gespeicherten Daten, lehnte aber eine Auskunftserteilung zu einem Datenaustausch zwischen dem BND und der NSA ab. Nach erfolglosem Widerspruchsverfahren hat der Kläger Klage erhoben und sein Auskunftsbegehren hinsichtlich des Datenaustausches weiterverfolgt. Das in diesem Verfahren erstinstanzlich zuständige Bundesverwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Im BND-Gesetz sind Angaben über die Herkunft und die Empfänger von Übermittlungen personenbezogener Daten von der Auskunftspflicht des BND ausgenommen. Die Regelung dient v.a. dem Schutz der Arbeitsweise des BND, die Geheimhaltung verlangt. Zwar kann der Kläger sich grundsätzlich auch auf einen aus dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung herzuleitenden Anspruch auf ermessensfehlerfreie Entscheidung über sein Auskunftsbegehren stützen. Aber auch hier kommt nach der in der genannten Ausschlussregelung zum Ausdruck kommenden Wertung des Gesetzgebers dem Geheimhaltungsinteresse im Regelfall Vorrang zu. Für einen Ausnahmefall muss der Betroffene aufzeigen, dass er die Auskunft über die Herkunft und die Empfänger der gespeicherten personenbezogenen Daten zur Vermeidung gewichtiger Nachteile benötigt. Derartige Anhaltspunkte ergeben sich aus dem Vortrag des Klägers nicht. Sie sind weder aufgrund des Inhalts der mitgeteilten Daten noch mit Blick auf die Stellung des Klägers als Bundestagsabgeordneter ersichtlich. BVerwG 6 A 7.14 - Urteil vom 15. Juni 2016
Quelle: Pressemitteilung des BVerwG v. 15.06.2016
Das beklagte Land Rheinland-Pfalz untersagte der Klägerin im April 2010 die Vermittlung von Sportwetten unter Verweis auf das im Glücksspielstaatsvertrag 2008 verankerte Sportwettenmonopol. Der Widerspruch der Klägerin wurde mit der Begründung zurückgewiesen, das Land Rheinland-Pfalz habe im Hinblick auf die Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs zu den deutschen Sportwettenmonopolen vom 8. September 2010 inzwischen ein Erlaubnisverfahren für private Wettanbieter eröffnet. Die Klägerin erfülle nicht offensichtlich alle Anforderungen, die danach an Wettvermittler zu stellen seien. Das Oberverwaltungsgericht hat der Berufung der Klägerin bezüglich des Untersagungszeitraums von der Eröffnung des Erlaubnisverfahrens bis zur Widerspruchsentscheidung stattgegeben. Die im Widerspruchsbescheid nachgeschobene Ermessenserwägung sei nicht Gegenstand der gerichtlichen Prüfung, weil dadurch der ursprüngliche Bescheid in seinem Wesen verändert worden sei. Die somit allein auf das staatliche Sportwettenmonopol gestützte Untersagung sei rechtswidrig. Dieses Monopol könne in Rheinland-Pfalz wegen einer den Zielen der Suchtbekämpfung und des Spielerschutzes widersprechenden Werbepraxis nicht angewendet werden. Auf die Revision des beklagten Landes hat das Bundesverwaltungsgericht das Urteil des Oberverwaltungsgerichts aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Das Berufungsgericht hätte die neue Begründung der Untersagungsverfügung berücksichtigen müssen. Gegenstand der gerichtlichen Prüfung ist der Verwaltungsakt in der Gestalt, die ihm der Widerspruchsbescheid gegeben hat (§ 79 Abs. 1 Nr. 1 VwGO). Ob die Untersagung auch bei Berücksichtigung ihrer neuen Begründung rechtswidrig war, ließ sich auf Grundlage der Feststellungen des Oberverwaltungsgerichts nicht abschließend entscheiden. Wie der Europäische Gerichtshof mit Urteil vom 4. Februar 2016 (C-336/14 - Sebat Ince) entschieden hat, können private Wettanbieter nicht wegen Verstoßes gegen den Erlaubnisvorbehalt strafrechtlich sanktioniert werden, wenn das für Private bis zur Anwendung einer glücksspielrechtlichen Neuregelung eingeführte Erlaubnisverfahren nicht transparent und diskriminierungsfrei ausgestaltet worden ist und deshalb faktisch weiterhin ein staatliches Sportwettenmonopol besteht. In einem solchen Fall kann das Fehlen einer Erlaubnis auch keine Untersagung der Wettvermittlung begründen. Das Oberverwaltungsgericht wird im zurückverwiesenen Verfahren zu klären haben, ob in Rheinland-Pfalz ein faktisches Monopol fortbestand, was insbesondere zuträfe, wenn die Eröffnung des Erlaubnisverfahrens und die Erlaubnisvoraussetzungen nicht öffentlich bekannt gemacht worden wären. BVerwG 8 C 5.15 - Urteil vom 15. Juni 2016
Vorinstanzen:
Quelle: Pressemitteilung des BVerwG v. 15.06.2016
Das beklagte Unternehmen aus Witten betreibt eine Internetdomain unter Verwendung der Begriffe "Polizei-Jugendschutz". Die Internetpräsentation richtet sich hauptsächlich an Eltern.Mit ihr werden Schulungen angeboten, u.a. Anti-Gewalt-Seminare, sowie Informationen vermittelt, u.a. zum Opferschutz. Das klagende Land betreibt das Internetportal "Jugendschutz - Polizei Nordrhein-Westfalen" sowie gemeinsam mit dem Bund und anderen Bundesländern das Portal "Polizei-Beratung-Jugendschutz". Es verlangt von der Beklagten die gewerbliche Tätigkeit unter Nutzung des Begriffs "Polizei" zu unterlassen und die hierzu unterhaltene Internetdomain freizugeben. Das Klagebegehren des Landes war erfolgreich. Nach der Entscheidung des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm hat es die Beklagte zu unterlassen, den Begriff "Polizei" auf ihrer Internetseite - wie geschehen - zu verwenden und muss außerdem die von ihr unterhaltene Internetdomain zu Gunsten des Landes freigeben. Der Begriff "Polizei" sei als Name geschützt, so der 12. Zivilsenat. Auf den Namensschutz könne sich auch das klagende Land berufen. Dem Land und seinen Einrichtungen sei dieser Begriff eindeutig zuzuordnen, weil er Polizeibehörden des Landes bezeichne. Der Begriff "Polizei" stehe dabei für eine Behörde, die öffentliche Polizeigewalt ausübe. So werde er auch in den Polizeigesetzen des Bundes und der Länder benutzt und im Rechtsverkehr verstanden. Die Beklagte habe die Namen "Polizei" unbefugt gebraucht. Sie sei nicht Trägerin öffentlicher Polizeigewalt und nicht zur Führung des Namens ermächtigt worden. Durch den unbefugten Gebrauch sei für den Bürger auch eine Verwirrung in der Zuordnung des Namens eingetreten. Die Benennung der infrage stehenden Internetseite der Beklagten erwecke den unzutreffenden Eindruck eines bestehenden Zusammenhangs mit Internetseiten der Polizeibehörden des Bundes und der Länder, die über die Domain www.polizei.de zu erreichen seien. Die Gestaltung der Internetseite der Beklagten verstärke diesen Eindruck. Farbgebung, die vielfache Verwendung des Begriffs "Polizei" sowie abgebildete polizeiliche Gegenstände erwecken den Eindruck eines Angebots von Polizeibehörden. Ein privater Anbieter sei außerhalb des Impressum und des Kontakts nicht erkennbar. Die von der Beklagten vertretene Verwirrung in der Namenszuordnung verletze schutzwürdige Interessen des Landes. Das Land habe ein berechtigtes Interesse daran, dass Polizeibehörden in keiner Weise mit gewerblichen Zwecken in Verbindung gebracht würden und der Begriff "Polizei" nicht unbefugt genutzt werde. Als Namensträger sei das klagende Land zu der Klage berechtigt, und zwar unabhängig davon, ob auch Träger anderer Landes- oder Bun- desbehörden einen derartigen Namensschutz beanspruchen könnten. Urteil des 12. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 20.05.2016 (12 U 126/15)
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 20.06.2016
Die Beklagte veräußerte auf der Berliner Messe "Grünen Woche" in der Messehalle 11.1 ("Haustechnik") Staubsauger, belehrte jedoch nicht die Verbraucher über das Widerufsrecht. Die Klägerin hielt dies für wettbewerbswidrig und klagte auf Unterlassung. Wie schon das LG Freiburg (Urt. v. 22.10.2015 - Az.: 14 O 176/15) in der Vorinstanz stufte nun auch das OLG Karlsruhe das Verhalten der Beklagten als rechtmäßig ein. Denn die Beklagte hätte nur dann über das Widerufsrecht informieren müssen, wenn der Kauf außerhalb von Geschäftsräumen erfolgt war (§ 312 d BGB). Bei dem Messestand handle es sich jedoch um einen beweglichen Geschäftsraum, mit der Folge, dass die verbraucherschützenden Regelungen zum Widerrufsrecht keine Anwendung finden würden (§ 312 b Abs. 2 BGB).
Nach der Entstehungsgeschichte des Gesetzes, so das OLG Karlsruhe, seien auch Marktstände sowie Stände auf Messen und Ausstellungen als Geschäftsräume anzusehen, wenn der Unternehmer sein Gewerbe dort für gewöhnlich ausübe. Dies sei im vorliegenden Fall zu bejahen.
Eine Untersagungsverfügung betreffend die Vermittlung von Sportwetten kann bei dieser Rechtslage allenfalls noch darauf gestützt werden, dass die Vermittlungstätigkeit aus monopolunabhängigen Gründen materiell-rechtlich nicht zulässig ist. Selbst hierauf habe die Stadt Köln in den entschiedenen Fällen nicht ermessensfehlerfrei abgestellt. Die Ermessensausübung lasse nicht erkennen, dass die angefochtene Entscheidung Teil einer kohärenten, also in sich stimmigen, Vollzugspraxis sei. Dies wäre allerdings erforderlich gewesen, weil die tatsächliche Situation des Sportwettenmarktes in keiner Weise der Konzeption des Glücksspielstaatsvertrags eines experimentellen regulierten Angebots einer beschränkten Zahl privater konzessionierter Wettanbieter in erlaubten Wettannahmestellen entspreche, sondern sich als unregulierter Markt des freien Wettbewerbs darstelle, ohne dass ein Ende dieses Zustands absehbar wäre. In der bundesweit wenigstens hinsichtlich der grundsätzlichen Zielrichtung zu koordinierenden Vollzugspraxis unter Geltung des Glücksspielstaatsvertrags bestehe offenbar erhebliche Unsicherheit darüber, inwieweit torbezogene Wetten materiell-rechtlich als von vornherein unzulässige Ereigniswetten zu werten seien oder als – sogar in Form von Live-Wetten – ausnahmsweise zulassungsfähige Endergebniswetten angesehen werden könnten. Solange staatliche Lotterieunternehmen und staatlich beherrschte Anbieter bestimmte Wetten wie beispielsweise strukturell gleichartige torbezogene Wetten flächendeckend überhaupt anböten, genüge eine Vollzugspraxis, die vergleichbare Wettangebote in einzelnen Gemeinden ausschließlich gegenüber bestimmten privaten Anbietern untersage, nicht den Anforderungen des Unionsrechts. Sie stelle sich als inkohärent und damit jedenfalls als ermessensfehlerhaft dar. Die Beschlüsse sind unanfechtbar. Aktenzeichen: 4 B 860/15 (VG Köln 9 L 815/15), 4 B 1437/15 (VG Köln 9 L 2284/15)
Quelle: Pressemitteilung des OVG Münster v. 09.06.2016
Der Beklagte verwendete unerlaubt im Rahmen einer eBay-Auktion ein Foto. Als er eine Abmahnung des klägerischen Rechteinhabers erhielt, gab er eine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab, in der er sich verpflichtete, das Bild nicht weiter zu nutzen. Bei eBay wurde die Auktion gelöscht, jedoch fand sich noch im Google Cache eine entsprechende Kopie. Der Kläger sah hierin einen Verstoß gegen die abgegebene Unterlassungserklärung. Zu Unrecht wie das OLG Zweibrücken nun entschied. Grundsätzlich müsse der Schuldner einer Unterlassungserklärung alle ihm möglichen und zumutbaren Vorkehrungen treffen, um weitere Urheberrechtsverletzungen zu verhindern. So sei es verpflichtend gewesen, eBay zur Entfernung des Lichtbilds aufzufordern. Auch hatte der Beklagte zu kontrollieren, ob seiner entsprechenden Anweisung Folge geleistet wurde. Darüber hinaus hatte er vom Grundsatz her auch die gängigen Internetbranchendienste zu überprüfen und gegebenenfalls zu veranlassen, die beanstandete Abbildung zu entfernen, weil er damit rechnen musste, dass solche Dienste sein urheberrechtsverletzendes Verkaufsangebot in ihre Verzeichnisse aufnahmen bzw. dass Suchmaschinen, darunter Google, dort etwa vorhandene Abbildungen bei Recherchen von Internetnutzern nach Wasserschläuchen anzeigten. Eine Pflicht, sich auch den Google Cache anzuschauen, habe hingegen nicht bestanden. Denn der Kreis der durchschnittlich versierten Internetnutzer habe nicht von vornherein Kenntnis davon, dass Informationen weiterhin (wenn auch nur befristet) als Abbild des früheren Standes einer Webseite im Cache gespeichert seien und dort, zu welchem Zweck auch immer, gezielt gesucht werden könnten. Darüber hinaus liege auch deswegen kein Verstoß gegen die Unterlassungspflicht vor, weil die Frist zwischen Abgabe der Abgabe der Unterlassungserklärung (26. März 2014) und der Überprüfung im Cache der Suchmaschine Google (am 8. April 2014) zu kurz bemessen gewesen sei. Es erscheine sehr zweifelhaft, ob der Beklagte in der kurzen Zeitspanne bis zum 8. April 2014 überhaupt eine realistische Chance gehabt hätte, bei Google eine Entfernung des Lichtbildes aus dem Cache durchzusetzen.
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Schaut man sich nämlich die gänge Rechtsprechung zu den Pflichten eines Unterlassungsschuldners an, so setzen die Gerichte hier durch die Bank sehr strenge Maßstäbe an. So verlangt der BGH beispielsweise, dass bei einer rechtswidrigen Firmierung der Schuldner nach Abgabe einer Unterlassungserklärung aktiv auf Online-Dienste wie gelbeseiten.de, Google Maps und 11880.com zugehen und sich dort um eine entsprechende Änderung bemühen muss (BGH, Urt. v. 13.11.2013 - Az.: I ZR 77/13). Dass nun gerade der Google Cache von dieser Pflicht ausgenommen sein soll, überzeugt nicht. Es handelt sich dabei um kein "exotisches" Feature von Google, sondern um ein Tool, das seit vielen Jahren der Allgemeinheit bekannt ist. Daher hat auch die überwiegende Anzahl der sonst angerufenen Gerichte in diesen Fällen einen Verstoß gegen die Unterlassungserklärung angenommen: OLG Celle (Urt. v. 29.01.2015 - Az.: 13 U 58/14) oder OLG Düsseldorf (Urt. 03.09.2015 - Az.: I-15 U 119/14) beispielsweise.
Siehe zu dieser Problematik generell unseren Grundlagen-Aufsatz "Der Google Cache & Strafbewehrte Unterlassungserklärungen".
Der Kläger war als Autor bei einem Internetblog aktiv, der von einem Dritten betrieben wird. In diesem Blog berichten und diskutieren nach eigenen Angaben des Prominente, Fachleute und Schüler aus betroffenen Regionen über Rechtsextremismus. Per E-Mail forderte der Kläger - unter Berufung auf seinen presserechtlichen Auskunftsanspruch - den Pressesprecher der Staatsanwaltschaft auf, ihm Auskünfte darüber zu erteilen, welche der an das Bayerische Landeskriminalamt gemeldeten rechtspolitisch motivierten Straftaten einen erfolgreichen Ermittlungsabschluss nach sich ziehen und welche eingestellt würden. Das VG Augsburg stufte dieses Begehren nun als unbegründet ein. Einen presserechtlichen Auskunftsanspruch könne nur derjenige geltend machen, der einem Presseunternehmen zugeordnet werden könne, das die Gewähr für die publizistische Verbreitung an die Öffentlichkeit bietee und an der öffentlichen Meinungsbildung mitwirke. Zu diesem Personenkrei zählten auch sogenannte "feste freie" Mitarbeiter, die ständig für eine Zeitung schrieben. Nicht notwendig für den presserechtlichen Auskunftsanspruch sei es, dass ein konkreter Rechercheauftrag einer Redaktion nachgewiesen werde. Einem freien Journalisten sei es freigestellt, sich selbst ein bestimmtes Thema zu stellen, hierfür zu recherchieren und letztlich auch einen Artikel zu verfassen, den er als Freiberufler dann als Werk einer Redaktion anbiete, um hierdurch Einnahmen zu erzielen. Es fehle jedoch an dem notwendigen Presseorgan. In diesem Weblog könne also "jedermann" Beiträge zum Thema "Rechtsextremismus, Strategien gegen Neonazis", sofern die Blog-Regeln beachtet würden, veröffentlichen. Die Blog-Regeln forderten dabei lediglich kein rechtsextremes Gedankengut und keine Beiträge ohne Bezug zum Thema des Blogs zu veröffentlichen. Es handelt sich bei dem Weblog damit um ein öffentliches, für jeden zugängliches Diskussionsforum zu einem bestimmten Thema. Der Weblog sei damit aber kein Presseorgan. Insbesondere handle es sich bei dem Weblog nicht um eine Zeitung oder Zeitschrift (periodische Presse), so dass die Beitragsverfasser, zu denen der Kläger gehöre, auch nicht als "Redakteure oder andere von ihnen genügend ausgewiesene Mitarbeiter" anzusehen seien.
Eine Behandlung von Internetdiskussionsforen als Presseorgan und die damit einhergehende Legitimation der jeweiligen Beitragsverfasser würde den presserechtlichen Auskunftsanspruch ansonsten in ein zu allgemeines Auskunftsrecht wandeln und gleichzeitig die Schnelligkeit und Leichtigkeit der Behördenarbeit bzw. das allgemeine Persönlichkeitsrecht der jeweils Betroffenen zu sehr einschränken.
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