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Newsletter vom 22.08.2007, 00:19:16
Betreff: Rechts-Newsletter 34. KW / 2007: Kanzlei Dr. Bahr


anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 34. KW im Jahre 2007. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Interessenschwerpunkten Recht der Neuen Medien, Gewerblicher Rechtsschutz, Wirtschaftsrecht und Gewinnspiel- / Glücksspielrecht.

Die Kanzlei Dr. Bahr wünscht Ihnen wie immer angenehmes Lesen. Kontaktieren Sie uns einfach, falls Sie Fragen oder Anregungen haben: http://www.Dr-Bahr.com/findex.php?p=kontakt.html


Die Themen im Überblick:

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1. BGH bestätigt Freispruch eines Wettbürobetreibers

2. BGH: Testfotos in Geschäftsräumen des Mitbewerbers

3. BGH: Weiterverkauf von markenrechtlich geschützten Produkten

4. OLG Frankfurt a.M.: Missbräuchliche Abmahnungen im Fernabsatzrecht

5. VG Hannover: Kein Lottospielen in der Sparkasse

6. LG Köln: Wettbewerbsrechtlicher Schutz von Webseiten

7. VG Köln: Auskunftsersuchen der Bundesnetzagentur vorerst nicht zu beantworten

8. Law-Podcasting.de: Verlinkung und Urheberrecht bei Podcasts

9. Neues Video auf Law-Vodcast: Dürfen Abmahnschreiben im Internet veröffentlicht werden?


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1. BGH bestätigt Freispruch eines Wettbürobetreibers
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Der Angeklagte betrieb im Saarland im Zeitraum zwischen Oktober 2003 bis März 2004 ein Wettbüro, in dem auch die Beteiligung an Sportwetten mit festen Gewinnquoten (sog. Oddset-Wetten) einer auf der Isle of Man ansässigen Firma angeboten wurden. Eine behördliche Erlaubnis besaß der Angeklagte nicht. Das Landgericht hat dahingestellt sein lassen, ob das strafbewehrte Verbot unerlaubten Glücksspiels gegen europäisches Gemeinschaftsrecht und/oder deutsches Verfassungsrecht verstößt; es hat den Angeklagten vielmehr vom Vorwurf der unerlaubten Veranstaltung eines Glücksspiels (§ 284 StGB) freigesprochen, weil er sich wegen der unklaren Rechtslage in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden habe. Gegen den Freispruch hat die Staatsanwaltschaft Revision eingelegt.

Das Rechtsmittel blieb erfolglos. Der Senat hat die Annahme des Landgerichts, der Angeklagte habe sich in einem unvermeidbaren Verbotsirrtum befunden, im Ergebnis bestätigt.

Es bedurfte deshalb keiner Vorlage der Sache an das Bundesverfassungsgericht zur Klärung der Frage, ob die gesetzliche Regelung über das Sportwettenmonopol im Saarland im Tatzeitraum verfassungsgemäß war. Der Senat hat indes zum Ausdruck gebracht, dass er unter Anwendung der tragenden Erwägungen der zum staatlichen Wettmonopol im Freistaat Bayern ergangenen Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006 (1 BvR 1054/01) die Strafnorm des § 284 StGB auf den hier zu beurteilenden Sachverhalt aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht für anwendbar erachtet hätte.

Nach dieser Grundsatzentscheidung des Bundesverfassungsgerichts stellte das staatliche Wettmonopol in seiner gesetzlichen und tatsächlichen Ausgestaltung einen unverhältnismäßigen und deshalb mit Art. 12 Abs. 1 des Grundgesetzes unvereinbaren Eingriff in die Berufsfreiheit der an entsprechender beruflicher Tätigkeit interessierten Personen dar; denn ein solches Monopol sei verfassungsrechtlich nur gerechtfertigt, wenn es konsequent an seinem legitimen Hauptzweck ausgerichtet werde, nämlich an der Bekämpfung der Spiel- und Wettsucht. Daran fehlte es in Bayern, weil dort der Vertrieb der Sportwette Oddset dem Erscheinungsbild der wirtschaftlich effektiven Vermarktung einer grundsätzlich unbedenklichen Freizeitbeschäftigung entsprach.

Diese Beurteilung der Rechtslage durch das Bundesverfassungsgericht trifft nach Auffassung des Senats für den Tatzeitraum auch auf das Saarland zu. Auch dort war deshalb im Tatzeitraum die Berufsfreiheit des privaten Sportwettanbieters einem unverhältnismäßigen, mit Art. 12 Abs. 1 GG unvereinbaren Eingriff ausgesetzt.

Unter diesen Umständen vermag nach Auffassung des Senats - jedenfalls in Fällen, die sich vor der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ereigneten (sog. Altfälle) - der bloße Verstoß gegen das Verbot, ohne behördliche Erlaubnis als Privater Sportwetten anzubieten oder zu vermitteln, die Verhängung von Kriminalstrafe nicht zu rechtfertigen. Nach Auffassung des Senats könnte § 284 StGB deshalb auf das Verhalten des Angeklagten nicht angewendet werden. Diese Auffassung des Senats betrifft ausschließlich die strafrechtlichen Konsequenzen ungenehmigter Veranstaltung bzw. Vermittlung von Sportwetten in Altfällen, nicht hingegen die verwaltungsrechtliche Frage, ob und inwieweit eine entsprechende Betätigung Privater ordnungsrechtlich unterbunden werden durfte.

Urteil vom 16. August 2007 - 4 StR 62/07

Quelle: Pressemitteilung Nr. 115/2007 des BGH v. 16.08.2007

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2. BGH: Testfotos in Geschäftsräumen des Mitbewerbers
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Der BGH (Urt. v. 25.01.2007 - Az.: I ZR 133/04: PDF = http://shink.de/h5zurq) hat entschieden, dass Testfotos in den Geschäftsräumen eines Mitbewerbers unter bestimmten Umständen erlaubt sind:

"Kann ein Wettbewerbsverstoß nur durch Fotoaufnahmen hinreichend bestimmt dargelegt und bewiesen werden, ist die Anfertigung der Fotos innerhalb der Geschäftsräume des Verletzers nicht unlauter, wenn ein überwiegendes Inte-resse des Geschäftsinhabers an der Vermeidung einer möglichen Betriebsstörung nicht besteht, insbesondere die (konkrete) Gefahr einer erheblichen Belästigung nicht gegeben ist (...)."

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3. BGH: Weiterverkauf von markenrechtlich geschützten Produkten
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Der BGH (Urt. v. 15.02.2007 - Az. I ZR 63/04: PDF = http://shink.de/6wuurb) hatte über den Weiterverkauf von markenrechtlich geschützten Produkten zu entscheiden.

Bislang war das Produkt vom Hersteller in die EU noch nicht eingeführt wurden. Es waren jedoch zu Testzwecken Parfums übergeben wurden, die dann absprachewidrig weiterverkauft wurden.

Die Klägerin sah hierin eine Verletzung ihrer Markenrechte, da das Produkt noch gar nicht in Europa eingeführt worden sei. Zudem seien die Parfums auch nur ausdrücklich zu Testzwecken und nicht für den Weiterverkauf übergeben worden.

Die Beklagten beriefen sich auf § 24 Abs. 1 MarkenG, wonach das Markenrecht erschöpft sei, da die Klägerin die Produkte selbst in den EU-Raum eingeführt habe.

Dieser Ansicht ist der BGH gefolgt und hat den Weiterverkauf für rechtmäßig eingestuft:

"Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zu Recht angenommen, dass die Markenrechte der Klägerin im Hinblick auf die Parfümtester (...) erschöpft sind. Es ist zutreffend davon ausgegangen, dass die Klägerin die Parfümtester (...) in den Verkehr gebracht hat, als sie ihren Depositären die Parfümtester mit der Befugnis übergeben hat, das darin befindliche Parfüm vollständig zu verbrauchen (...).

Der auf den Parfümtestern angebrachte Hinweis auf die Unverkäuflichkeit der Produkte steht der Annahme einer Erschöpfung (...) ebenfalls nicht entgegen. Mit diesem Hinweis lässt sich eine Weiterveräußerung markenrechtlich nicht unterbinden."


Es liege auch keine Rückausnahme der Erschöpfung nach § 24 Abs. 2 MarkenG vor. Nach diesem Absatz tritt ausnahmsweise trotz EU-Einfuhr keine Erschöpfung ein, wenn berechtigte Gründe vorliegen:

"Ein berechtigter Grund (...) kann allerdings auch dann vorliegen, wenn die Ware selbst unverändert bleibt, im konkreten Fall aber die Benutzung der Marke ihren Ruf erheblich schädigt (...). Eine derartige Rufschädigung hat die Klägerin (...) jedoch nicht dargelegt.

Die Revision rügt in diesem Zusammenhang nicht, dass tatsächliches Vorbringen der Klägerin übergangen worden sei. Sie meint lediglich, der Vertrieb der Parfümtester habe (...) psychologische Auswirkungen, die das Image der Marken der Klägerin beeinträchtigten. Die Tester seien für wesentliche Gebrauchszwecke (Verwendung als Geschenk oder zum Verzieren von Toilettenräumen oder Badezimmern) nicht geeignet.

Die Veräußerung der einfach aufgemachten Produkte lege den Schluss nahe, der Markeninhaber habe es nötig, sogar Parfümtester zu verkaufen. Der Kartonverschluss erwecke den Eindruck, der Inhalt sei nicht mehr unangetastet oder habe durch eine längere Lagerung gelitten.

Dieses Vorbringen verhilft der Revision nicht zum Erfolg. Der von der Revision angenommene Verstoß gegen die Lebenserfahrung liegt nicht vor. Es ist nicht ersichtlich, inwiefern die von der Klägerin selbst zu Werbezwecken eingesetzten, als Parfümtester erkennbaren Produkte die Wertschätzung der aufwendiger ausgestatteten und von der Klägerin für den Vertrieb vorgesehenen Produkte schädigen könnten."


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4. OLG Frankfurt a.M.: Missbräuchliche Abmahnungen im Fernabsatzrecht
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Das OLG Frankfurt a.M. (Urt. v. 14.12.2006 - Az.: 6 U 129/06 = http://shink.de/ghzekt) hatte über rechtsmissbräuchliche Abmahnungen im Fernabsatzrecht zu entscheiden.

"Die Gesellschafter der Antragstellerin und ihr Prozessbevollmächtigter haben in der Senatsverhandlung übereinstimmend erklärt, dass der Antragstellervertreter seine Mandantin in keiner Weise von Kostenrisiken freigestellt hat (...). Unter diesen Umständen ließe sich der Vorwurf des Rechtsmissbrauchs nur rechtfertigen, wenn der Senat (...) mit ausreichender Gewissheit davon ausgehen könnte, dass diese Darstellung (...) nicht den Tatsachen entspricht und die Antragstellerin in Wahrheit doch nur ein im Kosteninteresse des Antragstellervertreters vorgeschobenes Unternehmen ist.

Dies ist nicht der Fall."


Und weiter:

"Zunächst spricht gegen die Antragstellerin nicht von vornherein, dass sie sich überhaupt zu einer Abmahnaktion gegen die Verletzung von Informationspflichten im Fernabsatzhandel (...). Es handelt sich – wie die Vielzahl der Abmahnungen zeigt – um einen verbreiteten Missstand, der dem Verbraucherschutz zuwiderläuft. (...)

Ebenfalls kein taugliches Indiz für ein kollusives Zusammenwirken (...) ist die Tatsache, dass sich die (...) in den Abmahnungen zunächst zugrunde gelegten Gegenstandswerte bei einer Überprüfung durch den Senat als deutlich überhöht erwiesen haben. Denn auch der anfangs vom Antragstellervertreter angenommene Streitwert von 25.000,- € lag nicht völlig außerhalb des Rahmens, der bei durchschnittlichen Wettbewerbsstreitigkeiten üblich ist; er ist auch von den angerufenen Kammern des Landgerichts zunächst anregungsgemäß festgesetzt worden. (...)

Gewisse Zweifel an der Darstellung der Antragstellerseite ergeben sich allerdings daraus, dass die Antragstellerin mit der von ihr unternommenen Abmahnaktion finanzielle Risiken eingegangen ist, die zu dem betrieblichen Nutzen, den die Unterbindung der beanstandeten Wettbewerbsverstöße ihrem Unternehmen bringt, in einem kaum nachvollziehbaren Verhältnis steht.

Die Antragstellerin ist ihrem Anwalt gegenüber mit der Abmahn- und Klageaktion Verbindlichkeiten in beträchtlicher Größenordnung eingegangen. Bei 200 ausgesprochenen Abmahnungen, die – basierend auf dem zunächst angenommenen Gegenstandswert von 25.000,- € - Kosten von jeweils knapp 1.000,- € verursachen, erreichten allein die Abmahnkosten einen Betrag von fast 200.000,- €. Hinzu kommen die Kosten des Antragstellervertreters für die 80 sich anschließenden gerichtlichen Verfahren sowie die Gerichtskosten. Selbst wenn die Antragstellerin die Angriffe auf die nach ihrer Ansicht klaren Verstöße beschränkt, musste sie von Anfang an damit rechnen, auf einem Teil dieser Kosten – sei es, weil sie in Einzelfällen unterliegt, sei es weil Erstattungsansprüche nicht zu realisieren sind – sitzen zu bleiben. Dass der erkennende Senat inzwischen die Streitwerte deutlich reduziert hat, ändert an der Beurteilung in diesem Zusammenhang nichts; denn hiervon konnte die Antragstellerin zum Zeitpunkt der Entscheidung für die Abmahnaktion nicht ausgehen.

Demgegenüber ist das wirtschaftliche Interesse der Antragstellerin an der Unterbindung der beanstandeten Wettbewerbsverstöße – wie der Senat bereits in dem erwähnten Streitwertfestsetzungsbeschluss vom 18.8.2006 (6 W 156/06) ausgeführt hat – äußerst gering. Selbst wenn die Mitbewerber der Antragstellerin die Widerrufsbelehrung künftig ordnungsgemäß erteilen und die sich daraus ergebenden Konsequenzen tragen müssen, ist nicht erkennbar, inwieweit dies der Antragstellerin etwa neue Kunden zuführen oder sonstige nennenswerte Vorteile im Wettbewerb verschaffen könnte.

Hierauf angesprochen, hat die Gesellschafterin der Antragstellerin im Senatstermin erklärt, die genannten finanziellen Risiken, über die sie ihr Prozessbevollmächtigter in vollem Umfang aufgeklärt habe, gleichwohl eingegangen zu sein, weil es der Antragstellerin auch darum gehe, Gerechtigkeit und gleiche Bedingungen für alle Anbieter auf dem betreffenden Markt zu schaffen. Ihr sei dabei klar gewesen, dass sich die von der Antragstellerin selbst zu tragenden Kosten letztlich durchaus auf 5.000.- bis 10.000,- € belaufen könnten; dieses Risiko sei der Antragstellerin die Sache aber wert gewesen.

Diese Darstellung der Antragstellerin ist nach Auffassung des erkennenden Senats trotz der Zweifel, die sich aus den genannten objektiven Umständen ergeben, letztlich nicht zu widerlegen."


Das Gericht hat somit letzten Endes einen Rechtsmissbrauch verneint.

Die Entscheidung zeigt wieder einmal wie schwer sich ein Missbrauch im Gerichtsverfahren nur nachweisen lässt.

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5. VG Hannover: Kein Lottospielen in der Sparkasse
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Die Klägerin beabsichtigt, an den Kunden-Service-Terminals der Sparkassen, die dort für Überweisungen, Daueraufträge u. ä. vorgehalten werden, das klassische Lotto 6/49 anzubieten. Derartige Terminals sind ca. 1.200fach in Zweigstellen der Sparkassen in Niedersachsen vorhanden. Die Spieleinsätze sollen unmittelbar vom Konto abgebucht werden, das Angebot soll daher nur für Kunden der Sparkassen und der Nord LB bestehen. Zunächst beabsichtigt die Klägerin einen Probelauf in einigen ausgewählten Sparkassen, bei Erfolg soll die Einführung landesweit beginnen.

Das Land hat dies untersagt und die Verfügung mit Sofortvollzug versehen. Nach dem Urteil des BVerfG zu den Sportwetten sei eine Ausweitung des Glücksspielangebots bis zur Regelung in dem geplanten Glücksspiel-Staatsvertrag nicht zulässig.

Die Klägerin und Antragstellerin im Eilverfahren hält an ihrem Vorhaben fest, für deren Realisierung sie bereits erhebliche Investitionen getätigt habe. Sie hält die geplante Spielmöglichkeit nicht für eine Ausweitung des Angebots sondern lediglich für einen anderen, auf eine jüngere Zielgruppe orientierten Vertriebsweg. Der Jugendschutz sei durch die Abbuchung und den Datenbestand der Sparkassen gesichert. Minderjährigen sei diese Möglichkeit so nicht eröffnet.

Das Gericht wies Klage und Eilantrag im Wesentlichen mit der Begründung ab, bei dem geplanten Lotto Spielangebot an den Kundenterminals der Sparkassen handele es sich um einen neuen Vertriebsweg, der grundsätzlich einer Genehmigung bedürfe. Das niedersächsische Innenministerium habe diese Genehmigung verweigern dürfen, weil es sich nach Maßgabe der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zu den Sportwetten konsequent daran orientiert habe, den Spielsuchtgefahren zu begegnen.

Nur unter dieser Voraussetzung hatte das Bundesverfassungsgericht das bestehende Monopol, das auch für Toto-Lotto gilt, für verfassungsgemäß gehalten. Gehe man mit dem Gericht davon aus, dass es sich bei dem Spielangebot an den Sparkassenterminals um einen neuartigen Vertriebsweg handelt, stelle dies eine Ausweitung dar, der das Innenministerium mit der Versagung der Genehmigung habe begegnen dürfen.

Das Gericht hat die Berufung zugelassen

- 10 A 3139/07 und 10 B 3140/07 -

Quelle: Pressemitteilung des VG Hannover v. 20.08.2007

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6. LG Köln: Wettbewerbsrechtlicher Schutz von Webseiten
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Das LG Köln (Urt. v. 20.06.2007 - Az.: 28 O 798/04 = http://shink.de/oo3d0z) hatte über den ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Schutz bei kopierten Webseiten zu entscheiden.

Geistige Schöpfungen schützt herkömmlicherweise das Urheberrecht. Voraussetzung für die Anwendung des UrhG ist jedoch eine gewissen Schöpfungshöhe, die nicht immer erreicht wird. Insbesondere dann nicht, wenn es sich um Webseiten handelt. Dann sind diese Webseiten nahezu schutzlos der Nachahmung ausgeliefert. Auch ein sogenannter ergänzender, wettbewerbsrechtlicher Schutz kommt nur in selten Ausnahmefällen zu tragen, denn andernfalls würde das Wettbewerbsrecht die besonderen Voraussetzungen des Urheberrechts untergraben.

Eine solchen Ausnahmefall hat nun das LG Köln entschieden. Es ging dabei darum, dass die Webseiten der Klägerin in erheblichen Teilen übernommen wurden:

"Gegenstand des den Immaterialgüterrechtsschutz ergänzenden Wettbewerbsschutzes sind nur Erzeugnisse von einer gewissen wettbewerblichen Eigenart. Nur derartige Leistungsergebnisse sind schutzwürdig. Allerweltserzeugnisse, deren Herkunft und Besonderheiten den interessierten Verkehrskreisen gleichgültig sind und die demgemäß unter den wettbewerbsrechtlich relevanten Gesichtspunkten der Herkunftstäuschung, Rufausnutzung und Behinderung keine Rolle spielen, sind einem ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz nicht zugänglich."

Auf den konkreten Fall übertragen bedeutet dies:

"Die von Klägerseite im Verhandlungstermin (...) vorgelegte Gegenüberstellung der Auftritte der Webseiten, die ihr spezielles Gepräge insbesondere durch die ungewöhnliche Kombination der Farben blau und orange, dies insbesondere in ihrem Wechsel, wobei die Verwendung der einzelnen Farben im Text sich entspricht, zeigt zum einen die wettbewerbliche Eigenart des Angebots der Klägerin, zum anderen die getreue Nachahmung durch die Beklagte.

So ist die Bezeichnung der Klägerin in blau und orange oben links auf der Seite aufgeführt, oben rechts sind die Werbebanner, die ebenfalls die ungewöhnliche Farbkombination hinsichtlich der Bezeichnung der Klägerin tragen. Der Hinweis "kostenlosen Vergleich anfordern" ist inmitten des Textes in orange abgesetzt. Das wiederholt sich hinsichtlich der privaten Krankenversicherung, der Lebensversicherung und der Rentenversicherung.

Die Einzelsequenzen des Werbebanners geben die verschiedenen Versicherungssparten wieder, immer ist das farbige Logo der Klägerin daneben gesetzt. Es handelt sich insgesamt um eine auffallende, sehr prägnante Art der Darstellung, die insbesondere im Hinblick auf die farbliche Gestaltung besonders auffallend ist.

Die Webseite der Klägerin weist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme auch eine wettbewerbliche Eigenart auf, ist also gegen Nachahmung geschützt. (...)

Es ist nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme davon auszugehen, dass der streitgegenständliche Internetauftritt der Klägerin in seiner Ausgestaltung auf die Klägerin hinweist und dass diese wettbewerbliche Eigenart jedenfalls auch zum Zeitpunkt der Nachahmung durch die Klägerin noch fortbestanden hat; sie ist also insbesondere nicht durch eine Vielzahl von Nachahmungen zum Allgemeingut geworden.

Nach der Aussage des Zeugen L, die in sich widerspruchsfrei und schlüssig war, verfügt die Klägerin derzeit über sicherlich 20.000 Einblendungen im Internet bzw. über "viele zigtausend Partner", wobei die Zahlen in den Anfängen im Jahr 2003 allerdings noch geringer waren. Die Partner der Klägerin erwerben von ihr die Berechtigung, die Banner der Klägerin in ihrem Internetauftritt zu nutzen. Die Klägerin stellt ihren Partnern ihre Darstellung einschließlich der Texte zur Verfügung. (...)

Diese wesentlichen Elemente hat die Beklagte in einer Weise übernommen, dass der Verbraucher über die Herkunft getäuscht wird. Dies geschieht durch dieselbe Gestaltung der Seite, die identische farbliche Gestaltung, die gleichen Texte und die identischen Werbebanner, die exakt dieselben Sparten in der gleichen Reihenfolge wie bei der Klägerin nennen.

Hier ist von einer Nachahmung auszugehen. Dass die Beklagte den Text zu einem späteren Zeitpunkt abgeändert hat, besagt insoweit nichts Entscheidendes.

Die Voraussetzungen dafür, dass Ansprüche aus ergänzendem wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz gegen die Verwertung eines fremden Leistungsergebnisses unabhängig vom Bestehen eines Schutzes aus – hier – dem Urheberrecht gegeben sind, liegen vor. (...) Diese besonderen Umstände ergeben sich vorliegend daraus, dass der Grad der Übernehme der Leistung der Klägerin besonders hoch ist und sich die Beklagte ersichtlich die Bekanntheit und die Verbreitung des Auftritts der Klägerin im Internet zunutze gemacht hat, um auf ihre eigenen Produkte aufmerksam zu machen."


Die Entscheidung hat absoluten Seltenheitswert, da es so gut wie keine Urteile im Online-Recht zum ergänzenden wettbewerbsrechtlichen Leistungsschutz gibt. Die Reichweite und Bedeutung des Urteils darf weder über- noch unterschätzt werden. Es handelt sich keinesfalls um eine verallgemeinerungsfähige Entscheidung, dass nun alle Webseiten wettbewerbsrechtlich geschützt sind. Es dreht sich hier vielmehr um eine Wertung aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalls.

Da den Entscheidungsgründen leider keine Screenshots von Original und Kopie beiliegen, lässt sich nicht endgültig klären, ob die richterliche Bewertung hier richtig oder falsch ist.

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7. VG Köln: Auskunftsersuchen der Bundesnetzagentur vorerst nicht zu beantworten
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Mit Beschlüssen vom 13. August 2007 hat das Verwaltungsgericht Köln entschieden, dass 46 alternative Postunternehmen einem Auskunftsersuchen der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen zu den Arbeitsbedingungen in ihren Unternehmen vorerst nicht nachkommen müssen.

Im Juni 2007 verlangte die Bundesnetzagentur von etwa 1.500 alternativen Postunternehmen, die im Besitz von Erlaubnissen zum Befördern von Briefsendungen sind, Auskünfte über die wesentlichen Arbeitsbedingungen in ihren Unternehmen. Gefragt wurde unter anderem nach Personalstruktur, Lohn- und Gehaltshöhe, Art der Arbeitsverhältnisse, Urlaubsansprüchen sowie Zahl der Betriebsstätten und Anzahl der beförderten Sendungen. Die Auskünfte sollten durch Ausfüllen eines übersandten Fragebogens bis zum 31. Juli 2007 erteilt werden. 46 dieser Unternehmen legten bei der Bundesnetzagentur Widerspruch ein und beantragten beim Verwaltungsgericht, die sog. aufschiebende Wirkung ihrer Widersprüche anzuordnen. Dies hat zur Folge, dass sie bis zur Entscheidung über die Widersprüche und eine eventuell folgende Klage die Auskünfte nicht erteilen müssen.

Diesen Anträgen gab das Verwaltungsgericht nun statt. Zur Begründung führte es aus, die Auskünfte über Arbeitsbedingungen dienten dazu, die Einhaltung der üblichen Arbeitsbedingungen, also im Wesentlichen Lohn, Arbeitszeit, Kündigungsschutz und Urlaub schon bei der Erteilung der Lizenz sicherzustellen. Nicht alle der verlangten Auskünfte seien erforderlich, insbesondere diejenigen nicht, die zur Sendungsmenge und zu den Betriebsstätten gestellt waren. Da das Gericht nicht feststellen konnte, dass der Fragebogen auch ohne die beanstandeten Fragen unverändert gestellt worden wäre, hat es die Durchsetzung der Aufforderung gegenüber den Antragstellern auch nicht teilweise gebilligt.

Gegen die Beschlüsse kann die Bundesnetzagentur binnen 2 Wochen Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Münster einlegen.

Az.: 22 L 1042/07 u.a.

Quelle: Pressemitteilung des VG Köln v. 14.08.2007

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8. Law-Podcasting.de: Verlinkung und Urheberrecht bei Podcasts
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Auf www.Law-Podcasting.de , dem 1. deutschen Anwalts-Audio-Blog, gibt es ab sofort einen Podcast zum Thema "Verlinkung und Urheberrecht bei Podcasts" = http://shink.de/xfpdft

Inhalt:
Heute wieder eine Spezial-Ausgabe des Law-Podcasting außerhalb der normalen Reihe.

Ab sofort gibt es (wieder) einen monatlichen Podcast (Clubcasting genannt) des größten deutschen Podcast-Verbands, dem Podcastclubs e.V. Auch Law-Podcasting.de ist hier vertreten.

Heute hören Sie das Thema “Verlinkung und Urheberrecht bei Podcasts”.

Als besonderes Highlight gibt es ab sofort die Möglichkeit unter der Telefonnummer 0721 / 15 15 18 433 eine allgemeine juristische Frage zum Thema Podcasting zu stellen. RA Dr. Bahr beantwortet sie dann im monatlichen Clubcasting.

Den gesamten August-Clubcasting des Podcastclubs e.V. gibt es ab auf der Podcastclubs-Seite.

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9. Neues Video auf Law-Vodcast: Dürfen Abmahnschreiben im Internet veröffentlicht werden?
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Auf www.Law-Vodcast.de , dem 1. deutschen Anwalts-Video-Blog, gibt es heute ein Video-Film zum Thema "Dürfen Abmahnschreiben im Internet veröffentlicht werden?" = http://shink.de/yh890r

Inhalt:
Abmahnungen im Internet sind heutzutage längst Alltag geworden. Abgemahnt wird aus einer Vielzahl von Gründen: Fehlerhaftes Impressum, Verstoß gegen Preisangabenverordnung, Urheberrechtsverletzung oder die Benutzung eines fremden Markennamens.

Schnell stellt sich die Frage: Ist der Adressat eines Abmahnschreibens berechtigt, dieses online zu stellen, so dass die Öffentlichkeit über den Vorgang informiert wird?

Dieser Frage geht der Vodcast nach.


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