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Newsletter vom 23.07.2008 |
Betreff: Rechts-Newsletter 30. KW / 2008: Kanzlei Dr. Bahr |
Nach Erhalt eines Vorschusses teilte To Me Group Corporación Dermoestética mit, dass die Verbreitung der vorgesehenen Werbespots über nationale Fernsehkanäle aufgrund eines Gesetzes von 1992 unmöglich sei. Nach diesem Gesetz ist Fernsehwerbung für medizinisch-chirurgische Behandlungen, die in privaten Gesundheitseinrichtungen vorgenommen werden, unter bestimmten Voraussetzungen nur über lokale Fernsehsender erlaubt, was einem Verbot dieser Werbung über nationale Fernsehsender gleichkommt. Da To Me Group sich weigerte, den Vorschuss zurückzuzahlen, klagte Corporación Dermoestética vor dem italienischen Gericht auf Aufhebung des zwischen den beiden Gesellschaften geschlossenen Vertrags und auf Verurteilung der Werbeagentur zur Rückzahlung des Vorschusses. Für die Entscheidung des bei ihm anhängigen Rechtsstreits hält es das italienische Gericht für geboten, den Gerichtshof zu fragen, ob die Grundsätze der Niederlassungsfreiheit und der Dienstleistungsfreiheit einer nationalen Regelung wie der italienischen entgegenstehen. Der Gerichtshof stellt zunächst fest, dass das nach dem italienischen Gesetz von 1992 vorgesehene Werbeverbot über das nach der Richtlinie „Fernsehen ohne Grenzen“ hinausgeht, die u. a. bestimmt, dass Fernsehwerbung für medizinische Behandlungen, die nur auf ärztliche Verordnung erhältlich sind, untersagt ist. Die Mitgliedstaaten können zwar nach der Richtlinie in den von ihr erfassten Bereichen ausführlichere oder strengere Bestimmungen vorsehen, doch sind bei der Ausübung einer solchen Befugnis die durch den EG-Vertrag garantierten Grundfreiheiten zu beachten. Der Gerichtshof sieht in einer Regelung über Werbung wie der nach dem italienischen Gesetz von 1992 eine Beschränkung der Niederlassungsfreiheit, da sie für Unternehmen, die ihren Sitz in anderen Mitgliedstaaten als der Italienischen Republik haben, ein ernsthaftes Hindernis für die Ausübung ihrer Tätigkeiten durch eine in diesem letztgenannten Mitgliedstaat ansässige Tochtergesellschaft darstellt. Zudem sieht er in dieser Regelung eine Beschränkung der Dienstleistungsfreiheit, soweit sie Unternehmen wie Corporación Dermoestética daran hindert, in der Verbreitung von Fernsehwerbung bestehende Leistungen zu empfangen. Der Gerichtshof erinnert jedoch daran, dass solche Beschränkungen unter vier Voraussetzungen zulässig sein können: Sie müssen in nicht diskriminierender Weise angewandt werden, sie müssen zwingenden Gründen des Allgemeininteresses entsprechen, sie müssen zur Erreichung des verfolgten Ziels geeignet sein, und sie dürfen nicht über das hinausgehen, was zur Erreichung dieses Ziels erforderlich ist. Dazu stellt der Gerichtshof erstens fest, dass die streitige Regelung über Werbung unabhängig davon gilt, in welchem Mitgliedstaat die Unternehmen, die Adressaten der Regelung sind, ihren Sitz haben. Zweitens könnte die Regelung über Fernsehwerbung für medizinisch-chirurgische Behandlungen im Hinblick auf das Ziel des Schutzes der öffentlichen Gesundheit gerechtfertigt werden. Drittens stellt der Gerichtshof jedoch fest, dass die streitige Regelung dadurch, dass sie zu einem Verbot von Werbung für medizinisch-chirurgische Behandlungen über nationale Fernsehsender führt, zugleich aber die Möglichkeit eröffnet, eine solche Werbung über lokale Fernsehsender zu verbreiten, einen Widerspruch aufweist, den die italienische Regierung nicht zu rechtfertigen versucht hat. Der Gerichtshof befindet daher, dass nationale Rechtsvorschriften wie die hier streitigen nicht zur Erreichung des Ziels des Schutzes der öffentlichen Gesundheit geeignet sind und eine nicht gerechtfertigte Beschränkung der beiden Freiheiten darstellen. Der Gerichtshof stellt folglich fest, dass die Niederlassungsfreiheit und die Dienstleistungsfreiheit dahin auszulegen sind, dass sie Rechtsvorschriften wie den hier streitigen entgegenstehen, soweit sie die Werbung für von privaten Gesundheitseinrichtungen vorgenommene medizinisch-chirurgische Behandlungen über landesweite Fernsehsender verbieten, während sie eine solche Werbung unter bestimmten Bedingungen über lokale Fernsehsender erlauben. Rechtssache: C-500/06 Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 17.07.2008
Zur Begründung führten die Bundesrichter an, dass die Veröffentlichung einer Faxnummer und einer E-Mail-Adresse in allgemein zugänglichen Verzeichnissen oder auf der Homepage des Unternehmens als Einverständnis zu werten sei, dass an diese Kommunikationsmittel gewerbliche Anfragen geschickt werden dürften. Allerdings besteht dann kein Einverständnis und die Anfrage ist somit rechtswidrig, wenn sich die Anfrage nicht „auf die übliche Verkaufstätigkeit“ des Anschlussinhabers bezieht. Aufgrund dieser Maßstäbe hat der Bundesgerichtshof in der ersten Entscheidung die Telefax-Anfrage eines gewerblichen Fahrzeughändlers bei einer Toyota-Vertretung für zulässig erklärt, in welcher er sein Interesse am sofortigen Ankauf von drei Autos bekundet hatte. Im zweiten Urteil erklärte das oberste deutsche Zivilgericht die E-Mail des Anbieters eines Online-Fußballspiels an einen Amateurverein für rechtswidrig, in welcher der Anbieter angefragt hatte, ob er gegen Umsatzprovision auf der Homepage des Vereins einen Werbebanner platzieren dürfe. Der BGH verwies darauf, dass Bannerwerbung auf der Internetpräsenz eines Fußclubs nicht zum typischen Vereinszweck gehöre und „die von einem Fußballverein auf seiner Homepage zur Kontaktaufnahme angegebene E-Mail-Adresse [nicht] für derartige Anfragen bestimmt“ sei. Quelle: Pressemitteilung Nr. 128/08 des BGH v. 04.07.2008
Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision des Klägers hatte zum Teil Erfolg. Mit seinem heute verkündeten Urteil hat der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs eine vom Beklagten verwendete Klausel, die die Einwilligung in die Speicherung und Nutzung von Daten für die Zusendung von Werbung per Post, E-Mail und SMS betrifft, für unwirksam erklärt, soweit sie E-Mail und SMS betrifft (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). Eine Klausel, wonach die Angabe des Geburtsdatums für die Teilnahme am "Payback"-Programm benötigt werde, sowie eine Formularbestimmung, die die Meldung der Rabattdaten für die Verwaltung und Auszahlung der Rabatte zum Gegenstand hat, hat der Bundesgerichtshof nicht beanstandet, weil sie keine von Rechtsvorschriften abweichenden Regelungen enthalten (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die mit "Einwilligung in Werbung und Markforschung" überschriebene Einwilligungsklausel lautet: "Mit meiner Unterschrift erkläre ich mich einverstanden, dass die von mir oben angegebenen Daten sowie die Rabattdaten (Waren/Dienstleistungen, Preis, Rabattbetrag, Ort und Datum des Vorgangs) für an mich gerichtete Werbung (z. B. Informationen über Sonderangebote, Rabattaktionen) per Post und mittels ggfs. von mir beantragter Services (SMS oder E-Mail-Newsletter) sowie zu Zwecken der Marktforschung ausschließlich von der L. Partner GmbH und den Partnerunternehmen gemäß Nummer 2 der beiliegenden Hinweise zum Datenschutz gespeichert und genutzt werden. ... [ ] Hier ankreuzen, falls die Einwilligung nicht erteilt wird. ..." Die verwendete Klausel unterscheidet zwischen Werbung per Post, E-Mail und SMS. Im Hinblick auf die Einwilligung in die Speicherung und Nutzung von Daten für die Zusendung von Werbung per Post war die Bestimmung an den §§ 4 Abs. 1, 4a Abs. 1 des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) zu messen, die besondere Voraussetzungen für die Zulässigkeit der Datenerhebung, -verarbeitung und -nutzung aufstellen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass die Einwilligungsklausel unter diesem Gesichtspunkt nicht zu beanstanden ist. Aus § 4a BDSG ergibt sich insbesondere nicht, dass die Einwilligung nur dann wirksam sein soll, wenn sie in der Weise "aktiv" erklärt wird, dass der Verbraucher eine gesonderte Einwilligungserklärung unterzeichnen oder ein für die Erteilung der Einwilligung vorzusehendes Kästchen ankreuzen muss ("Opt-in"-Erklärung). Vielmehr folgt aus § 4a Abs. 1 Satz 4 BDSG, dass die Einwilligung auch zusammen mit anderen Erklärungen schriftlich erteilt werden kann, sofern sie – wie hier – besonders hervorgehoben wird. Dagegen ist die hier verwendete Einwilligungsklausel unwirksam, soweit sie sich auf die Einwilligung in die vom Beklagten erstrebte Datennutzung für Werbung durch E-Mail oder SMS bezieht. Insoweit greift zusätzlich das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) ein. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stellt unter anderem Werbung unter Verwendung elektronischer Post (E-Mail und SMS) eine unzumutbare Belästigung dar, sofern keine Einwilligung des Adressaten vorliegt. Der VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat - in Abstimmung mit dem für Rechtsstreitigkeiten über Ansprüche aus dem Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb zuständigen I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs - entschieden, dass Einwilligungsklauseln, die so gestaltet sind, dass der Kunde tätig werden und ein Kästchen ankreuzen muss, wenn er seine Einwilligung in die Zusendung von Werbung unter Verwendung von elektronischer Post nicht erteilen will ("Opt-out"-Erklärung), mit dieser Vorschrift nicht vereinbar sind. § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG verlangt, dass die Einwilligung durch eine gesonderte Erklärung erteilt wird ("Opt-in"-Erklärung). Das Erfordernis einer gesonderten Erklärung ergibt sich aus der EG-Datenschutzrichtlinie für elektronische Kommunikation (2002/58/EG), die der deutsche Gesetzgeber mit der Regelung des § 7 UWG umsetzen wollte. Nach dieser Richtlinie kann die Einwilligung in jeder geeigneten Weise gegeben werden, durch die der Wunsch des Nutzers in einer "spezifischen Angabe" zum Ausdruck kommt. Diese Formulierung macht deutlich, dass eine gesonderte, nur auf die Einwilligung in die Zusendung von Werbung mittels elektronischer Post bezogene Zustimmungserklärung des Betroffenen erforderlich ist. Eine solche Erklärung ist nicht schon in der Unterschrift zu sehen, mit der der Kunde das auf Rabattgewährung gerichtete Vertragsangebot annimmt. Eine gesonderte Einwilligungserklärung sieht das von dem Beklagten verwendete Anmeldeformular nicht vor. Der Verbraucher kann in dem Formular zwar seine E-Mail-Adresse oder Mobilfunknummer angeben. Damit willigt er nach der Formulargestaltung aber nur in die elektronische Information über "Extra-Punktechancen, Top-Aktionen und Neuigkeiten zu Payback …" ein, nicht aber in die Zusendung von Werbung jeglicher Art durch elektronische Post. 2. Die zweite, vom Kläger allerdings ohne Erfolg angegriffene Klausel sieht vor: "Wenn Sie am Payback Programm teilnehmen, werden ... Ihr Geburtsdatum ... benötigt. …" Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass diese Bestimmung gemäß § 307 Abs. 3 Satz 1 BGB nicht der Inhaltskontrolle unterliegt. Die Angabe des Geburtsdatums dient der Zweckbestimmung des Vertrags des Beklagten mit dem Verbraucher (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BDSG). Schon angesichts der Vielzahl der Teilnehmer am Payback-Programm gehört eine praktikable und gleichzeitig sichere Methode der Identifizierung der Programmteilnehmer zu den Vertragszwecken. Die Angabe des vollständigen Geburtsdatums ist bei einem Bonusprogramm, welches nach den Feststellungen des Berufungsgerichts rund dreißig Millionen Teilnehmer hat, zur Vermeidung von Identitätsverwechslungen in besonderer Weise geeignet. 3. Die dritte Klausel, die Gegenstand des Revisionsverfahrens war, lautet: "Setzen Sie Ihre Payback-Karte bei einem Partnerunternehmen ein, so meldet dieses die Rabattdaten (Waren/Dienstleistungen ...) an L. Partner zur Gutschrift, Abrechnung gegenüber den Partnerunternehmen, Verwaltung und Auszahlung der Rabatte." Der Bundesgerichtshof hat die Auffassung des Berufungsgerichts bestätigt, dass auch diese Formularbestimmung nicht der Inhaltskontrolle unterliegt (§ 307 Abs. 3 Satz 1 BGB). Die Mitteilung der Rabattdaten durch das Partnerunternehmen dient, auch soweit es um eine Mitteilung der von den Teilnehmern unter Einsatz der Payback-Karte erworbenen Waren und Dienstleistungen geht, ebenfalls der Zweckbestimmung des Vertragsverhältnisses des Beklagten mit den Teilnehmern des Rabatsystems (§ 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 Alt. 1 BDSG). Die dem Bonusprogramm angeschlossenen Partnerunternehmen können von einer Vielzahl unterschiedlicher Rabattierungsmöglichkeiten Gebrauch machen, die speziell von der jeweiligen Ware bzw. Dienstleistung abhängen können. Angesichts dessen bedarf der Beklagte der Kenntnis der vom Kunden bei dem Partnerunternehmen erworbenen Waren bzw. in Anspruch genommenen Dienstleistungen, um den Kunden über deren Punktestand vollständig, richtig, verständlich und nachprüfbar Auskunft geben zu können. Urteil vom 16. Juli 2008 – VIII ZR 348/06 Quelle: Pressemitteilung Nr. 135/2008 des BGH v. 16.07.2008
Der Urheber eines Werkes hat nach der bis Ende 2007 geltenden und in dem zu entscheidenden Fall noch zugrunde zu legenden Rechtslage einen Vergütungsanspruch gegen den Hersteller, den Importeur und den Händler von Geräten, wenn diese Geräte dazu bestimmt sind, ein derartiges Werk "durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung" zu vervielfältigen (§ 54a Abs. 1 Satz 1 UrhG a.F.). Dieser Vergütungsanspruch soll dem Urheber einen Ausgleich dafür verschaffen, dass unter bestimmten Voraussetzungen Vervielfältigungen seines Werkes zum eigenen Gebrauch - ohne seine Zustimmung und ohne eine Vergütung - zulässig sind. Die Klägerin ist die Verwertungsgesellschaft Wort. Sie nimmt die urheberrechtlichen Nutzungsrechte an Sprachwerken wahr. Zahlreiche Sprachwerke - darunter Zeitschriften - werden auf CD, CD-ROM oder DVD übertragen und in dieser Form vervielfältigt. Die Beklagte vertreibt als Kopierstationen bezeichnete Geräte, mit denen ohne Verwendung eines PC Daten von CDs, CD-ROMs oder DVDs kopiert werden können. Diese Geräte haben ein Laufwerk zur Aufnahme der Kopiervorlage und bis zu vierzehn Brennlaufwerke zur Aufnahme der Rohlinge und Herstellung der Kopien. Die Klägerin hat von der Beklagten Auskunft verlangt und die Feststellung beantragt, dass die Beklagte ihr für jedes Gerät eine Vergütung von 1.227,10 € zu zahlen hat. Das Berufungsgericht hat dem Auskunftsanspruch teilweise stattgegeben und festgestellt, dass die Beklagte der Klägerin einen Betrag von 8 € je Brennlaufwerk für Geräte mit bis zu sechs Brennlaufwerken und von 56 € je Brennlaufwerk für Geräte mit sieben oder mehr Brennlaufwerken zu zahlen hat. Gegen diese Entscheidung haben beide Parteien Revision eingelegt. Die Revision der Beklagten hatte Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat das Berufungsurteil aufgehoben und die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass für Kopierstationen keine Vergütungspflicht nach § 54a Abs. 1 Satz 1 UrhG a. F. besteht, weil diese Geräte schon nicht geeignet sind, im Sinne dieser Bestimmung Vervielfältigungen durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung vorzunehmen. Mit Kopierstationen können keine Ablichtungen eines Werkstücks, also fotomechanische Vervielfältigungen, angefertigt werden. Die mit solchen Geräten mögliche Vervielfältigung von (digitalen) CDs, CD-ROMs und DVDs erfolgt nicht in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung. Denn darunter sind - wie der Bundesgerichtshof bereits entschieden hat (BGH, Urt. v. 6.12.2007 - I ZR 94/05, GRUR 2008, 245 Tz. 16 ff. - Drucker und Plotter) - nur Verfahren zur Vervielfältigung von (analogen) Druckwerken zu verstehen. Einer entsprechenden Anwendung dieser Regelung steht - so der Bundesgerichtshof - entgegen, dass Kopierstationen, die schon wegen ihres hohen Anschaffungspreises praktisch ausschließlich von Unternehmen zu gewerblichen Zwecken erworben und genutzt werden, nur wesentlich seltener als die von der Regelung erfassten Fotokopiergeräte für die vom Gesetz ausdrücklich zugelassenen Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch eingesetzt werden. Insofern besteht keine Veranlassung, dem Urheber einen Vergütungsanspruch zu gewähren, der lediglich einen Ausgleich für Vervielfältigungen schaffen soll, die aufgrund einer gesetzlichen Lizenz zulässig sind. Es wäre auch deshalb nicht gerechtfertigt, den Anwendungsbereich der Regelung über ihren Wortlaut hinaus auf Kopierstationen auszudehnen, weil ansonsten die Hersteller, Importeure und Händler sowie letztlich die Erwerber die wirtschaftliche Last der urheberrechtlichen Vergütung für Geräte zu tragen hätten, die im Vergleich zu den von der gesetzlichen Regelung erfassten Geräten nur zu einem wesentlich geringeren Anteil für urheberrechtsrelevante Vervielfältigungen eingesetzt werden. Nach der seit dem 1. Januar 2008 geltenden - im Streitfall nicht anwendbaren - Neuregelung, besteht ein Vergütungsanspruch hinsichtlich sämtlicher Gerätetypen, die zur Vornahme von bestimmten Vervielfältigungen zum eigenen Gebrauch benutzt werden (§ 54 Abs. 1 UrhG). Der Vergütungsanspruch ist demnach nicht mehr davon abhängig, dass die Geräte dazu bestimmt sind, ein Werk "durch Ablichtung eines Werkstücks oder in einem Verfahren vergleichbarer Wirkung" zu vervielfältigen. Der Bundesgerichtshof wird sich am 2. Oktober 2008 mit der Frage der Vergütungspflicht von PCs (I ZR 18/06) zu befassen haben. Urteil vom 17. Juli 2008 - I ZR 206/05 - Kopierstationen Quelle: Pressemitteilung Nr. 137/2008 des BGH v. 17.07.2008
Die Beklagten sind Tonträgerhersteller. Sie setzen technische Schutzmaßnahmen ein, um ein Kopieren der von ihnen hergestellten CDs zu verhindern. Der Kläger bot bei eBay ein Programm zum Kauf an, mit dem kopiergeschützte CDs vervielfältigt werden können. Die Beklagten mahnten den Kläger durch einen Rechtsanwalt ab. Zugleich forderten sie ihn zur Abgabe einer Unterlassungserklärung und zur Zahlung der durch die Abmahnung entstandenen Anwaltskosten in Höhe von 1.113,50 € auf. Der Kläger gab die geforderte Unterlassungserklärung ab, weigerte sich jedoch, die angefallenen Anwaltskosten zu erstatten. Er hat beantragt festzustellen, dass der geltend gemachte Zahlungsanspruch nicht besteht. Das Amtsgericht hat der Klage stattgegeben. Das Berufungsgericht hat sie abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die Revision des Klägers zurückgewiesen. Der Kläger habe gegen § 95a Abs. 3 UrhG verstoßen. Das - verfassungsrechtlich unbedenkliche - Verbot, für den Verkauf von Programmen zur Umgehung des Kopierschutzes zu werben, gelte - so der Bundesgerichtshof - auch für private und einmalige Verkaufsangebote. Da die Bestimmung dem Schutz der Tonträgerhersteller diene, seien die Beklagten berechtigt, den Kläger auf Unterlassung in Anspruch zu nehmen. Dem Anspruch auf Erstattung der Anwaltskosten für die Abmahnung steht, wie der Bundesgerichtshof im Anschluss an sein Urteil vom 8. Mai 2005 (I ZR 83/06 – Abmahnkostenersatz) entschieden hat, nicht entgegen, dass die Beklagten über eigene Rechtsabteilungen verfügen. Der Ersatz der Kosten für die Abmahnung von Urheberrechtsverletzungen ist nunmehr in § 97a Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 UrhG in der Fassung des Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums vom 7. Juli 2008 (BGBl. I Nr. 28 v. 11.7.2008, S. 1191) ausdrücklich geregelt worden. Die Neuregelung tritt am 1. September 2008 in Kraft und war daher in dem heute entschiedenen Fall noch nicht anwendbar. Urteil vom 17. Juli 2008 - I ZR 219/05 Quelle: Pressemitteilung Nr. 138/2008 des BGH v. 17.07.2008
Die Nestlé AG hatte für ihre Schoko-Riegel (z.B. "Lion", "KIT KAT" und "NUTS") eine Sammelaktion durchgeführt, bei der auf der Verpackung jeweils ein Sammelpunkt (sog. "N-Screen") aufgedruckt war. 25 Sammelpunkte konnten gegen einen Gutschein im Wert von 5 € für einen Einkauf bei dem Internet-Versandhändler amazon.de eingelöst werden. Der Kläger, der Bundesverband der Verbraucherzentralen, hatte Nestlé auf Unterlassung in Anspruch genommen. Er hat die Auffassung vertreten, die Aktion sei wettbewerbswidrig, weil sie die Sammelbegeisterung von Kindern und Jugendlichen ausnutze und so eine rationale Kaufentscheidung bei ihnen verdrängen könne. Während das Landgericht der Klage stattgegeben hatte, hatte das Oberlandesgericht Frankfurt a. M. die Klage abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat diese Entscheidung bestätigt. Zwar sind Werbeaktionen, mit denen die geschäftliche Unerfahrenheit von Kindern und Jugendlichen ausgenutzt wird, im Hinblick auf die besondere Schutzbedürftigkeit jugendlicher Verbraucher wettbewerbswidrig. Der Bundesgerichtshof hat jedoch klargestellt, dass nicht jede gezielte Beeinflussung von Minderjährigen wettbewerbswidrig ist. Auch sei nicht jede an Minderjährige gerichtete Sammel- und Treueaktion unzulässig. Abzustellen sei auch bei besonders schutzbedürftigen Zielgruppen auf den durchschnittlich informierten und aufmerksamen Verbraucher dieser Gruppe. Die wirtschaftlichen Folgen einer Beteiligung an der beanstandeten Sammelaktion konnten – so der Bundesgerichtshof – auch von Minderjährigen hinreichend überblickt werden. Es handele sich um ein Produkt, über das auch Minderjährige ausreichende Marktkenntnisse hätten. Die Riegel seien während der Werbeaktion zu ihrem üblichen Preis von ca. 40 Cent verkauft worden; die Teilnahme an der Sammelaktion habe sich im Übrigen im Rahmen des regelmäßig verfügbaren Taschengelds Minderjähriger gehalten. Die Teilnahmebedingungen seien auch für Minderjährige transparent gestaltet gewesen. Die Rechtslage nach der EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken spielte bei der Entscheidung noch keine maßgebliche Rolle. Urteil vom 17. Juli 2008 - I ZR 160/05 – N-Screens Quelle: Pressemitteilung Nr. 141/2008 des BGH v. 18.07.2008
Der Beschuldigte hatte auf seiner Internetseite im Rahmen eines Artikels über eine dritte Person einen Auszug aus dessen Bundeszentralregister veröffentlicht. Trotz mehrfacher Aufforderungen löschte der Beschuldigte die Daten nicht. Auch als der Beschuldigte erstinstanzlich strafrechtlich verurteilt wurde, verweigerte er weiterhin die Löschung. "Damit ist es aber nicht zu beanstanden, dass das Amtsgericht in den Gründen der vorliegend angefochtenen Entscheidung ausgeführt hat, dass der Angeklagte (nunmehr erneut) verdächtig sei, in der Zeit seit dem 02.06.2006 Straftaten nach §§ 44, 43 Abs. 2 Nr. 1 und Nr. 2 BDSG begangen zu haben, indem er auf seiner Internetseite (…) die digitale Kopie eines Bundeszentralregisterauszuges des Zeugen (…) vom 15.06.1997 zum automatisierten Abruf bereithält." Eine solche Straftat rechtfertige auch grundsätzlich, so die Richter weiter, dass eine Hausdurchsuchung und Beschlagnahme beim Beschuldigten erfolge. Anmerkung von RA Dr. Bahr: In der Praxis ist es so, dass Datenschutzverletzung, auch wenn sie vorsätzlich begangen werden, zunächst nur "bloße" Ordnungswidrigkeiten nach § 43 BDSG sind. Erst dann, wenn die Tat gegen Entgelt oder in Schädigungsabsicht erfolgt, liegt eine Straftat vor (§ 44 BDSG). Nicht übersehen werden darf hier natürlich, dass bereits Ordnungswidrigkeiten mit einer empfindlichen Geldbuße belegt werden können. Das Gesetz legt bei Ordnungswidrigkeiten einen Maximalwert von 25.000,- EUR bzw. 250.000,- EUR fest, der jedoch in der Praxis faktisch nie erreicht wird. Die durchschnittlichen Bußgelder, wenn denn überhaupt welche verhängt werden, liegen in aller Regel im drei- oder vierstelligen Bereich.
"Leitsätze: 2. Der ordnungsrechtliche Begriff des Einsatzes nach dem GlüStV ist identisch auszulegen wie der strafrechtliche Begriff des Einsatzes nach § 284 StGB. Werden die Eintrittsgelder iHv. 15,- EUR bei einem Pokerturnier ausschließlich zur Deckung der anfallenden Kosten (z.B. Lokalmiete, Personal) verwendet, fehlt es daher am glücksspielrechtlichen Merkmal des Einsatz, so dass kein strafbares Glücksspiel vorliegt."
Nach Ansicht der Richter darf ein Adresskäufer sich nicht auf die Zusicherung des Verkäufers verlassen, dass sämtliche Daten rechtlich Daten einwandfrei sind. Vielmehr trifft den Käufer eine eigene Prüf- und Kontrollpflicht. Dies gelte insbesondere dann, wenn der Kaufpreis erheblich sei und der Verkäufer außerhalb des Anwendungsbereich des BDSG seinen Sitz habe: "Allerdings durfte die Beklagte gerade nicht auf die Richtigkeit der Angaben des Verkäufers vertrauen. Die Beklagte hat für die erhaltenen Adressen gutes Geld bezahlt. Von daher musste die Beklagte damit rechnen, dass es dem Meinungsforschungsinstitut zumindest auch auf die eigene Gewinnerzielung ankam. Zudem hat dieses Meinungsforschungsinstitut seinen Sitz in Salzburg und unterliegt damit nicht dem deutschen Recht, also auch nicht dem UWG oder dem BDSG." Ähnlich sieht dies das AG Düsseldorf (Urt. v. 21.04.2006 - Az.: 31 C 1363/06), das dem Adresskäufer ebenfalls eine eigene Kontrollpflicht auferlegt. Siehe zu generell zu den rechtlichen Problemen im gewerblichen Adresshandel unser Rechts-Portal "Adresshandel & Recht".
Neben einer Vielzahl von sonstigen strafrechtlichen Änderungen ist auch ein neuer Straftatbestand eingeführt worden. Nämlich das “Vorbereiten des Ausspähens und Abfangens von Daten”. Die neue Norm ist in § 202c StGB niedergeschrieben. Siehe dazu auch unseren Podcast "Der neue § 202c StGB: Quo vadis Hacker-Paragraph?". Nun hat der Chaos Computer Club (CCC) im Rahmen einer Verfassungsbeschwerde einen umfangreichen Bericht an das BVerfG zum Hacker-Paragraphen abgegeben. Die Stellungnahme gibt es hier zum Download (PDF). Die Autoren kommen zu dem Ergebnis: "Eine Unterscheidung, welchen Zweck eine Software verfolgt, ist aus informationstechnischer Sicht nicht möglich. Es gibt keine objektiven Kriterien, anhand derer sich festmachen ließe, daß ein Programm ausschließlich legalen oder illegalen Absichten dient. Wie bei einem mechanischen Werkzeug, etwa einem Skalpell oder einem Hammer, entscheidet erst die Verwendung durch den Anwender über den Zweck und die mögliche Strafbarkeit des damit ausgeführten Handelns. Angesichts der Verschiedenartigkeit und Komplexität von Computern und Netzwerken ist eine unüberschaubare Vielfalt von Programmen und Softwarekomponenten entstanden, die für den Betrieb von IT-Systemen notwendig sind, sich aber auch für illegale Zwecke einsetzen lassen. Die Mehrzahl der Angriffe im Internet erfolgt mit Hilfe solcher „dual-use“-Werkzeuge – bis hin zum normalen Webbrowser." Und weiter: "Die Intention des Gesetzgebers und auch der dem Gesetz zugrundeliegenden Cybercrime Convention war es, eine Verbesserung der IT-Sicherheitslage durch die Beschränkung des Zugangs zu Schadsoftware und Angriffswerkzeugen zu erreichen. Die derzeitige Fassung des § 202c StGB erreicht in der Gesamtschau das Gegenteil. Die abstrakte Kriminalisierung von Softwareherstellern und -benutzern, für deren Werkzeuge sich ein Zweck grundsätzlich nicht definieren läßt, führt zu einer Senkung des Sicherheitsniveaus. Gleichzeitig folgt daraus ein Standortnachteil für die deutsche Forschung und Wirtschaft. Die Strafnorm des § 202c StGB ist daher in der Praxis weder zielführend noch geeignet, das gesetzte Ziel zu erreichen."
Inhalt: Der heutige Podcast klärt, wann fremde E-Mails im Internet veröffentlicht werden dürfen. Und wann eben nicht.
"Zwei-Buchstaben-Domains - der Weg ist frei!" Inhalt: Die Kanzlei Dr. Bahr zeigt in ihrem kostenlosen Vortrag am 3. September 2008, 19:30 Uhr, im Hotel Steigenberger (Raum „Galeria“), Hamburg, insbesondere Unternehmen auf, welche Konsequenzen das Urteil hat und wie und unter welchen rechtlichen Voraussetzungen Zwei-Buchstaben-Domains registriert werden können. Es besteht die Möglichkeit zur Diskussion und zu Nachfragen. Referent ist Rechtsanwalt Noogie C. Kaufmann, Master of Arts, aus der Kanzlei Dr. Bahr. Herr Kaufmann beschäftigt sich bereits seit mehr als zehn Jahren intensiv mit dem Recht der Neuen Medien und ist Autor zahlreicher Fachpublikationen, unter anderem in ComputerTechnik - c´t. Hintergrund für die neue Rechtslage ist die erfolgreiche Klage des Autokonzerns Volkswagen auf Freigabe der Domain „vw.de“. Nähere Infos und Anmeldung online unter http://www.dr-bahr.com/vortrag-zwei-buchstaben-domains.html.
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