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1. BGH: Sonntagsverkauf von Backwaren in Bäckereifilialen mit Cafébetrieb zulässig
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Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass der Verkauf von Backwaren in Bäckereifilialen mit Cafébetrieb an Sonntagen auch außerhalb der Ladenschlusszeiten zulässig ist.
Sachverhalt: Die Beklagte stellt Brot-, Back- und Konditoreiwaren her und vertreibt diese in ihren Filialen in München. Sie veräußerte in zwei Filialen an Sonntagen über einen Zeitraum von jeweils mehr als drei Stunden Brote und unbelegte Brötchen. In einer anderen Bäckerei-Verkaufsstelle wurden an einem Pfingstmontag eine Brezel, unbelegte Brötchen sowie ein Laib Brot verkauft.
Die Klägerin, die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, meint, die Beklagte habe damit gemäß § 3a UWG unlauter gehandelt, weil sie gegen § 3 Satz 1 Nr. 1 des Ladenschlussgesetzes sowie § 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 der Verordnung über den Verkauf bestimmter Waren an Sonn- und Feiertagen verstoßen habe. Sie nimmt die Beklagte auf Unterlassung und Erstattung von Abmahnkosten in Anspruch.
Bisheriger Prozessverlauf: Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung der Klägerin ist ohne Erfolg geblieben.
Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs Der Bundesgerichtshof hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Das Berufungsgericht hat hinsichtlich des Verkaufs in der Bäckerei-Verkaufsstelle am Pfingstmontag zu Recht angenommen, die darlegungs- und beweisbelastete Klägerin habe schon nicht dargetan, dass die Beklagte die Verkaufsstelle selbst betreibt oder von einem Beauftragten betreiben lässt und somit für diesen Verkauf verantwortlich ist. Hinsichtlich des Sonntagsverkaufs von Backwaren in den beiden von der Beklagten betriebenen Filialen hat der Bundesgerichtshof die Beurteilung des Berufungsgerichts gebilligt, diese Verkäufe seien nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gaststättengesetzes erlaubt gewesen.
Bei diesen Filialen handelt es sich um Gaststättengewerbe im Sinne von § 1 Abs. 1 des Gaststättengesetzes, weil die Beklagte dort auch Cafés betreibt, in denen sie Getränke und Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht. Der Anwendung des Gaststättenrechts steht nicht entgegen, dass die Beklagte innerhalb desselben Raums neben einem Café eine Bäckerei-Verkaufsstelle betreibt. Desgleichen kommt es nicht darauf an, dass sie die Speisen und Getränke im Café zur Selbstbedienung bereitstellt.
Die von der Beklagten im Café verabreichten Brötchen und Brote dürfen nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 des Gaststättengesetzes außerhalb der gaststättenrechtlichen Sperrzeiten und ohne Bindung an die gesetzlichen Bestimmungen über den Ladenschluss im Straßenverkauf abgegeben werden. Nach der vom Berufungsgericht rechtsfehlerfrei festgestellten Verkehrsanschauung handelt es sich bei Brötchen und Broten um zubereitete Speisen, also um - durch den Backvorgang - essfertig gemachte Lebensmittel.
Diese werden in den Cafés der Beklagten verabreicht. Dass die Beklagte das Brot im Café in geschnittener Form anbietet, im Straßenverkauf aber ganze Brotlaibe veräußert, und die Gäste des Cafés die Brötchen und die Brotscheiben selbst bestreichen oder belegen, ändert an dieser Beurteilung nichts.
Da die Zulässigkeit eines Straßenverkaufs nicht voraussetzt, dass die Speisen in der Gaststätte zubereitet worden sind, kommt es ferner nicht darauf an, wo die Brötchen und Brote gebacken wurden. Eine zulässige Abgabe zum alsbaldigen Verzehr liegt zwar nur vor, wenn der Betreiber der Gaststätte annehmen darf, dass die abgegebenen Waren im Wesentlichen zum sofortigen Verbrauch erworben werden. Davon durfte die Beklagte aber im Blick auf Art und Menge der bei den beanstandeten Verkäufen abgegebenen Backwaren ausgehen.
Urteil vom 17. Oktober 2019 - I ZR 44/19
Vorinstanzen: LG München II - Urteil vom 20. April 2018 - 12 O 4218/17 OLG München - Urteil vom 14. Februar 2019 - 6 U 2188/18 (GRUR-RR 2019, 227)
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 17.10.2019
Die maßgeblichen Vorschriften lauten:
§ 3a UWG Unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Vorschrift zuwiderhandelt, die auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln, und der Verstoß geeignet ist, die Interessen von Verbrauchern, sonstigen Marktteilnehmern oder Mitbewerbern spürbar zu beeinträchtigen.
§ 3 Satz 1 Nr. 1 LadSchIG Verkaufsstellen müssen zu folgenden Zeiten für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden geschlossen sein:
1.an Sonn- und Feiertagen, (…)
§ 1 Abs. 1 Nr. 2 und Abs. 2 SonntVerkV (1) Abweichend von der Vorschrift des § 3 Abs. 1 Nr. 1 des Gesetzes über den Ladenschluß dürfen an Sonn- und Feiertagen geöffnet sein für die Abgabe (…) 2. von Bäcker- oder Konditorwaren: Verkaufsstellen von Betrieben, die Bäcker- oder Konditorwaren herstellen, für die Dauer von drei Stunden, (…) (2) Absatz 1 Nr. 1 bis 3 gilt nicht für die Abgabe am 2. Weihnachts-, Oster- und Pfingstfeiertag.
§ 7 Abs. 2 Nr. 1 GastG (2) Der Schank- oder Speisewirt darf außerhalb der Sperrzeit zum alsbaldigen Verzehr oder Verbrauch 1.Getränke und zubereitete Speisen, die er in seinem Betrieb verabreicht, (…) an jedermann über die Straße abgeben.
§ 1 Abs. 1 GastG (1) Ein Gaststättengewerbe im Sinne dieses Gesetzes betreibt, wer im stehenden Gewerbe 1. Getränke zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Schankwirtschaft) oder 2. zubereitete Speisen zum Verzehr an Ort und Stelle verabreicht (Speisewirtschaft), (…) wenn der Betrieb jedermann oder bestimmten Personenkreisen zugänglich ist.
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2. OLG Düsseldorf: Auch Service Calls eines Maklers können unerlaubte Telefon-Werbung sein
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Führt ein Versicherungsmakler einen Service Call durch, der auch dem Zweck dient, die Wechselwilligkeit des Kunden zu einem anderen Angebot zu überprüfen, so handelt es sich dabei um verbotene Telefonwerbung (OLG Düsseldorf, Urt. v. 19.09.2019 - Az.: 15 U 37/19).
Die Beklagte, die Versicherungsmaklerin war, rief einen bestehenden Kunden an, ohne dass hierfür eine Erlaubnis vorlag. Die Beklagte verteidigte sich damit, dass es sich um einen Service Call gehandelt habe.
Das Gericht überzeugte diese Argumentation nicht. Vielmehr bewertete das OLG Düsseldorf den Anruf als verbotene Telefonwerbung.
Denn auch Service Calls in einem bereits bestehenden Vertragsverhältnis fielen unter den Begriff der Werbung. Z.B., wenn es um die Versicherung eines weiteren Risikos oder die Erhöhung der Versicherungssumme gehe.
Ein Werbezweck liege auch dann vor, wenn der Anruf bloß mittelbar das Ziel verfolge, den Absatz oder Bezug von Waren oder Dienstleistungen zu fördern, z.B. mittels eines Anrufes die Aufmerksamkeit des Verbrauchers auf ein bestimmtes Produkt zu lenken.
Dabei sei es unerheblich, ob in dem Telefonat auch konkrete Angebote gemacht worden seien, so das Gericht. Denn bei derartigen Service Calls geh es auch darum, die Wechselwilligkeit des Kunden zu überprüfen und bei Bedarf diesem entsprechende Angebote zu übermitteln. Insofern handle es sich um klassische Werbeanrufe.
Da die Beklagte für die Kontaktaufnahme keine Erlaubnis gehabt habe, habe sie sich wettbewerbswidrig verhalten.
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3. OLG Köln: Gewinnspiel durfte nicht Bild von Traumschiff-Kapitän verwenden
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"Bild am Sonntag" durfte Gewinnspiel nicht mit ehemaligem "Traumschiffkapitän" bebildern
Die Zeitung "Bild am Sonntag" durfte im Rahmen ihrer Aktion "Urlaubslotto" kein Bild des ehemaligen "Traumschiffkapitäns" verwenden. Nach einer Entscheidung des 15. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Köln vom 10.10.2019 hat sie außerdem für die Vorbereitung einer Zahlungsklage Auskunft über die Druckauflage am Erscheinungstag zu geben.
Die Zeitung hatte ihre Leser aufgefordert, über Mehrwertdienstnummern an einem Gewinnspiel teilzunehmen und sie hatte unter den Teilnehmern Karten für eine Kreuzfahrt verlost. Bebildert wurde dies mit drei Schauspielern in Schiffsuniform aus der Serie "Das Traumschiff" und u.a. mit dem Hinweis, die Abgebildeten werde man auf der Kreuzfahrt "zwar nicht treffen. Aber wie auf dem echten TV-Traumschiff schippern Sie zu den schönsten Buchten und den spannendsten Städten".
Der 15. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Köln hat im Kern eine Entscheidung des Landgerichts Köln bestätigt, wonach diese Bebilderung ohne Einwilligung des Abgebildeten unzulässig war. Im Rahmen der Einzelfallabwägung stellte der Senat fest, dass das Bild gerade auch zu kommerziell-werblichen Zwecken genutzt worden sei. Ein Gewinnspiel sei zwar im Grundsatz noch der redaktionellen Tätigkeit eines Presseorgans zuzuordnen. Im konkreten Fall habe das Bild aber kaum echten Nachrichtenwert gehabt und es habe die werbliche Nutzung im Vordergrund gestanden. Die Beliebtheit des Klägers als Traumschiff-Kapitän habe als "Garant" für eine Traumreise ersichtlich auch auf den Hauptgewinn abfärben sollen. Außerdem sei mit dem Bild des Klägers die Aufmerksamkeit der Leser auf die kostenpflichten Mehrwertdienstnummern gelenkt worden, mit denen eine gewisse Refinanzierung des Gewinnspiels erfolgt sei.
Die Argumentation der Beklagten, es habe sich lediglich um ein "Symbolfoto" für die ausgelobte Traumreise gehandelt, ließ der Senat nicht gelten. Mit dieser Begründung könne auch das Abbild eines Fußballspielers als "Symbolbild" für jedes Gewinnspiel verwendet werden, bei dem es Karten für ein Fußballspiel zu gewinnen gibt, an dem der Abgebildete selbst dann jedoch nicht teilnehmen müsse. Ein derart weites Verständnis eines Symbolbildes wäre geeignet, das Recht am eigenen Bild Prominenter weitgehend auszuhöhlen.
In dem Urteil grenzte der Senat zu seiner früheren Entscheidung zur Veröffentlichung eines Bildes eines Satirikers ab (vgl. PM vom 27.02.2019 Nr. 7/19; Nichtzulassungsbeschwerde anhängig zu BGH - I ZR 49/19). Im dortigen Fall sei - anders als hier - über die werbliche Nutzung hinaus zugleich noch ein meinungsbildender (anderer) Inhalt transportiert worden. Der vorliegende Fall sei eher der Nutzung eines Bildes eines Prominenten als Klickköders (vgl. PM vom 03.06.2019 Nr. 20/19; Verfahren in Revision beim BHG zu Az.: I ZR 120/19) vergleichbar. Daher sei die Veröffentlichung unzulässig gewesen und die Beklagte im Grundsatz verpflichtet, dem Kläger den Betrag zu zahlen, der der üblichen Lizenz für solche Fotos entsprechen würde. Zur Vorbereitung dieses Anspruchs hat die Beklagte dem Kläger Auskunft über die Druckauflage am Erscheinungstag zu erteilen.
In rechtlicher Hinsicht konnte der Senat offen lassen, ob sich die Rechtsverhältnisse der Parteien nach deutschem (§§ 22, 23 KUG) oder europäischem (Art. 6 Abs. 1 DSGVO) Recht richteten, da in beiden Fällen eine umfassende Abwägung der widerstreitenden Interessen und grundrechtlich geschützten Positionen geboten sei, welche im Grundsatz zum gleichen Ergebnis führen müsse.
Der Senat hat - wie im Fall "Klickköder" - die Revision zugelassen, da die Behandlung der Namens- und Bildnisnutzung im Umfeld redaktioneller Tätigkeit auch zu werblichen Zwecken grundsätzliche Bedeutung habe und eine klärende und richtungsweisende Entscheidung des Bundesgerichtshofes erfordere. Das Urteil ist demnächst im anonymisierten Volltext unter www.nrwe.de verfügbar.
Urteil des Oberlandesgerichts Köln vom 10.10.2019 - Az. 15 U 39/19
Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln v. 16.10.2019
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4. OVG Hamburg: Kein Berichtigungsanspruch nach Art. 16 DSGVO
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Eine Person, die ihr Geschlecht geändert hat, hat keinen datenschutzrechtlichen Anspruch aus Art. 16 DSGVO auf Anpassung der Alteinträge in ihrer Personalakte (OVG Hamburg, Beschl. v. 27.05.2019 - Az.: 5 Bf 225/18.Z).
Die Klägerin war ursprünglich ein Mann und bei der Bundespolizei beschäftigt. Sie änderte dann ihr Geschlecht und wurde weiblich. Daraufhin begehrte sie die Anpassung ihrer Personalakte dahingehend, dass sämtliche Alt-Einträge an ihren neuen Namen und ihr neues Geschlecht anzupassen seien.
Dies lehnte das OVG Hamburg als unbegründet ab.
Die vorgenommene Änderung des Geschlechts wirke nur ex nunc und nicht rückwirkend. Es sei daher richtig, wenn die älteren Einträge noch den männlichen Namen der Klägerin aufweisen würden. Denn nur so lasse sich der zeitliche Ablauf und die Historie auch rückwirkend ausreichend transparent nachvollziehen:
"Dem Verwaltungsgericht ist darin zuzustimmen, dass die Änderung der Vornamen nicht ex tunc wirkt, weswegen die alten Vornamen auch nicht unrichtig geworden sind. Sie bleiben vielmehr mit Blick auf die damalige Rechtswirklichkeit weiterhin richtig.
Ein Berichtigungsanspruch aus Art. 16 DSGVO scheidet somit aus. Dieser Befund wird auch durch die Regelung in Art. 5 Abs. 1 Bst. d) DSGVO, wonach personenbezogene Daten sachlich richtig und „erforderlichenfalls auf dem neuesten Stand“ sein müssen, nicht in Frage gestellt, sondern vielmehr bestätigt. Da es im vorliegenden Fall auf den jeweiligen historischen Kontext ankommt, machen nachträgliche Veränderungen der Wirklichkeit, wie die Änderung der Vornamen und der Geschlechtszugehörigkeit der Klägerin, die über sie gespeicherten personenbezogenen Daten nicht falsch.
Die Beklagte hält ihre Personalakten bewusst auf dem Stand, der zum jeweiligen Zeitpunkt richtig war, um ein möglichst lückenloses Bild der Entstehung und Entwicklung des Dienstverhältnisses als historischem Geschehensablauf dokumentieren zu können, so dass sie die Daten auch nicht dem neuesten Stand anpassen muss; eine solche Anpassung, die aus den Akten nicht erkennbar wäre, könnte vielmehr umgekehrt gegen den Grundsatz der Datenrichtigkeit verstoßen (...)"
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die Entscheidung ist weit über den Einzelfall und die besondere Konstellation (Transsexuellengesetz) von wichtiger Bedeutung. Denn die in dem Beschluss aufgestellten Grundsätze gelten ganz grundsätzlich und können damit verallgemeinert werden.
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5. LG Berlin: Unzulässige Makler-Klausel auf ImmobilienScout24.de
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Die Klausel eines Maklers auf dem Online-Plattform ImmobilienScout24.de ist unzulässig, wenn sie eine Regelung zu den Vorkenntnissen des Kunden enthält (LG Berlin, Urt. v. 02.05.2019 - Az.: 52 O 304/18).
Der verklagte Makler verwendete auf ImmobilienScout24.de im Rahmen seines Angebots folgende Klausel:
"Sollte Ihnen dieses Angebots bereits bekannt sein, so bitten wir um schriftliche Bekanntgabe unter Nennung des Anbieters innerhalb von 5 Tagen nach Erhalt des Angebots.
Sollten wir keine Rückäußerung erhalten, ist unser Nachweis als Erstnachweis vom Empfänger akzeptiert (...)."
Die Klägerin bewertete dies als unzulässige AGB. Der Beklagte vertrat den Standpunkt, bei dem Angebot auf ImmobilienScout24.de handle sich noch gar nicht um ein verbindliches Angebot, sondern lediglich um die Aufforderung zur Abgabe eines Angebots.
Das Gericht folgte der Ansicht der Klägerin und verurteilte den Makler zur Unterlassung.
Es bestünde keine gesetzliche Verpflichtung des Kunden, den Makler über etwaige bestehende Vorkenntnisse zu informieren. Dadurch, dass der Makler eine solche Pflicht vertraglich dem Kunden auferlegen wolle, benachteilige er ihn unangemessen.
Bei der Klausel handle es sich auch um AGB. In der bloßen Zeitungs- oder Internet-Annonce eines Maklers sehe die ständige Rechtsprechung zwar grundsätzlich noch kein verbindliches Angebot. Etwas anderes gelte aber, wenn der Makler seinen Provisionsanspruch ausdrücklich und unmissverständlich zum Ausdruck gebracht habe. Dann handle es sich ausnahmsweise doch um eine rechtsverbindliche Offerte.
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6. LG Frankfurt a.M.: Versand eines Fotos per E-Mail ist unerlaubte Nutzung
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In der Versendung eines Fotos im Rahmen einer E-Mail an einen Dritten ist ein Verbreiten iSd. §§ 22, 23 KUG zu sehen. In der vorherigen Veröffentlichung des Bildnisses bei XING liegt keine konkludente Einwilligung (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 26.09.2019 - Az.: 2-03 O 402/18).
Der Beklagte verwendete in einer E-Mail an einen Dritten ein Foto, auf dem der Kläger abgelichtet war. Das Bild stammt von der Online-Plattform XING.
Hiergegen ging der Kläger erfolgreich vor.
Denn durch die Verwendung in der E-Mail sei das Foto verbreitet worden iSd. §§ 22, 23 KUG, so das Gericht.
In der vorherigen Veröffentlichung des Bildnisses im Rahmen seines XING-Profiles könne auch keine Einwilligung des Klägers gesehen werden, sodass die Nutzung in der elektronischen Nachricht unerlaubt geschehen sei. Es liege daher eine Verletzung des Rechts am eigenen Bild vor
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7. LG Hamburg: Online-Agentur, die Löschung unerlaubter Bewertungen anbietet, verhält sich wettbewerbswidrig
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Das Online-Angebot einer Marketing-Agentur, unerlaubte Kommentare und Bewertungen bei Google löschen zu lassen, ist rechtswidrig, da hierin eine konkrete Rechtsdienstleistung zu sehen ist (LG Hamburg, Urt. vom 28.06.2019 - 315 O 255/18).
Kläger war die Rechtsanwaltskammer Hamburg, Beklagte eine Marketing-Firma. Die Schuldnerin warb auf ihrer Webseite wie folgt:
"Wir haben ihre Bewertungen jederzeit im Blick und decken Beleidigungen, Unwahrheiten oder anstößige Inhalte auf. Liegt ein Verstoß vor, wenden wir uns direkt an Google und beantragen, die Bewertungen löschen zu lassen.
Rufen Sie uns jetzt an, wenn wir ihren negativen Google-Bewertungen professionell prüfen und eine Entfernung einleiten sollen."
Und weiter:
"Um solche Bewertungen ausfindig zu machen, prüfen unsere erfahrenen Reputationsmanager die Inhalte der Bewertungen streng. Sollten ihnen diffamierende/rechtswidrige Äußerungen auffallen, werden sie umgehend aktiv und veranlassen, die Bewertung bei Google löschen zu lassen. In bestimmten Fällen können auch rechtliche Schritte eingeleitet werden.“ Das LG Hamburg stufte dies als wettbewerbswidrig ein, da ein Verstoß gegen das Rechtsdienstleistungsgesetz (RDG) vorliege. Danach sei Rechtsdienstleistungen grundsätzlich nur Anwälten mit einer entsprechenden Zulassung erlaubt. Die Beklagte verfüge nicht über eine solche Zulassung und verletzte damit das RDG.
Es liege auch eine Rechtsdienstleistung iSd. RDG vor und nicht nur eine einfache inhaltliche Prüfung auf Vereinbarkeit mit den Google-AGB.
Die Prüfung und Verfolgung von Beleidigungen, Unwahrheiten oder anstößigen Inhalten bedeute eine Rechtsprüfung im Einzelfall, die nicht im unmittelbaren notwendigen Zusammenhang mit der eigentlich angebotenen Dienstleistung stehe, sondern eine Beratungsleistung im Sinne einer Rechtsberatung darstelle.
Nicht nur der letzte Satz "In bestimmten Fällen können auch rechtliche Schritte eingeleitet werden" biete offen Rechtsdienstleistungen an. Dies werde auch nicht dadurch relativiert, dass an anderer Stelle von "Hausanwälten“ die Rede sei, mit denen die Beklagte zusammenarbeite.
Die angesprochenen Verkehrskreise könnten diese Werbung vielmehr nur dahingehend verstehen, dass die Beklagte diese Leistungen selbst erbringen würde.
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8. FG Saarbrücken: Unternehmer hat DSGVO-Auskunftsanspruch gegenüber Finanzamt
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Ein Unternehmer kann einen datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO gegenüber dem Finanzamt geltend machen (FG Saarbrücken, Beschl. v. 03.04.2019 - Az.: 2 K 1002/16).
Der Kläger war Gesellschafter einer GbR und stritten intern um die Berechnung des Veräußerungsgewinns.
Das Finanzamt führte eine steuerliche Außenprüfung durch. Der Kläger beantragte daraufhin Akteneinsicht beim Finanzamt, was ihm die Behörde verweigerte.
Daraufhin ging er vor Gericht.
Das FG Saarbrücken entschied, dass dem Kläger ein Anspruch aus Art. 15 DSGVO gegenüber dem Finanzamt zustünde:
" (....) Seit dem Inkrafttreten der Verordnung (EU) 2016/679 (...) [besteht] für alle Steuerpflichtigen grundsätzlich ein gebundener Anspruch auf Akteneinsicht bei der Finanzbehörde. Ein Akteneinsichtsrecht ist nicht ausdrücklich in der DSGVO geregelt, aber es besteht nach Art. 15 Abs. 1 HS. 2, Abs. 2 DSGVO ein Auskunftsanspruch über sämtliche verarbeiteten personenbezogenen Daten. (...)
Die DSGVO gilt in sachlicher Hinsicht gem. Art. 2 Abs. 1 für die ganz oder teilweise automatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten sowie für die nichtautomatisierte Verarbeitung personenbezogener Daten, die in einem Dateisystem gespeichert sind oder gespeichert werden sollen. Diese Voraussetzung ist erfüllt, soweit die Finanzbehörden – wie vorliegend – Papierakten führen, da die nach Steuernummern oder sonstigen Aktenzeichen sortierten Papierakten ein Dateisystem i.S.d. Art. 4 Nr. 6 DSGVO sind."
Die DSGVO betreffe auch das Gebiet des Steuerrechts:
"Der sachliche Anwendungsbereich der DSGVO ist auch nicht nach Art. 2 Abs. 2 DSGVO ausgeschlossen. Zwar gilt die Verordnung grundsätzlich nur für die Verarbeitung personenbezogener Daten im Anwendungsbereich des Unionsrechts, was bei nicht harmonisierten Steuern wie der Einkommen- oder Körperschaftsteuer zweifelhaft ist.
edoch soll die DSGVO nach Auffassung der obersten Finanzbehörden des Bundes und der Länder zugunsten der Betroffenen entgegen der Gesetzeslage für sämtliche Steuerarten anwendbar sein (vgl. BMF-Schreiben vom 12. Januar 2018, BStBl I 2018, 185, Rz. 3 und 22), soweit nicht bereits die Informationsfreiheitsgesetze der Länder, die eine entsprechende Anwendung der DSGVO anordnen, einen Informationszugang zu den Landesfinanzbehörden regeln. § 1 Satz 1 SIFG dürfte einen Informationszugang zu den Landesfinanzbehörden gewähren. Denn die Landesfinanzbehörden sind nicht gem. § 2 SIFG vom Informationszugang ausgenommen.
Im Übrigen dürfte der Anspruch des Klägers auf Informationszugang aus der Selbstbindung der Verwaltung folgen."
Mit außerordentlich deutlichen Worten erklärt das Gericht die Verweigerungshaltung der Finanzverwaltung für rechtswidrig:
"Soweit die Finanzverwaltung beim Akteneinsichtsrecht weiterhin von einem Ermessensanspruch ausgeht (vgl. hierzu BMF-Schreiben vom 12. Januar 2018, BStBl I 2018, 185 Rz. 32), widerspricht dies sowohl vorrangigem Unionsrecht als auch nationalem Recht. Denn nach § 32d Abs. 1 AO besteht ein behördliches Ermessen nur, soweit es an Regelungen in der DSGVO fehlt. Dies ist vorliegend gerade nicht der Fall."
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9. VG Neustadt: Verbotene Wahlwerbung mit örtlicher Feuerwehr
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Das Gericht hat den am 17. Oktober 2019 eingegangenen Eilantrag eines Bewerbers zur Wahl des Verbandsbürgermeisters mit Beschluss vom 18. Oktober 2019 abgelehnt.
Mit diesem Eilantrag wandte sich der Antragsteller gegen eine im wahlvorbereitenden Verfahren erlassene Anordnung. Mit dieser behördlichen Anordnung wurde ihm untersagt, von einem Foto zu Wahlwerbezwecken Gebrauch zu machen, das ihn in der Einsatzuniform der Freiwilligen Feuerwehr zusammen mit anderen Feuerwehrleuten und einem Feuerwehrauto zeigt.
Zur Begründung der Ablehnung des Eilantrages wies das Verwaltungsgericht im Wesentlichen darauf hin, dass nach wahlrechtlichen Grundsätzen eine rechtliche Überprüfung der Anordnung nicht in einem Eilrechtsschutzverfahren vor der Wahl, sondern nur nach der Wahl erfolgen könne. Besondere Gründe für eine Ausnahme von diesem rechtlichen Grundsatz lägen hier nicht vor, auch mit Blick auf die nur noch kurze Zeitspanne bis zum Wahltag am 20. Oktober 2019.
Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts kann Beschwerde beim OVG Rheinland-Pfalz erhoben werden.
VG Neustadt, Beschluss vom 18. Oktober 2019 – 3 L 1134/19.NW –
Quelle: Pressemitteilung des VG Neustadt v. 18.10.2019
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10. DSK veröffentlicht Bußgeld-Katalog für DSGVO-Verstöße
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Die Datenschutzkonferenz (DSK) hat ein Konzept zur Bemessung der Bußgeld-Höhe bei DSGVO-Verstößen veröffentlicht. Das Konzept ist hier als PDF downloadbar.
In einer parallel herausgegebenen Pressemitteilung teilt die DSK mit, dass der Entwurf
"im Wesentlichen die Vorgaben des Art. 83 der Datenschutz-Grundverordnung [ausgestalte] und (...) auf Fortentwicklung angelegt [ist}.
Ziel des Konzepts ist es, den Datenschutzaufsichtsbehörden eine einheitliche Methode für eine systematische, transparente und nachvollziehbare Bemessung von Geldbußen zur Verfügung zu stellen."
Das Gremium erklärt ebenfalls, dass der Entwurf nicht bzw. nicht weitergehend mit den anderen europäischen Datenschutzbehörden abgestimmt sei:
"Die Veröffentlichung des Konzeptes erfolgt, nachdem erste Verhandlungen auf europäischer Ebene zu diesem Thema stattgefunden haben, in denen die Entwurfsfassung des Konzepts eine Rolle gespielt hat.
Nach Art. 70 Abs. 1 lit. k der Datenschutz-Grundverordnung ist eine Harmonisierung der Festsetzung von Geldbußen durch Leitlinien zu fördern. Veränderungen und Ergänzungen des Konzepts sowie der Praxis der Aufsichtsbehörden sind aufgrund neuer Erkenntnisse aus den europaweiten Abstimmungen in der Zukunft möglich.
Bis der Europäische Datenschutzausschuss endgültige Leitlinien erstellt hat, bietet das vorliegende Konzept die Grundlage für die Bußgeldzumessung in der Sanktionspraxis der deutschen Aufsichtsbehörden."
Wie erfolgt nun die Bestimmung der Bußgeld-Höhe genau?
Nach dem Konzept soll die Bußgeld-Höhe in fünf Schritten festgestellt werden:
1. Schritt: Das betreffende Unternehmen wird einer bestimmten Größenklasse zugeordnet.
2. Schritt: Es wird der mittlere Jahresumsatz der jeweiligen Größenklasse-Untergruppe ermittelt.
3. Schritt: Der wirtschaftliche Grundwert wird ermittelt. 4. Schritt: Dieser Grundwert wird mit einem von der Schwere der Tat abhängigen Faktor multipliziert.
5. Schritt: Berücksichtigung und Anpassung des Wertes anhand täterbezogener und sonstiger, noch nicht berücksichtigter Umstände.
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Sollte sich dieses Bußgeld-Konzept im Alltag tatsächlich durchsetzen, dann dürfte dies zu einer deutlichen Anhebung der DSGVO-Bußgelder in Deutschland und somit zu einer grundlegenden Verschiebung der bisherigen Praxis führen.
Nach der Systematik sind vor allem Unternehmen mit großem Umsatz überproportional betroffen, da bei ihnen das Konzept stets und immer von einer entsprechend gewichtigen Größenklasse ausgeht. Mit der Konsequenz, dass für ein und dasselbe Delikt ganz unterschiedliche Bußgeld-Höhen herauskommen.
Ob das vorgestellte Konzept noch mit den Kriterien des Art. 83 DSGVO vereinbar ist, kann daher aus diesem und noch weiteren Gründen ganz erheblich bezweifelt werden. Die DSK erklärt daher selbst, dass ihr Katalog die Gerichte, die etwaige Bußgelder überprüfen, nicht an diesen Vorgaben bindet, sondern die Justiz vielmehr eigenständig entscheidet.
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