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Newsletter vom 23.11.2005, 00:07:01
Betreff: Rechts-Newsletter 47. KW / 2005: Kanzlei Dr. Bahr


anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 47. KW im Jahre 2005. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Interessenschwerpunkten Recht der Neuen Medien, Gewerblicher Rechtsschutz, Wirtschaftsrecht und Gewinnspiel- / Glücksspielrecht.

Die Kanzlei Dr. Bahr wünscht Ihnen wie immer angenehmes Lesen. Kontaktieren Sie uns einfach, falls Sie Fragen oder Anregungen haben: http://www.Dr-Bahr.com/findex.php?p=kontakt.html


Die Themen im Überblick:

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1. BGH: Rückzahlungs-Anspruch bei "Zahlung unter Vorbehalt" bei Mehrwertdiensten

2. OLG Bremen: Wirksame AGB-Einbeziehung bei Hinweis auf Internet-Seite?

3. OLG Düsseldorf: Kein Spam bei E-Mail-Werbung für Angebotsaufforderung

4. OLG Köln: NRW hat kein Anspruch auf "mahngericht.de"

5. LG Hamburg: Urteil im Fall der Forums-Nickname-Abmahnung

6. LG München: Keywords bei Google AdWords sind Markenverletzung

7. LG Wiesbaden: Verkauf verlagsneuer Bücher bei eBay unter Buchpreis?

8. AG Charlottenburg: Neues Spam-Urteil

9. AG Düsseldorf: Auskunftspflicht eines Mobilfunk-Betreibers

10. Interview zur geplanten Reform des Jugendschutzrechts bei "Killerspielen"


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1. BGH: Rückzahlungs-Anspruch bei "Zahlung unter Vorbehalt" bei Mehrwertdiensten
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Der BGH (Urt. v. 20.10.2005 - Az.: III ZR 37/05 = http://shink.de/34238b) hatte zu entscheiden, ob der Inhaber eines Telefonanschlusses einen Rückzahlungsanspruch gegen den Netz-Betreiber hat, wenn er Mehrwertdienste-Rechnungen in der Vergangenheit "unter Vorbehalt" geleistet hat.

Die höchsten deutschen Zivilrichter haben diese Frage mit einem eindeutigen "Ja" beantwortet:

"Dies hält der rechtlichen Nachprüfung nicht stand. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Rückzahlungsanspruch gemäß § 812 Abs. 1 Satz 1, 1. Alt. BGB. Die Beklagte ist um die von dem Kläger geleistete Summe ohne rechtlichen Grund bereichert, da sie keinen Anspruch auf das geltend gemachte Verbindungsentgelt hat."

Da die Beklagtenseite nicht nachweisen konnte, dass ein ordnungsgemäßer Mehrwertdienste-Vertrag zustande gekommen war, gab es keinen rechtlichen Grund für die Vermögensverschiebung. Der Kläger, der die Begleichung der Telefon-Rechnungen in der Vergangenheit explizit unter Vorbehalt geleistet hatte, konnte nun die Rückzahlung verlangen.

Neben den allgemeinen Ausführungen, die noch einmal die bisherige BGH-Rechtsprechung in Sachen Mehrwertdienste zementieren, dürfte vor allem für den Netz-Betreiber in der Praxis die Tatsache von außerordentlicher Bedeutung sein, dass er sich nicht auf den sog. "Wegfall der Bereicherung" berufen kann. Die Beklagte hatte hier eingewandt, sie sei entreichert, weil sie das Geld an ihre Vertragspartner längst abgeführt habe. Dem ist der BGH nicht gefolgt:

"Die Beklagte kann auch nicht mit Erfolg geltend machen, von ihrer Verpflichtung zur Rückzahlung (...) befreit zu sein, soweit sie die erhaltenen Gelder an den Mehrwertdienstebetreiber abgeführt hat. Es kann insoweit auf sich beruhen, ob dies bereits daran scheitert, dass sie mit der Weiterleitung der Zahlung von einer ihr gegenüber dem Mehrwertdienstebetreiber obliegenden Verpflichtung frei geworden ist und sie deshalb weiterhin in Form der Befreiung von einer Verbindlichkeit bereichert ist.

Die Berufung auf den Wegfall der Bereicherung ist jedenfalls in entsprechender Anwendung des § 820 Abs. 1 Satz 1 BGB ausgeschlossen, weil der Kläger unter Vorbehalt gezahlt hat, ohne dass die Beklagte dem widersprochen hätte (...)."


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2. OLG Bremen: Wirksame AGB-Einbeziehung bei Hinweis auf Internet-Seite?
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Das OLG Bremen (Urt. v. 11.02.2004 - Az.: 1 U 68/03 = http://shink.de/1hg58m) hatte zu entscheiden, ob es zwischen Unternehmern für eine wirksame AGB-Einbeziehung ausreicht, wenn eine Partei auf ihre Internet-Seite verweist, auf der es die AGB zum Download gibt.

Die Bremer Richter haben diese Frage mit einem klaren "Ja" beantwortet:

"Da die J-GmbH als Partner des Werkvertrages der Klägerin ein Unternehmer (...) war, gilt für die AGB der Klägerin die Einbeziehungsregelung des § 305 Abs. 2 BGB nicht (§ 310 Abs. 1 Satz 1 BGB), wonach AGB nur dann Bestandteil eines Vertrages werden, wenn der Verwender bei Ver-tragsschluss die andere Partei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnissmäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist (...) und der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Partei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen (...).

Vielmehr ist für den Fall, dass AGB gegenüber einem Unternehmer verwendet werden, anerkannt, dass zur Einbeziehung in den Vertrag jede auch stillschweigende Willensübereinstimmung genügt (...).

Im unternehmerischen Verkehr reicht es mithin aus, ist es andererseits aber auch erforderlich, dass die Parteien sich auf irgend eine Weise konkludent über die Einbeziehung der AGB einigen (...). Ausreichend ist, dass der Verwender erkennbar (...) auf seine AGB verweist und der unternehmerische Vertragspartner deren Geltung nicht widerspricht (...).

Eine ausdrückliche Einbeziehung ist auch dann wirksam, wenn die AGB dem für den Vertragsschluss maßgeblichen Schreiben nicht beigefügt waren und der Kunde den Inhalt der AGB nicht kennt (...)."


Auf den konkreten Fall bezogen:

"Die J-GmbH hatte unter den vorliegenden Umständen des Falles auch die Möglichkeit der zumutbaren Kenntnisnahme von dem Inhalt der AGB der Klägerin. Unternehmer müssen nämlich mit höherer Sorgfalt als Privatleute selbst zur Klarstellung der Geschäftsbeziehung beitragen (...).

Von der J-GmbH konnte unter den vorliegenden Umständen erwartet werden, dass sie entweder die AGB der Klägerin unter der in dem Annahmeschreiben der Klägerin (...) abruft oder-falls der J-GmbH dies nicht möglich oder zu beschwerlich (...) erschien - die Klägerin auffordert, ihr die AGB in Schriftform zu übersenden. Die J-GmbH hat indessen weder den Versuch gemacht, die AGB der Klägerin im Internet abzurufen, noch hat sie die Klägerin aufgefordert, ihr die AGB in Schriftform zu übersenden. Damit ist die J-GmbH nicht den Anforderungen gerecht geworden."


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3. OLG Düsseldorf: Kein Spam bei E-Mail-Werbung für Angebotsaufforderung
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Das OLG Düsseldorf (Urt. v. 04.10.2005- Az.: I-20 U 64/05) hatte zu beurteilen, ob auch dann ein Fall der unverlangten E-Mail-Werbung vorliegt, wenn der Versender in der Mail um ein Vertragsangebot des Empfängers bittet.

Der Versender der E-Mail hatte an den Kläger geschrieben:

"„Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Vorstand,
sehr geehrter Webmaster,

Wir sind Betreiber der Homepage http: //www.(...). de

Sie können sich auch gerne einmal in Ruhe umschauen, wir haben einen Test-Account für sie bereitgestellt (...) und würden gerne auf Ihrer Homepage einen unserer Werbebanner plazieren.

Wir zahlen Ihnen pro angemeldeten User, der sich über unseren Werbebanner anmeldet, eine Prämie von 5 Euro. Falls sie hier eine Möglichkeit sehen, können Sie uns gerne über unsere e-Mail-Adresse (...) kontaktieren.

Falls Sie sich direkt anmelden möchten benutzen Sie bitte auf unserer Homepage den Button - Partnerprogramm - Anmeldung. Vielleicht möchten Sie auch mal einen kurzen Blick in unser Forum werfen: http://www.(...).de; über eine Zusammenarbeit mit Ihnen würden wir uns sehr freuen.

Mit sportlichem Gruß (...)"


Hierin sahen die Düsseldorfer Richter keinen Verstoß gegen § 7 Abs.2 Nr. 3 UWG.

"Es handelt sich (...) deswegen nicht um „Werbung" im Sinne des § 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG, weil der Sendende damit gegenüber dem Empfänger nicht Waren oder Dienstleistungen – auch nicht mittelbar über eine Anpreisung seines Unternehmens – abzusetzen versuchte, sondern um Dienstleistungen des Empfängers warb, für die er (...) ein Entgelt zu entrichten bereit war.

Der Beklagte hat sein Leistungsangebot zwar dem FC (...) in der angegriffenen E-Mail vorgestellt. Dies erfolgte jedoch nicht mit dem Ziel, seine Leistungen bei dem Verein abzusetzen. Vielmehr sollte letzterer auf seiner Website „www.fc-(...).de“ dem Beklagten „Platz" für Bannerwerbung zur Verfügung stellen, wofür der Beklagte ein Entgelt zu zahlen bereit war.

Es handelte sich mithin nicht um Werbung um Absatz von Waren oder Dienstleistungen (zukünftig Absatzwerbung genannt), sondern Werbung um Dienstleistungen der Gegenseite (zukünftig Nachfragerwerbung genannt)."


Dann setzt sich das Gericht mit der Frage auseinander, ob die E-Mail nicht allgemein als unzumutbare Belästigung nach § 7 Abs.1 UWG eingestuft werden könnte.

"Das beanstandete Verhalten ist auch nicht nach der allgemeinen Vorschrift des § 7 Abs. 1 UWG wettbewerbswidrig.

Ob eine unzumutbare Belästigung eintritt, ist nach den Umständen des Einzelfalles zu entscheiden (...).

Gegen eine unzumutbare Belästigung spricht, dass der FC (...) Betreiber einer Website ist, auf der er sich der Öffentlichkeit präsentiert, und auf dieser Website seine E-Mail-Adresse angibt. Er muss dann damit rechnen, dass ihn unter dieser E-Mail-Adresse Anfragen erreichen, die jedenfalls das typische Angebot eines Sportvereins betreffen (...).

Das betrifft nicht nur Anfragen zum Spielangebot oder für Kartenverkäufe, sondern unter den heutigen Umständen auch Anfragen zur Bannerwerbung. Bereits früher war die Bandenwerbung üblich; da Sportvereine auf Einnahmen angewiesen sind, konnten Unternehmen davon ausgehen, dass Anfragen in dieser Richtung willkommen waren. Unterhält ein Sportverein (...) eine Website, verhält es sich bei Bannerwerbung ebenso. Das gilt umso mehr, als der FC (...) auf seiner Website tatsächlich Bannerwerbung betreibt (...).

Zeit, Mühe und Kosten, die E-Mail des Beklagten zu identifizieren und gegebenenfalls ohne nähere Befassung zu löschen, sind gering. (...) Schließlich handelte es sich bei dem FC (...) nicht um einen besonders schützenswerten Verbraucher, sondern um eine juristische Person."


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4. OLG Köln: NRW hat kein Anspruch auf "mahngericht.de"
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Das OLG Köln (Urt. v. 30.09.2005 - Az.: 20 U 45/05 = http://shink.de/93gxwp) hat entschieden, dass kein Anspruch des Bundesland Nordrhein-Westfalen auf die Domain "mahngericht.de" besteht.

"Die Bezeichnung „Mahngericht" genießt keinen namensrechtlichen Schutz zugunsten des klagenden Landes NRW.

Denn dem Begriff „Mahngericht" kommt keine Kennzeichnungs- und Namensfunktion zu. Der Begriff bezeichnet vielmehr eine bestimmte Funktion der betreffenden Amtsgerichte, nicht aber die Gerichte selbst",
so die Kölner Richter.

Und weiter:

"Etwas anderes ergibt sich auch nicht daraus, dass das Land Nordhrein-Westfalen - wie auch andere Bundesländer - (...)bezirksübergreifende „zentrale Mahngerichte" eingerichtet hat. Auch hierbei handelt es nicht um besondere Gerichte, die nur für das Mahnverfahren zuständig sind, sondern lediglich spezielle Abteilungen der Amtsgerichte Hagen und Euskirchen, denen kein Namensschutz zukommt.

Denn die Amtsgerichte Hagen und Euskirchen sind nicht nur für Mahnverfahren zuständig, sondern auch für Zivil-, Straf-, Familien- und FGG-Verfahren.

Im Sprachgebrauch werden diese „Gerichte" als Zentrale Mahngerichte oder ZEMA bezeichnet, diesen Bezeichnung hat der Beklagte aber nicht benutzt."


Das Gericht verneint nicht nur einen namensrechtlichen Anspruch (§ 12 BGB), sondern stellt auch ausdrücklich fest, dass kein Fall von Domaingrabbing (§ 826 BGB) vorliegt.

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5. LG Hamburg: Urteil im Fall der Forums-Nickname-Abmahnung
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Der Forums-Betreiber von Ironsport.de, Patrick Albers, war im Juni diesen Jahres abgemahnt worden, weil angeblich ein User seines Forums durch die Wahl eines Nicknames eine eingetragene Marke verletzt haben sollte, vgl. die Kanzlei-Infos v. 13.06.2005 = http://shink.de/k57miu

Die Abmahnung war wegen einer Vielzahl von Gründen unberechtigt und zudem eindeutig rechtsmissbräuchlich. Die Abmahnung wurde von der Kanzlei Dr. Bahr, die Herrn Albers vertritt, mit einer Gegenabmahnung und der Androhung einer negativen Feststellungsklage beantwortet. Die entsprechenden Schreiben sind hier online abrufbar = http://shink.de/uhnx65

Als die Gegenseite auf die Gegenabmahnung nicht reagierte, wurde negative Feststellungsklage erhoben, vgl. die Kanzlei-Infos v. 15.08.2005 = http://shink.de/hzk5cl

Am letzten Mittwoch Tag war vor dem LG Hamburg mündliche Verhandlung in der Angelegenheit. Es erging ein Versäumnisurteil gegen den Beklagten, das vollständig die geltend gemachten Ansprüche anerkennt (Versäumnisurteil v. 15.11.2005 - Az.: 312 O 652/05). Insbesondere wurde nicht nur festgestellt, dass die Abmahnung unberechtigt war und Albers keine Abmahnkosten zu zahlen habe, sondern auch, dass die Gegenseite die Kosten für die anwaltliche außergerichtliche Einschaltung der Kanzlei Dr. Bahr zu tragen habe.

Theoretisch gibt es gegen das Versäumnisurteil noch das 14-tägige Rechtsmittel des Einspruchs. Der Prozessbevollmächtigte des Beklagten hatte aber schon vorab angekündigt, dass er von diesem Rechtsmittel keinen Gebrauch machen werde. Dies entspricht auch dem bisherigen Verhalten der Beklagtenseite, die zwar ihre gerichtliche Verteidigung angezeigt hatte, dann aber keinerlei inhaltliche Stellungnahme zur Klage abgab, sondern sich ausschwieg

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6. LG München: Keywords bei Google AdWords sind Markenverletzung
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Das LG München (Beschl. v. 27.10.2005 - Az.: 9 HK O 20800/05 = http://shink.de/lyzg45) hat entschieden, dass die Benutzung eines Markennamens als bloßes Keyword im Rahmen von Google AdWords einen kennzeichenmäßigen Gebrauch und somit eine Markenverletzung darstellt.

Es handelt sich dabei um einen Beschluss über eine einstweilige Verfügung, der keine weiteren Entscheidungsgründe enthält.

Die Münchener Richter sehen somit die Rechtslage anders als das OLG Dresden (Urt. v. 30.08.2005 - Az.: 14 U 0498/05 = Kanzlei-Infos v. 31.08.2005 = http://shink.de/3pr24n), das LG Leipzig (Urt. 08.02.2005 - Az.: 5 O 146/05 = http://shink.de/xbxk5g) und das LG Hamburg (Urt. v. 21.12.2004 - Az.: 312 O 950/04 = http://shink.de/mhheri; Urt. v. 21.12.2004 - Az.: 312 O 950/04 = http://shink.de/8qnd4p).

Siehe generell zu Suchmaschinen und den damit zusammenhängenden rechtlichen Problemen das Info-Portal unserer Kanzlei "Suchmaschinen & Recht" = www.Suchmaschinen-und-Recht.de

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7. LG Wiesbaden: Verkauf verlagsneuer Bücher bei eBay unter Buchpreis?
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Das LG Wiesbaden (Urt. v. 26.07.2005 - Az: 11 U 8/05 - PDF = http://shink.de/vx5c68) hatte darüber zu entscheiden, ob ein eBay-Verkäufer verlagsneue Bücher unter dem Buchpreis verkaufen kann, wenn diese als Mängelexemplar gekennzeichnet sind.

Der Beklagte, ein Online-Händler, kaufte von Dritten verlagsneue Bücher. Diese Bücher wiesen keine Fehler auf, waren jedoch auf dem Einband als "Mängelexemplar" ausgewiesen. Diese Bücher verkaufte der Beklagte dann bei eBay unter dem Buchpreis weiter.

Der Klägerin sah hierin einen Verstoß gegen das Buchpreisbindungsgebot.

Zu Recht wie das LG Wiesbaden entschied:

"Dem Beklagten ist es nach § 3 S. 1 BuchPrG untersagt, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs nicht gebrauchte verlagsneue Bücher zu anderen als den von den Verlagen festgesetzten Preisen anzubieten und/oder zu bewerben.

Dieses Verbot umfasst nach Auffassung des Senats auch solche Bücher, die der Beklagte als Mängelexemplare einkauft, die tatsächlich jedoch keinen weitergehenden Mangel aufweisen als die bloße Kennzeichnung als Mängelexemplar. (...)

Danach sind Mängelexemplare nur „beschädigte Bücher, die äußerlich erkennbare Schäden oder Fehler aufweisen und deshalb nicht mehr zum regulären Endpreis verkauft werden können."


Das LG Wiesbaden fügt damit der Problematik der Buchpreisbindung im Internet eine weitere Nuance hinzu. Schon Mitte 2004 hatte sich das OLG Frankfurt a.M. (= Kanzlei-Infos v. 15.06.2004 = http://shink.de/mtzbd5) mit diesem Thema beschäftigt. Wenige Wochen später hatte das OLG Frankfurt a.M. auch über etwaige Preisnachlässe und Gutscheine beim Online-Buchhändler Amazon zu entscheiden, vgl. die Kanzlei-Infos v. 22.07.2004 = http://shink.de/vvjfts

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8. AG Charlottenburg: Neues Spam-Urteil
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Kollege Hoenig (= http://shink.de/zcgip), der schon mehrere Entscheidungen gegen Spammer erwirkt hat, legt ein weiteres Urteil in Sachen Spam vor: AG Charlottenburg (Urt. v. 16.11.2005 - Az: 209 C 108/05 - PDF = http://shink.de/1ktvmz).

Es ging um die Einklagung von anwaltlichen Abmahnkosten für eine Spam-Mail.

"Die Zusendung unerbetener Werbung mittels E-Mail stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Empfängers dar, da ihre Beseitigung mit Mühe und Kosten für ihn verbunden ist und diesen dadurch unzumutbar belästigt (...).

Der Anspruch ist auch der Höhe nach gerechtfertigt. Die Notwendigkeit der Einschaltung eines Rechtsanwaltes ist lediglich in einfach gelagerten Fällen zu verneinen, wovon bei der unverlangten Zusendung einer E-Mail jedenfalls dann nicht die Rede sein kann, wenn der Empfänger kein Rechtsanwalt ist (...).

Der Kläger ist kein Rechtsanwalt, sondern Steuerberater und muss sich mit derartigen Angelegenheiten nicht auskennen. Der Kläger kann deshalb von der Beklagten die Bezahlung auch des restlichen Betrages von 349,89 EUR aus der mit Schreiben vom 1. März 2005 übermittelten Kostenrechnung seines Rechtsanwaltes verlangen."


Auch hinsichtlich des Streitwertes geht das AG Charlottenburg mit der bisherigen Rechtsprechung konform:

"Soweit die Beklagte sich gegen den Ansatz eines Gegenstandswertes von 7.500 EUR wehrt, hat ihr Vorbringen keinen Erfolg. (...) Hier [ist] der von dem Klägervertreter angesetzte Betrag von 7.500 EUR angemessen. Denn der Kläger ist Steuerberater und die Beklagte hat eine E-Mail gerade an dessen geschäftliche E-Mail-Adresse übersandt.

Bedenkt man aber, dass gerade als Steuerberater ein schneller Kontakt mit dem Mandanten notwendig ist, um diesen in dringenden Steuerfragen zu beraten, so liegt ein erheblicher Eingriff vor, wenn der Steuerberater unverlangte E-Mail-Werbung nach grober Sichtung aussortieren muss."


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9. AG Düsseldorf: Auskunftspflicht eines Mobilfunk-Betreibers
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Das AG Düsseldorf (Urt. v. 14.12.2004 - Az.: 54 C 5095/04 = http://shink.de/ib56z) hatte zu entscheiden, ob ein Mobilfunk-Betreiber zur Herausgabe der personenbezogenen Daten einer Handy-Nummer verpflichtet ist, wenn sich damit evtl. die Identität einer Person im Rahmen einer Vaterschafts-Festellung klären lässt:

"Die Klägerin hat aus dem Gesichtspunkt der Wahrung seines verfassungsrechtlich geschützten Persönlichkeitsrechtes einen Anspruch gegen die Beklagte auf Nennung des Anschlussinhabers der Mobiltelefonnummer X, wobei das Gericht keine vernünftigen Zweifel an der Richtigkeit des Sachvortrages der Klägerin hat, dass der unbekannte Erzeuger der Klägerin, welcher sich selber gegenüber der Mutter der Klägerin als X aus Y ausgegeben hat, unter diesem Namen jedoch nicht zu ermitteln ist, über die streitige Mobiltelefonnummer mit der Mutter der Klägerin telefoniert hat, so dass eine Vermutung dafür spricht, dass der Erzeuger der Klägerin entweder der Inhaber der streitigen Telefonnummer ist oder diese zumindest einen Anhaltspunkt für eine Ermittlung des Erzeugers der Klägerin darstellt."

Und weiter:

"Insoweit ist anerkannt, dass das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und die Menschenwürde jedem einzelnen einen autonomen Bereich privater Lebensgestaltung sichern, indem er seine Individualität entwickeln und wahren kann. Als Individualisierungsmerkmal gehört aber die Abstammung zur Persönlichkeit, und die Kenntnis der Herkunft bietet dem Einzelnen unabhängig vom Ausmaß wissenschaftlicher Ereignisse wichtige Anknüpfungspunkte für das Verständnis und die Entfaltung der eigenen Individualität. Daher umfasst das Persönlichkeitsrecht auch die Kenntnis der eigenen Abstammung (...).

Demgegenüber kann sich die Beklagte nicht mit Erfolg auf die Regelung § 14 Abs. 4 TDSV bzw. auf die seit Juni 2004 geltende Regelung § 105 TKG berufen, wonach eine Auskunftserteilung über Namen und andere Daten von Kunden, von denen nur die Rufnummer bekannt ist, unzulässig ist bzw. nur dann zulässig ist, wenn der Teilnehmer in ein Teilnehmerverzeichnis eingetragen ist und einer Auskunftserteilung nicht widersprochen hat.

Denn gegenüber dieser Vorschrift ist das Recht der Klägerin auf die begehrte Auskunftserteilung zur Feststellung ihrer Abstammung vorrangig, wie dies etwa in dem Fall entschieden worden ist, dass ein Kind von einem Arzt, welcher einem Samenspender Anonymität zugesichert hatte, den Namen des Spenders preisgegeben haben wollte. Wie in jenem Fall rechtfertigt die Güterabwägung zwischen der Klägerin, welche seine Herkunft ermitteln will, und den Erzeuger, welcher sich der Verantwortung entziehen will, die Preisgabe der von der Klägerin erstrebten datenschutzrechtlich geschützten Angaben."


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10. Interview zur geplanten Reform des Jugendschutzrechts bei "Killerspielen"
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Die neue Koalition aus CDU/CSU und SPD plant eine Reform des Jugendschutzrechts. Erst vor zwei Jahren, zum 01.04.2003, wurde dieses Rechtsgebiet schon einmal grundlegend überarbeitet, vgl. die Kanzlei-Infos v. 17.04.2003 = http://shink.de/qglhks

Die 2003-Reform führte zu zahlreichen juristischen Unstimmigkeiten und einer Vielzahl von Kuriositäten, vgl. dazu den damaligen Heise-Artikel "Gesetzestücken: Jugendschutznovelle mit skurrilen Nebenwirkungen" = http://shink.de/8l4p9x

Im erst kürzlichen verabschiedeten Koalitionsvertrag heißt es nun unter Punkt 6.3 "Aufwachsen ohne Gewalt":

"Die Neuregelungen im Jugendschutz werden schnellstmöglich – und deutlich vor dem für März 2008 verabredeten Zeitpunkt – evaluiert, um notwendige Konsequenzen rechtzeitig ziehen zu können. Wir wollen hierzu unverzüglich in einen zielorientierten Dialog mit den Ländern eintreten. Folgende Eckpunkte sollen vorrangig erörtert werden:

- Wirksamkeit des Konstrukts „Regulierte Selbstkontrolle“

- Altersgrenzen für die Freigabe von Filmen und Spielen/Alterskennzeichnung von Computerspielen

- Verlässliche Kontroll- und Sicherheitsstandards für Videoverleihautomaten

- Verbot von „Killerspielen“


Was unter "Killerspielen" zu verstehen ist, bleibt das Papier schuldig.

Nun hat Telepolis ein Interview (= http://shink.de/8k8pl) mit der CSU-Abgeordneten Maria Eichhorn veröffentlicht, Vorsitzende der Arbeitsgruppe Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

"Unter Killerspielen verstehen wir Spiele wie Gotcha, Paintball oder Laserdrome. Das sind also Spiele, bei denen die Verletzung oder Tötung von Mitspielern unter Einsatz von Schusswaffen oder nachgebildeten Gegenständen realistisch simuliert werden", so Eichhorn.

Die Politikerin will insbesondere auch den Bereich der Computerspiele mit einbeziehen.



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