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Newsletter vom 23.11.2016
Betreff: Rechts-Newsletter 47. KW / 2016: Kanzlei Dr. Bahr


anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 47. KW im Jahre 2016. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Schwerpunkten Recht der Neuen Medien, Glücksspiel- / Gewinnspielrecht, Gewerblicher Rechtsschutz, Datenschutzrecht, Presserecht und Wirtschaftsrecht.

Die Kanzlei Dr. Bahr wünscht Ihnen wie immer angenehmes Lesen. Kontaktieren Sie uns einfach, falls Sie Fragen oder Anregungen haben: http://www.Dr-Bahr.com/kontakt.html


1. EuGH: Digitale Vervielfältigung vergriffener Bücher ohne Zustimmung des Urhebers rechtswidrig

2. Bundesgerichtshof verpflichtet "NSA-Untersuchungsausschuss" zum Amtshilfeersuchen an die Bundesregierung

3. BAG: Änderungen des Arbeitsvertrages unterliegen dem AGB-Recht

4. OLG Düsseldorf: Vereinbarung einer Beschaffenheit bei Online-Auktionen

5. OLG Schleswig: Hotel "Severin*s Resort & Spa" verletzt Namensrechte der Kirchengemeinde auf Sylt

6. OLG Stuttgart: Unterlassungsschulder haftet für Rechtsverletzungen im Google-Cache

7. LG Berlin: (Kein) Unterlassungsanspruch gegen Grundstücks-Nachbarn wegen Videoaufnahmen

8. LG München I: Anforderung an wettbewerbsrechtliche Abmahnung

9. VG Berlin: Bewohner darf Schornsteinfeger bei Arbeit nicht filmen

10. LG Koblenz: Irrefürende Online-Werbung mit Titel "anerkannter Sachverständiger"

Die einzelnen News:

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1. EuGH: Digitale Vervielfältigung vergriffener Bücher ohne Zustimmung des Urhebers rechtswidrig
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Die Urheberrechtsrichtlinie steht einer nationalen Regelung entgegen, die die digitale Vervielfältigung im Handel vergriffener Bücher unter Missachtung der ausschließlichen Rechte der Urheber gestattet

Mit einer solchen Regelung muss der den Urhebern durch die Richtlinie gewährte Schutz sichergestellt und insbesondere dafür gesorgt werden, dass sie von der geplanten digitalen Nutzung ihres Werks tatsächlich informiert werden und die Möglichkeit haben, diese Nutzung ohne Förmlichkeiten zu unterbinden

In Frankreich versteht man unter einem „vergriffenen Buch“ ein vor dem 1. Januar 2001 veröffentlichtes Buch, das nicht mehr gewerbsmäßig verbreitet und nicht mehr in gedruckter oder digitaler Form publiziert wird. Nach der französischen Regelung ist eine zugelassene Verwertungsgesellschaft namens SOFIA damit betraut, die Vervielfältigung und Wiedergabe vergriffener Bücher in digitaler Form zu erlauben, wobei die Urheber der Bücher oder ihre Rechtsnachfolger der Ausübung dieser Rechte unter bestimmten Voraussetzungen widersprechen oder sie unterbinden können.

Zwei französische Autoren (Marc Soulier, besser bekannt unter dem Namen Ayerdhal und mittlerweile verstorben, und Sara Doke) beantragten die Nichtigerklärung eines Dekrets, in dem bestimmte Aspekte dieser Regelung präzisiert werden und das ihres Erachtens nicht mit der Urheberrechtsrichtlinie1 vereinbar ist. Sie machen insbesondere geltend, mit der französischen Regelung werde eine nicht vorgesehene Ausnahme bzw. Beschränkung in Bezug auf die den Urhebern durch die Richtlinie gewährten ausschließlichen Rechte geschaffen. Der mit der Rechtssache befasste französische Conseil d’État befragt hierzu den Gerichtshof.

Der Gerichtshof weist in seinem heutigen Urteil darauf hin, dass Urheber vorbehaltlich der in der Richtlinie ausdrücklich vorgesehenen Ausnahmen und Beschränkungen das ausschließliche Recht haben, die Vervielfältigung und die öffentliche Wiedergabe ihrer Werke zu erlauben oder zu untersagen.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann jedoch die vorherige Zustimmung eines Urhebers zur Nutzung eines seiner Werke implizit erfolgen. Das Vorliegen einer solchen Zustimmung setzt insbesondere voraus, dass jeder Urheber über die künftige Nutzung seines Werks durch einen Dritten informiert wird sowie darüber, mit welchen Mitteln er die Nutzung untersagen kann, sofern er dies wünscht.

Die französische Regelung sieht derzeit vor, dass der SOFIA das Recht, die digitale Nutzung vergriffener Bücher zu erlauben, übertragen wird, wenn der Urheber dem nicht binnen sechs Monaten nach der Aufnahme seiner Bücher in eine hierfür eingerichtete Datenbank widerspricht. Der Conseil d’État hat nicht angegeben, ob die Regelung gewährleistet, dass jeder Urheber tatsächlich  individuell  informiert  wird.  Es  ist  somit  nicht  ausgeschlossen,  dass  einige betroffene Urheber faktisch keine Kenntnis von der geplanten Nutzung ihrer Werke haben und daher nicht in der Lage sind, zu ihr Stellung zu nehmen.

Unter diesen Voraussetzungen kann die bloße Tatsache, dass sie der Nutzung nicht widersprechen, nicht als Ausdruck ihrer impliziten Zustimmung angesehen werden. Dies gilt umso mehr, als vernünftigerweise nicht angenommen werden kann, dass sämtliche Urheber „vergriffener“ Bücher, die nicht widersprechen, damit einverstanden sind, dass ihre Werke zwecks gewerbsmäßiger Nutzung in digitaler Form „wiederaufleben“. Zudem ist die Verfolgung des Ziels, die digitale Nutzung vergriffener Bücher im kulturellen Interesse der Verbraucher und der Gesellschaft zu ermöglichen, zwar an sich mit der Richtlinie vereinbar, doch kann dies keine vom Unionsgesetzgeber nicht vorgesehene Ausnahme von dem den Urhebern durch die Richtlinie gewährten Schutz rechtfertigen.

Überdies weist der Gerichtshof darauf hin, dass die französische Regelung es den Urhebern ermöglicht, die gewerbsmäßige Nutzung ihrer Werke in digitaler Form zu unterbinden, indem sie entweder im Einvernehmen mit den Herausgebern der gedruckten Form dieser Werke oder alleine handeln. Im letztgenannten Fall müssen sie jedoch nachweisen, dass sie die alleinigen Inhaber der Rechte an den Werken sind. Der Gerichtshof stellt insoweit fest, dass der Urheber das Recht, die künftige Nutzung seines Werks in digitaler Form zu unterbinden, ausüben können muss, ohne auf die Zustimmung anderer als der zur digitalen Nutzung befugten Personen und somit die Zustimmung des Herausgebers, der nur die Rechte zur Nutzung des Werks in gedruckter Form innehat, angewiesen zu sein. Außerdem muss der Urheber eines Werks die Möglichkeit haben, die Ausübung der Rechte zur Nutzung des Werks in digitaler Form zu unterbinden, ohne zuvor zusätzliche Förmlichkeiten beachten zu müssen.

Urteil in der Rechtssache C-301/15
Marc Soulier und Sara Doke/Premier ministre und Ministre de la Culture et de la Communication

Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 16.11.2016

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2. Bundesgerichtshof verpflichtet "NSA-Untersuchungsausschuss" zum Amtshilfeersuchen an die Bundesregierung
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Die Abgeordneten M.R. und Dr. K.N. haben als Minderheit von einem Viertel der Mitglieder des "NSA-Untersuchungsausschusses" bei dem Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs gemäß § 17 Abs. 4 Parlamentarisches Untersuchungsausschussgesetz beantragt, den Untersuchungsausschuss zu verpflichten, ein Amtshilfeersuchen an die Bundesregierung zu beschließen. Mit dem von den Antragstellern begehrten Amtshilfeersuchen solle die Bundesregierung ersucht werden, die Voraussetzungen, für eine Vernehmung des Zeugen S. in Deutschland zu schaffen, insbesondere dem Zeugen wirksamen Auslieferungsschutz zuzusichern.

Der Ermittlungsrichter des Bundesgerichtshofs hat diesem Antrag mit Beschluss vom 11. November 2016 stattgegeben. Eine Aussage dahingehend, dass die Bundesregierung verpflichtet ist, dem durch den Untersuchungsausschuss zu beschließenden Ersuchen nachzukommen, ist mit diesem Beschluss nicht verbunden. Der Beschluss verpflichtet den Untersuchungsausschuss lediglich ein entsprechendes Ersuchen an die Bundesregierung zu stellen.

Beschluss vom 11. November 2016 – 1 BGs 125/16

Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 21.11.2016

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3. BAG: Änderungen des Arbeitsvertrages unterliegen dem AGB-Rechtt
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Vom Arbeitgeber als Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) gestellte Vertragsbedingungen, mit denen der Inhalt eines Arbeitsverhältnisses abgeändert wird, unterliegen einer Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht, wenn sich der Arbeitgeber im Vorfeld der Vertragsänderung im Hinblick auf die geänderten Regelungen einer Rechtsposition berühmt.

Der Kläger ist seit Oktober 2000 bei der Beklagten, einer Bank in der Rechtsform einer Anstalt des öffentlichen Rechts, beschäftigt. Die Beklagte hatte einem Teil der Arbeitnehmer, so auch dem Kläger, eine an der Beamtenversorgung orientierte Gesamtversorgung zugesagt. Darüber hinaus gewährte sie unter bestimmten Voraussetzungen Arbeitnehmern, die 20 Jahre im Kreditgewerbe, davon zehn Jahre bei ihr beschäftigt waren, ein „Versorgungsrecht“.

Dadurch wurden diese Arbeitnehmer nicht nur hinsichtlich ihrer Altersversorgung, sondern auch hinsichtlich des Kündigungsschutzes, der Beihilfe und der Entgeltfortzahlung bei Krankheit Beamten angenähert. Damit wurde das Arbeitsverhältnis sozialversicherungsfrei.

Im Jahr 2009 beschloss die Beklagte aufgrund ihrer schlechten wirtschaftlichen Lage, die Gesamtversorgungszusage zu widerrufen und keine Versorgungsrechte mehr zu erteilen. Sie bot eine beitragsorientierte betriebliche Altersversorgung an. Der Kläger unterzeichnete - wie eine Vielzahl anderer Arbeitnehmer - im Jahr 2010 ein von der Beklagten vorbereitetes Formular, in dem er sich auch mit „der Einstellung der Erteilung“ des Versorgungsrechts „einverstanden“ erklärte.

Am 15. Mai 2012 entschied das Bundesarbeitsgericht (ua. - 3 AZR 610/11 -) für Arbeitnehmer, die keine derartige Erklärung abgegeben hatten, dass bei Erfüllung der Voraussetzungen ein Anspruch aus betrieblicher Übung auf Gewährung des Versorgungsrechts besteht.

Der Kläger hat mit seiner Klage die Feststellung begehrt, die Beklagte sei verpflichtet, ihm bei Vorliegen der Voraussetzungen ein Versorgungsrecht zu erteilen. Wie bereits in den Vorinstanzen hatte diese Klage vor dem Dritten Senat des Bundesarbeitsgerichts keinen Erfolg. Mit seiner Erklärung aus dem Jahr 2010 hat der Kläger ein Angebot der Beklagten angenommen, das auch die Aufgabe des Anspruchs auf Erteilung des Versorgungsrechts enthielt.

Damit kam eine Vereinbarung über eine Vertragsänderung zustande. Der Inhalt der Vereinbarung war nicht unklar oder überraschend. Die Vertragsänderung unterliegt der Inhaltskontrolle nach dem AGB-Recht. Prüfungsmaßstab ist das § 779 BGB zugrunde liegende Rechtsprinzip, welches eine Streitbeilegung durch gegenseitiges Nachgeben vorsieht. Die Inhaltskontrolle geht zugunsten der Beklagten aus, da die Vertragsänderung nicht unangemessen ist. Sonstige Rechtsgründe stehen dem Kläger nicht zur Seite.

Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 15. November 2016 - 3 AZR 539/15 -

Vorinstanz: Landesarbeitsgericht München, Urteil vom 6. August 2015 - 3 Sa 254/15 -

Der Senat hat am gleichen Tag mehrere vergleichbare Verfahren entschieden
(- 3 AZR 507/15 -, - 3 AZR 579/15 -, - 3 AZR 580/15 -, - 3 AZR 582/15 -, - 3 AZR 729/15 -, - 3 AZR 182/16 - bis - 3 AZR 184/16 -).

Quelle: Pressemitteilung des BAG v. 17.11.2016

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4. OLG Düsseldorf: Vereinbarung einer Beschaffenheit bei Online-Auktionen
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Im Rahmen eines Gebrauchtwagen-Verkaufs kommt dem Beschreibungstext, der online auf dem Verkaufsportal steht, eine entscheidende Bedeutung zu (OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.08.2016 - Az.: I-3 U 20/15).

Der Kläger erwarb beim Beklagten über mobile.de einen Gebrauchtwagen. Der Beklagte hatte dabei als Ausstattungsmerkmale unter anderem Head-Up Display, Sportfahrwerk, Sportpaket, Sportsitze, Lederlenkrad mit Multifunktion, Luftfederung Hinterachse und Verglasung grün getönt angegeben. Darüber hinaus enthielt in Fettdruck unter anderem die Aussage: "keine Kratzer/... die detaillierte Ausstattung erfahren sie von unserem geschulten Verkaufspersonal ... Trotz größter Sorgfalt sind Inseratsfehler nicht ausgeschlossen, Irrtümer und Zwischenverkauf vorbehalten!!".

Der Käufer besichtigte den Wagen vor Ort und kaufte ihn daraufhin. Nachdem er dann feststellte, dass ein erheblicher Teil der angegebenen Ausstattungsmerkmale fehlte, verlangte er die Rückabwicklung des Kaufvertrages.

Das OLG Düsseldorf bejahte diesen Anspruch.

Es sei ständige Rechtsprechung, dass der Vertragsinhalt eines Online-Kaufs maßgeblich durch den Beschreibungstext bestimmt werde. Gebe der Verkäufer - wie hier - bestimmte werterhöhende Merkmale an, handle es sich idR. um Beschaffenheitsmerkmale.

Daran ändere auch nichts der Umstand, dass der Käufer den PKW vor Ort besichtigt habe. Denn dem Beschreibungstext einer Online-Auktion komme eine wichtige Bedeutung zu, da der potentielle Käufer die Angebote anhand dieser Beschreibung vorauswähle.

Etwas anderes könne nur dann gelten, wenn die fehlenden Eigenschaften offensichtlich und für den Käufer leicht erkennbar gewesen seien, so die Richter. Im vorliegenden Fall fehle es an einer solchen Offensichtlichkeit, so dass alleine der Angebots-Text entscheidend sei.

Da dem Gebrauchtwagen die vertraglich vereinbarte Beschaffenheit fehle, habe der Käufer vom Vertrag zurücktreten können.

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5. OLG Schleswig: Hotel "Severin*s Resort & Spa" verletzt Namensrechte der Kirchengemeinde auf Sylt
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Das Betreiben eines Hotel- und Appartementprojekts in Keitum auf Sylt unter dem Namen "Severin*s Resort & Spa" stellt gegenüber der evangelisch-lutherischen Kirchengemeinde in Keitum, deren Kirche die "Severin-Kirche" ist, eine unbefugte Namensanmaßung dar und muss unterlassen werden. Das hat der 6. Zivilsenat des Schleswig-Holsteinischen Oberlandesgerichts in der letzten Woche entschieden.

Zum Sachverhalt:
Die Klägerin ist eine evangelisch-lutherische Kirchengemeinde in Keitum auf Sylt, deren Kirchengebäude die im 12. Jahrhundert erbaute St. Severin Kirche ist. Die Beklagten betreiben seit zwei Jahren in Keitum ein Hotel- und Appartementprojekt mit dem Namen "Severin*s Resort & Spa".

Die Anlage wird über die Internetseite "severins-sylt.de" beworben. Die Klägerin wendet sich zum einen gegen die Verwendung des Namens "Severin*s Resort & Spa" und zum anderen gegen das Betreiben der Internetdomain durch die Beklagte. Das Landgericht Flensburg hat die Unterlassungsklage in beiden Punkten abgewiesen. Der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts hat demgegenüber im Berufungsverfahren entschieden, dass die Beklagten die Verwendung des Namens "Severin*s Resort & Spa" für einen in Keitum gelegenen Hotel- und Gastronomiebetrieb zu unterlassen haben.

Aus den Gründen:
Die Beklagten haben durch die Verwendung des Namens "Severin*s Resort & Spa" gegenüber der Klägerin eine unberechtigte Namensanmaßung begangen, die sie zu unterlassen haben. "St. Severin" ist eine namensmäßige Bezeichnung für die Klägerin, weil sie auf der Insel Sylt als "St. Severin Gemeinde" bekannt ist. Die Beklagten benutzen diesen Namen ebenfalls, denn das Wort "Severin*s" stellt den prägenden Teil des Namens "Severin*s Resort & Spa" dar.

Durch die Verwendung des gleichen Namens tritt eine sogenannte Zuordnungsverwirrung ein, denn es könnte der falsche Eindruck entstehen, dass die Klägerin und die Beklagten miteinander in Beziehung stehen. Es ist nämlich nicht fernliegend, dass zwischen der Klägerin und einem unter dem gleichen Namen in Keitum neu eröffneten Unternehmen aufgrund der unmittelbaren räumlichen Nähe ein Zusammenhang vermutet wird und man davon ausgeht, dass eine Verständigung über die Verwendung des gleichen Namens vorliegt.

Dies gilt jedenfalls dann, wenn wie hier die Art und der Inhalt der Geschäftstätigkeit eine solche Vereinbarung als möglich erscheinen lassen. Auch die rein religiösen Feierlichkeiten wie Taufe, Konfirmation, Trauung oder Beerdigung sind in einen weltlichen Rahmen eingebettet. Sie sind fast immer mit einem anschließenden Zusammenkommen der Festgemeinde zu gemeinsamen Essen und Trinken verbunden, wofür vielfach eine Gaststätte aufgesucht wird.

Hierfür bietet sich die von der Kirche der Klägerin fußläufig zu erreichende Lokalität der Beklagten an. Durch die eingetretene Zuordnungsverwirrung wird das schutzwürdige Interesse der Klägerin, neutral zu erscheinen, verletzt.Den die Domain "Severins-sylt.de" betreffenden Unterlassungsanspruch hat das Landgericht demgegenüber zu Recht abgewiesen, denn insoweit fehlt es an einer Beeinträchtigung schutzwürdiger Interessen der Klägerin. Die Beklagten verwenden nicht den Domainnamen "Severin" , sondern "Severins". Die Klägerin kann sich deshalb selbst für eine Domain unter ihrem Namen "Severin" und der Zusatzangabe "Sylt" registrieren lassen.

(Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 29. September 2016, Az. 6 U 23/15)

Quelle: Pressemitteilung des OLG Schleswig v. 05.10.2016

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6. OLG Stuttgart: Unterlassungsschulder haftet für Rechtsverletzungen im Google-Cache
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Ein Unterlassungsschuldner haftet für die Rechtsverletzungen, die weiterhin im Google-Cache stehen (OLG Stuttgart, Beschl. v. 10.09.2015 - 2 W 40/15).

Bei dem vorliegenden Streit ging es um die Frage, ob einem Schuldner, dem bestimmte Werbeäußerungen verboten worden waren, für die Inhalte des Google Cache haftet, wenn die Texte dort weiterhin abrufbar sind.

Das OLG Stuttgart hat diese Frage bejaht.

Der Schuldner eines gerichtlichen Verbots müsse alles unternehmen, dass die jeweilige Rechtsverletzung dauerhaft unterbunden werde. Hierzu gehöre auch, dass der Schuldner aktiv werde und eine zuvor geschaffene Rechtsverletzung beseitige.

Im Bereich des Internets gehöre dazu, auch den Google Cache zu kontrollieren und dafür zu sorgen, dass dort die beanstandeten Inhalte nicht mehr abrufbar seien.

Eine bloß mündliche Aufforderung per Telefon reiche nicht aus, da einem solchen Handeln der notwendige Druck fehle. Die Aufforderung zur Beseitigung müsse der Schuldner vielmehr schriftlich vornehmen. Auch müsse er kontrollieren, ob der Dritte die verlangte Löschung vornehme.

Da all dies im vorliegenden Fall nicht gegeben sei, habe der Beklagte schuldhafte gegen das Verbot verstoßen.

Das Gericht verhängte ein Ordnungsgeld iHv. 25.000,- EUR, da bereits in der Vergangenheit ein Ordnungsmittel gegen den Schuldner verhängt worden war. Ein geringerer Betrag als die jetzigen 25.000,- EUR garantiere nicht, dass der Schuldner sich auch tatsächlich an das Verbot halte.

Zur grundsätzlichen Haftungsproblematik beim Google Cache gibt es den Aufsatz "Der Google Cache & Strafbewehrte Unterlassungserklärungen" von RA Dr. Bahr zum Nachlesen.

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7. LG Berlin: (Kein) Unterlassungsanspruch gegen Grundstücks-Nachbarn wegen Videoaufnahmen
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Ein Unterlassungsanspruch gegen einen Grundstücks-Nachbarn wegen unerlaubter Videoaufnahmen setzt voraus, dass es bereits zu rechtswidrigen Aufnahmen gekommen ist oder ernsthafte und greifbare tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden sind, eine solche Handlung in naher Zukunft erfolgt (LG Berlin, Urt. v. 18.10.2016 - Az.: 35 O 200/14).

Die Parteien waren Grundstücks-Nachbarn. Der Kläger machte einen Unterlassungsanspruch gegen seinen Nachbarn geltend, weil dieser eine Videokamera aufgestellt hatte und damit sein Haus beobachtete.

Der Beklagte bestritt dieses Vorgehen. Zwar sei eine Kamera aufgestellt worden, jedoch erfolge damit nicht eine Beobachtung der benachbarten Immobilie.

Das Gericht lehnte den Anspruch ab, da es dem Kläger nicht gelungen war, eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte nachzuweisen.

Bei der jetzigen Ausrichtung der Kamera werde unzweifelhaft nicht der Kläger beobachtet, so dass aus diesem Grund bereits eine Verletzung seiner Persönlichkeitsrechte ausscheide.

Es sei auch nicht nachgewiesen worden, dass die Kamera in der Vergangenheit anders ausgerichtet gewesen sei. Anhand von Fotos habe der betreffende Sachverständige darlegen können, dass auf den Fotos die Kameraposition die gleiche sei wie heute. Dies sei insbesondere daran erkennbar, dass sich die äußerlich sichtbare Verschraubung der Kamera nicht verändert habe.

Daher scheide ein Unterlassungsanspruch wegen erfolgter Rechtsverletzungen aus.

Ein vorbeugender Unterlassungsanspruch bestehe ebenfalls nicht, da keine ernsthaften und greifbaren tatsächliche Anhaltspunkte dafür vorhanden wären, dass der Beklagte sich in naher Zukunft rechtswidrig verhalten werde.

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8. LG München I: Anforderung an wettbewerbsrechtliche Abmahnung
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Damit eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung wirksam ist, muss der Abmahner grundsätzlich zu erkennen geben, dass der gegen den Abgemahnten gerichtlich vorgehen wird, wenn dieser die geforderte Unterwerfungserklärung nicht fristgerecht abgibt. Hierfür bedarf es jedoch keines ausdrücklichen Hinweises in der Abmahnung, vielmehr kann sich dies auch aus den näheren Umständen ergeben (LG München I, Urt. v. 18.10.2016 - Az.: 33 O 7872/16).

Die Klägerin hatte über ihren Anwalt gegenüber der Beklagten eine wettbewerbsrechtliche Abmahnung aussprechen lassen. In dem Schreiben fehlte jedoch der ausdrückliche Hinweis, dass für den Fall, dass die verlangte Unterlassungserklärung nicht abgegeben wird, eine gerichtliche Geltendmachung stattfinde.

Das Landgericht München stufte die Abmahnung trotz dieses unterlassenen Hinweises als ausreichend an.

Zwar müsse der Abmahner dem Abgemahnten gegenüber grundsätzlich zu erkennen geben, dass er gegen diesen gerichtlich vorgehen werde, wenn die geforderte Unterwerfungserklärung nicht abgegeben werde.

Es bedürfe aber keines ausdrücklichen Hinweises, um deutlich zu machen, dass gerichtliche Schritte eingeleitet werden. Denn entweder ergebe sich der Wille, notfalls gerichtlich vorzugehen, aus den Umständen (z.B. Abmahnung durch einen Rechtsanwalt), oder dem Abgemahnten sei ist aufgrund seiner geschäftlichen Erfahrung ohnehin klar, was geschehe, wenn er die geforderte Erklärung nicht abgebe.

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9. VG Berlin: Bewohner darf Schornsteinfeger bei Arbeit nicht filmen
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Bezirksschornsteinfegern muss zur Durchführung der Feuerstättenschau ungehindert Zugang zu Wohnräumen gewährt werden; auch die Aufzeichnung ihrer Tätigkeit durch die Bewohner ist nach einem Beschluss des Verwaltungsgerichts Berlin nicht gestattet.

Die Antragsteller sind Eigentümer eines Wohnhauses, deren Heizungsanlage der regelmäßigen Pflicht zur Feuerstättenschau durch den Bezirksschornsteinfeger unterliegt.

Die Antragsteller hatten sich im Jahr 2014 zunächst geweigert, dem Schornsteinfeger zu diesem Zweck Zutritt zum Haus zu verschaffen, erklärten sich dann aber hierzu unter der Bedingung bereit, dass sie die Arbeiten in Bild und Ton aufzeichnen dürften.

Das Bezirksamt Marzahn-Hellersdorf von Berlin verpflichtete die Antragsteller daraufhin sofort vollziehbar, dem Bezirksschornsteinfeger den Zutritt ungehindert zu gestatten und Film- und Fotoaufnahmen als Dokumentation der Tätigkeit zu unterlassen. Dagegen wandten die Antragsteller ein, sie hätten das Recht, Dinge aufzuzeichnen, die gegen ihren Willen auf ihrem Grundstück durchgeführt werden sollen. Sie wollten nur den technischen Zustand zum Zeitpunkt der „Zwangsmaßnahme“ und damit deren Sinnlosigkeit dokumentieren.

Die 8. Kammer wies den Eilantrag zurück. Die Antragsteller müssten die Maßnahmen ungehindert dulden. Nach dem Schornsteinfeger-Handwerksgesetz müsse jeder Eigentümer von Grundstücken die Überprüfung von kehr- und prüfungspflichtigen Anlagen veranlassen und dem jeweiligen Bezirksschornsteinfeger für die Durchführung der Feuerstättenschau Zutritt zu den Grundstücken und Räumen gestatten.

Die Anfertigung von Videoaufzeichnungen ohne Einwilligung des Bezirksschornsteinfegers stelle einen unzulässigen Eingriff in dessen allgemeines Persönlichkeitsrecht dar, auch wenn dieser als Amtsträger auftrete. Da der Schornsteinfeger hierzu nicht bereit und auch nicht verpflichtet sei, stelle sich die Bedingung im Ergebnis als Kehrverweigerung dar, der nur mit der angefochtenen Verfügung begegnet werden könne. Anderenfalls könne die turnusmäßige Feuerstättenschau, die der Vermeidung von Brand-, Explosions- und Vergiftungsgefahren und damit einem legitimen Ziel diene, nicht durchgeführt werden.

Gegen den Beschluss kann Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg eingelegt werden.

Beschluss der 8. Kammer vom 29. Oktober 2016 (VG 8 L 183.16)

Quelle: Pressemitteilung des VG Berlin v. 08.11.2016

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10. LG Koblenz: Irrefürende Online-Werbung mit Titel "anerkannter Sachverständiger"
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Eine Online-Werbung mit der Aussage "anerkannter Sachverständiger" ist irreführend, wenn die betreffende Person über keine amtliche Anerkennung verfügt (LG Koblenz, Urt. v. 25.10.2016 - Az.: 2 HK O 12/16).

Der Beklagte warb online mit unterschiedlichen Aussagen, u.a. mit "anerkannter Gutachter & Sachverständiger" und "vereidigter Gutachter".  

Die Klägerin hielt dies für irreführend. Zwar sei der Beklagte bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) in der Vergangenheit einmal als verteidigter Sachverständiger geführt worden. Diesen Eintrag gebe es heute aber nicht mehr. Der Beklagte wandte ein, dass er auch noch heute über die erforderliche Qualifikation verfüge und daher mit diesem Text auftreten dürfe.

Das LG Koblenz stufte die Werbung als irreführend und somit wettbewerbswidrig ein.

Der Aussage, dass eine betreffende Person ein anerkannter Sachverständiger sei, komme in der Öffentlichkeit eine erhebliche Relevanz zu, da weite Teile der Bevölkerung diesem Umstand eine wichtige Bedeutung beimessen würden.

Da der Beklagte nicht mehr in der Liste der IHK geführt werde, sei er nicht öffentlich anerkannt und vereidigt, so dass die Werbetexte objektiv unwahr seien. Entscheidend sei der aktuelle Stand und nicht das, was einmal in der Vergangenheit gewesen sei.

Der Beklagte führe damit den Verbraucher in die Irre.

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