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Die einzelnen News
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1.
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EuGH: Auch Untersuchungsausschüsse müssen sich an DSGVO-Regelungen halten
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Ein parlamentarischer Untersuchungsausschuss muss grundsätzlich die Datenschutz-Grundverordnung einhalten. Dies gilt nicht, wenn er eine die nationale Sicherheit betreffende Tätigkeit ausübt. Ein vom Parlament eines Mitgliedstaats in Ausübung seines Kontrollrechts der Vollziehung eingesetzter Untersuchungsausschuss muss grundsätzlich die Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) einhalten. Gibt es in diesem Mitgliedstaat nur eine Aufsichtsbehörde, ist diese grundsätzlich auch für die Überwachung der Einhaltung der DSGVO durch den Untersuchungsausschuss zuständig. Übt der Untersuchungsausschuss jedoch eine Tätigkeit aus, die als solche der Wahrung der nationalen Sicherheit dient, unterliegt er nicht der DSGVO und folglich auch nicht der Kontrolle durch die Aufsichtsbehörde. Der Nationalrat, die Abgeordnetenkammer des österreichischen Parlaments, setzte einen Untersuchungsausschuss ein, um eine mögliche politische Einflussnahme auf das Bundesamt für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung2 aufzuklären. Dieser Untersuchungsausschuss befragte medienöffentlich eine Auskunftsperson. Das Protokoll dieser Befragung wurde auf der Webseite des österreichischen Parlaments veröffentlicht. Es enthielt den vollständigen Namen der Auskunftsperson, obwohl diese die Anonymisierung beantragt hatte. Da die Nennung ihres Namens aus der Sicht der Auskunftsperson gegen die DSGVO verstieß, brachte sie bei der österreichischen Datenschutzbehörde eine Beschwerde ein. Sie legte dar, als verdeckter Ermittler bei der polizeilichen Einsatzgruppe für die Bekämpfung der Straßenkriminalität tätig zu sein. Die Datenschutzbehörde wies die Beschwerde mit der Begründung zurück, dass sie aufgrund des Gewaltenteilungsgrundsatzes als Teil der Exekutive nicht kontrollieren könne, ob der Untersuchungsausschuss, der der Legislative zuzurechnen sei, die DSGVO einhalte. Die Auskunftsperson bekämpfte diese Entscheidung sodann vor den österreichischen Gerichten. Der österreichische Verwaltungsgerichtshof möchte vom Gerichtshof wissen, ob der Untersuchungsausschuss, der der Legislative zuzurechnen ist und Tätigkeiten betreffend die nationale Sicherheit untersucht, der DSGVO und damit der Kontrolle der Datenschutzbehörde unterliegt. Der Gerichtshof stellt fest, dass auch ein vom Parlament eines Mitgliedstaats in Ausübung seines Kontrollrechts der Vollziehung eingesetzter Untersuchungsausschuss grundsätzlich die DSGVO einzuhalten hat. Zwar ist die DSGVO nicht auf Verarbeitungen personenbezogener Daten anwendbar, die von Behörden im Rahmen einer Tätigkeit vorgenommen werden, die der Wahrung der nationalen Sicherheit dient. Vorbehaltlich einer Überprüfung durch den österreichischen Verwaltungsgerichtshof scheint die in Rede stehende Untersuchung jedoch nicht als solche der Wahrung der nationalen Sicherheit zu dienen. Der Untersuchungsausschuss sollte nämlich eine mögliche politische Einflussnahme auf eine der Exekutive zuzurechnende Behörde prüfen, die für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung zuständig war. Allerdings können Beschränkungen der sich aus der DSGVO ergebenden Pflichten und Rechte im Wege von Gesetzgebungsmaßnahmen aufgrund der nationalen Sicherheit gerechtfertigt sein. Aus der Akte ergibt sich jedoch nicht, dass der in Rede stehende Untersuchungsausschuss dargetan hätte, dass die Offenlegung des Namens der Auskunftsperson für die Gewährleistung der nationalen Sicherheit erforderlich gewesen sei und auf einer Gesetzgebungsmaßnahme beruht habe. Es ist jedoch Sache des österreichischen Verwaltungsgerichtshofs, die in diesem Zusammenhang erforderlichen Überprüfungen vorzunehmen. Da Österreich entschieden hat, nur eine Aufsichtsbehörde im Sinne der DSGVO einzurichten, nämlich die Datenschutzbehörde, ist diese grundsätzlich auch für die Überwachung der Einhaltung der DSGVO durch einen Untersuchungsausschuss wie den in Rede stehenden zuständig, und zwar ungeachtet des Gewaltenteilungsgrundsatzes. Dies ergibt sich aus der unmittelbaren Wirkung der DSGVO und dem Anwendungsvorrang des Unionsrechts, einschließlich gegenüber nationalem Verfassungsrecht. Urteil des Gerichtshofs in der Rechtssache C-33/22 | Österreichische Datenschutzbehörde Quelle: Pressemitteilung des EuGH v. 16.01.2024
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2.
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BGH: Verfahren zur Erstattung von Verlusten bei verbotenen Online-Pokerspielen ausgesetzt bis zur EuGH-Entscheidung
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Der I. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat darüber zu entscheiden, ob der Veranstalter eines im Inland verbotenen Online-Pokerspiels die verlorenen Spieleinsätze eines Spielers erstatten muss. Von dem Verfahren unter dem Aktenzeichen I ZR 90/23, in dem der I. Zivilsenat am 7. März 2024 mündlich verhandeln wird, unterscheidet sich diese Sache maßgeblich dadurch, dass Gegenstand hier Verluste bei Online-Pokerspielen sind, die dem Totalverbot des § 4 Abs. 4 Glücksspielstaatsvertrag in der am 1. Juli 2012 in Kraft getretenen und bis zum 30. Juni 2021 geltenden Fassung (GlüStV 2012) unterlagen, und nicht Verluste bei Online-Sportwetten, für die der Veranstalter bereits eine Konzession nach § 4 Abs. 5, §§ 4a, 10a GlüStV 2012 beantragt hatte (vgl. auch den Terminhinweis vom heutigen Tag zum Verfahren I ZR 90/23). Sachverhalt: Die Beklagte mit Sitz in Malta bietet über eine deutschsprachige Webseite Glücksspiele an. Die Klägerin nahm in den Jahren 2018 und 2019 an virtuellen Pokerspielen der Beklagten teil, bei denen nicht gegen Menschen gespielt wird. Während dieses Zeitraums verfügte die Beklagte über eine Lizenz der maltesischen Glücksspielaufsichtsbehörde, aber über keine inländische Erlaubnis. Die Klägerin macht die Unzulässigkeit der Online-Glücksspiele sowie die Unwirksamkeit der Glücksspielverträge geltend. Sie behauptet, sie habe nicht gewusst, dass es sich bei dem Angebot der Beklagten um ein verbotenes Glücksspiel gehandelt habe. Mit ihrer Klage hat sie von der Beklagten Rückzahlung der an sie geleisteten Zahlungen in Höhe der erlittenen Verluste von 132.850,55 € nebst Zinsen verlangt. Bisheriger Prozessverlauf: Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Die Berufung der Beklagten ist erfolglos geblieben. Das Berufungsgericht hat angenommen, die internationale Zuständigkeit der deutschen Gerichte ergebe sich aus Art. 18 Abs. 1 der Brüssel-Ia-Verordnung. Es hat außerdem nach Art. 6 Abs. 1 der Rom-I-Verordnung deutsches Sachrecht für anwendbar gehalten. Die Klägerin könne gegen die Beklagte einen Bereicherungsanspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB geltend machen. Die als Rechtsgrund in Betracht kommenden Glücksspielverträge seien gemäß § 134 BGB nichtig, weil das Veranstalten von öffentlichen Glücksspielen im Internet gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 verboten gewesen sei. Diese Norm sei unionsrechtskonform und ihr Schutzzweck erfordere auch im Fall des einseitigen Verstoßes gegen das Verbot die Nichtigkeit der Glücksspielverträge. Der Rückforderungsanspruch sei nicht nach § 817 Satz 2 BGB ausgeschlossen. Die Norm sei zwar nicht teleologisch zu reduzieren. Allerdings seien ihre Tatbestandsvoraussetzungen nicht erfüllt. § 817 Satz 2 BGB setze voraus, dass der Leistende, hier die Klägerin, vorsätzlich gegen das gesetzliche Verbot verstoßen habe. Dem stehe es gleich, wenn er sich der Einsicht in das Verbotswidrige seines Handelns leichtfertig verschlossen habe. Die Beklagte, die sich auf die Kondiktionssperre berufe, habe die Voraussetzungen darzulegen und zu beweisen. Dies sei ihr letztlich nicht gelungen. Mit der vom Senat zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren Antrag auf Klageabweisung weiter. Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs: Mit Beschluss vom 10. Januar 2024 hat der Senat das Revisionsverfahren bis zu einer Entscheidung des Gerichtshofs der Europäischen Union in dem Verfahren C-440/23 über ein Vorabentscheidungsersuchen des Civil Court Malta vom 11. Juli 2023 ausgesetzt. Das Vorabentscheidungsverfahren betrifft insbesondere die Frage, ob § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 unionsrechtskonform war. Beschluss vom 10. Januar 2024 - I ZR 53/23 Vorinstanzen: LG Paderborn - Urteil vom 8. Juli 2021 - 4 O 323/20 OLG Hamm - Urteil vom 21. März 2023 - I-21 U 116/21 Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 17.01.2024 Die maßgeblichen Vorschriften lauten: § 4 Abs. 4 GlüStV 2012 Das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet ist verboten. § 134 BGB Ein Rechtsgeschäft, das gegen ein gesetzliches Verbot verstößt, ist nichtig, wenn sich nicht aus dem Gesetz ein anderes ergibt. § 812 Abs. 1 Satz 1 BGB Wer durch die Leistung eines anderen oder in sonstiger Weise auf dessen Kosten etwas ohne rechtlichen Grund erlangt, ist ihm zur Herausgabe verpflichtet. § 817 BGB War der Zweck einer Leistung in der Art bestimmt, dass der Empfänger durch die Annahme gegen ein gesetzliches Verbot oder gegen die guten Sitten verstoßen hat, so ist der Empfänger zur Herausgabe verpflichtet. Die Rückforderung ist ausgeschlossen, wenn dem Leistenden gleichfalls ein solcher Verstoß zur Last fällt, es sei denn, dass die Leistung in der Eingehung einer Verbindlichkeit bestand; das zur Erfüllung einer solchen Verbindlichkeit Geleistete kann nicht zurückgefordert werden.
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3.
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KG Berlin: Warnhinweise für Tabakerzeugnisse dürfen in Tabakladen nicht verdeckt werden
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Die Warnhinweise auf Zigarettenpackungen dürfen in Tabakläden nicht verdeckt werden (KG Berlin, Urt. v. 29.11.2023 - Az.: 23 U 48/18). Die Beklagte betrieb einen Tabakladen. Hinter dem Verkaufstresen war ein Regal mit Tabakerzeugnissen, die innerhalb des jeweiligen Regalfachs nach Herstellerin und Produktsorte aufgereiht waren. Vor den Reihen waren Herstellertafeln bzw. Produktkarten in durchsichtige Halterungen eingesteckt, wodurch die Warnhinweise auf den ersten Reihen der Packungen für die Kundschaft nicht zu sehen waren. Die Klägerin sah darin einen Verstoß gegen die nach dem TabakerzV bestehende gesetzliche Verpflichtung, Warnhinweise zu zeigen, und klagte. Zu Recht, wie das KG Berlin nun entschied: "Das Verdeckungsverbot (…) dient ausweislich (…) der Gewährleistung von Integrität und Sichtbarkeit der gesundheitsbezogenen Warnhinweise und der Maximierung ihrer Wirkung (…). Daraus ergibt sich, dass mit dem Verdeckungsverbot (…) sichergestellt werden soll, dass die gesundheitsbezogenen Warnhinweise vom Verbraucher wahrgenommen und von ihm im Rahmen seiner Kaufentscheidung berücksichtigtwerden können (…). Dementsprechend hat auch der EuGH auf den zweiten Vorlagebeschluss des BGH ausgeführt, dass die gesundheitsbezogenen Warnhinweise, die auf den Packungen der Tabakerzeugnisse oder ihren Außenverpackungen zu sehen sein müssen, dem Kaufimpuls entgegenwirken sollen, der angesichts einer solchen Packung oder eines Bilds von dieser bei dem Verbraucher hervorgerufen wird (…). Genau dieser Zweck ist hier betroffen. In der Auslage der Regale ist durch die Produktkarten nur ein Teil der Packungen zu sehen, der insbesondere die „Schockbilder" nicht enthält. Die Verbraucher sehen damit die Packung ohne den entsprechenden Warnhinweis und treffen auf dieser Grundlage ihre Kaufentscheidung."
Und weiter: "Die Packungen sind teilweise sichtbar, so dass durch sie auch ein Kaufimpuls entstehen kann. Insbesondere sind die Schockbilder auch hinter einem Verkaufstresen zu erkennen, wenn sie nicht verdeckt sind. Es mag sein, dass auch von Zigarettenautomaten ein Kaufimpuls ausgeht. Abgesehen davon, dass dort die Abbildungen der Packungen mit Warnhinweisen zu versehen sind, ergibt sich aber für den hier zu bewertenden Sachverhalt nichts. Die Richtlinie geht davon aus, dass von einer Packung ein Kaufimpuls ausgeht. Die Packung ist hier trotz der Produktkarten teilweise sichtbar, mit Ausnahme der Schockbilder, die verdeckt werden. Dies zeigt sich insbesondere bei den oberen Reihen des Regals, wo ersichtlich die Produktkarte unter dem gelben Strich, der auf den schwarz hinterlegten Text-Warnhinweis folgt, beginnt. Es mag auch Produktkarten geben, die die Vorderseite der Packung nahezu vollständig verdecken. Auch dann werden die ersten Packungen der Reihe aber je nach Perspektive des Betrachters noch teilweise sichtbar sein. Es ist bei den Vorsteckkarten ihrer Art nach angelegt, dass eine vollkommene Unsichtbarkeit der Packungen gerade nicht gewährleistet ist. Darüber hinaus werden die Reihen der Packungen - anders als in einem Warenautomaten - für die Kundschaft sichtbar präsentiert."
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OLG Düsseldorf: Verwendung des Begriffs "Institut" in Unternehmensbezeichnung nicht irreführend
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Die Verwendung “Institut” in einem Unternehmensnamen ist nicht (mehr) automatisch irreführend. Dies gilt insbesondere dann, wenn der Bezeichnung ein Zusatz beigefügt wird, der klar erkennen lässt, dass es keinen wissenschaftlichen Bezug gibt (OLG Düsseldorf, Beschl. v.15.08.2023 - Az.: 3 Wx 104/23). Die Klägerin gründete eine GmbH und wählte als Firmennamen die Bezeichnung “Institut für Einfachheit Gmbh".
Das zuständige Handelsregister verweigerte die Eintragung, da die Verwendung des Begriffs “Institut” den irreführenden Eindruck erwecke, dass es sich um eine öffentliche Einrichtung handle. Das OLG Düsseldorf folgte dieser Ansicht nicht und stufte die gewählte Bezeichnung als zulässig ein. "Eine ersichtliche Irreführung durch die Verwendung der Firma „Institut für Einfachheit“ im Sinne der Vorschrift lässt sich nicht feststellen. (…) Da es heutzutage zahlreiche in privater Rechtsform gewerblich tätige Organisationen gibt, die das Wort „Institut“ in ihrer Firma führen (z.B. Kreditinstitut, Finanzdienstleistungsinstitut, Kosmetikinstitut, Bestattungsinstitut, Reinigungsinstitut), führt - wie von der älteren Rechtsprechung angenommen - alleine die Bezeichnung „Institut“ für sich betrachtet den angesprochenen Verkehr nicht mehr zu der Vorstellung, es handele sich um eine öffentliche oder unter öffentlicher Aufsicht oder Förderung stehende, der Allgemeinheit und der Wissenschaft dienende Einrichtung mit wissenschaftlichem Personal, nicht aber um einen privaten Gewerbebetrieb oder um eine private Vereinigung (…). Dies gilt, obwohl der Begriff „Institut“ nach wie vor als Bezeichnung für eine wissenschaftliche Betriebseinheit einer Hochschule verwendet wird (). So findet sich bei google zu den Stichworten „Institut“ und „GmbH“ zahlreiche Verweise auf Institute für Moderation und Management, für Facility Management, für Mitbestimmung, für Innovation und Transfer, ein Institut für Führungskräfte, das IST Studieninstitut, das Zukunftsinstitut und vieles mehr."
Und weiter: “Letztlich kann die Frage, ob und inwieweit vor dem dargestellten Hintergrund die in der Rechtsprechung entwickelten Grundsätze nicht fortentwickelt werden müssen, auf sich beruhen.” Denn auch bei Anwendung der bisherigen Rechtsgrundsätze folgt aus der Verwendung des Worts „Institut“ in der Firma vorliegend keine Irreführung. Danach muss die Bezeichnung "Institut" für ein Privatunternehmen zur Vermeidung von Irreführungen mit klaren Hinweisen versehen werden, die einen solchen Charakter außer Zweifel stellen. Dabei kommt es stets auf die konkrete Art des Gebrauchs, insbesondere die im Zusammenhang mit dem Begriff "Institut" verwendeten weiteren Bestandteile der Bezeichnung oder auf sonstige im Zusammenhang damit benutzte Angaben an (…). (…) Eindeutig als nicht täuschungsgeeignet und somit zulässig sind Bezeichnungen wie z.B. Beerdigungs-, Detektiv-, Eheanbahnungs- und Meinungsforschungsinstitut sowie Institut für Schönheitspflege beurteilt worden (…). Nach diesen Grundsätzen ist (…) eine Irreführung durch die Firma „Institut für Einfachheit“ nicht ersichtlich. Der Namenszusatz „für Einfachheit“ ist weder identisch mit universitären Studiengängen oder Forschungszweigen, noch weist er auf eine bestimmte Fachrichtung hin. Er ist auch nicht geeignet, die Vorstellung einer wissenschaftlichen Einrichtung, die mit dem Wort „Institut“ verbunden werden könnte, zu verstärken (…)."
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OLG Frankfurt a.M.: Umfangreiche Prüf- und Kontrollpflichten für Amazon bei Hinweis auf Wettbewerbsverstöße von Marketplace-Verkäufern
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Online-Marktplatzbetreiber (hier: Amazon) treffen umfangreiche Prüfpflichten. Wird ein Betreiber auf einen Wettbewerbsverstoß eines Marketplace-Verkäufers hingewiesen, muss er nicht nur das konkrete Angebote, sondern auch kerngleiche Verstöße unterbinden. Geschieht dies nicht, haftet die Plattform selbst auf Unterlassung (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 21.12.2023 - Az.: 6 U 154/22). Die Klägerin hatte Amazon auf Wettbewerbsverletzungen von Verkaufsangeboten Dritter auf seiner Plattform hingewiesen. Unterschiedliche Marketplace-Verkäufer hatten unzulässigerweise für ihre veganen Produkte die Beschreibung “Sojamilch”, “Hafermilch” und “Reismilch”
gewählt. Nach Kenntnis sperrte Amazon die jeweiligen Verkaufsangebote. Gleichwohl waren andere Offerten online, die für vegane Waren die Bezeichnung “Milch” weiterhin benutzen. Daraufhin nahm die Klägerin Amazon auf Unterlassung in Anspruch. Zu Recht, wie die Frankfurter Richter nun entschieden: “Die Beklagte hat ihre wettbewerbsrechtliche Verkehrspflicht verletzt, indem sie trotz vorhergehenden Hinweises des Klägers auf Verstöße von Drittbewerbern gegen die europäischen Bezeichnungsvorschriften für Milch und Milcherzeugnisse auf der von ihr betriebenen Plattform nicht effektiv dafür gesorgt hat, dass gleichartige Verstöße beseitigt und effektiv verhindert werden.”
Amazon hafte zwar nicht als Täter, da es nicht aktiv an den Rechtsverstößen beteiligt gewesen sei. Jedoch sei es aufgrund der Verletzung von Sorgfaltspflichten verantwortlich: "Allerdings hat die Beklagte ihrer wettbewerbsrechtlichen Verkehrspflicht als sog. Host-Provider nicht im vollen Umfang genügt. Daher ist sie selbst dann gemäß § 8 Abs. 1 Satz 1 i.V.m. § 3 Abs. 1 UWG zur Unterlassung verpflichtet (…). (…) Die vorgerichtlichen Hinweise des Klägers haben für die Beklagte eine wettbewerbsrechtlichen Prüfungs- und Beseitigungspflicht ausgelöst, die über die von ihr getroffenen Maßnahmen hinausgegangen ist. (…) Wer durch sein Handeln im geschäftlichen Verkehr die Gefahr schafft, dass Dritte durch das Wettbewerbsrecht geschützte Interessen von Marktteilnehmern verletzen, trifft wettbewerbsrechtlich die Pflicht, diese Gefahr im Rahmen des Möglichen und Zumutbaren zu begrenzen."
Eine solche weitergehende, umfangreiche Prüfpflicht sei auch angemessen und zumutbar, so das OLG Frankfurt a.M.: "Entgegen der Ansicht der Beklagten ist das ausgesprochene Verbot auch nicht zu weitgehend. (…) Insofern begehrt der Kläger vorliegend nur das Verbot wortgleicher Rechtsverletzungen. (…) Entgegen der Auffassung der Beklagten besteht auch nicht nur eine Pflicht, künftige Rechtsverstöße durch einen sog. Upload-Filter zu verhindern. Eine Unterlassungsverpflichtung kann sich auch darauf erstrecken, bereits bestehende, fortgesetzte und damit in die Zukunft reichende Rechtsverletzungen zu beseitigen (…). Die Beklagte macht lediglich geltend, es bestehe die Gefahr, dass auch rechtmäßige Wörter herausgefiltert würden und sie von den diese verwendenden Drittanbietern oder seit Inkrafttreten der DSA von der Kommission auf Zahlung hoher Geldbußen (vgl. insofern Art. 74 Abs. 1 DSA) in Anspruch genommen werden könnte. Dieser Umstand führt nicht zu einer abweichenden Bewertung. s ist nicht ersichtlich, dass in relevantem Umfang ein sog. Overblockig drohte, das eine aufwändige manuelle Nachprüfung erforderlich machte. Soweit die Beklagte gestützt auf Anlage B16 auf dieses Risiko verweist, hat der Kläger entgegnet, der Einsatz eines Wortfilters könne grundsätzlich auf den Bereich der „Lebensmittel & Getränke“ beschränkt werden. Soweit Teile der Drittanbieter andere Gegenstände innerhalb dieser Kategorie anbieten (wie etwa Kochmixer, Sojamilchbereiter, „Pflanzenmilch Bereiter“, Shampoo Nussmilchbeutel, Passiertücher oder einen „Sojamilch Filter Löffel […]“), erscheinen sie nicht schutzwürdig, sofern aufgrund eines Wortfilters für Lebensmittel und Getränke unzulässige gesetzliche Bezeichnungen herausgefiltert werden. Dies gilt erst Recht, wenn die Beklagte solche gesetzwidrigen Angebote nicht - wie bisher - vollständig entfernt, sondern gegebenenfalls flankiert von einem Hinweis an den jeweiligen Anbieter mithilfe einer „Suche und Ersetze“-Funktion nur die für Lebensmittel unzulässigen Bezeichnungen durch Wörter wie „Hafterdring“, „Reisdrink“, etc, ersetzte. Inwiefern der Einsatz eines Wortfilters außerhalb der Kategorie „Lebensmittel & Getränke“ geboten sein könnte, um dem titulierten Verbot zu entsprechen, bleibt der Einschätzung der Beklagten überlassen."
Die Revision zum BGH wurde zugelassen.
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6.
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OLG Hamburg: Automatisierte Google Ads-Sperrung rechtswidrig
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Google muss Google Ads-Anzeigen im Einzelfall manuell prüfen, bevor es solche Werbung sperrt, da eine automatisierte Sperrung kartellrechtswidrig ist (OLG Hamburg, Urt. v. 31.08.2023 - Az.: 15 U 18/23 Kart). Die Klägerin betrieb einen Online-Dienst für elektronische Vignetten, sog. “e-Vignetten”. Als die Klägerin entsprechende Google Ads schaltete, sperrte der Internet-Riese. Dagegen ging das Unternehmen gerichtlich vor. 1. Anspruchsdurchsetzung im einstweiligen Verfügungsverfahren: Das OLG Hamburg hatte sich auch mit der Frage zu beschäftigen, ob die Ansprüche der Klägerin im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes durchgesetzt werden können und welche Anforderungen für eine solche Durchsetzung vorliegen müssen. Die Hamburger Richter haben klargestellt, dass hierfür nicht zwingend eine existenzielle Notlage des klägerischen Unternehmens bestehen müsse. Ausreichend sei vielmehr, dass der Gläubiger so dringend auf die Erfüllung des Anspruchs angewiesen sei, dass ihm die Verweisung auf später geltend zu machenden Schadensersatz nicht zumutbar sei. "Danach darf eine auf Erfüllung des Hauptsacheanspruchs gerichtete einstweilige Verfügung nur ergehen, wenn der Anspruchsteller darlegt und ggf. glaubhaft macht, dass er so dringend auf die sofortige Erfüllung seines Anspruchs angewiesen ist und andernfalls so erhebliche wirtschaftliche Nachteile erleiden würde, dass ihm ein Zuwarten (wenn überhaupt möglich) oder eine Verweisung auf die spätere Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen nach Wegfall des ursprünglichen Erfüllungsanspruchs nicht zumutbar ist. Es muss aber keine existenzielle Notlage vorliegen, denn andernfalls stünde der Eilrechtsschutz letztlich nur solchen Antragstellern offen, die unmittelbar vor der Insolvenz stehen. Überdies könnten Unternehmen mit mehreren Geschäftszweigen, von denen nur einer kartellrechtswidrig beeinträchtigt wird, keinen wirkungsvollen Eilrechtsschutz erlangen, wenn das Unternehmen dank der weiteren Geschäftszweige nicht in seiner wirtschaftlichen Existenz bedroht ist. (…) Der Erlass einer auf Anspruchsbefriedigung gerichteten einstweiligen Verfügung kommt dann in Betracht, wenn der dem Antragsteller aus der Nichterfüllung drohende Schaden außer Verhältnis zu demjenigen Schaden steht, der dem Antragsgegner aus der sofortigen Erfüllung droht."
Entscheidend sei auch nicht, ob es zu Gewinneinbußen gekommen sei. Dies gelte insbesondere dann, wenn es sich um Startup handle: "Die von der Antragstellerin vorgetragenen Umsatzeinbußen sind ganz erheblich, und die Umsätze sind nicht nachholbar. Darauf, ob es bei der Antragstellerin auch zu Gewinneinbußen gekommen ist, kommt es nach Auffassung des Senats nicht an. Der Senat hält es für plausibel, dass die Antragstellerin als Internet-Start ganz maßgeblich auf Umsatz (-wachstum) und Neukundenakquise angewiesen ist und ihr Gewinn in ihrem derzeitigen Entwicklungsstadium keine entscheidende Rolle spielt, auch und gerade gegenüber Geldgebern und potenziellen Erwerbern des Unternehmens. Für Geschäftspartner der Antragstellerin wie insbesondere die Zahlungsdienstleister und damit auch die von diesen gewährten (Sonder-) Konditionen wird ohnehin nicht der Gewinn, sondern der (über sie) generierte Umsatz von vorrangigem Interesse sein. Würde man nur auf den Gewinn abstellen, so würde dies eine Schutzlücke für all jene Unternehmen bedeuten, die sich noch in der Wachstumsphase befinden, aber noch nicht profitabel sind. Daher ist hier aufgrund der Einzelfallumstände ein Verfügungsgrund unabhängig davon zu bejahen, ob und ggf. in welchem Ausmaß der Antragstellerin auch Gewinn entgeht.”
2. Sperrung ist Kartellrechtsverstoß: Die erfolgte Sperrung sei kartellrechtswidrig, so die Richter weiter. Denn Google als marktbeherrschendes Unternehmen treffe besondere Pflicht. Zwar könne der Internet-Riese grundsätzlich autonom bestimmen, welche Anzeigen auf seiner Plattform veröffentlicht würden. Unzulässig sei in jedem Fall eine automatisierte Sperrung ohne manuelle Nachprüfung: "Jedenfalls vor diesem Hintergrund ist nach Dafürhalten des Senats von der Antragsgegnerin zu verlangen, dass sie zumindest im hier interessierenden Bereich der Werbung für den e-Vignettenvertrieb keine rein automatisierte Prüfung durchführt, sondern im Fall einer automatisierten Anzeigenablehnung eine individuelle (Nach-) Prüfung vornimmt und sich nicht mit einer Pauschalbetrachtung bzw. -regelung begnügt (…). Denn eine Pauschalbetrachtung wird der überragend starken Marktstellung der Antragsgegnerin einerseits und der erheblichen Bedeutung ihres Angebots für Unternehmen wie das der Antragstellerin andererseits nicht gerecht und ist angesichts des nach den obigen Ausführungen offenbar eher geringen Gefahrenpotenzials in diesem Geschäftsbereich nicht angemessen. Bei fehlendem oder einem nicht hinreichenden konkreten Gefahrenpotenzial der beworbenen Dienstleistung fehlt ein sachlicher Grund für die Ablehnung der entsprechenden Werbung."
Und weiter: "Der Antragsgegnerin ist eine individuelle (Nach-) Prüfung auch möglich. Das zeigt sich daran, dass sie inzwischen mit der neuen Fassung der OSDD-RL (…) ein Zertifizierungsverfahren eingeführt hat. Danach können sich zum einen Werbetreibende, die eine Behörde oder von einer staatlichen Stelle beauftragt sind, für die Werbung für bestimmte, unter die OSDD-RL fallende Dienstleistungen zertifizieren lassen. Zum anderen können aber auch Werbetreibende, die keine staatliche Stelle bzw. kein staatlich autorisierter Anbieter sind, eine „regionale oder geschäftliche Ausnahmeregelung“ für sich in Anspruch nehmen oder geltend machen, dass ihre Anzeigen nicht unter die OSDD-RL fallen, da es sich nicht um Werbung für offizielle / staatliche Dokumente und Dienstleistungen handele. Demnach bietet die Antragsgegnerin bereits die Möglichkeit einer individuellen Prüfung u.a. auch der in Rede stehenden konkreten Dienstleistung. Ihr Argument, die Zertifizierungsüberprüfung erfordere keine Einzelfallprüfung der angebotenen Dienstleistung, sondern nur einen schlichten Abgleich der Identität des Werbetreibenden mit den auf den von den offiziellen Mautbetreibern erstellten Listen genannten Vermittlern, ist damit entkräftet."
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LG Berlin: Bei Online-Verkauf von T-Shirts gehört Stoffmaterial zu den wesentlichen Warenmerkmalen
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Beim Online-Verkauf von T-Shirts gehört das Stoffmaterial zu den wesentlichen Warenmerkmalen. Es muss daher nicht nur auf der einzelnen Produktseite, sondern auch noch einmal auf der Checkout-Seite angegeben werden (LG Berlin, Urt. v. 07.11.2023 - Az.: 91 O 69/23). Im Fernabsatz muss der Verkäufer in seinem Online-Shop die wesentlichen Warenmerkmale nicht nur auf der einzelnen Produktseite, sondern auch noch einmal auf der Bestell-Übersichtsseite angeben. Die Beklagte verkaufte online T-Shirts. Auf der einzelnen Seite, auf der die Ware präsentiert wurde, wurde jeweils erläutert, aus welchem Stoff es war. Auf der finalen Bestellseite fehlten diese Information jedoch. Es war jedoch möglich, mittels Link die einzelne Produktseite aufzurufen. Das LG Berlin stufte dies als Verstoß gegen § 312j Abs. 2 BGB an, weil das Gesetz ausdrücklich verlange, dass “…Unternehmer dem Verbraucher die Informationen (…) unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, klar und verständlich in hervorgehobener Weise zur Verfügung stellen [muss]”.
1. Stoffmaterial ist wesentliches Warenmerkmal: Bei dem Stoffmaterial handle es sich um ein wesentliches Warenmerkmal, so die Berliner Richter: "Bei dem Material des Stoffes, dem Material des Gestells und dem Gewicht bei Sonnenschirmen sowie beim Material bei Bekleidungsstücken handelt es sich auch um wesentliche Eigenschaften der Waren i.S.d. Art. 246 a § 1 I S. 1 Nr. 1 EGBGB (OLG München GRUR-RR 2019, 265, bestätigt durch BGH, Beschl. v. 28.11.19 -1ZR 43/19, juris; OLG Köln BeckRS 2016, 119172, Rdnr. 39; OLG Hamm, Beschl, v. 14.03.2017 - 4 W 34/16, 4 W 35/16, juris, Rdnr. 19 - Warenkorbansicht; OLG Hamburg, Beschl. v. 13.08.2014.5 W 14/14, juris, Rdnr. 7). Hinsichtlich des Inhalts und des Umfangs der gern. Art. 246 a § 1 I S. 1 Nr. 1 EGBGB zu erteilenden Informationen kommt es auf die konkrete Ware an. Maßgebend ist eine Beschreibung, aus der der Verbraucher die für seine Ent¬scheidung maßgeblichen Merkmale entnehmen kann (…). Da für den Verbraucher die Zusammensetzung des Materials eines Kleidungsstückes von maßgeblicher Bedeutung ist, handelt es sich um eine aufzuführende wesentliche Eigenschaft eines T-Shirts oder anderer Kleidungsstücke (…)."
2. Auf finaler Bestellseite reicht bloße Verlinkung nicht aus: Das Stoffmaterial müsse auch auf der Checkout-Seite explizit erwähnt werden. Eine Verlinkung sei nicht ausreichend: "Ein Zurverfügungstellen der Informationen, unmittelbar bevor der Verbraucher seine Bestellung abgibt, liegt nur dann vor, wenn sich die Informationen auf der Internetseite befinden, auf der der Kunde den Bestellvorgang abschließt, nicht aber, wenn die Informationen nur über einen Link abrufbar sind oder aber sogar nur - wie vorliegend - über das Anklicken der Produktdetailseite ohne eindeutigen Hinweis darauf, dass sich hier die Materialzusammensetzung befindet (Palandt-Grüne- berg, BGB, 82. Aufl., § 312 j BGB, Rdnr. 7; OLG München GRUR-RR 2019, 265; OLG Hamburg, Bechl. v. 13.08.2014 - 5 W 14/14, juris, Rdnr. 3; OLG Köln NJW-RR 2015, 1453, Rdnr. 16). Dies ergibt sich unzweideutig aus der Gesetzesbegründung (…)."
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LG Düsseldorf: Online-Vergleich von Tagesgeldkonten irreführend, wenn nicht alle Anbieter einbezogen und Ranking nicht erklärt wird
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Eine Webseite, die die Tagesgeldkonten unterschiedlicher Anbieter miteinander vergleicht, muss grundsätzlich alle Markt vorhandenen Angebote einbeziehen, es sei denn, es erfolgt ein klarer, transparenter Hinweis auf die Einschränkung. Zudem muss erläutert werden, welche Faktoren für die Bewertung des Rankings maßgeblich waren (LG Düsseldorf, Ur.t. 25.09.2023 - Az.: 34 O 125/22). Die Beklagte bot im Web eine Online-Vergleich für Tagesgeldkonten an. Auf der Seite konnte der User die Anlagesumme und den Zeitraum angeben, um eine Auflistung der Anbieter angezeigt zu bekommen. Oberhalb der Eingabemaske für die Informationen befand sich folgender Satz: “Der Tagesgeld-Vergleich der (…) zeigt Ihnen die Zinssätze und Konditionen verschiedener Tagesgeld-Konten im Überblick und ermöglicht einen zuverlässigen Vergleich der besten Anbieter.”
Ganz oben auf der Webseite, oberhalb der Überschrift “Tagesgeld-Vergleich” stand folgender Hinweis: “Anzeige: Sämtliche Inhalte dieser Seite sind ein Angebot des Anzeigenpartners. Für den Inhalt ist der Anzeigenpartner verantwortlich."
Direkt darunter war eine Anzeige für ein Festival geschaltet. Die Beklagte listete bei dem Vergleich nicht alle Anbieter an, sondern nur die, mit denen sie eine Kooperation hatte. Erst wenn der User auf einen zusätzlichen Link klickte, wurden ihm alle Markt befindlichen Unternehmen angezeigt. Die Unternehmen, mit denen die Beklagte keine Kooperation hatte, waren ausgegraut. Auf der Webseite war zudem nicht erläutert, nach welchen Faktoren die Beklagte das Ranking vornehmen Das LG Düsseldorf stufte diese Ausgestaltung aus zwei Rechtsgründen als wettbewerbswidrig ein. 1. Nur eingeschränkter Vergleich = Irreführung: Da die Beklagte in ihr Angebot nur die Anbieter erwähnte, mit denen sie auch in Geschäftsbeziehung stand, führe sie die Verbraucher in die Irre, so die Richter. "Auf der angegriffenen Website der Beklagten wird für den Nutzer nicht hinreichend deutlich, dass die ihm nach Ausfüllen der Maske im Ranking zunächst angezeigten Anbieter eines Tagesgeldkontos ausschließlich die Kooperationspartner der Beklagten sind. Mit der Erläuterung unter der Überschrift „Tagesgeld-Vergleich“ („Der Tagesgeld-Vergleich der WW zeigt Ihnen die Zinssätze und Konditionen verschiedener Tagesgeld-Konten im Überblick und ermöglicht einen zuverlässigen Vergleich der besten Anbieter“) erwartet der Verbraucher einen „zuverlässigen“, d.h. unabhängigen und nach objektiven Kriterien erfolgten Vergleich der „besten Anbieter“. Dieser Eindruck wird verstärkt durch die nachfolgende Maske zum Ausfüllen, weil dadurch der objektive Charakter des Vergleichs unterstrichen wird, nämlich dass der Nutzer durch seine hier eingegebenen Daten eine für ihn passende Vergleichstabelle erhält. Nur dann, wenn der Verbraucher auf den Pfeil unterhalb des zunächst erscheinenden Rankings klickt („Alle Anbieter anzeigen“), wird ersichtlich, dass die Rangfolge des Vergleichs von der Kooperation der Anbieter mit der Beklagten abhängig und also beeinflusst ist. Denn tatsächlich ändert sich beim Hinzufügen weiterer Anbieter das Ranking. Die Tatsache, dass die Beklagte durch die Kooperationen ein wirtschaftliches Interesse am Vertragsschluss besitzt und sich dies auf die Rangfolge auswirkt, ist offensichtlich von herausragender Bedeutung für den Verbraucher."
Der erfolgte Hinweis oberhalb der Überschrift reiche nicht aus, um ausreichend die Einschränkung des Angebots transparent zu vermitteln: "Dem steht nicht entgegen, dass die Beklagte oberhalb der Überschrift „Tagesgeld-Vergleich“ den Hinweis (Satz) aufgenommen hat, dass sämtliche Inhalte dieser Seite ein Angebot des Anzeigenpartners sind und dieser für den Inhalt verantwortlich ist. Der Verbraucher wird diesen Satz schon gar nicht dem Tagesgeld-Vergleich zuordnen, weil er oberhalb der Überschrift steht und zwar direkt im Anschluss an eine Anzeige mit der Werbung für ein Festival. Es liegt nahe, dass der Verbraucher den Satz auf diese Anzeige bezieht, insbesondere weil der nachfolgende „Tagesgeld-Vergleich“ ausdrücklich als Tagesgeld-Vergleich „der WW“ bezeichnet wird und damit die Beklagte selbst als Verantwortliche benennt. Sieht sich der Verbraucher die Vergleichstabelle an, kann er auch nur bei einigen Anbietern (z.B. bei „v. weltsparen“) auf einen Anzeigepartner als Verantwortlichen neben der Beklagten schließen. In diesem Moment ist der besagte Hinweis durch Herunterscrollen auf der Website aber schon gar nicht mehr sichtbar."
2. Fehlende Erläuterung der Ranking-Faktoren: Ebenso wettbewerbswidrig sei es, dass die Beklagte nicht offenlege, nach welchen Kriterien sie die Bewertung vornehme: "Als wesentliche Information gelten die Hauptparameter zur Festlegung des Rankings der dem Verbraucher als Ergebnis seiner Suchanfrage präsentierten Waren oder Dienstleistungen (…) und die relative Gewichtung der Hauptparameter zur Festlegung des Rankings im Vergleich zu anderen Parametern (…). Dazu gehören zum Beispiel der Preis und die wesentlichen Merkmale der angebotenen Waren und Dienstleistungen. Unter der relativen Gewichtung der Hauptparameter ist insbesondere die Angabe eines Prozentsatzes oder von Punktzahlen der einzelnen Hauptparameter im Rahmen der Gesamtbewertung eines Angebots zu verstehen. Ausreichend ist hierfür eine allgemeine Beschreibung (…). Diese Informationen müssen (…) von der Anzeige der Suchergebnisse ausgehend unmittelbar und leicht zugänglich sein. (…) Auf der Website fand sich kein Hinweis auf eine Erklärung der zunächst angezeigten Sortierung der Tagesgeldkontenanbieter. Der Verbraucher konnte nur erkennen, dass er durch seine Eingaben in die Maske auf der ersten Seite eine Grundeinstellung vornimmt.
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ArbG Mannheim: Weiterleitung von Wählerlisten an private E-Mail-Adresse durch Betriebsrat = außerordentliche Kündigung
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Leitet ein Betriebsrats-Mitglied eine Wählerliste (Daten von 500 Mitarbeitern) an seine private E-Mail-Adresse weiter, liegt hierin ein erheblicher Rechtsverstoß, der eine außerordentliche Kündigung des Arbeitsverhältnisses rechtfertigt (ArbG, Urt. v. 01.08.2023 - Az.: 5 Ca 101/23). Der Kläger war als Betriebsrat tätig und bei der Beklagten angestellt. Er wehrte sich gegen eine außerordentliche Kündigung seines Arbeitsvertrages. Inhaltlich warf ihm der Arbeitgeber vor, dass er eine Wählerliste (Daten von ca. 500 Mitarbeitern) an seine private E-Mail-Adresse weitergeleitet hatte. Inhaltlich verteidigte sich der Kläger damit, dass er nie im Home Office tätig gewesen sei und ihm daher zu Hause die notwendige IT-Infrarstruktur fehle. Da die Prüfung der Wählerliste daheim erfolgten sollte, habe er die Informationen an seine private Mail-Adresse geschickt. Zudem habe die Beklagte von dem gesamten Sachverhalt in unzulässiger Weise erfahren, da auf den Mail-Account des Betriebsrats ohne die notwendige vorherige Beteiligung zugegriffen worden sei. Das ArbG Mannheim überzeugte diese Argumentation und wies die Klage ab. Die ausgesprochene außerordentliche Kündigung sei rechtlich wirksam. 1. Weiterleitung an privaten Mail-Account: Die Weiterleitung der Wählerliste sei ein wichtiger Grund, das Arbeitsverhältnis außerordentlich zu beenden: "Durch die Versendung der ihm überlassenen Wählerliste mit den höchstpersönlichen Daten von über 500 Beschäftigten der Beklagten an seine private eMail-Adresse hat der Kläger einen eklatanten Vertragsverstoß begangen. Dass es sich dabei um äußerst sensible und in höchstem Maße schützenswerte Daten handelt, kann nicht in Abrede gestellt werden. Selbst wenn die Weiterleitung der Daten durch den Kläger - was er behauptet und was von der Beklagten bestritten wird - hierbei subjektiv dem Zweck der Ausübung seines Amtes als Mitglied des Wahlvorstands dienen sollte, hat der Kläger mit seinem Verhalten zumindest eine gravierende (und erschreckende) Sorglosigkeit an den Tag gelegt. Auch bei Unterstellung des Prozessvortrags des Klägers als richtig, dass der von ihm zu Hause genutzte Computer passwortgeschützt ist, über eine Laufwerksverschlüsselung verfügt und nur für ihn selbst in seiner Wohnung zugänglich gewesen ist, bleibt doch der berechtigte Vorwurf, dass der Kläger die Daten durch deren Weiterleitung an seinen privaten eMail-Account dem Schutz und der Kontrolle der Beklagten, die für den sorgsamen Umgang mit diesen Daten verantwortlich ist, entzogen hat. Dieses Verhalten ist für die Beklagte - auch und gerade im Interesse ihrer Beschäftigten, die ihr die höchstpersönlichen Daten zu treuen Händen überlassen haben und auf deren Schutz durch die Beklagte vertrauen durften – nicht hinnehmbar."
2. Kein Verwertungsverbot: Die Informationen, die der Arbeitgeber durch Zugriff auf den Account des Betriebsrats erlangt habe, seien auch vor Gericht verwertbar: "Der von der Beklagten insoweit zur Kündigung herangezogene Sachverhalt unterliegt auch keinem Verwertungsverbot. Zum einen ist die Tatsache, dass der Kläger die Wählerliste an einen privaten eMail-Account geschickt hat, gar nicht streitig und bedarf keines Beweises. Zum anderen wurde der Sachverhalt von der Beklagten allein aufgedeckt durch ein Auskunftsersuchen des Klägers selbst. Er kann nunmehr nicht die Vertraulichkeit seiner Daten und die Rechtswidrigkeit eines Zugriffs der Beklagten hierauf geltend machen, wenn er selbst die Beklagte um Auskunft über die zu seiner Person gespeicherten personenbezogenen Daten und um Herausgabe einer Kopie dieser Daten ersucht hatte. Schließlich steht auch die vom Kläger erhobene Rüge der fehlenden Mitwirkung des Betriebsrats beim Zugriff auf die Daten des Klägers, selbst wenn die Rüge begründet wäre, einer Verwertung der dadurch (sozusagen als „Zufallsfund“) gewonnenen Erkenntnisse nicht entgegen. Allein die Verletzung eines Mitbestimmungstatbestandes oder die Nichteinhaltung einer Betriebsvereinbarungsregelung begründet grundsätzlich weder ein Beweisverwertungs- noch ein Sachvortragsverwertungsverbot (BAG vom 13.12.2007, NZA 2008, 1008; Münchener Anwaltshandbuch Arbeitsrecht, 5. Aufl. 2021, § 35 Compliance und Datenschutz, Rn. 243, mit weiteren Nachweisen)."
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Hier hat sich das Auskunftsbegehren des Arbeitnehmers nach Art. 15 DSGVO als echter Bumerang erwiesen. Denn erst dadurch hat der Arbeitgeber überhaupt erst von dem gesamten Sachverhalt erfahren und die außerordentliche Kündigung ausgesprochen. Auch das Berufen auf ein etwaiges Verwertungsverbot ist damit nach Ansicht des Gerichts ausgeschlossen.
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10.
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Wir präsentieren: Zwei RechtsFAQ zum Digital Service Act, Special für Webhosting-Unternehmen
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Ab sofort gibt es auf unseren Seiten zwei RechtsFAQ, die sich mit dem neuen Gesetz “Digital Service Act" (DSA) beschäftigen. 1. RechtsFAQ: Einführung in den DSA: Die erste FAQ dient als Einführung in den DSA und bietet einen klaren, leicht verständlichen Überblick über dieses komplexe Gesetz. Sie ist ideal für alle, die sich schnell mit den Grundlagen des DSA vertraut machen möchten. Von den allgemeinen Zielen des Gesetzes bis hin zu spezifischen Bestimmungen für unterschiedliche Online-Unternehmen bietet diese Zusammenfassung eine solide Grundlage für das Verständnis der neuen Regelungen: Die RechtsFAQ gibt es hier. 2. RechtsFAQ: Neue Pflichten für Webhosting-Unternehmen: Die zweite FAQ richtet sich speziell an Webhosting-Unternehmen und behandelt die neuen Pflichten, die mit dem DSA einhergehen und bis zum 17.02.2024 umgesetzt sein müssen. Diese FAQ bietet detaillierte Einblicke und praktische Hinweise, um sicherzustellen, dass Webhosting-Dienste den neuen gesetzlichen Anforderungen entsprechen. Diese RechtsFAQ gibt es hier.
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