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Die Themen im Überblick:
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1. OLG Düsseldorf: Meta-Tags verletzen keine Markenrechte
2. OLG Hamm: Beweislast bei hoher Telefon-Rechnung
3. OLG Hamm: Karstadt-Glücksbontage nicht wettbewerbswidrig
4. VG Köln: DTAG-Tarife "AktivPlus" rechtswidrig
5. LG Hamburg: Rügepflicht bei Online-Kauf-AGB rechtswidrig
6. Neue 0190-Dialer-Urteile
7. KJM: Web-Sperrungsverfügungen äußerstes Mittel
8. Bundesrat: Stellungnahme zum TKG-Entwurf
9. DLM: Genehmigung für dt. Porno-Fernsehkanäle
10. Hausdurchsuchungen bei BTV 4U
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1. OLG Düsseldorf: Meta-Tags verletzen keine Markenrechte
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Das OLG Düsseldorf (Urt. v. 15.07.2003 - Az.: 20 U 21/03 = http://snipurl.com/3j5p) hatte darüber zu entscheiden, ob Meta-Tags die Rechte eines Marken-Inhabers verletzen.
Im vorliegenden Fall benutzten die Beklagten in mehrfacher Weise (als Domain-Name, in der Überschrift, in den Meta-Tags) den Begriff "Impuls" auf ihrer Webseite. Die Klägerin, Inhaberin einer entsprechenden eingetragenen Marke, verlangte Unterlassung von den Beklagten.
Diesem Ansinnen haben die Düsseldorfer Richter nur zum Teil entsprochen, nämlich in Hinsicht auf den Domain-Namen und die Überschrift:
"Die Verwendung des Wortes "Impuls" in Alleinstellung als Überschrift auf der Website und die Verwendung des Domainnamens "impuls-private-krankenversicherung-im-vergleich.de" wirken als kennzeichenmäßige Benutzung."
Bei der Meta-Tag-Benutzung dagegen verneint das Gericht einen Anspruch:
"Die Verwendung des Wortes "Impuls" als Meta-Tag, die bewirkt, dass die Internetseite der Beklagten bei Eingabe von "Impuls" als Suchwort von Suchmaschinen als Treffer aufgeführt wird, stellt keine kennzeichenmäßige Benutzung der Unternehmensbezeichnung der Klägerin im Sinne von § 15 MarkenG dar. (...)
Abzustellen ist auf den Eindruck, der bei den beteiligten Verkehrskreisen, die eine Suchmaschine benutzen, entsteht, wenn eine bestimmte Website als Treffer aufgeführt wird, nachdem eine geschäftliche Bezeichnung (...) in eine Suchmaschine eingegeben wurde. Es kann nicht ohne weiteres (... ) angenommen werden, dass sich der (Suchmaschinen-) Benutzer bei Eingabe des fraglichen Wortes auf der Website des Inhabers der betreffenden Unternehmensbezeichnung oder Marke wähnen würde; ebenso wenig gerechtfertigt erscheint die Annahme, es werde der Eindruck vermittelt, dass auf der angezeigten Website Waren des Zeicheninhabers erhältlich seien (OLG München CR 2000, 461, 462). Auch kann nicht der vom Landgericht Mannheim (CR 1998, 306) vertretenen Ansicht gefolgt werden, dass mit dem (fremden) Suchwort auf den eigenen Geschäftsbetrieb hingewiesen und dadurch die unzutreffende Annahme einer wirtschaftlichen oder gesellschaftsrechtlichen Verbindung hervorgerufen werde. (...)
Richtigerweise ist vielmehr festzustellen, dass sich die angesprochenen Verkehrskreise ihre Vorstellung von der Kennzeichnung der Waren oder Dienstleistungen anhand des wahrnehmbaren Inhalts der Website, die als Treffer aufgeführt wird, bilden."
Auch wettbewerbsrechtliche Bedenken hat das OLG Düsseldorf nicht:
"Ein solches Aufdrängen ist (...) wettbewerbsrechtlich weder unter dem Gesichtspunkt der Irreführung noch unter dem der Belästigung nach §§ 1, 3 UWG zu beanstanden.
Bei dem Suchwort "Impuls" handelt es sich um ein gebräuchliches Wort der deutschen Sprache, dass, (...) in vielfältigen Bedeutungszusammenhängen benutzt werden kann. Bei derart allgemein gehaltenen Suchbegriffen sind die Trefferlisten von Internet-Suchmaschinen sehr groß und der solche Begriffe eingebende Benutzer rechnet damit, eine Vielzahl von Domains angezeigt zu bekommen, die ihn nicht interessieren und nur entfernt mit dem Suchwort in Zusammenhang stehen und die er deshalb in der Regel auch nicht anklicken und aufgreifen wird."
Eine überaus interessante Entscheidung, die von den bisherigen Urteilen abweicht und somit weitgehend Neuland betritt. Vgl. dazu die Rechts-FAQ von RA Dr. Bahr: Meta-Tags (= http://snipurl.com/3j5r). Es bleibt abzuwarten, ob sich diese Argumentation in der Rechtsprechung durchsetzen wird.
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2. OLG Hamm: Beweislast bei hoher Telefon-Rechnung
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Es gibt ein neues Urteil in Sachen überhöhter/hoher Telefonrechnung und Beweislast:
Urteil des OLG Hamm vom 17.10.2003 - Az.: 34 U 104/02
(Leitsätze:)
1. Gemäß § 16 Abs.3 TKV obliegt dem Netz-Betreiber der Nachweis, dass die Leistung bis zu der Schnittstelle, an der der allgemeine Netzzugang des Kunden bereitgestellt wird, technisch einwandfrei erbracht und richtig berechnet wurde.
2. Erfolgt eine technische Überprüfung nach § 16 Abs.1 TKV und ergeben sich dabei keine Mängel und auch keine Hinweise für Manipulationen durch Dritte, spricht ein Beweis des ersten Anscheins dafür, dass der Telefon-Kunde die Leistungen tatsächlich in Anspruch genommen hat.
3. Diesen Beweis des ersten Anscheins kann der Telefon-Kunde jedoch entkräften, wenn er Umstände nachweist, aus denen sich die ernsthafte Möglichkeit eines anderen, atypischen Geschehensablaufes ergibt. Eine Telefon-Gesprächsdauer von über 101 Stunden allleine reicht für die Annahme eines solchen atypischen Geschehensablaufes noch nicht aus.
http://www.dialerundrecht.de/Entscheidungen/olghamm171003.htm
Hinweis:
Zu der rechtlichen Problematik von überhöhten Telefonrechnungen und Dialern finden Sie unter www.dialerundrecht.de ausführliche Erläuterungen. Das Portal betreibt RA Dr. Bahr zusammen mit seiner Kollegin RAin Sybille Heyms.
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3. OLG Hamm: Karstadt-Glücksbontage nicht wettbewerbswidrig
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Die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs in Frankfurt hat auch in zweiter Instanz vergeblich versucht, eine einstweilige Verfügung gegen die Karstadt Warenhaus AG zu erwirken.
Die Wettbewerbsschützer wollten dem Warenhauskonzern untersagen, für ihre "Glücksbontage" zu werben. Karstadt hatte damit geworben, dass während der "Glücksbontage" jeder 1.000. Kassenbon storniert werden würde. Der Wettbewerbssenat des Oberlandesgerichts Hamm hielt diese Werbung nicht für wettbewerbswidrig. Bei der Aktion habe es sich nicht um ein Gewinnspiel im eigentlichen Sinne gehandelt, bei dem die Teilnahme von einem Warenabsatz abhängig gemacht worden sei. Die Kunden hätten nicht gekauft, um an einem besonderen Gewinnspiel teilzunehmen. Sie hätten vielmehr neben der Ware eine "Gewinnchance" erhalten, wenn sie gekauft hätten.
Von der Anlockwirkung her unterscheide sich dieser Fall nicht wesentlich von dem Fall, in dem es um die Werbeaussage "Würfel um Deinen Rabatt" gegangen sei. In diesem Fall habe der Wettbewerbssenat eine einstweilige Verfügung aufgehoben, mit der die entsprechende Werbung untersagt worden sei. Während seinerzeit jeder Kunde sich nach einem Kauf einen Rabatt von 2 bis 12 % habe erwürfeln können, gewinne bei der Karstadtaktion nur jeder 1.000. Bon, dafür aber in der Weise, dass der ausgewiesene Betrag in vollem Umfang storniert werde.
Oberlandesgericht Hamm, Beschluss vom 20.11.2003, Az.: 4 W 163/03
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 16. Dezember 2003
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4. VG Köln: DTAG-Tarife "AktivPlus" rechtswidrig
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Das Verwaltungsgericht Köln hat mit drei heute bekannt gegebenen Beschlüssen entschieden, dass die von der Deutschen Telekom angebotenen Optionstarife "AktivPlus xxl (neu)" und "AktivPlus basis calltime 120" gegen die Bestimmungen des Telekommunikationsgesetzes verstoßen. Es hat damit die aufschiebende Wirkung der Klagen von Wettbewerbern der Deutschen Telekom gegen die entsprechenden Genehmigungen der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post angeordnet.
Der Tarif "AktivPlus xxxl (neu)" ermöglicht es Kunden der Telekom, gegen einen Aufpreis von netto 3,58 EURO gegenüber dem nächst niedrigeren Tarif an Samstagen sowie an Sonn- und Feiertagen unentgeltliche City- und Deutschlandverbindungen zu führen. Im Tarif "Aktiv Plus basis calltime 120" erwerben die Kunden gegen einen Aufpreis von netto 1,47 EURO 120 Freiminuten für City- und Deutschlandverbindungen.
Nach Auffassung des Gerichts liegen in diesen Tarifen unzulässige Preisabschläge, weil sie bei einer realistischen Ausnutzung die sonst von der Regulierungsbehörde angenommenen Verbindungskosten bei weitem unterschreiten. Darin liege eine Beeinträchtigung der Wettbewerbsmöglichkeiten anderer Anbieter von Sprachtelefondienstleistungen, für die ein sachlich gerechtfertigter Grund nicht gegeben sei.
Gegen die Entscheidungen ist Beschwerde zum Oberverwaltungsgericht in Münster möglich.
Az.: 1 L 2579/03, 1 L 2594/03 und 1 L 2789/03
Quelle: Pressemitteilung des VG Köln v. 16. Dezember 2003
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5. LG Hamburg: Rügepflicht bei Online-Kauf-AGB rechtswidrig
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Das LG Hamburg (Urt. v. 05.09.2003 - Az.: 324 O 224/03 = http://snipurl.com/3j5u) hatte darüber zu entscheiden, ob ein Online-Shop gegenüber seinen Kunden (Verbrauchern) nachfolgende AGBs benutzen darf:
Rügepflicht-Klausel
"Sollten gelieferte Artikel offensichtliche Material- oder Herstellungsfehler aufweisen, wozu auch Transportschäden gehören, so reklamieren Sie bitte Verbraucher hier üblicherweise keine Bitten erwartet, sondern vielmehr die Pflichten und Rechte im Falle eines Mangels.
Ersatzlieferungs-Klausel
"Sollte ein bestimmter Artikel nicht lieferbar sein, senden wir Ihnen in Einzelfällen einen qualitativ und preislich gleichwertigen Artikel (Ersatzartikel) zu. Sollte ein bestellter Artikel oder Ersatzartikel nicht lieferbar sein, sind wir berechtigt, uns von der Vertragspflicht zur Lieferung zu lösen."
Die Rügepflicht-Klausel weiche - so die Richter - von den zwingenden Vorgaben des § 475 Abs.1 BGB ab und sei daher rechtswidrig (§ 307 Abs.1 BGB):
"Die Klausel stellt (...) eine Bestimmung dar, die - zu Lasten des Verbrauchers - von den [gesetzlichen Bestimmungen] abweicht, da sie (...) die Regelung enthält, dass der Verbraucher offensichtlich Material- oder Herstellungsfehler von gelieferten Artikeln sofort rügen muss, andernfalls seine Gewährleistungsansprüche verliert.
Zunächst handelt es sich bei der (...) Klausel, obwohl diese als "Bitte" formuliert ist, um eine (...) Vertragsbedingung (...). Für die Unterscheidung von allgemeinen (verbindlichen) Vertragsbedingungen und (unverbindlichen) Bitten, Empfehlungen oder tatsächlichen Hinweisen ist auf den Empfängerhorizont abzustellen. Eine Vertragsbedingung (...) liegt dann vor, wenn die Bitte (...) beim Empfänger den Eindruck hervorruft, es solle damit der Tatbestand eines vertraglichen Rechtsverhältnisses bestimmt werden (...)."
Die Richter nahmen hier eine Vertragsbedingung insbesondere deswegen an, weil die Klausel unter der Rubrik "Gewährleistung" auftauchte und der
Interessant ist weiterhin, dass die Richter auch nicht aufgrund eines Umkehrsschlusses aus § 309 Nr. 8b. Ziff. ee BGB die Klausel für rechtmäßig erachtet haben. Nach § 309 Nr. 8 b Ziff. ee BGB ist es unzulässig, dem Verwender "für die Anzeige nicht offensichtlicher Mängel" eine bestimmte Ausschlussfrist zu setzen. Hieraus zu schlussfolgern, dass demnach eine Rüge bei dann richtiger Fristbestimmung zulässig ist, sei falsch. Denn die Regelungen für den Vebrauchsgüterkauf seien spezieller und gingen daher den allgemeinen, AGB-rechtlichen Bestimmungen vor.
Ebenso für unzulässig erachteten die Richter die Ersatzlieferungs-Klausel:
"Diese Klausel stellt (...) eine Vereinbarung dar, die zu Lasten des Verbrauchers von § 433 Abs.1 BGB abweicht, indem sie der Beklagten die Möglichkeit einräumt, statt der vom Verbraucher bestellten und aufgrund des Kaufvertrages geschuldeten Ware eine andere, wenn auch qualitativ und preislich gleichwertige Ware zu liefern und damit den Kaufvertrag zu erfüllen."
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6. Neue 0190-Dialer-Urteile
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Es gibt drei neue 0190-Dialer-Urteile zu vermelden:
a) Urteil des AG Oldenburg vom 11.12.2003 - Az.: E1 C 1096/03 (XX)
(Leitsätze:)
1. Der Netz-Betreiber ist beweispflichtig für die Inanspruchnahme der Leistung.
2. Angesichts des erheblichen Missbrauchs von Dialern und vor dem Hintergrund, dass ein Internet-Verbindungsaufbau ohne Wissen und Wollen des Kunden möglich ist, ist die Beweistlastumkehr, die bei Sprachkommunikations-Dienstleistungen in der Rechtsprechung angewendet wird, auf diese Fälle nicht übertragbar.
3. Dem Telefon-Kunden ist es nicht zuzumuten, Schutzvorkehrungen gegen die ungewollte Installation von Dialern auf seinem Rechner zu treffen.
http://www.dialerundrecht.de/Entscheidungen/agoldenburg111203.htm
b) Urteil des AG Dortmund vom 21.11.2003 - Az.: 125 C 8822/03
(Leitsätze:)
1. Der Netz-Betreiber ist beweispflichtig für die Inanspruchnahme der Leistung.
2. Angesichts des festzustellenden erheblichen Missbrauchs von Dialern und vor dem Hintergrund eines effektiven Verbraucherschutzes kann nicht mehr ohne weiteres davon ausgegangen werden, dass der Telefon-Kunde durch ein konkludentes Verhalten den Vertrag über die Nutzung der Leitung geschlossen hat.
3. Eine solche Beweislast-Verteilung ergibt sich deswegen, weil nur Netz-Betreiber in der Lage ist, die einzelnen Mehrwertdienste-Anbieter entsprechend auf ihre Seriosität zu überprüfen, denn alleine der Netz-Betreiber kann feststellen, ob bei bestimmten Rufnummern sich die Beschwerden von Telefonkunden häufen.
4. Eine solche Überprüfungspflicht ergibt sich insbesondere dann, wenn die problematischen Einwahlen besonders häufig bei ein und demselben Netz-Betreiber stattfinden.
http://www.dialerundrecht.de/Entscheidungen/agdortmund211103.htm
c) Urteil des AG Heidelberg vom 11.12.2003 - Az.: 23 C 500/03
(Leitsätze:)
1. Klagt ein Telefonanschluss-Inhaber auf Rückahlung bereits entrichteter Telefon-Entgelte, ist der Netz-Betreiber für das Zustandekommen des Vertrages beweispflichtig.
2. Diese Beweispflicht ergibt sich u.a. daraus, dass der Netz-Betreiber auch bei nur verkürzter Rufnummern-Speicherung zur Vorlage der vollständigen Rufnummer verpflichtet ist.
http://www.dialerundrecht.de/Entscheidungen/agheidelberg111203.htm
Hinweis:
Zu der rechtlichen Problematik von Dialern finden Sie unter http://www.dialerundrecht.de ausführliche Erläuterungen. Das Portal betreibt RA Dr. Bahr zusammen mit seiner Kollegin RAin Sybille Heyms.
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7. KJM: Web-Sperrungsverfügungen äußerstes Mittel
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Die Kommission für Jugendmedienschutz (KJM = http://snipurl.com/3j5w) ist für den Jugendschutz in Fernsehen, Rundfunk und Internet zuständig.
Nun hat sich der Vorsitzende der KJM, Prof. Wolf-Dieter Ring, in einem lesenswerten Interview (= http://snipurl.com/3j5x) zur Frage der Verantwortlichkeit von Internet-Service-Providern geäußert.
Spätestens seit den umstrittenen Düsseldorfer Sperrungsverfügungen (= http://snipurl.com/3j5y) und ihrer chaotischen Umsetzung (vgl. die Kanzlei-Info v. 16.06.2003 = http://snipurl.com/3j60) ist dieser Punkt Gegenstand zahlreicher heftiger Auseinandersetzungen und Diskussionen.
Anders als der Düsseldorfer Regierungspräsident, der für eine umfassende Sperrung von rechtsradikalen Webseiten eintritt, äußert sich Ring weitaus vorsichtiger:
"Wir müssen dabei insgesamt berücksichtigen, dass das, was auf der Basis anderer Rechtsnormen beispielsweise in Nordrhein-Westfalen mit den Sperrverfügungen gegen rechtsradikale Seiten gemacht wurde, vorerst nur im einstweiligen Verfahren Bestand hat.
Es ist keineswegs so, dass die KJM auf der Grundlage unbeschwert Sperrverfügungen erlassen könnte. Eine juristische Bauchlandung am Start wollen wir auf jeden Fall vermeiden, daher prüfen wir das nun sehr genau."
Letzten Endes ist aber auch Ring der Ansicht, dass Sperrungsverfügung als äußerstes Mittel zulässig sind. In erster Linie setze er auf den Dialog, wenn dies aber nicht funktioniere, müsse ultima ratio auf Sperrungsanordnungen zurückgegriffen werden.
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8. Bundesrat: Stellungnahme zum TKG-Entwurf
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Der Bundesrat hat am letzten Freitag ausführlich zu den Reform-Entwürfen zum neuen Telekommunikationsgesetz Stellung genommen (BR-Drucksache 755/03 = PDF, 253 KB = http://snipurl.com/3j61).
Die Reform des TKG wird schon seit längerem vorbereitet, vgl. dazu die Kanzlei-Info v. 03.05.2003 (= http://snipurl.com/2ub8). Siehe dazu auch die Studie zur gerichtlichen Kontrolle im Lichte der TKG-Novellierung (Kanzlei-Info v. 11.04.2003 = http://snipurl.com/2uap). Erst vor kurzem hat sich der Präsident der Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post (RegTP), Matthias Kurth, zu der gesamten Reform in einem Interview geäußert, vgl. die Kanzlei-Info v. 04.11.2003 = http://snipurl.com/3j62
Ein weiterer Punkt ist das neue Vorhaben, Internet-Daten über einen längeren Zeitraum auf Verdacht zu speichern, um so "im Kampf gegen den sexuellen Missbrauch von Kindern" bessere Ermittlungsmöglichkeiten zu haben, vgl. die Kanzlei-Info v. 22.11.2003 = http://snipurl.com/3ce2
Dazu hat sich der Bundesrat am Freitag auch geäußert (S. 34ff.):
"Die Befugnis und Verpflichtung zur Übermittlung der in der Vorschrift als Verkehrsdaten bezeichneten Informationen an die Bedarfsträger im Bereich der Strafverfolgungs-, Gefahrenabwehr- und Sicherheitsbehörden wird im Wesentlichen außerhalb des TKG geregelt. (...) Die hier vorgesehenen Ermittlungsbefugnisse laufen jedoch leer, soweit die betroffenen Daten gar nicht mehr vorhanden sind.
In § 94 Abs. 2 TKG-E soll daher neben der Befugnis zur Datenerhebung und -verwendung zugleich die Pflicht zu einer vorübergehenden Speicherung statuiert werden. Den Diensteanbietern soll dabei nicht die Erhebung zusätzlicher Daten, sondern allein eine befristete Sicherung der ohnehin zu den Zwecken des Dienstes gewonnenen Informationen in Ansehung der Bedürfnisse einer effektiven Strafverfolgung und wirksamen Gefahrenabwehr aufgegeben werden. Eine vorübergehende sechsmonatige Speicherung der Informationen erscheint (...) zumutbar und (...) angemessen.
Der Bundesrat ist bei dieser Abwägung bereits in den Beratungen zu dem Entwurf eines Gesetzes zur Verbesserung der Ermittlungsmaßnahmen wegen des Verdachts sexuellen Missbrauchs von Kindern und der Vollstreckung freiheitsentziehender Sanktionen (BT-Drs. 14/9801; PDF, 200 KB) zu einem anderen Ergebnis als die Bundesregierung gekommen (vgl. BT-Drs. 14/9801, S. 15 f.; PDF, 200 KB).
Der Vorschlag des Bundesrates zielt nicht auf einen "gläsernen Bürger" ab. Die Vorratsdatenspeicherung soll gerade nicht beim Staat erfolgen, sondern bei Privatunternehmen. Die Kosten, die für die einzelnen Unternehmen entstehen, sind überschaubar. Schon jetzt dürfen die Telekommunikationsunternehmen die Verkehrsdaten ohnehin für eine gewisse Zeit speichern, soweit sie diese insbesondere für Abrechnungszwecke benötigen. Insoweit ist kaum mit zusätzlichem Aufwand zu rechnen. Im Übrigen sind Speichermedien zunehmend preiswert, so dass allenfalls geringe Mehrkosten für die Unternehmen anfallen dürften.
Einer weiteren Regelung der zulässigen Speicherungsdauer in § 95 TKG-E bedarf es danach nicht mehr, da in § 94 Abs. 2 TKG-E Mindestdauer und Grenzen einer zulässigen Speicherung von Verkehrsdaten durch Sechsmonatsfrist einerseits und das Kriterium einer zweckbestimmten Erforderlichkeit andererseits abschließend geregelt sind."
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9. DLM: Genehmigung für dt. Porno-Fernsehkanäle
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Die Direktorenkonferenz der Landesmedienanstalten (DLM) gibt in ihrer aktuellen Pressemitteilung (= http://snipurl.com/3j65) bekannt, dass ab sofort Fernseh-Anbieter Kanäle mit erotischen und auch pornografischen Spielfilmen anbieten dürfen.
Im vorliegenden Fall handelt es sich um den Anbieter Erotic media, einem Tochterunternehmen der Beate Uhse AG, der über den Pay-TV-Sender Premiere seine Angebote ausstrahlen wird. Mittels Pay-per-View werden nur Erwachsenen in geschlossenen Benutzergruppen die Filme zur Verfügung gestellt.
Nach deutschem Rundfunkrecht ist es grundsätzlich verboten, pornografische Inhalte zu senden. Ein klassisches Kriterium für die Annahme des Rundfunks ist das Merkmal der Breitenwirkung. Dies liegt hier nicht vor, da nur eine begrenzte Anzahl von Personen in geschlossenen Benutzergruppen zusehen könnten.
Insofern hat die DLM nun das Angebot als Mediendienst eingestuft. Als Mediendienst ist es möglich, nicht nur erotische, sondern auch pornografische Inhalte zu offerieren.
Die identische Entscheidung traf die DLM (Pressemitteilung unter http://snipurl.com/3j66) im Fall des geplanten Erotik-Angebotes Blue Movie von der in Österreich ansässigen Premiere-Tochter Telemediendienst. Auch hier handelt es sich nach Ansicht der DLM um keinen Rundfunk, sondern um einen Mediendienst. Jedoch wurde die Tatsache kritisiert, dass der Anbieter in Österreich sitzt:
"Als problematisch sahen die Direktoren die Tatsache an, dass die Antragstellerin ihren Sitz in Österreich hat und das Angebot damit nicht den deutschen, in Relation zu anderen europäischen Ländern strengeren Jugendschutzbestimmungen unterliegt. Aus Sicht der DLM muss gewährleistet sein, dass die effektiven Regelungen des Jugendmedienschutz-Staatsvertrages für dieses Angebot greifen.
(...)
Es muss ausgeschlossen bleiben, dass das effektive deutsche Jugendschutzrecht über Umwege aus dem Ausland ausgehebelt wird“, so der DLM-Vorsitzende Prof. Wolfgang Thaenert."
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10. Hausdurchsuchungen bei BTV 4U
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Am Montag dieser Woche hat die Staatsanwaltschaft Stuttgart Hausdurchsuchungen beim Ludwigsburger Fernsehsenders BTV 4U durchgeführt. Dem Unternehmen wird Betrug (§ 263 StGB) und strafbare Werbung (§ 4 UWG) vorgeworfen. Ob diese Vorwürfe zutreffend sind oder jeder Grundlage entbehren, werden erst die Ergebnisse der eingeleiteten Ermittlungsverfahren zeigen.
Der Privatsender veranstaltet Quiz-Gewinnsendungen, bei denen der Zuschauer mittels 0137-Rufnummer (0,49 Euro/Anruf) teilnehmen kann.
Die staatsanwaltlichen Ermittlungen drehen sich um den Vorwurf, BTV 4U habe das Publikum über die Gewinnchancen getäuscht. Dem Zuschauer sei vorgespiegelt worden, dass er anrufen und dem Moderator der Sendung die richtige Lösung nur sagen müsse, um den Gewinn zu erhalten. In Wirklichkeit jedoch seien die Chancen, bei einem Anruf überhaupt zum Moderator durchgestellt zu werden, sehr gering gewiesen.
BTV 4U weist jede strafbare Handlung weit von sich.
Schon in der Vergangenheit waren die Quiz-Gewinnsendungen des Privatsenders Gegenstand politischer Auseinandersetzungen (= http://snipurl.com/3j9v).
Im April diesen Jahrens hatte ein Teil der Bundesländer eine grundlegende Reform der Zulässigkeit von interaktiven Gewinnspielen, egal ob im Fernsehen, im Internet oder per SMS, vorgeschlagen, vgl. die Kanzlei-Info v. 18.04.2003 (= http://snipurl.com/3j9w). Die Freiwillige Selbstkontrolle Telefonmehrwertdienste (FST) kritisiert diese Bestrebungen scharf, vgl. die Kanzlei-Info v. 20.05.2003 (= http://snipurl.com/3j9x).
Über die generelle Zulässigkeit von derartigen Gewinnspielen gibt es in der juristischen Literatur unterschiedliche Ansichten. Rechtsprechung hierzu existiert kaum. So mahnte z.B. die Zentrale zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs den Fernsehsender RTL wegen eines 0137-Gewinnspiele ab, vgl. die Kanzlei-Info v. 11.07.2003 (= http://snipurl.com/3j9y). Auch der Fernsehsender Neun Live sieht sich mit bestimmten Vorwürfen konfrontiert, vgl. die Kanzlei-Info v. 07.06.2003 (= http://snipurl.com/3j9z).
Vgl. generell zu dem Problem Mehrtwertdienstenummern und Gewinnspiele auch den Aufsatz von RA Dr. Bahr, "0190-Telefonnummern und Gewinnspiele" (= http://snipurl.com/3ja0).
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