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Newsletter vom 25.05.2016 |
Betreff: Rechts-Newsletter 21. KW / 2016: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BVerfG: Kein Aufschub der Schockwerbung bei Tabakerzeugnissen _____________________________________________________________ Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 2. Kammer des Ersten Senats des Bundesverfassungsgerichts den Erlass einer einstweiligen Anordnung gegen einzelne Regelungen des am 20. Mai 2016 in Kraft tretenden Tabakerzeugnisgesetzes abgelehnt. Die Entscheidung der Kammer beruht auf einer Folgenabwägung. Die gesetzlichen Neuregelungen bezwecken primär eine Harmonisierung des europäischen Binnenmarkts zum Abbau von Markthemmnissen und dienen damit einem wichtigen Ziel der Europäischen Union. Daneben ist eine Förderung des Gesundheitsschutzes Ziel der Regelungen und damit ein überragend wichtiges Gemeinwohlziel von Verfassungsrang (Art. 2 Abs. 2 GG). Demgegenüber weisen die von der Beschwerdeführerin geltend gemachten, mit der Umsetzung der Regelung verbundenen berücksichtigungsfähigen Nachteile kein deutlich überwiegendes Gewicht auf.
Sachverhalt:
Wesentliche Erwägungen der Kammer: 1. Das Bundesverfassungsgericht kann einen Zustand durch einstweilige Anordnung vorläufig regeln, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile, zur Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund zum gemeinen Wohl dringend geboten ist (§ 32 Abs. 1 BVerfGG). Die Erfolgsaussichten in der Hauptsache haben außer Betracht zu bleiben, es sei denn, die in der Hauptsache begehrte Feststellung oder der in der Hauptsache gestellte Antrag erwiese sich als von vornherein unzulässig oder offensichtlich unbegründet. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens muss das Bundesverfassungsgericht eine Folgenabwägung vornehmen. 2. Die Verfassungsbeschwerde ist weder von vornherein unzulässig noch offensichtlich unbegründet. Nach dem Ergebnis der Folgenabwägung kann aber eine einstweilige Anordnung nicht ergehen. a) Soll der Vollzug eines Gesetzes ausgesetzt werden, gilt für die Beurteilung der Voraussetzungen des § 32 Abs. 1 BVerfGG ein besonders strenger Maßstab, weil dies einen erheblichen Eingriff in die originäre Zuständigkeit des Gesetzgebers darstellt. Dieser Maßstab ist noch zu verschärfen, wenn eine einstweilige Anordnung begehrt wird, durch die der Vollzug einer Rechtsnorm ausgesetzt werden soll, die zwingende Vorgaben des Unionsrechts in das deutsche Recht umsetzt. Der Erlass einer solchen einstweiligen Anordnung setzt voraus, dass den Betroffenen aus der Vollziehung des Gesetzes ein besonders schwerwiegender und irreparabler Schaden droht. Der anzulegende äußerst strenge Maßstab stellt außerdem sehr hohe Anforderungen an die Darlegung der drohenden Nachteile. b) Der Beschwerdeführerin ist es weder gelungen, besonders schwerwiegende, insbesondere an die Schwelle der Existenzbedrohung heranreichende, irreparable Nachteile für die ganze Branche der Tabakhersteller oder zumindest eine erhebliche Anzahl an Unternehmen noch im Hinblick auf ihre eigene Situation darzulegen. Die Folgen der Neuregelung für andere Marktteilnehmer stellt sie, wenngleich unter Verweis auf eine besondere Betroffenheit kleiner und mittlerer Unternehmen, im Wesentlichen nur pauschal dar. Im Hinblick auf ihre eigene Situation ist zu berücksichtigen, dass wirtschaftliche Nachteile, die lediglich Einzelnen durch den Vollzug eines Gesetzes entstehen, nur ganz ausnahmsweise geeignet sein können, die Aussetzung von Normen zu begründen. Zudem hat der Europäische Gerichtshof über die Verhältnismäßigkeit zentraler Vorgaben der EU-Tabakproduktrichtlinie II, auf denen die angegriffenen Vorschriften des Tabakerzeugnisgesetzes beruhen, nach Maßgabe des Unionsprimärrechts bereits mit Urteilen vom 4. Mai 2016 entschieden und diese Vorgaben nicht beanstandet. Damit sind die sich aus der Umsetzung der Richtlinie selbst ergebenden Nachteile grundsätzlich hinzunehmen und können für den Antrag auf Aussetzung der beanstandeten Vorschriften nicht mehr von durchgreifendem Gewicht sein. Zu berücksichtigen wären allenfalls Nachteile, welche sich aus den als fehlend oder jedenfalls als unzureichend beanstandeten Übergangsregelungen ergeben, sei es aufgrund der zwingenden unionsrechtlichen Vorgaben zum Inkrafttreten der nationalen Umsetzungsakte oder aufgrund eines zu späten Tätigwerdens des deutschen Gesetzgebers. Dass ihr allein deswegen bereits nicht wieder gutzumachende und existenzbedrohende Schäden drohen würden, hat die Beschwerdeführerin indessen nicht hinreichend substantiiert dargelegt. 3. Ein deutliches Überwiegen der auf Seiten der Beschwerdeführerin allenfalls zu berücksichtigenden Nachteile lässt sich danach nicht feststellen. Die gesetzlichen Neuregelungen bezwecken primär eine Harmonisierung des europäischen Binnenmarkts zum Abbau von Markthemmnissen und dienen damit einem wichtigen Ziel der Europäischen Union. Daneben ist eine Förderung des Gesundheitsschutzes Ziel der Regelungen und damit ein überragend wichtiges Gemeinwohlziel von Verfassungsrang (Art. 2 Abs. 2 GG). Zwar würde im Falle eines Erfolges des Antrags auf einstweilige Anordnung die Verwirklichung dieser Ziele zeitlich zunächst nur aufgeschoben. Bereits eine solche zeitliche Verzögerung führte jedoch zu einer weiteren Einschränkung der Wirksamkeit der Neuregelung über die im Gesetz selbst enthaltenen Übergangsregelungen hinaus. Es ist im Hinblick darauf nicht erkennbar, dass die in Rede stehenden Nachteile ein solches Gewicht aufweisen, dass sie nach den dargelegten Maßstäben und in Anbetracht der überragenden Bedeutung der vom Gesetzgeber bezweckten Ziele eine weitergehende Effektivitätsbeeinträchtigung rechtfertigen könnten. 1 BvR 895/16
Quelle: Pressemitteilung des BVerfG v. 20.05.2016
WhatsApp hielt nur englischspracheige Allgemeine Geschäftsbedingungen auf seiner Webseite für die Kunden bereit. Darüber hinaus hatte das Unternehmen neben seiner E-Mail nur den eigenen Twitter- und Facebook-Account verlinkt. Einem anfragenden Verbraucher folgte WhatsApp bei Twitter jedoch nicht. Die Zusendung einer Nachricht über Facebook war gesperrt. Beides stufte das KG Berlin als wettbewerbswidrig ein. Die Nichtbereitstellung von AGB in deutscher Sprache benachteilige den Verbraucher und sei nach ständiger Rechtsprechung unzulässig. Darüber hinaus liege ein Wettbewerbsverstoß gegen die Impressums-Bestimmungen vor. Neben der Angabe der E-Mail-Adresse müsse auf der Homepage eine (weitere) Möglichkeit zur schnellen elektronischen Kontaktaufnahme und unmittelbaren Kommunikation angegeben werden. Dabei sei es nicht ausreichend, eine Verlinkung mit dem eigenen Twitter- und Facebook-Account herbeizuführen, wenn dem anfragenden Verbraucher bei Twitter nicht "gefolgt" wird und die Zusendung einer Nachricht über Facebook gesperrt sei. Denn dann sei keine unmittelbare Kontaktaufnahme möglich. Darüber hinaus hatte WhatsApp im Impressum vergessen, den Stelllvertretungsberechtigten der Firma anzugeben. Dies bewertete das Gericht zwar als Verletzung der Impressums-Vorgaben nach dem deutschen Telemediengesetz (TMG). Eine solche Verletzung könne jedoch nicht gerichtlich verfolgt werden.
Denn die deutschen TMG-Paragraphen seien nicht wirksam, da die nationalen Vorschriften strengere Regelungen aufstellen würden als die europarechtlichen Bestimmungen. Dies sei nicht zulässig, da aufgrund der EU-Regelungen eine Vollharmonisierung vorliege, so dass dem deutschen Gesetzgeber keine Kompetenz zustünde, weitergehende, strengere Vorgaben aufzustellen.
Die Beklagte hatte nach der Bestellung eines Kunden in ihrem Online-Shop diesem eine E-Mail mit einer Anfrage zur Kundenzufriedenheit geschickt. In der E-Mail hieß es u.a. "mit der Bitte um Teilnahme an einer Kundenzufriedenheitsbefragung" und "Gerne möchten wir Sie auch weiterhin als zufriedenen Kunden betreuen dürfen." Das Gericht stufte dies als unverlangte E-Mail-Werbung ein. Die vorgenommene Bestellung im Online-Shop reiche nicht als Rechtsgrundlage aus, dem Kunden solche E-Mails zu senden. Kundenzufriedenheitsanfragen seien unzweifelhaft als Werbung einzustufen, denn sie dienten der Kundenbindung und somit der Gewinnmaximierung des jeweiligen Unternehmens.
Da keine ausdrückliche Einwilligung vorliege, handle es sich um wettbewerbswidrigen Spam.
Die gesamte Diskussion, ob notarielle Unterwerfungserklärungen die (wettbewerbsrechtliche) Wiederholungsgefahr ausschließen können, ist noch relativ jung in der Rechtswissenschaft. Bis dato kannte man nur zwei Instrumentarien: Das gerichtliche Verbot (einstweilige Verfügung/Hauptsacheverfahren) oder die außergerichtliche Unterlassungserklärung. Seit einiger Zeit wird nun auch die notarielle Unterwerfungserklärung ins Spiel gebracht. Siehe dazu auch unsere Anmerkung zum Urteil des LG Köln, Urt. v. 23.09.2014 - Az.: 33 O 29/14. Im vorliegenden Fall hatte sich die Antragsgegnerin auf mehreren Online-Plattformen nicht ordnungsgemäß gekennzeichnet, dass es sich bei ihr um eine gewerbliche Verkäuferin handelte. Die Antragstellerin sprach daraufin außergerichtlich eine Abmahnung ab. Die Antragsgegnerin gab eine notarielle Unterwerfungserklärung ab. Die Antragstellerin beantragte bei Gericht, die Unterwerfungserklärung mit einem Androhungsbeschluss zu versehen. Dieses Androhungsverfahren dauert bis heute an. Die Antragstellerin leitete schließlich ein einstweiligen Verfügungsverfahren ein und begehrte Unterlassung. Die Antragsgegnerin war der Ansicht, dass hierfür das Rechtsschutzbedürfnis fehle, denn durch die notarielle Unterwerfungserklärung stünde der Antragstellerin die Möglichkeit offen, den Anspruch auf einem anderen, leichteren Weg durchzusetzen. Die Düsseldorfer Richter folgten diesem Standpunkt nicht, sondern hielten die einstweilige Verfügung für zulässig und begründet. Im vorliegenden Fall warte die Antragstellerin weiterhin auf den gerichtlichen Ausspruch des Androhung bei der notariellen Unterwerfungserklärung. Ihr stünde daher keinerlei wirksame Möglichkeit zu, etwaige neue Verstöße zu verfolgen und zu ahnden. Es gebe keinen überzeugenden Grund, warum diese zeitliche Lücke zu Lasten des Gläubigers gehen solle. Dem Schuldner stünde generell die genrelle Möglichkeit iner strafbewehrten Unterlassungserklärung zu.
Insbesondere sei es in solchen Konstellationen nicht erforderlich, ob konkrete Anhaltspunkte dafür bestünden, dass der Schuldner den Zeitraum bis zur Zustellung des Androhungsbeschlusses für weitere Wettbewerbsverstöße nutzen werde.
Der Kläger, ein Journalist aus Hagen, war seit 2000 für den beklagten Zeitungsverlag aus Essen als Fotograf tätig. Er lieferte auf Aufforderung der Beklagten im Wesentlichen Bildbeiträge aus dem Märkischen Kreis, die die Beklagte in verschiedenen Ausgaben von ihr verlegter Tageszeitungen veröffentlichte. Für diese erhielt er unabhängig von der Größe des veröffentlichten Bildes und der Auflagenstärke der j eweiligen Zeitung ein Netto-Honorar von 10 Euro. Im Jahre 2010 veröffentlichte die Beklagte 1.329 Bildbeiträge des Klägers, 2011 1.277 Bildbeiträge und 2012 891 Bildbeiträge. Im Rechtsstreit hat der Kläger von der Beklagten eine Nachvergütung für diese Bildbeiträge gemäß § 32 UrhG verlangt und diese nach den Gemeinsamen Vergütungsregeln zu Bildhonoraren für freie hauptberufliche Journalisten und Journalistinnen abzüglich der gezahlten Beträge berechnet. Die Gemeinsamen Vergütungsregeln bemessen die Bildhonorare nach der Größe des Bildes und der Auflagenstärke der Zeitung, wobei die Netto-Honorare für Erstdruckrechte zwischen 19,50 Euro (kleiner als einspaltige Fotos in einer Auflage bis 10.000) und 75,50 Euro (vierspaltige Fotos und größer in einer Auflage über 200.000) liegen. Die Vergütungsklage war erfolgreich. Der 4. Zivilsenat des Oberla ndesgerichts Hamm hat dem Kläger gemäß § 32 UrhG eine Nachvergütung von insgesamt ca. 79.000 Euro zugesprochen. Der Kläger sei, so der Senat, Urheber der gelieferten Fotobeiträge, die Beklagte sein Vertragspartner. Ein vorrangiger Tarifvertrag stehe dem Anspruch nicht entgegen. Bis 2012 sei der Kläger kein Mitglied des Deutschen Journalisten-Verbandes gewesen. Für die vom Kläger in den Jahren 2010 bis 2012 gelieferten Fotobeiträge habe die Beklagte mit netto 10 Euro pro Beitrag kein angemessenes Honorar gezahlt. Insoweit sei der Vertrag der Parteien anzupassen, wobei der Kläger unmittelbar auf Zahlung der angemessenen Vergütung klagen könne. Die Gemeinsamen Vergütungsregeln zu Bildhonoraren für freie hauptberufliche Journalisten und Journalisti n-nen seien zwar erst im Jahre 2013 in Kraft getreten. Dennoch könnten sie als Vergleichsmaßstab einer angemessenen Vergütung herangezogen werden. Dabei seien im vorliegenden Fall die für das Einräumen eines Erstdruckrechts vorgesehenen Tarife maßgeblich. Denn die Beklagte habe dem Kläger die Aufträge ersichtlich in Erwartung einer ihr einzuräumenden Priorität der Veröffentlichung erteilt. Letztlich könnten sogar die tarifvertraglichen Vergütungsregeln als Orientierungshilfe dienen. Danach sei die vom Kläger verlangte Vergütung selbst dann angemessen, wenn ein Erstdruckrecht nicht vereinbart worden sei. Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 11.02.2016 (4 U 40/15), nicht rechtskräftig (BGH I ZR 85/16)
Quelle: Pressemitteilung des OLG Hamm v. 13.05.2016
Die Parteien stritten um die Sterne-Klassifizierung für die Unterkünfte auf der Online-Plattform Hotel.de. Die Bewertung erfolgte durch Hotel.de selbst und nicht durch einen unabhängigen Dritten. Dies stuften die Nürnberger Richter als irreführend ein. Die vorgenommene Sterne-Klassifizierung erwecke beim Verbraucher den Eindruck, es handle sich um die Einstufung durch eine neutrale Stelle. Der Betrachter gehe davon aus, dass die Bewertung anhand objektiver Merkmale bestimmt werde und dass dies durch eine neutrale, unabhängige Stelle überprüft und gewährleistet werde. Dies sei hier nicht der Fall, denn die Klassifizierung erfolge durch Hotel.de. Hotel.de sei jedoch nicht unabhängig, denn es bestünden mit den jeweiligen Hotels entsprechende vertragliche Beziehungen.
Die Irreführung wurde auch nicht dadurch vermieden, dass ein aufklärender Hinweis über Art und Umfang der Klassifizierung erfolgt sei. Denn dieser Hinweis sei lediglich durch eine Mouseover-Funktion erfolgt. Dies genüge jedoch nicht, denn hierbei handle es sich lediglich um einen optional angezeigten Text.
Zum Sachverhalt: Dieses Merkmal ist im Gegensatz zu den anderen Kriterien in der Suchmaske bereits mit einem Häkchen versehen. Der "Ehrenkodex" wurde im Jahre 2014 in einer Kammerversammlung der Beklagten beschlossen und soll den Kern des freiberuflichen, zahnärztlichen Berufsverständnisses gegenüber Patienten, Mitarbeitern, Kollegen und Geschäftspartnern verkörpern. Gegen die Verwendung des Merkmals "Ehrenkodex" wendet sich der Kläger, der den "Ehrenkodex" selbst nicht unterzeichnet hatte. Das Landgericht Kiel hat die Beklagte in erster Instanz verurteilt, die Verwendung des Suchkriteriums "Ehrenkodex" zu unterlassen. Das hat der 6. Zivilsenat des Oberlandesgerichts nun bestätigt.
Aus den Gründen: Dieser Eindruck ist irreführend und stimmt mit den wirklichen Verhältnissen nicht überein. Bei allen Bestandteilen des "Ehrenkodex", die die zahnärztliche Behandlungstätigkeit selbst betreffen, handelt es sich nämlich um medizin- und standesrechtliche Selbstverständlichkeiten, mit denen aus Rechtsgründen isoliert gar nicht geworben werden darf. Der durchschnittliche Verbraucher kann das jedoch nicht erkennen. Die irreführende Wirkung entfällt auch nicht dadurch, dass der Verbraucher das vorbelegte Häkchen bei dem Merkmal "Ehrenkodex" entfernen und sich an anderer Stelle des Internetauftritts über den Inhalt des "Ehrenkodex" informieren kann. Der Verbraucher vertraut nämlich vielmehr darauf, dass die Beklagte die "Praxissuche" im Sinne der Verbraucher objektiv und sachgerecht gestaltet hat. Die irreführende Verwendung des Merkmals "Ehrenkodex" ist deshalb geeignet, den Verbraucher zum Abschluss eines Behandlungsvertrages nur mit denjenigen Zahnärztinnen oder Zahnärzten zu veranlassen, die den "Ehrenkodex" unterzeichnet haben, was der Verbraucher anderenfalls nicht getan hätte. (Schleswig-Holsteinisches Oberlandesgericht, Urteil vom 12. Mai 2016, Az. 6 U 22/15)
Quelle: Pressemitteilung des OLG Schleswig v. 19.05.2016
Das Amtsgericht Reutlingen hatte gegen den Betroffenen wegen einer fahrlässigen Ordnungswidrigkeit des Missachtens des Rotlichts einer Ampel eine Geldbuße von 200 Euro und ein Fahrverbot von einem Monat verhängt. Den Tatnachweis konnte das Amtsgericht allein aufgrund eines Videos führen, das ein anderer Verkehrsteilnehmer zunächst anlasslos mit einer „Dashcam“ aufgenommen hatte. Das Oberlandesgericht hat dieses Urteil bestätigt und die Rechtsbeschwerde des Betroffenen verworfen. Dabei hat der Senat offen gelassen, ob bzw. unter welchen Umständen die Nutzung einer „Dashcam“ durch einen Verkehrsteilnehmer gegen § 6b des Bundesdatenschutzgesetzes (BDSG) verstößt, der die Beobachtung öffentlich zugänglicher Räume mit optisch-elektronischen Einrichtungen nur in engen Grenzen zulässt. Denn jedenfalls enthalte § 6b Abs. 3 Satz 2 BDSG kein Beweisverwertungsverbot für das Straf- und Bußgeldverfahren. Somit folge aus einem (möglichen) Verstoß gegen diese Vorschrift nicht zwingend eine Unverwertbarkeit der Videoaufnahme. Über die Verwertbarkeit sei vielmehr im Einzelfall unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. Dass das Amtsgericht im vorliegenden Fall kein Beweisverwertungsverbot angenommen habe, sei aus Rechtsgründen nicht zu beanstanden. Zwar griffen Videoaufnahmen von Verkehrsvorgängen in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG ein. Die Intensität und Reichweite des Eingriffs sei im konkreten Fall jedoch gering. Insbesondere betreffe ein Video, das lediglich Verkehrsvorgänge dokumentiere und mittelbar die Identifizierung des Betroffenen über das Kennzeichen seines Fahrzeugs ermögliche, nicht den Kernbereich seiner privaten Lebensgestaltung oder seine engere Privat- oder gar Intimsphäre. Im Rahmen der Abwägung seien zudem die hohe Bedeutung der Verfolgung schwerer Verkehrsverstöße für die Sicherheit des Straßenverkehrs und das Gewicht des Verstoßes im Einzelfall zu berücksichtigen. Der Senat hob zugleich hervor, dass die Bußgeldbehörden ihrerseits bereits bei Verfahrenseinleitung die Verwertbarkeit derartiger Aufnahmen zu prüfen und u. a. die Schwere des Eingriffs gegen die Bedeutung und das Gewicht der angezeigten Ordnungswidrigkeit abzuwägen hätten. Aufgrund des Opportunitätsgrundsatzes (vgl. § 47 OWiG) stehe es den Bußgeldbehörden frei, ein ausschließlich auf der Ermittlungstätigkeit von Privaten mittels „Dashcam“ beruhendes Verfahren nicht weiter zu verfolgen. Rechtsfragen, die sich beim Einsatz von „Dashcams“ stellen, sind seit einiger Zeit in der – auch zivil- und verwaltungsrechtlichen – Rechtsprechung und Literatur stark umstritten und werden uneinheitlich beantwortet. Auch der 54. Deutsche Verkehrsgerichtstag hatte sich im Januar 2016 mit dieser Thematik befasst. Soweit ersichtlich handelt es sich um die erste obergerichtliche Entscheidung zu dieser Fragestellung. Gegen den Beschluss ist kein weiteres Rechtmittel statthaft.
Aktenzeichen: Relevante Normen: § 47 Ordnungswidrigkeitengesetz (OWiG):
Quelle: Pressemitteilung des OLG Stuttgart v. 18.05.2016
Der Kläger war gewerblicher Kunde bei einem Hosting-Reseller. Dieser Reseller wiederum war Kunde bei unserer Mandantin, einem Webhosting-Unternehmen. Als es zu einem Schaden kam, verlangte der Kläger nun direkt von unserer Mandantin Ersatz des Verlustes. Zur Begründung berief er sich dabei auf den Umstand, dass der zwischen dem Reseller und unserer Mandantin geschlossene Vertrag eine Schutzwirkung zugunsten Dritter habe. Zudem handle es sich um den typischen Fall der sogenannten Drittschadensliquidation, so die Rechtsansicht der Klägers. Darüber hinaus hatte sich der Kläger vom Reseller dessen (vermeintliche) Forderung abtreten lassen. Das LG Hamburg wies die Klage ab. Bei einem Reseller-Vertrag handle es sich um keinen Vertrag mit Schutzwirkung zugunsten Dritter, denn es fehle an dem Merkmal der Schutzbedürftigkeit des Dritten, so die Hamburger Richter. Der Dritte (hier: der Kläger) habe gegen seinen Vertragspartner (hier: der Reseller) entsprechende Regressmöglichkeiten und sei somit in ausreichendem Maße abgesichert. Auch die Grundsätze der Drittschadensliquidation seien auf diese Fälle nicht anwendbar, da es an der erforderlichen Schadensverlagerung fehle. Zum einen entstünde dem Reseller selbst ein Schaden, da er in der Regel noch weitere Kunden betreue. Zum anderen handle es sich um keine zufällige Schadensverlagerung. Die Ansprüche aus der abgetretenen Forderung wies das Gericht ebenfalls ab, denn den Reseller treffe ein entsprechendes Mitverschulden. Vertraglich war eindeutig geregelt, dass den Reseller die Verpflichtung zur Erstellung von Backups traf. Aber selbst wenn es eine solche explizite Regelung nicht gegeben hätte, ergebe sich aus dem Webhosting-Vertrag eine entsprechende vertragliche Nebenverpflichtung.
Da der Reseller hiergegen verstoßen habe, treffe ihn ein Mitverschulden, so dass ein Anspruch auf Schadensersatz ausgeschlossen sei. Da dem Reseller somit kein Anspruch zustünde, habe der Kläger im vorliegenden Fall ebenfalls keine Forderung.
Gegenstand des Antrags sind die als Gedicht unter dem Titel „Schmähkritik“ dargebotenen Äußerungen Böhmermanns aus der Sendung "Neo Magazin Royale" vom 31. März 2016. Mit seiner Entscheidung hat das Gericht dem Antrag teilweise stattgegeben und Böhmermann die Äußerung bestimmter Passagen des Gedichts untersagt, die Erdogan angesichts ihres schmähenden und ehrverletzenden Inhalts nicht hinnehmen muss. Diese Textpassagen sind im Anhang zu dieser Mitteilung in kursiv-roter Schrift gekennzeichnet und eingerückt. Hinsichtlich der übrigen Teile des Gedichts (im Anhang in Normalschrift abgedruckt) hat das Gericht den Antrag Erdogans zurückgewiesen. Der Entscheidung liegt eine Abwägung zwischen der Kunst- und Meinungsfreiheit einerseits und dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht des Antragstellers zugrunde. Als Satire vermittle das angegriffene Gedicht ein Zerrbild von der Wirklichkeit, mit der sich der Antragsgegner mithilfe des Gedichts auseinandersetze. Bei dieser Kunstform, der Übertreibungen und Verzerrungen wesenseigen seien, müsse für die rechtliche Beurteilung zwischen dem Aussagegehalt und dem vom Verfasser gewählten satirischen Gewand, der Einkleidung, unterschieden werden. Zudem seien die konkrete Präsentation und der Zusammenhang zu berücksichtigen, in den das Gedicht gestellt worden sei. In Form von Satire geäußerte Kritik am Verhalten Dritter finde ihre Grenze, wo es sich um eine reine Schmähung oder eine Formalbeleidigung handele bzw. die Menschenwürde angetastet werde. Diese Grenze sei nach Auffassung der Kammer durch bestimmte Passagen des Gedichts überschritten worden, die schmähend und ehrverletzend seien. Zwar gelte für die Einkleidung eines satirischen Beitrages ein großzügiger Maßstab, dieser berechtige aber nicht zur völligen Missachtung der Rechte des Antragstellers. Durch das Aufgreifen rassistisch einzuordnender Vorurteile und einer religiösen Verunglimpfung sowie angesichts der sexuellen Bezüge des Gedichts überschritten die fraglichen Zeilen das vom Antragsteller hinzunehmende Maß. Die übrigen Teile setzten sich dagegen in zulässiger Weise satirisch mit aktuellen Vorgängen in der Türkei auseinander. Der Antragsgegner trage als Staatsoberhaupt politische Verantwortung und müsse sich aufgrund seines öffentlichen Wirkens selbst harsche Kritik an seiner Politik gefallen lassen. Hinzunehmen sei auch, dass der Antragsgegner sich in satirischer Form über den Umgang des Antragstellers mit der Meinungsfreiheit lustig mache. Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg ist nicht rechtskräftig. Der Antragsgegner kann gegen die Unterlassungsverfügung Widerspruch einlegen, über den mündlich zu verhandeln wäre. Der Antragsteller kann gegen die teilweise Zurückweisung seines Antrages sofortige Beschwerde einlegen, über die das Hanseatische Oberlandesgericht zu entscheiden hätte. Az.: 324 O 255/16 Quelle: Pressemitteilung des LG Hamburg v. 17.05.2016
Das Gericht hat einen Verstoß der Magdeburger Firma gegen das Markengesetz darin gesehen, dass das beworbene Bier überhaupt nicht in Magdeburg, sondern in Franken gebraut wird. Hierdurch wird der Verbraucher getäuscht, weil er bei Bezeichnungen wie "Wieder da! Ein Spitzenpilsner aus dem Sudenburger Brauhaus. Eine Magdeburger Biertradition wird fortgeführt", davon ausgeht, dass das Bier in Magdeburg gebraut wird. Für den Fall das die Magdeburger Firma, die auch im Internet werbend auftritt, gegen das Urteil verstößt muss, sie mit der Verhängung von Ordnungsgeld bis zu 250.000 € bzw. der Anordnung von Ordnungshaft gegen die Verantwortlichen bis zur Dauer von 6 Monaten rechnen. Kläger ist eine Zentrale zur Bekämpfung des unlauteren Wettbewerbs. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Beklagte kann hiergegen mit der Berufung das Oberlandesgericht Naumburg anrufen. 36. Kammer für Handelssachen 36 O 103/15
Quelle: Pressemitteilung des LG Magdeburg v. 17.05.2016
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