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Newsletter vom 26.01.2022 |
Betreff: Rechts-Newsletter 4. KW / 2022: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. EuG: Telekom hat Schadensersatzanspruch iHv. 1,8 Mio. EUR nach Aufhebung einer Geldbuße _____________________________________________________________ Das Gericht spricht der Deutschen Telekom eine Entschädigung in Höhe von ca. 1,8 Mio. Euro zu, um den Schaden auszugleichen, der ihr durch die Weigerung der Europäischen Kommission entstanden ist, ihr Verzugszinsen auf den Betrag der Geldbuße zu zahlen, den sie im Zusammenhang mit einer Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln rechtsgrundlos gezahlt hatte Mit Beschluss vom 15. Oktober 20141 verhängte die Europäische Kommission gegen die Deutsche Telekom AG eine Geldbuße in Höhe von 31.070.000 Euro wegen eines gegen Art. 102 AEUV und Art. 54 des EWR-Abkommens verstoßenden Missbrauchs einer beherrschenden Stellung auf dem slowakischen Markt für Breitbandtelekommunikationsdienste. Die Deutsche Telekom erhob eine Nichtigkeitsklage gegen diesen Beschluss, zahlte aber am 16. Januar 2015 die Geldbuße. Mit Urteil vom 13. Dezember 2018 gab das Gericht der Klage der Deutschen Telekom teilweise statt und setzte die Geldbuße in Ausübung seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung um 12 039 019 Euro herab. Am 19. Februar 2019 erstattete die Kommission der Deutschen Telekom diesen Betrag. Mit Schreiben vom 28. Juni 2019 (im Folgenden: angefochtener Beschluss) lehnte es die Kommission hingegen ab, der Deutschen Telekom für den Zeitraum von der Zahlung der Geldbuße bis zur Rückzahlung des für rechtsgrundlos befundenen Teils der Geldbuße (im Folgenden: fraglicher Zeitraum) Verzugszinsen zu zahlen. Daher erhob die Deutsche Telekom beim Gericht Klage auf Nichtigerklärung des angefochtenen Beschlusses sowie auf Verurteilung der Kommission zur Zahlung einer Entschädigung für den entgangenen Gewinn infolge der Vorenthaltung der Nutzung des Hauptbetrags des rechtsgrundlos gezahlten Teils der Geldbuße im fraglichen Zeitraum oder, hilfsweise, auf Ersatz des Schadens, der ihr durch die Weigerung der Kommission, Verzugszinsen auf diesen Betrag zu zahlen, entstanden sei. Mit ihrem Urteil gibt die Siebte erweiterte Kammer des Gerichts der Nichtigkeits- und Schadensersatzklage der Deutschen Telekom teilweise statt. Hierbei äußert sie sich zu der Frage, inwieweit die Kommission verpflichtet ist, Verzugszinsen auf den Teil der Geldbuße zahlen, der dem betroffenen Unternehmen im Anschluss an ein unionsgerichtliches Urteil zu erstatten ist.
Würdigung durch das Gericht
Insoweit weist das Gericht darauf hin, dass die außervertragliche Haftung der Union davon abhängt, dass mehrere kumulative Voraussetzungen erfüllt sind, nämlich ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen eine Rechtsnorm, die dem Einzelnen Rechte verleiht (1), das tatsächliche Bestehen des Schadens (2) sowie ein Kausalzusammenhang zwischen dem Verstoß und dem entstandenen Schaden (3), wofür der Kläger beweispflichtig ist. Im vorliegenden Fall hat die Deutsche Telekom aber keine schlüssigen Beweise dafür vorgelegt, dass der geltend gemachte Schaden tatsächlich und sicher eingetreten ist. Insbesondere hat sie weder nachgewiesen, dass sie den rechtsgrundlos gezahlten Betrag der Geldbuße zwangsläufig in ihre Tätigkeiten investiert hätte, noch, dass die Vorenthaltung der Nutzung dieses Betrags sie dazu veranlasst hat, auf bestimmte konkrete Projekte zu verzichten. In diesem Zusammenhang hat die Deutsche Telekom auch nicht dargetan, dass sie nicht über die erforderlichen Mittel verfügte, um eine Investitionsmöglichkeit zu nutzen. Als Zweites befasst sich das Gericht mit dem von der Deutschen Telekom hilfsweise gestellten Schadensersatzantrag wegen Verstoßes gegen Art. 266 AEUV, dessen Abs. 1 vorsieht, dass die Organe, deren Handeln durch ein unionsgerichtliches Urteil für nichtig erklärt wird, alle sich aus diesem Urteil ergebenden Maßnahmen zu ergreifen haben. Das Gericht stellt zum einen fest, dass Art. 266 Abs. 1 AEUV dadurch, dass er den Organen die Verpflichtung auferlegt, alle sich aus unionsgerichtlichen Urteilen ergebenden Maßnahmen zu ergreifen, dem vor dem Unionsgericht erfolgreichen Einzelnen Rechte verleiht. Zum anderen weist das Gericht darauf hin, dass Verzugszinsen einen unerlässlichen Bestandteil der den Organen nach dieser Bestimmung obliegenden Verpflichtung zur Wiederherstellung des vorherigen Standes darstellen. Im Fall der Nichtigerklärung und Herabsetzung einer gegen ein Unternehmen wegen Zuwiderhandlung gegen die Wettbewerbsregeln verhängten Geldbuße ergibt sich folglich aus dieser Bestimmung eine Verpflichtung der Kommission, den rechtsgrundlos gezahlten Betrag der Geldbuße zuzüglich Verzugszinsen zu erstatten. Da zum einen das anwendbare Haushaltsrecht eine Erstattungsforderung zugunsten des Unternehmens vorsieht, das eine später aufgehobene und herabgesetzte Geldbuße vorläufig gezahlt hat, und zum anderen die Aufhebung und Herabsetzung der Geldbuße durch den Unionsrichter rückwirkend gilt, bestand die Forderung der Deutschen Telekom und war hinsichtlich ihres Höchstbetrags bestimmt, als die Geldbuße vorläufig gezahlt wurde. Die Kommission war daher nach Art. 266 Abs. 1 AEUV verpflichtet, Verzugszinsen auf den vom Gericht für rechtsgrundlos befundenen Teil der Geldbuße zu zahlen, und zwar für den gesamten fraglichen Zeitraum. Sinn dieser Verpflichtung ist, die mit einer objektiven Verspätung zusammenhängende Vorenthaltung eines zu zahlenden Geldbetrags pauschal auszugleichen und die Kommission dazu zu veranlassen, beim Erlass eines Beschlusses, der zur Zahlung einer Geldbuße verpflichtet, besondere Vorsicht walten zu lassen. Entgegen dem Vorbringen der Kommission steht die Verpflichtung zur Zahlung von Verzugszinsen nicht im Widerspruch zur Abschreckungsfunktion von Geldbußen in Wettbewerbssachen, da der Unionsrichter diese Abschreckungsfunktion notwendigerweise berücksichtigt, wenn er von seiner Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung Gebrauch macht, um die Höhe einer Geldbuße rückwirkend herabzusetzen. Im Übrigen muss die Abschreckungsfunktion von Geldbußen mit dem in Art. 47 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union verankerten Grundsatz des effektiven gerichtlichen Rechtsschutzes in Einklang gebracht werden, dessen Beachtung durch die Rechtmäßigkeitskontrolle nach Art. 263 AEUV gewährleistet wird, ergänzt um die Befugnis zu unbeschränkter Nachprüfung hinsichtlich der Höhe der Geldbuße. Das Gericht weist auch die weiteren Argumente der Kommission zurück. Urteil in der Rechtssache T-610/19 Deutsche Telekom / Kommission
Quelle: Pressemitteilung des EuG v. 19.02.2022
Die Klägerin beabsichtigte, sich an einer privaten, staatlich anerkannten Universität um einen Studienplatz im Fach Humanmedizin zu bewerben. Nach der Studienordnung ist ua. die Ableistung eines sechsmonatigen Krankenpflegedienstes Zugangsvoraussetzung für den Studiengang. Vor diesem Hintergrund absolvierte die Klägerin bei der Beklagten, die ein Krankenhaus betreibt, in der Zeit vom 20. Mai bis zum 29. November 2019 ein Praktikum auf einer Krankenpflegestation. Die Zahlung einer Vergütung wurde nicht vereinbart. Mit ihrer Klage hat die Klägerin unter Berufung auf das Mindestlohngesetz (MiLoG) Vergütung in Höhe von insgesamt 10.269,85 Euro brutto verlangt. Sie hat geltend gemacht, sie habe im Rahmen einer Fünftagewoche täglich 7,45 Stunden Arbeit geleistet. Ein Vorpraktikum vor Aufnahme eines Studiums sei kein Pflichtpraktikum im Sinne des MiLoG, daher greife die gesetzliche Ausnahme von der Vergütungspflicht nicht ein. Das Landesarbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die hiergegen gerichtete Revision der Klägerin hatte keinen Erfolg. Das Berufungsgericht hat im Ergebnis zutreffend angenommen, dass die Beklagte nicht zur Zahlung des gesetzlichen Mindestlohns nach § 1 iVm. § 22 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 1 MiLoG* verpflichtet ist. Die Klägerin unterfällt nicht dem persönlichen Anwendungsbereich des Gesetzes. Der Ausschluss von Ansprüchen auf den gesetzlichen Mindestlohn nach § 22 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 MiLoG* erfasst nach dem in der Gesetzesbegründung deutlich zum Ausdruck kommenden Willen des Gesetzgebers nicht nur obligatorische Praktika während des Studiums, sondern auch solche, die in Studienordnungen als Voraussetzung zur Aufnahme eines bestimmten Studiums verpflichtend vorgeschrieben sind. Dem steht nicht entgegen, dass die Studienordnung von einer privaten Universität erlassen wurde, denn diese Universität ist staatlich anerkannt. Hierdurch ist die von der Hochschule erlassene Zugangsvoraussetzung im Ergebnis einer öffentlich-rechtlichen Regelung gleichgestellt und damit gewährleistet, dass durch das Praktikumserfordernis in der Studienordnung nicht der grundsätzlich bestehende Anspruch auf den gesetzlichen Mindestlohn für Praktikanten sachwidrig umgangen wird.
Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 19. Januar 2022 – 5 AZR 217/21 –
Quelle: Pressemitteilung des BAG v. 19.01.2021
Der Kläger beantragte die Überlassung eines städtischen Veranstaltungssaales um dort eine Podiumsdiskussion zum Thema "Wie sehr schränkt München die Meinungsfreiheit ein? - Der Stadtratsbeschluss vom 13. Dezember 2017 und seine Folgen" durchzuführen. Nach diesem Beschluss dürfen für Veranstaltungen, die sich mit den Inhalten, Themen und Zielen der sogenannten BDS-Kampagne ("Boycott, Divestment and Sanctions") befassen, diese unterstützen, diese verfolgen oder für diese werben, keine städtischen Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt werden. Der Begründung zufolge sollen städtische Räume nicht für eine Unterstützung der Kampagne genutzt werden; schon die Befassung mit ihr wird ausgeschlossen um Umgehungen zu verhindern. Der Antrag des Klägers wurde unter Bezugnahme hierauf abgelehnt. Seine daraufhin erhobene Klage hat das Verwaltungsgericht abgewiesen. Der Verwaltungsgerichtshof hat das erstinstanzliche Urteil geändert und die Beklagte verpflichtet, dem Antrag des Klägers zu entsprechen. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Der kommunalrechtliche Anspruch der Gemeindeangehörigen, die öffentlichen Einrichtungen der Gemeinde zu benutzen, besteht nur im Rahmen der von der Gemeinde für die jeweilige öffentliche Einrichtung festgelegten Widmung. Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts schloss die Widmung des Saals kommunalpolitische Diskussionsveranstaltungen ein. Den Stadtratsbeschluss der Beklagten hat das Berufungsgericht revisionsrechtlich fehlerfrei als nachträgliche Beschränkung des Widmungsumfangs eingeordnet. Diese ist rechtswidrig und unwirksam, weil sie das Grundrecht der Meinungsfreiheit (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) verletzt. Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG gewährleistet jedermann das Recht, seine Meinung frei zu äußern und zu verbreiten. Der Stadtratsbeschluss greift in den Schutzbereich der Meinungsfreiheit ein, weil er eine nachteilige Rechtsfolge - den Ausschluss von der Benutzung öffentlicher Einrichtungen - an die zu erwartende Kundgabe von Meinungen zur BDS-Kampagne oder zu deren Inhalten, Zielen und Themen knüpft. Die darin liegende Beschränkung der Meinungsfreiheit ist verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt. Das Grundrecht der Meinungsfreiheit unterliegt den Grenzen der allgemeinen Gesetze (Art. 5 Abs. 2 GG). Der Stadtratsbeschluss ist schon kein Rechtssatz. Er trifft auch keine in diesem Sinne allgemeine Regelung. Der Beschluss ist nicht meinungsneutral. Er ist auch nicht mit dem Schutz von Rechtsgütern zu rechtfertigen, die schlechthin ohne Rücksicht auf eine bestimmte Meinung zu schützen sind. Das ist der Fall, wenn Meinungsäußerungen die geistige Sphäre des Für-richtig-Haltens verlassen und in Rechtsgutverletzungen oder erkennbar in Gefährdungslagen umschlagen, weil sie die Friedlichkeit der öffentlichen Auseinandersetzung gefährden und so den Übergang zu Aggression und Rechtsbruch markieren. Nach den Tatsachenfeststellungen des Berufungsurteils ist dies bei der vom Kläger geplanten Veranstaltung nicht zu erwarten. BVerwG 8 C 35.20 - Urteil vom 20. Januar 2022
Vorinstanzen:
Quelle: Pressemitteilung des BVerwG v. 20.01.2022
Der Kläger war ein Energieversorger, die Beklagte der Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB). Auf ihrer Webseite hatte sie einen Artikel "Service: Tipps zum Stromanbieter-Wechsel" veröffentlicht und dort auch einen Link auf die Webseite eines privaten Online-Stromvergleichsrechners verlinkt. Der Betreiber dieser verlinkten Webseite finanzierte sich durch entsprechende Affiliate-Links. Der Kläger sah darin eine Schleichwerbung, da der Werbecharakter des RBB-Artikels nicht hinreichend deutlich werde.
Das OLG Karlsruhe folgte dieser Ansicht nicht und wies die Klage ab:
"Für die Annahme, dass die Absatzförderung im Vordergrund steht und nicht lediglich eine Information der angesprochenen Verkehrskreise erfolgt, kann eine übermäßig werbende Darstellung, die besondere Erwähnung bestimmter Unternehmen oder das Fehlen eines publizistischen Ansatzes sprechen, wobei eine Würdigung aller Umstände im Einzelfall zu erfolgen hat (...). Und weiter: "Nach diesen Grundsätzen liegt keine geschäftliche Handlung, sondern eine redaktionelle Berichterstattung vor. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 5. LG Cottbus: Skonti auf verschreibungspflichtige Arzneimittel wettbewerbswidrig _____________________________________________________________ Die Gewährung von Skonti auf verschreibungspflichtige Arzneimittel ist wettbewerbswidrig, wenn damit die gesetzlich vorgeschriebenen Festpreise unterlaufen werden (LG Cottbus, Urt. v. 07.10.2021 - Az.: 11 O 3/20). Die Beklagte, ein Importeur von Originalarzneimitteln und Generika, warb gegenüber Apotheken mit der Ankündigung und Gewährung von Preisnachlässen auf verschreibungspflichtigen Fertigarzneimittel. Dies stufte das LG Cottbus als Wettbewerbsverstoß ein, da damit die gesetzlich vorgeschriebenen Festpreise unterlaufen würden: "Schon die Gewährung des Rabattes von 3,04 % stellt einen Verstoß gegen diese Preisregelung dar. Durch die Gewährung eines solchen Rabattes auf den für das Medikament ausgewiesenen Apothekeneinkaufspreis von 48,66 € fällt der Nettopreis auf 47,18 € und damit unter den zwingend nach § 2 Abs. 1 S. 1 AMPreisV zu erhebenden Preis von 47,20 €, der sich aus dem Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers in Höhe von 46,50 € und dem Festzuschlag in Höhe von 0,70 € zusammensetzt. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 6. LG Frankfurt a.M.: Sportverein darf Mitglieder über Trainervergütung informieren = kein DSGVO-Verstoß _____________________________________________________________ Zur Vorbereitung einer Mitgliederversammlung darf ein Sportverein seine Mitglieder über die einzelne Vergütung seiner Trainer informieren. Es handelt sich dabei um keinen DSGVO-Verstoß (LG Frankfurt a.M., Urt. v. 01.11.2021 - Az.: 2-01 S 191/20). Der verklagte Sportverein hatte zur Vorbereitung der Mitgliederversammlung die Budgetplanung vorgelegt. Daraus ließ sich auch die Vergütung des klägerischen Trainers ableiten. Er machte einen DSGVO-Verstoß geltend und verlangte Schadensersatz.
Zu Unrecht, so das LG Frankfurt a.M., denn es bestünde ein berechtigtes Interesse für die Übersendung an die einzelnen Mitglieder:
"Der Beklagte wollte mit der Versendung des Budgetplans nämlich eine Informationsgrundlage für eine anstehende Mitgliederversammlung des Vereins schaffen. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 7. LG Frankenthal: Rechtsmissbräuchliche Geltendmachung eines DSGVO-Auskunftsanspruchs _____________________________________________________________ Wird ein datenschutzrechtlicher Auskunftsanspruch mit dem Ziel geltend gemacht, sich gegen eine Klage des Auskunftspflichtigen fundierter verteidigen zu können, so ist dieses Begehren rechtsmissbräuchlich (LG Frankenthal, Urt. v. 12.01.2021 - Az.: 1 HK O 4/19). Die klägerische Aktiengesellschaft machte vor Gericht gegen ein ehemaliges Vorstandsmitglied einen Schadensersatzanspruch geltend. Der Beklagte erhob daraufhin Widerklage und machte einen DSGVO-Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO geltend.
Dies stufte das LG Frankenthal als rechtsmissbräuchlich und somit unzulässig ein:
"Wenn der Beklagte gleichwohl Auskunft über Einzelheiten dieser Korrespondenz und Herausgabe der entsprechenden E-Mails, ggfls. in geschwärzter Form, verlangt, dann geht es ihm aus Sicht des Gerichts ersichtlich nicht um die Überprüfung der – ihm bekannten - Datenverarbeitung der Klägerin, sondern um die Erlangung etwaiger Informationen, die er zu seiner Verteidigung gegen die Haftungsklage benötigen könnte, wobei dem Beklagten offenbar nicht bewusst ist, um welche Informationen es sich dabei handelt, denn ansonsten könnte er sein Auskunftsverlangens in diesem Punkt konkretisieren, was von der Klägerin zu Recht verlangt wird. Und weiter: "Aus Sicht des Gerichts ist die Vorgehensweise des Beklagten auch deshalb rechtsmissbräuchlich, weil sie letztendlich auf eine zeitliche Verzögerung des Haftungsprozesses auf eine unbestimmte Zeit hinausläuft. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 8. LG Frankfurt a.M.: Wirecard-Anleger haben keinen Schadensersatzanspruch gegen BaFin _____________________________________________________________ Die für Amtshaftungen zuständige 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main hat heute in vier Verfahren über Klagen von Anlegern der Wirecard-Aktien gegen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) verhandelt und die Klagen abgewiesen. Die Kläger hatten sich vor dem sog. Wirecard-Skandal als Aktionäre an der Wirecard-AG beteiligt. Infolge der Insolvenz des Unternehmens im Juni 2020 erlitten sie erhebliche Verluste. Die Kläger haben nun von der BaFin Schadensersatz in unterschiedlicher Höhe von rund dreitausend Euro bis rund sechzigtausend Euro verlangt. Sie sind der Meinung, die beklagte BaFin habe die Marktmanipulationen von Wirecard nicht verhindert und die Öffentlichkeit nicht ausreichend informiert. Hinweisen auf Gesetzesverstöße der Wirecard AG sei die Behörde nicht ausreichend nachgegangen. Die Richter der Amtshaftungskammer des Landgerichts haben in der heutigen Verhandlung ausgeführt, dass Schadensersatzsprüche von Anlegern gegen die BaFin im Wirecard-Skandal nicht bestehen. Nach den ausdrücklichen gesetzlichen Vorschriften nehme die BaFin ihre Aufgaben und Befugnisse ausschließlich im öffentlichen Interesse wahr, nicht aber im Interesse einzelner Anleger. „Eine etwaige Verletzung von Amtspflichten der BaFin kann deswegen nicht zu einer Ersatzpflicht gegenüber einem geschädigten Anleger führen. Es besteht kein sogenannter Drittschutz“, erklärte der Vorsitzende. Die schriftlichen Gründe der heute verkündeten Urteile (zu Az.: 2-04 O 65/21, 2-04 O 531/20, 2-04 O 561/20, 2-04 O 563/20) werden in den nächsten Wochen vorgelegt werden. Mit ihren Urteilen ist die Amtshaftungskammer des Landgerichts Frankfurt am Main einer bereits am 5.11.2021 ergangenen Entscheidung der 8. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main (Az.: 2-08 O 98/21) gefolgt. Die 8. Zivilkammer hatte eine Klage eines Anlegers von Wirecard-Aktien gegen die BaFin ebenfalls abgewiesen. Die Entscheidungen werden in der Landesrechtsprechungsdatenbank (www.lareda.hessen-recht.hessen.de) veröffentlicht werden. Die Urteile sind nicht rechtskräftig. Gegen die Entscheidung der 8. Zivilkammer ist Berufung eingelegt worden. Die Urteile der 4. Zivilkammer können ebenfalls mit der Berufung zum Oberlandesgericht Frankfurt am Main angefochten werden. Die Amtshaftungskammer des Landgerichts Frankfurt am Main hatte ursprünglich vorgesehen, heute über rund weitere 60 Verfahren von Wirecard-Anlegern gegen die BaFin zu verhandeln. Die Kanzlei, welche diese weiteren Anleger vertritt, hat jüngst einen Antrag auf Terminsverlegung gestellt. Ihm wurde nicht stattgegeben. Daraufhin haben diese Anwälte der Anleger einen Befangenheitsantrag gegen die Richter der Kammer gestellt.
Quelle: Pressemitteilung des LG Frankfurt a.M. v. 19.01.2021
Die beiden streitgegenständlichen Hinweise haben folgenden Wortlaut:
„Weißt du wirklich, was du da gerade teilst? Damit du umfassend informiert bist, worum es in diesem Artikel geht, nimm dir bitte die Zeit, ihn erst zu lesen.“ bzw. „Sieh dir genau an, was du teilst, bevor du es teilst. Um zu wissen, was du teilst, ist es immer eine gute Idee, Artikel erst selbst zu lesen.“ Antragstellerin war die A. M. GmbH, die unter www.a....com einen politischen Blog herausgibt und eine Seite auf Facebook unterhält, auf der sie ebenfalls Beiträge publiziert. Sie war der Auffassung, es handele sich um bevormundende und paternalistische Anmaßungen, die bei üblichem Sprachgebrauch Vorbehalte gegenüber dem journalistischen Inhalt formulierten. Darin liege eine Herabsetzung und Behinderung im Wettbewerb der Parteien. Dem ist das Landgericht unter anderem mit der Erwägung entgegengetreten, die Antragstellerin sei nicht gehindert, ihren bzw. den von ihrem Autor verfassten Beitrag auf dem Portal der Antragsgegnerin zu publizieren, kein Nutzer sei gehindert, ihn zu lesen und/oder ihn zu teilen. Eine auf den Inhalt des Beitrags bezogene Stellungnahme durch die Antragsgegnerin oder durch von ihr beauftragte „Faktenprüfer“ liege nicht vor. Es erscheine lebensfremd, dass sich ein Nutzer von einem solchen Hinweis von seinem – bereits durch einen Klick in die Tat umgesetzten – Entschluss, den Beitrag zu teilen, abschrecken lassen würde. Es bedürfe lediglich eines einzigen weiteren Klicks, um den Beitrag tatsächlich (nach Wunsch sogar ungelesen) zu teilen. Bei einer Auslegung der beiden Hinweise in ihrem Kontext handele es sich nicht um ein abträgliches Werturteil, sondern eine neutral gefasste Erinnerung an eigentlich Selbstverständliches, nämlich dass man nur weiterverbreiten sollte, was man selbst inhaltlich zur Kenntnis genommen hat. Dabei hat die Kammer berücksichtigt, dass sich beide Parteien jeweils auf Grundrechte berufen können, so insbesondere die Grundrechte auf freie Meinungsäußerung und auf berufliche Ausübung ihres jeweiligen Geschäftsmodells. Jedoch verbleibe die Grundrechtsbetroffenheit der Antragstellerin unterhalb der Eingriffsschwelle. Die Antragstellerin besitze kein rechtlich oder gar grundrechtlich geschütztes Interesse daran, dass die Antragsgegnerin den Nutzern ein um die Anregung zum Nachdenken bereinigtes Nutzererlebnis eröffne. Daher scheide auch die – von der Antragstellerin nur angedeutete – Annahme aus, dass eine Herabsetzung ihres Angebots in der Ungleichbehandlung gegenüber anderen Seiten bzw. Anbietern auf dem Portal der Antragsgegnerin bestehe. Der Beschluss ist anfechtbar und mithin nicht rechtskräftig. Beschluss vom 20.01.2022 - Az. 13 O 3/22 KfH
Quelle: Pressemitteilung des LG Karlsruhe v. 20.01.2022
Der anrufende Kunde sah sich in seinen Rechten verletzt, weil die Hotline der Bank sämtliche Gespräche aufzeichnete und dauerhaft aufbewahrte. Das Finanzinstitut hingegen berief sich auf seine gesetzlichen Aufbewahrungspflichten.
Die Österreichische Datenschutzbehörde entschied, dass es zu differenzieren gelte, um welche Art von Anrufen es sich handelt:
"Die DSB hat der Beschwerde Folge gegeben. zurück zur Übersicht |