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Newsletter vom 26.09.2007 |
Betreff: Rechts-Newsletter 39. KW / 2007: Kanzlei Dr. Bahr |
Die Klägerin, der Süßwarenhersteller Ferrero, ist Inhaberin mehrerer graphisch gestalteter, teilweise farbiger Marken mit dem Wortbestandteil "Kinder", die u.a. für Schokolade eingetragen sind. Im ersten Prozess hat die Klägerin den Süßwarenhersteller Haribo auf Unterlassung in Anspruch genommen, unter der Marke "Kinder Kram" Zuckerwaren, Back- und Konditorwaren anzubieten. Das Oberlandesgericht Köln hatte in der Verwendung der Bezeichnung "Kinder Kram" keine Verletzung der Markenrechte der Klägerin gesehen, nachdem der Bundesgerichtshof eine anderslautende Entscheidung des OLG Köln im Jahre 2003 in einer ersten Revisionsentscheidung aufgehoben hatte. Der BGH hat nunmehr die Klageabweisung durch das Oberlandesgericht bestätigt. Er hat eine Verletzung der Wort-/Bildmarken "Kinder" der Klägerin durch die angegriffene Marke "Kinder Kram" verneint. Die Klägerin konnte nach Ansicht des Bundesgerichtshofs für die Klagemarken Schutz nur aufgrund ihrer graphischen, teilweise farbigen Gestaltung in Anspruch nehmen. Der in den Marken der Klägerin enthaltende Wortbestandteil "Kinder" verfüge für Schokolade wegen des die Abnehmerkreise beschreibenden Gehalts für sich genommen nicht über markenrechtlichen Schutz. Zwischen den graphisch gestalteten Klagemarken und der angegriffenen Wortmarke "Kinder Kram" fehle die für das beantragte Verbot erforderliche Zeichenähnlichkeit. Mit der zweiten, ebenfalls auf die für die Klägerin eingetragenen "Kinder"-Marken gestützten Klage richtete sich Ferrero gegen einen Hersteller von Molkereiprodukten. Dieser beabsichtigte, ein Milchdessert unter Verwendung der Bezeichnung "Kinderzeit" auf den Markt zu bringen. Die Klägerin hatte beantragt, der Beklagten zu verbieten, die Bezeichnung "Kinderzeit" auf Verpackungen und in der Werbung zu verwenden. Während die Klage in erster Instanz Erfolg hatte, wurde sie vom Oberlandesgericht Hamburg abgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat die Entscheidung des OLG Hamburg bestätigt, weil zwischen den graphisch gestalteten Klagemarken "Kinder" und der Bezeichnung "Kinderzeit" ebenfalls die für ein Verbot erforderliche Zeichenähnlichkeit nicht gegeben sei. Urteil vom 20. September 2007 I ZR 6/05 Quelle: Pressemitteilung Nr. 132/2007 des BGH v. 20.09.2007
Die Beklagte betreibt eine Internetsuchmaschine mit einem eigenen Unternehmensverzeichnis, in das sie Unternehmen kostenlos oder bei einem erweiterten Eintrag gegen Entgelt aufnimmt. Bei der Gestaltung seines Internetauftritts veranlasste ein Unternehmen durch Linksetzung, dass seine Internetseiten über zahlreiche Suchmaschinen, darunter auch die der Beklagten, aufgerufen werden konnten. In der Folgezeit rief ein Mitarbeiter der Beklagten bei dem Geschäftsführer des Unternehmens unaufgefordert wegen des Suchmaschineneintrags an. Dabei verfolgte er jedenfalls auch den Zweck, den Angerufenen zu veranlassen, den bisher kostenlosen Eintrag in der Suchmaschine der Beklagten in einen erweiterten, aber entgeltlichen Eintrag umzuwandeln. Der Kläger, ein Wettbewerber der Beklagten, hat diesen Anruf als unzumutbare Belästigung (§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG) beanstandet. Die Beklagte habe nicht bereits wegen des vorhandenen Suchmaschineneintrags davon ausgehen können, dass das Unternehmen mit dem Anruf einverstanden sei. Die Beklagte hat demgegenüber die Ansicht vertreten, sie sei aufgrund der bestehenden Geschäftsverbindung zu dem Anruf berechtigt gewesen; dieser habe zudem vor allem dazu dienen sollen, die über das Unternehmen gespeicherten Daten zu überprüfen. Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Auf die Berufung des Klägers hat das Berufungsgericht die Beklagte zur Unterlassung verurteilt. Die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Beklagten blieb ohne Erfolg. Der Bundesgerichtshof hat seine Rechtsprechung bekräftigt, dass Werbeanrufe bei Unternehmen wettbewerbswidrig sein können, weil sie zu belästigenden oder sonst unerwünschten Störungen der beruflichen Tätigkeit des Angerufenen führen können. Anders als Anrufe bei Privatpersonen sei ein Werbeanruf im geschäftlichen Bereich allerdings bereits dann zulässig, wenn aufgrund konkreter Umstände ein sachliches Interesse des Anzurufenden daran zu vermuten sei. Dies sei bei dem beanstandeten Anruf jedoch nicht der Fall gewesen. Der kostenlose Eintrag des Unternehmens in ihrer Suchmaschine habe die Beklagte zwar möglicherweise zu der Annahme berechtigt, das Unternehmen sei mit einem Anruf zur Überprüfung der eingespeicherten Daten einverstanden. Eine Telefonwerbung, um zugleich das Angebot einer entgeltlichen Leistung zu unterbreiten, sei aber nach den gegebenen Umständen für den Anzurufenden unzumutbar belästigend gewesen. Die Beklagte habe nicht mit einem besonderen Interesse des Unternehmens rechnen können, gerade im Verzeichnis ihrer - nicht besonders bekannten - Suchmaschine gegen Vergütung mit einem erweiterten Eintrag aufgeführt zu sein. Ein kostenloser Eintrag über das Unternehmen sei in gleicher Weise wie bei der Beklagten bei weiteren 450 Suchmaschinen gespeichert gewesen. Angesichts der großen Zahl gleichartiger Suchmaschinen und der Verbreitung kostenloser Unternehmenseinträge in den Verzeichnissen von Suchmaschinen hätte die Beklagte vor einem Anruf berücksichtigen müssen, dass für einen Gewerbetreibenden die Gefahr bestehe, in seinem Geschäftsbetrieb durch eine Vielzahl ähnlicher Telefonanrufe empfindlich gestört zu werden. Urteil vom 20. September 2007 – I ZR 88/05 - Suchmaschineneintrag. Quelle: Pressemitteilung Nr. 133/2007 des BGH v. 20.09.2007
Die Firma N hatte eine wettbewerbswidrige Anzeige geschaltet und war kurzer Zeit später mit der jetzigen Beklagten verschmolzen, wobei die Beklagte die übernehmende Gesellschaft war. Nun stellte sich die Frage, inwieweit die Beklagte für die Handlungen der Firma N noch in Anspruch genommen werden kann. Dies verneinten die BGH-Richter: "Der Klägerin stehen die geltend gemachten Unterlassungsansprüche (...) schon deshalb nicht zu, weil nicht dargetan ist, dass bei der Beklagten die erforderliche Begehungsgefahr gegeben ist. Selbst wenn die Beklagte im Zuge der Verschmelzung mit der N GmbH deren Geschäftsbetrieb "als lebenden Organismus" übernommen haben sollte, wozu nichts vorgetragen ist, könnte dies allein nicht genügen, um bei einem Wettbewerbsverstoß der N GmbH eine Wiederholungs- oder Erstbegehungsgefahr bei der Beklagten zu begründen (...). Ein - unterstellter - Wettbewerbsverstoß der N GmbH begründete bei dieser eine Wiederholungsgefahr. Als übertragende Gesellschaft ist die N GmbH jedoch aufgrund der Verschmelzung erloschen (...). Auf die Beklagte als ihre Rechtsnachfolgerin konnte eine Wiederholungsgefahr, die durch einen Wettbewerbsverstoß bei der N GmbH entstanden ist, nicht übergehen. Die Wiederholungsgefahr ist ein tatsächlicher Umstand, der nach den Verhältnissen in der Person des in Anspruch Genommenen zu beurteilen ist. Dies gilt nicht nur, wenn der Rechtsvorgänger die Wiederholungsgefahr persönlich durch eigenes Verhalten begründet hat (...), sondern auch dann, wenn der Wettbewerbsverstoß durch Organe des Rechtsvorgängers oder Mitarbeiter seines Unternehmens begangen worden ist. Für ein etwaiges wettbewerbswidriges Handeln eines Geschäftsführers der N GmbH hatte nur diese auf Unterlassung zu haften. Auch bei Wettbewerbsverstößen, die Mitarbeiter oder Beauftragte bei ihrer Tätigkeit für die N GmbH begangen haben, konnten (...) Unterlassungsansprüche nur gegen diese Gesellschaft entstehen." Siehe dazu auch die Entscheidung des BGH, wonach die Unterlassungspflicht bei Wettbewerbsverstößen nicht auf die Erben übergeht, vgl. die Kanzlei-Infos v. 19.07.2006.
Gegenstand der Betrachtung ist dabei § 8 Abs.2 UWG, der in der letzten Zeit vor allem im Affiliate-Bereich große Rechtsprobleme gebracht hat: Danach soll der Merchant nämlich für alle rechtswidrigen Handlungen seines Affiliates haften, vgl. dazu den Aufsatz von RA Dr. Bahr "Haftung des Merchants für seine Affiliates - oder: Der Untergang des Affiliate-Abendlandes?". Im vorliegenden Fall, den der BGH zu beurteilen hatte, hatte die Leiterin einer Beratungsstelle eines Lohnsteuerhilfevereins sich wettbewerbswidrig verhalten. Es ging nun um die Frage, ob dieses Verhalten dem Lohnsteuerhilfeverein zugerechnet werden konnte. "Das Berufungsgericht hat festgestellt, die Zeugin S(...) habe im Unternehmen des Beklagten in Ausübung ihrer Tätigkeit als Mitarbeiterin der Beratungsstelle S(...) gehandelt. Dies werde durch die Vermerke auf den beiden Einnahme-Überschuss-Rechnungen bestätigt. Bei dieser Feststellung hat das Berufungsgericht jedoch wesentliches Vorbringen des Beklagten übergangen. Der Beklagte hat wiederholt vorgetragen und durch Antrag auf Vernehmung der Zeugin S(...) unter Beweis gestellt, dass diese die Einnahme-Überschuss-Rechnungen außerhalb ihrer Mitarbeitertätigkeit und ohne Kenntnis der Beratungsstellenleiterin gefertigt habe. Sie habe damit dem Gewerbetreibenden D(...), der unstreitig nicht Mitglied des Beklagten ist, eine Gefälligkeit erweisen wollen. In gleicher Weise hat der Beklagte unter Beweis gestellt, dass die Einnahme-Überschuss-Rechnungen ausschließlich Wohngeldzwecken dienen sollten. Trifft dieses Vorbringen des Beklagten zu, hat die Zeugin S(...) nicht im Unternehmen des Beklagten gehandelt, sondern rein privat, dies allerdings unter Missbrauch des Namens des Beklagten und außerhalb der Grenzen seiner rechtlichen Befugnisse, in Steuersachen Hilfe zu leisten. In diesem Fall ist der Beklagte für einen etwaigen Wettbewerbsverstoß der Zeugin S(...) nicht verantwortlich; für private Handlungen seiner Mitarbeiter haftet der Unternehmensinhaber wettbewerbsrechtlich nicht (...)." Und weiter: "Daran ändert auch der Umstand nichts, dass Hilfeleistungen in Steuersachen als solche in beschränktem Umfang zur Unternehmenstätigkeit des Beklagten gehören. Nach § 8 Abs. 2 UWG (...) werden dem Inhaber des Unternehmens Zuwiderhandlungen seiner Angestellten oder Beauftragten wie eigene Handlungen zugerechnet, weil die arbeitsteilige Organisation des Unternehmens die Verantwortung für das Verhalten im Wettbewerb nicht beseitigen soll. Der Unternehmensinhaber, dem die Wettbewerbshandlungen seiner Angestellten oder Beauftragten zugute kommen, soll sich bei einer wettbewerbsrechtlichen Haftung nicht hinter den von ihm abhängigen Dritten verstecken können (...). Für Handlungen von Mitarbeitern in ihrem privaten Bereich gilt dieser Rechtsgedanke nicht."
"Die Werbeanzeige eines Herstellers, in der mit dem Hinweis auf ein Sportereignis für ein Luxusgut (hier: teure Armbanduhr) geworben wird, begründet nicht die Erwartung des Verkehrs, dass die in Betracht kommenden Fachgeschäfte zumindest ein Exemplar des Produkts als Ansichtsexemplar vorrätig halten, wenn das beworbene Produkt in der Anzeige zwar mit Modell- und Markenbezeichnung benannt ist, alle anderen Umstände jedoch fehlen, die der Kunde für einen konkreten Erwerbsvorgang kennen muss, wie insbesondere die Angabe, wo und zu welchem Preis die Uhr gekauft werden kann." Die BGH-Richter stellen somit entscheidend darauf ab, ob durch die Art der Präsentation beim Verkehr bereits der Eindruck erweckt wird, das Produkt sei bereits im Handel. Ist dies zu verneinen, liegt kein Wettbewerbsverstoß vor.
Die Antragsgegnerin hatte den Inhalt eines Zeitungsartikels in Form eines Abstracts zusammengefasst. Die Antragsteller meinten, die Zusammenfassung enthalte falsche und rechtswidrige Behauptungen. Die Antragsgegnerin verteidigte sich u.a. damit, dass die Rechtswidrigkeit bereits deswegen entfalle, weil der zugrundeliegende Zeitungsartikel im Abstract verlinkt sei und somit jeder Leser sich seine eigene Meinung bilden könne. Dies haben die Berliner Richter als nicht ausreichend angesehen: "Dem Unterlassungsanspruch steht nicht entgegen, dass es innerhalb des beanstandeten Textes einen Link zu dem Ausgangsartikel gegeben haben soll. Zum einen ist es weder zwingend, dass jeder Leser den Link auch anklickt, zum anderen ist es für die Rechtsverletzung unerheblich, ob dem Leser gelingt, Wahrheit bzw. Unwahrheit der Tatsachenbehauptung herauszufinden."
In der Rechtsprechung ist dies außerordentlich umstritten. Die überwiegende Anzahl der Gerichte verneint eine solche Pflicht. Die Düsseldorfer Richter sind anderer Ansicht und verlangen eine Vollmachtsvorlage: "Der Senat hält demgegenüber nach nochmaliger Überprüfung an der (...) Auffassung fest, dass die wettbewerbsrechtliche Abmahnung ebenso wie die Mahnung (...) eine einseitige rechtsgeschäftsähnliche Handlung ist, auf die § 174 BGB entsprechende Anwendung findet. Die hiergegen von der Gegenansicht angeführte Erwägung, dass eine Abmahnung keine unmittelbar rechtsgestaltende Wirkung entfalte, weshalb der Abgemahnte nicht vergleichbar schutzwürdig wie der Adressat eines einseitigen Rechtsgeschäfts sei (...) greift nach Auffassung des Senats nicht durch. Es ist allgemein anerkannt, dass § 174 BGB für geschäftsähnliche Handlungen entsprechend gilt (...). Unter diese Definition fällt auch eine Abmahnung wegen eines Wettbewerbsverstoßes oder wegen Verletzung gewerblicher Schutzrechte. Sie löst – neben dem anerkannten Anspruch auf Erstattung der erforderlichen Abmahnkosten - weitere Rechtsfolgen aus, indem sie das gesetzliche Schuldverhältnis, das durch die Verletzungshandlung zwischen Gläubiger und Schuldner entstanden ist, konkretisiert. (...) Die im Streitfall von dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin ausgesprochene Abmahnung ist daher nach ihrer Zurückweisung (...) unwirksam geworden. Ein Anspruch auf Erstattung der Kosten für die unwirksame Abmahnung besteht nicht." Das OLG Düsseldorf hat die Revision zugelassen, so dass u.U. der BGH abschließend Stellung nehmen wird, ob denn nun die Vorlage einer Vollmacht Pflicht ist oder nicht. Insgesamt darf die Entscheidung aus Düsseldorf nicht überbewertet werden, da die überwiegende Anzahl der Gerichte bislang anderer Ansicht ist und keine Vollmachtsvorlage verlangt. Zudem kann der Abmahner sich aufgrund des fliegenden Gerichtsstands bei Internet-Angelegenheiten den Klageort aussuchen und wird daher ganz sicher ein Gericht wählen, das ihn begünstigt.
Der Kläger ist Oberbibliotheksrat in einer Landesbibliothek und nach der Aufgabenbeschreibung seines Dienstpostens für die Beratung der Benutzer bei der Literatursuche, die Durchführung fachbezogener Benutzerschulungen sowie die Beantwortung fachbezogener Fragen zuständig. Im Internet-Auftritt der Bibliothek werden sein Name und seine dienstliche E-Mail-Adresse, die seinen Namen enthält, angegeben. Die hiergegen erhobene Klage hat bereits das Verwaltungsgericht abgewiesen. Das Oberverwaltungsgericht bestätigte diese Entscheidung. Im Interesse einer transparenten, bürgernahen öffentlichen Verwaltung dürfe sich der Dienstherr für einen "personalisierten" Behördenauftritt im Internet entscheiden. Deshalb könne er Namen, Funktion und dienstliche Erreichbarkeit jedenfalls solcher Beamter, die - wie der Kläger - mit Außenkontakten betraut seien, auch ohne deren Einverständnis bekannt geben. Etwas anderes gelte lediglich dann, wenn - anders als vorliegend - einer Übermittlung Sicherheitsbedenken entgegenstünden. Urteil vom 10. September 2007, Aktenzeichen: 2 A 10413/07.OVG Quelle: Pressemitteilung des OVG Rheinland-Pfalz v. 21.09.2007
"Im vorliegenden Fall ist der Verfügungsbeklagten einzuräumen, dass sie als Access-Provider nur einen relativ geringen Beitrag zur Verletzungshandlung liefert; die Rechtsverletzung begeht sie selbst nicht aktiv und hatte ursprünglich auch keine Kenntnis davon. Eine konkrete Überprüfung, welche Inhalte über den von ihr bereitgestellten Internetzugang vermittelt werden, wird man ihr nicht zumuten können. Die Situation hat sich indes durch die Abmahnung der Verfügungsklägerin geändert. Denn durch die Anschreiben (...) wird im Einzelnen darauf hingewiesen, dass das streitgegenständliche Musikwerk zum Download bereitgestellt wurde. (...) Die Verfügungsbeklagte wusste seit der Abmahnung genau, auf welche Art und Weise welche Verletzungshandlungen von ihrem Kunden begangen wurden. Sie wusste mithin exakt, welche Verstöße stattfanden. Vor diesem Hintergrund ist (...) eine Überprüfungspflicht zu bejahen." Und weiter: "Die ab Kenntniserlangung bestehende Störerhaftung begründet auch den geltend gemachten Unterlassungsanspruch. Zwar besteht aufgrund der Störerhaftung in vergleichbaren Fällen nach der Rechtsprechung verschiedener Oberlandesgerichte kein Auskunftsanspruch (...), da die Störerhaftung lediglich Unterlassungsansprüche begründen kann (...). Gerade einen solchen Unterlassungsanspruch macht die Verfügungsklägerin jedoch vorliegend geltend. Insoweit ist entscheidend, dass die weitere Speicherung der im Antrag genannten Daten und die daraus resultierende Möglichkeit einer effektiven Strafverfolgung und Verfolgung zivilrechtlicher Unterlassungsansprüche die Rechtsverletzungen in der Zukunft zu verhindern vermag. Nur so ist die Verfügungsklägerin in der Lage, den jeweiligen Verletzer über das von ihr angestrengte Strafverfahren ausfindig zu machen und sodann auch den zivilrechtlichen Unterlassungsanspruch durchzusetzen." Datenschutzrechtliche Bedenken lehnen die Kölner Richter ab: "Auch soweit die Verfügungsbeklagte einwendet, dass sie aufgrund der §§ 96 Abs. 2, 100 Abs. 3 TKG verpflichtet sei, die Daten nach Ablauf von sieben Tagen zu löschen und es könne auch zu einer Verletzung des Fernmeldgeheimnisses kommen, führt dies zu keinem anderen Ergebnis. So liegt weder ein Verstoß gegen das Fernmeldegeheimnis vor noch ergibt sich eine Verpflichtung zur Löschung der streitgegenständlichen Daten nicht aus § 96 Abs. 2 S. 2 TKG, da die genannten Daten keine Verbindungsdaten, sondern Bestandsdaten sind." Sollte sich diese Rechtsansicht durchsetzen, dürfte die Büchse der Pandora in puncto Mitstörerhaftung auch im Bereich der Access-Provider geöffnet sein.
Der Beklagte hatte 380 Audiodateien zum Download angeboten und erhielt darauf eine kostenpflichtige Abmahnung zu einem Streitwert von 250.000,- EUR. Die Abmahnkosten beliefen sich somit auf ca. 5.400,- EUR. Diese bezahlte der Beklagte nicht, da er den Streitwert viel zu hoch hielt. Zu Unrecht wie nun die Kölner Richter nun entschieden: "Der Kläger macht Gebühren ausgehend von einem Streitwert von jeweils 250.000 € für jede seiner Mandantinnen geltend. Dieser Gegenstandswert ist nicht zu beanstanden. Wertbestimmend ist beim Unterlassungsanspruch die gemäß § 3 ZPO zu schätzende Beeinträchtigung, die für die Antragstellerin von dem beanstandeten Verhalten verständigerweise zu besorgen ist und die mit der begehrten Unterlassung beseitigt werden soll (...). Die Kammer geht in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass pro Musiktitel ein Gegenstandswert von 10.000 € angesetzt werden kann. Von der F GmbH wurden 58 Titel genutzt, von der N GmbH 68 Titel. Die Pauschalierung zu einem Gegenstandswert von 250.000 € für jede der Mandantinnen erscheint insoweit als angemessen." Lediglich aus formalen Gründen - der Rechtsanwalt hätte nur eine Rechnung insgesamt und nicht zwei ausstellen dürfen - wurden die Abmahnkosten gekürzt, auf ca. 4.800,- EUR.
Der Netz-Betreiber klagte Geld aus einer Telefonabrechnung ein. Dabei legte er jedoch keinen Einzelverbindungsnachweis vor, sondern lediglich die Rechnung. Er argumentierte, dass er aus datenschutzrechtlichen Gründen zur Löschung verpflichtet gewesen sei. Da eine betriebsinterne Prüfung keine Fehler ergeben habe, sei er nicht berechtigt, die Verbindungsdaten über den gesetzlichen Rahmen hinaus zu speichern. Dieser Ansicht hat das LG Lübeck eine klare Absage erteilt und die Zahlungsklage abgewiesen. "Diesen prozessualen Anforderungen an die Substantiierung des zur Anspruchsbegründung erforderlichen Sachvortrages kann selbstverständlich nur dann genügt werden, wenn der Diensteanbieter, hier also die Klägerin, die Verbindungsdaten nicht löschen muss. Wäre der Diensteanbieter hierzu ohne Ausnahme verpflichtet, wäre ihm die Möglichkeit verschlossen, in prozessual zulässiger Weise streitige Ansprüche zu begründen und zivilrechtlichen zu verfolgen. Genau in diese datenrechtlich grundsätzlich gegebene Darlegungsnot greift die Vorschrift des § 6 Abs. 3 TDSV dadurch ein, dass dem Diensteanbieter die Möglichkeit eröffnet wird, im Falle rechtzeitig vom Kunden geltend gemachter Einwendungen die Verbindungsdaten zu speichern, bis die Einwendungen abschließend geklärt sind. Von dieser Möglichkeit hat die Klägerin unstreitig keinen Gebrauch gemacht. Die mitgeteilte Rechtsauffassung, die abschließende Klärung im Sinne der genannten Vorschrift sei bereits dann erfolgt, wenn der Diensteanbieter durch eine interne Prüfung zu dem Ergebnis gelangt sei, die Abrechnung sei korrekt, kann nur als abwegig bezeichnet werden. Selbstverständlich begründet ein solches Ergebnis nach der zitierten Vorschrift keine Verpflichtung zur Löschung der zugrunde liegenden Daten."
Das Gesetz enthält zahlreiche Neuerungen, vgl. dazu ausführlich die Kanzlei-Infos v. 07.07.2007: - Erhalt der Privatkopie Der Bundesrat hatte über die Drucksache BR-Drs. 582/07 (PDF) zu entscheiden, die die ausführliche Fassung der Gesetzesänderungen enthielt. Er hat zwar an mehreren Stellen Kritik angebracht (BR-Drs. 582/1/07:PDF und 582/07(B): PDF), jedoch letzten Endes das Gesetzesvorhaben durchgewunken. Das Bundesjustizministerium plant das Inkrafttreten der Neuregelungen zum 1. Januar 2008. Hinweis: Die umstrittene neue Vorschrift, die die Abmahnkosten auf 50,-EUR deckeln soll (§ 97a UrhG-E) war nicht Gegenstand der Gesetzesänderungen, sondern ist Teil einer anderen Novelle, vgl. die Kanzlei-Infos v. 25.01.2007.
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