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Newsletter vom 27.02.2008 |
Betreff: Rechts-Newsletter 9. KW / 2008: Kanzlei Dr. Bahr |
Der Kläger, der Bayerische Brauerbund e.V., ist der Dachverband der Bayerischen Brauwirtschaft. Zu seinen satzungsgemäßen Aufgaben gehört es, gegen die unlautere Verwendung der Angabe "Bayerisches Bier" vorzugehen. Diese Bezeichnung ist im Jahre 2001 aufgrund eines Anfang 1994 gestellten Antrags der Bundesrepublik Deutschland in einem sogenannten vereinfachten Verfahren nach Art. 17 der Verordnung (EWG) Nr. 2081/92 als geschützte geographische Angabe in das bei der Europäischen Kommission geführte Register eingetragen worden. Die Beklagte ist eine niederländische Brauerei. Sie ist Inhaberin einer international registrierten Marke mit den Wortbestandteilen "BAVARIA HOLLAND BEER", die in Deutschland mit Zeitrang vom 28. April 1995 Schutz für die Ware "Bier" genießt. Der Kläger hat die Beklagte wegen Verletzung der geschützten geographischen Angabe "Bayerisches Bier" auf Einwilligung in die Entziehung des Schutzes der IRMarke für Deutschland in Anspruch genommen. Zwischen den Parteien ist umstritten, ob die Verordnung, mit der der Schutz der Bezeichnung "Bayerisches Bier" begründet worden ist, wirksam ist. Die Frage der Wirksamkeit dieser Verordnung ist bereits Gegenstand eines an den EuGH gerichteten Vorabentscheidungsersuchens eines italienischen Gerichts in einem zwischen den Parteien in Italien geführten Prozess. Der Bundesgerichtshof hat nun dem EuGH weitere Fragen zum Schutz einer im vereinfachten Verfahren eingetragenen geographischen Angabe gegenüber einer Marke vorgelegt. Das europäische Recht gibt einer eingetragenen geographischen Angabe einen weitreichenden Schutz gegenüber prioritätsjüngeren Marken, auch wenn es sich nur um eine Anspielung auf die geschützte Bezeichnung oder um eine Übersetzung handelt. Der Vorrang der älteren geographischen Angabe gegenüber der jüngeren Marke gilt selbst dann, wenn – wie bei der Marke der Beklagten ("BAVARIA HOLLAND BEER") – die tatsächliche Herkunft angegeben ist und daher mit der Marke keine Täuschung über die geographische Herkunft des Produkts verbunden ist. Die vom Bundesgerichtshof gestellten Fragen beziehen sich vor allem auf den Zeitrang, der der geschützten geographischen Angabe zukommt. Fraglich ist insbesondere, ob als Zeitrang der Zeitpunkt der Einreichung des Antrags durch den betreffenden Mitgliedstaat maßgeblich sein kann, wenn – wie im vereinfachten Verfahren – nicht der Antrag, sondern erst die Eintragung veröffentlicht wird. Eine zweite Frage betrifft den Fall, dass die Verordnung, mit der die Bezeichnung "Bayerisches Bier" in das Register der geschützten geographischen Angaben eingetragen worden ist, unwirksam ist. In diesem Fall stellt sich die Frage, ob die Klägerin einen entsprechenden Schutz aus dem nationalen Recht in Anspruch nehmen kann. In der Literatur ist umstritten, ob auf nationale Vorschriften zum Schutz geographischer Herkunftsangaben zurückgegriffen werden kann, wenn die Bezeichnung die Voraussetzungen für einen Schutz nach den einschlägigen Vorschriften der Europäischen Gemeinschaft erfüllt, eine wirksame Eintragung in das Register der Kommission aber nicht erfolgt ist. Der Bundesgerichtshof hat daher dem EuGH auch die Frage nach dem Verhältnis der nationalen Vorschriften zum Schutz geographischer Herkunftsangaben zum Schutzsystem der Europäischen Gemeinschaften vorgelegt. Beschluss vom 14. Februar 2008 – I ZR 69/04 – BAVARIA Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 14.02.2008
Ein Gegendarstellungsanspruch bestehe bei verdeckten, sich aus dem Zusammenspiel mit einer offenen Behauptung ergebenden Aussage nur dann, wenn sich eine bestimmte Schlussfolgerung für einen Leser als unabweisbar oder zwingend aufdränge. Hintergrund des Berufungsverfahrens ist ein Streit zwischen einem Wirtschaftsverlag und einem Moderator/Quizmaster. In der Zeitschrift der Beklagten war im September 2007 ein Artikel mit der Überschrift „Spione im Garten“ erschienen, der sich mit den Möglichkeiten der Internetrecherche „Google Earth“ befasste. Der Artikel enthielt eine Luftbildaufnahme, die die Villen des klagenden Quizmasters und eines Nachbarn sowie deren Umgebung zeigte. Die Villa des Klägers liegt an einem See, an dessen Ufer sich ein Bootssteg befindet. Neben dem Bootssteg ist auf dem Foto ein Gegenstand zu sehen - ob Motorboot, Motoryacht oder etwas anderes ist zwischen den Parteien streitig. In dem Artikel heißt es: „Ja, hier lässt es sich aushalten. Unten am Bootssteg schaukelt eine Motoryacht auf dem Wasser des Sees, auf der Terrasse laden Liegen zu einer Verschnaufpause ein. Die Umrisse der Villa mit einem Türmchen im klassizistischen Stil lassen auf große Räume schließen, die Fenster versprechen großartige Ausblicke hinaus auf das Wasser. Hier wohnt Quizmaster ..., der für sich und seine Familie eine moderne Prunkvilla bauen konnte.“ Der Kläger hat eine Gegendarstellung mit folgendem Inhalt begehrt: „An meinem Bootssteg liegt keine Motoryacht. Ich besitze eine solche auch nicht.“ Er hat dies damit begründet, dass ihm durch den Artikel mit der Motoryacht ein Luxusaccessoire zugeschrieben werden, das er nicht besitze und nicht für erstrebenswert halte. Es entspreche auch nicht seinem Selbstverständnis, mit seinen Einkommensverhältnissen zu protzen. Das Landgericht Düsseldorf hatte den Verlag am 24.10.2007 (Aktenzeichen 12 O 513/07) zunächst zum Abdruck einer Gegendarstellung verurteilt. Das Oberlandesgericht hat die landgerichtliche Entscheidung heute abgeändert und den Antrag des Klägers auf Abdruck einer Gegendarstellung zurückgewiesen. Ein Gegendarstellungsanspruch bestehe nur dann, wenn bei mehrdeutigen, sich aus dem Gesamtzusammenhang ergebenden Äußerungen nicht gegendarstellungsfähige Deutungen ausgeschlossen werden können. Eine Gegendarstellung könne daher nur dann erfolgen, wenn sich nur diejenige Deutung, auf die Gegendarstellung erwidern will, als unabweisliche Schlussfolgerung aufdränge. Der Senat hat sich hierbei auf eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 19.12.2007 (Aktenzeichen 1 BvR 967/05, abzurufen unter: www.bundesverfassungsgericht.de) gestützt. Im konkreten Fall dränge sich nicht zwingend oder unabweisbar auf, dass das Boot oder die Motoryacht dem Kläger gehöre. Es kämen verschiedene Deutungsvarianten in Betracht. Für den Leser sei nämlich erkennbar, dass das Foto nur eine Momentaufnahme zu einem unbestimmten Zeitpunkt zeige und in dem Artikel ein Ambiente beschrieben werden solle, ohne dass – jedenfalls in Bezug auf das Boot – zwangsläufig Aussagen zu Eigentumsverhältnissen enthalten seien. So müsse das abgebildete Boot nicht dem Kläger, es könne etwa auch einem Wassersportler, Paparazzi, Fan oder Besucher gehören. Auch sei das Haus des Klägers nur als „Aufhänger“ für das Thema „Google Earth“ erwähnt worden. Das Urteil ist rechtskräftig. Ein Hauptverfahren findet nach dem Gesetz nicht statt. (Urteil des 15. Zivilsenats vom 20.2.2008, Aktenzeichen I-15 U 176/07) Quelle: Pressemitteilung des OLG Düsseldorf v. 20.02.2008
Die dagegen gerichtete Berufung des Möbelverkäufers blieb ohne Erfolg. Die Werbung mit einer Rabattaktion ist nach Auffassung der Gerichte unzulässig, wenn der frühere Preis (ohne den Nachlass) nicht zeitnah vor der Werbeaktion gefordert worden sei. Bei einer Werbung mit Rabattgewährung gehe der Verbraucher nämlich davon aus, dass ihm mit dieser Aktion ein gegenüber der früheren Situation günstigeres und vorteilhaftes Angebot gemacht werde. Wurde der höhere Preis aber schon längere Zeit vor der Aktion nicht verlangt, werde der Verbraucher irregeführt, so dass eine unlautere Wettbewerbshandlung vorliege. Im konkreten Falle hatte der Betreiber des Möbelhauses bereits 3 Monate lang mit „Jubiläumswochen – 26 % auf alles“ geworben, woran sich dann nahtlos „Vorteilswochen“ anschlossen, in deren Rahmen – unmittelbar vor der hier zu beurteilenden Werbeaktion - Rabatte zwischen 28 % und 70 % gewährt wurden. Nach Auffassung des Zivilsenats gewinnt der Adressat der Werbemaßnahme im konkreten Falle den Eindruck, dass es sich bei dem „XXL-Wochenende“ um ein ganz besonderes Wochenende handele. Die besondere Werbeaussage liege darin, dass das Wochenende um 3 Tage verlängert werde und dass „nur“ an diesen 5 Tagen der Rabatt von 26 % gewährt werde, was auch durch die in der Anzeige abgebildeten Kalenderblätter verstärkt werde. Dieser Eindruck sei aber unrichtig, da der Rabatt bereits seit über 3 Monaten gewährt worden sei. Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Az.: 6 U 140/07 Quelle: Pressemitteilung des OLG Köln v. 22.02.2008
"1. Die Benutzung eines Markennamens als bloßes Keyword im Rahmen von Google AdWords stellt einen kennzeichenmäßigen Gebrauch und somit auch eine Markenverletzung dar. 2. Der Inserent von Google AdWords ist für die von Google vorgenommen Zuordnungen verantwortlich. Dies gilt jedenfalls für die Fälle, in den das geschützte Zeichen in der Liste der "weitgehend passenden Keywords" steht, die von Google automatisch als Standardoption vorgegeben wird. 3. Beweispflichtig für die Tatsache, dass das geschützte Zeichen in der Liste der "weitgehend passenden Keywords" steht, ist der Kläger." Das LG Braunschweig bleibt damit seiner bisherigen Linie treu, die Benutzung fremer Markennamen als Markenverletzung einzustufen. Zum Teil wird behauptet - so u.a. auch Heise Online - dass das Gericht inzwischen von seiner strengen Ansicht abgewichen sei und nunmehr "verlange, dass der Werbetreibende den geschützten Begriff tatsächlich als Keyword benutze." Diese Behauptung ist falsch. In dem Urteil geht es ausschließlich um die Frage, wer die Tatsache, dass das geschützte Zeichen in der Liste der "weitgehend passenden Keywords" steht, beweisen muss. Wie im Zivilprozess üblich hat das Gericht der Klägerseite diese Beweislast auferlegt. Da die Beklagtenseite hier substantiiert bestritten hatte und der Kläger keine ausreichenden Beweise vorlegen konnte, wies das Gericht die Klage ab. Die Rechtsprechung im Braunschweiger Gerichtsbezirk hat sich somit keineswegs geändert.
"Leitsätze: 2. In einem solchen Fall müssen aus einem Online-Archiv nachträglich die unzulässigen Teile des Presseberichts entfernt werden, denn das "Archiv-Privileg" gilt nicht für Online-Archive." Siehe dazu unsere Webseite "Suchmaschinen & Recht", auf der alle bis dato veröffentlichten Entscheidungen zu den Löschungspflichten bei Online-Archiven zum Abruf bereitstehen.
"Leitsätze: 1. Private Sportwetten in Deutschland sind verboten. 2. Verboten ist ebenso die Vermittlung von Sportwetten an einen nicht konzessionierten Wettveranstalter mittels eines Internet-Terminals (hier: "Tipomat")." Im vorangegangenen einstweiligen Verfügungsverfahren hatten sowohl das LG Köln (Urt. v. 11.07.2007 - Az.: 28 O 263/07) als auch das OLG Köln (Urt. v. 27.11.2007 - Az.: 15 U 142/07) in der gleichen Weise entschieden. "Leitsätze: 2. An der rechtlichen Zulässigkeit ändert auch nichts der Umstand, dass die Bewertungen anonym abgegeben werden. Denn im Internet ist es üblich, dass die User nicht mit ihrem vollen Namen und Adresse auftreten. Auch Meinungen, die lediglich unter einer E-Mail-Adresse oder auch anonym im Internet abgegeben werden, genießen den Schutz der Meinungsfreiheit nach Art. 5 GG. 3. Die Nennung von persönlichen Daten der Lehrer ist dann erlaubt, wenn die Daten anderweitig öffentlich zugänglich sind, z.B. auf der Webseite der betreffenden Schule. 4. Die Speicherung und Verarbeitung der personenbezogenen Daten ist nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 BDSG erlaubt, wenn die Daten anderweitig öffentlich zugänglich sind und kein schutzwürdiges Interesse des Betroffenen ersichtlich ist."
Die Entscheidungsgründe werden in wenigen Wochen den Beteiligten schriftlich zugestellt. Die Firma begehrte die Feststellung, dass sie erlaubnisfrei auf Grund ihrer in Großbritannien erteilten Buchmacherlizenz online Sportwetten in Baden-Württemberg vermitteln darf. Zur Begründung ihrer Klagen beriefen sich die Kläger unter anderem auf die durch Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz geschützte Berufsfreiheit und rügten die Verletzung Europäischen Gemeinschaftsrechts. Auch waren sie der Meinung, der neue Glückspielstaatsvertrag sei verfassungswidrig. Die Beteiligten können binnen eines Monats nach Zustellung der schriftlichen Entscheidungsgründe die Berufung an den Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg einlegen. Quelle: Pressemitteilung des VG Stuttgart v. 15.02.2008
Interessant dürfte für den Online-Bereich vor allem nachfolgender Punkt sein. "Dem § 10 wird folgender Absatz angefügt: "(3) Tabakwaren dürfen nicht im Versandhandel angeboten oder überlassen werden." Begründung: Im Zusammenhang mit der Begriffbestimmung des Versandhandels in § 1 Abs. 4 wird damit zum einen klargestellt, dass der Versand von Tabakwaren nur an über 18-jährige erfolgen darf. Zum anderen wird damit auch klargestellt, dass für entsprechende Versandhändler die Verpflichtung besteht, sich in geeigneter Weise das Alter der Kunden bei der Bestellung nachweisen zu lassen, um auf diese Weise einen effektiven Jugendschutz zu erreichen. Zudem wird mit der gesetzlichen Klarstellung ein Gleichklang mit den bereits bestehenden Regelungen beim Versandhandel mit jugendgefährdenden Trägermedien erreicht."
"In ihrer heutigen Sitzung in München hat die KJM das TV-Format „Deutschland sucht den Superstar" geprüft und in den ersten vier Folgen erneut Verstöße gegen die Jugendschutzbestimmungen festgestellt. Bei den sogenannten „Casting"-Sendungen am 26.01., 27.01., 02.02. und 03.02.2008 im Tagesprogramm kam die KJM zu dem Ergebnis, dass aufgrund der Inszenierung durch RTL eine Entwicklungsbeeinträchtigung von Kindern unter 12 Jahren vorliegt. Neben dem herabwertenden Verhalten der Jury problematisierte die KJM insbesondere auch die redaktionelle Gestaltung der Casting-Auftritte durch RTL, die die Kandidaten gezielt lächerlich machte und damit dem Spott eines Millionenpublikums aussetzte. Dies erfolgt zum Großteil durch die Einblendung von Untertiteln und Animationen durch die Redaktion. Quelle: Pressemitteilung der KJM v. 19.02.2008"
Inhalt: Der damalige Podcast war zu dem Ergebnis gekommen, dass es keine abschließende Rechtsprechung zu der Frage gab, ob IP-Adressen - seien sie nun statisch oder dynamisch - tatsächlich personenbezogene Daten waren und somit dem Schutz des Datenschutzrechtes unterfielen. Ebenso unklar war es damals, welche sachlichen Gründe einen Webseiten-Betreiber erlaubten, solche IP-Adressen zu speichern: Ob in jedem Fall eine Zustimmung des Betroffenen erforderlich war oder ob auch die Abwehr von Gefahren, z.B. DDoS-Attacken, als Speichergrundlage ausreichte. Aufgrund des großen Umfangs ist der Podcast in zwei Teile geteilt. Heute hören Sie den ersten Teil. Der zweite Teil erscheint nächste Woche. Heutiges Thema in der Folge: Sind IP-Adressen nach neuester Rechtsprechung denn nun personenbezogene Daten? Zudem wird die Klage vor dem AG / LG Berlin gegen das Bundesjustizministerium auf Löschung der gespeicherten IP-Adressen besprochen.
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