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Die Themen im Überblick:
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1. BGH: Lottovertrieb im Internet
2. BGH: Datenerhebung durch Bundesnetzagentur rechtmäßig
3. BGH: Unzulässigkeit der Veröffentlichung von Fotos in der Presse
4. OLG Köln: Nicht jede unwirksame AGB ist wettbewerbswidrig
5. LG Aachen: Probleme bei Limited-Eintragung ins deutsche Handelsregister
6. LG Berlin: Keine Haftung von "MeinProf.de" für fremde Bewertung
7. LG Münster: "Keine unfreie Ware"-Klausel bei Online-Widerrufsbelehrung rechtswidrig / Streitwert
8. VG Frankfurt a.M.: Private Sportwetten erlaubt
9. Interview mit RA Dr. Bahr: Call-Center, Cold Calls und Wallraf-Artikel
10. Law-Podcasting.de: Sind Disclaimer in Podcasts notwendig?
11. Neues Video auf Law-Vodcast: Rechtsanspruch auf Aufnahme in den Suchmaschinen-Index?
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1. BGH: Lottovertrieb im Internet
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Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass das vom Bundeskartellamt gegenüber den Lottogesellschaften der Bundesländer ausgesprochene Verbot, bei einer Ausdehnung ihres Internetvertriebs Erlaubnisvorbehalte zu beachten, die in anderen Bundesländern bestehen, nicht für sofort vollziehbar erklärt werden darf. Das bedeutet, dass dieses Verbot bis zu einer rechtskräftigen Entscheidung über die gegen die Verfügung eingelegte Beschwerde nicht durchgesetzt werden darf.
Die Lottogesellschaften arbeiten auf der Grundlage des sogenannten Blockvertrags zusammen. Nach dessen § 2 ist die Tätigkeit jeder Lottogesellschaft auf das Gebiet des jeweiligen Landes beschränkt. Der derzeit geltende "Staatsvertrag zum Lotteriewesen in Deutschland" enthält eine entsprechende Regelung. Danach dürfen die Lottogesellschaften in einem anderen Land nur mit Zustimmung von dessen Behörden tätig werden; hierauf besteht kein Rechtsanspruch.
Das Bundeskartellamt hatte – sofort vollziehbar – verschiedene Verhaltensweisen der Lottogesellschaften untersagt, weil sie gegen deutsches und europäisches Kartellrecht verstießen. Die Lottogesellschaften haben dagegen beim Oberlandesgericht Düsseldorf Beschwerde eingelegt. Sie haben darüber hinaus beantragt, der Beschwerde gegen die Untersagungsverfügung aufschiebende Wirkung zuzuerkennen. Den auf aufschiebende Wirkung gerichteten Antrag hat das OLG Düsseldorf überwiegend abgelehnt.
Mit Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof haben die Lottogesellschaften den Antrag auf Anordnung aufschiebender Wirkung ihrer Beschwerde nur weiterverfolgt, soweit ihnen untersagt worden war, ihren Internetvertrieb unter Beachtung von § 2 Blockvertrag und § 5 Abs. 3 Lotteriestaatsvertrag sowie der Landesgesetze zum Glücksspielwesen auf im Land der Lottogesellschaft wohnende Spielteilnehmer zu beschränken.
Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat der Rechtsbeschwerde teilweise stattgegeben. Er hat zunächst klargestellt, dass der Bundesgerichtshof Beschlüsse des Beschwerdegerichts zum vorläufigen Rechtsschutz nur auf rechtliche Plausibilität prüft, da es sich um ein Eilverfahren handelt. Für die Entscheidung des Kartellsenats war danach maßgeblich, ob das Oberlandesgericht Düsseldorf zu Recht Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Verfügung des Bundeskartellamtes verneint hat. Denn bei ernstlichen Zweifeln ist auf Antrag die aufschiebende Wirkung der Beschwerde anzuordnen.
Danach bestanden keine Bedenken gegen die Ansicht des OLG Düsseldorf, bei § 2 des Blockvertrages handele es sich um eine kartellrechtlich unzulässige Gebietsaufteilung unter den Lottogesellschaften, die nicht unter dem Aspekt der Wahrnehmung öffentlicher Aufgaben wie der Begrenzung und Kanalisierung von Spiellust gerechtfertigt werden könne.
Nach der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Europäischen Gemeinschaften (EuGH) dürfen die Mitgliedstaaten und damit auch Bundesländer keine Maßnahmen treffen oder beibehalten, die die praktische Wirksamkeit der Wettbewerbsregeln des Gemeinschaftsrechts beeinträchtigen können. Das Bundeskartellamt hatte in § 5 Abs. 3 des Staatsvertrags eine derartige Maßnahme gesehen, weil diese Bestimmung die im Blockvertrag vereinbarte Gebietsaufteilung unter den Lottogesellschaften verstärke; denn danach könne die Zustimmung zu einem Tätigwerden in einem anderen Bundesland auch versagt werden, um Wettbewerb unter den Lottogesellschaften zu unterbinden. Nach Ansicht des OLG Düsseldorf ist es mit europäischem Recht nicht vereinbar, wenn die Lottogesellschaften durch Landesrecht davon abgehalten würden, ihren Vertrieb auf andere Bundesländer auszudehnen.
Dies hat der BGH nicht beanstandet. Dagegen hat er die Rechtmäßigkeit der Verfügung insoweit bezweifelt, als dort den Bundesländern die Möglichkeit genommen wird, die Tätigkeit der aus anderen Bundesländern stammenden Lottogesellschaften aus ordnungsrechtlichen Gründen auch präventiv zu untersagen, also nicht erst nach Aufnahme der Tätigkeit. Ein landesrechtlicher Erlaubnisvorbehalt für die Tätigkeit von Lottogesellschaften anderer Bundesländer erscheine bei vorläufiger Beurteilung gemeinschaftsrechtlich unbedenklich.
Die territoriale Beschränkung einer landesbehördlichen Erlaubnis auf das jeweilige Bundesland berühre jedenfalls hier nicht den Schutzbereich der gemeinschaftsrechtlichen Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit, da diese Grundfreiheiten nur zwischen den Mitgliedstaaten gelten, jedoch nicht im Verhältnis zwischen staatlichen Lottogesellschaften eines Mitgliedstaates. Der Erlaubnisvorbehalt beeinträchtige bei summarischer Prüfung auch nicht ohne weiteres die praktische Wirksamkeit der gemeinschaftsrechtlichen Wettbewerbsregeln. Nicht auszuschließen seien berechtigte ordnungsrechtliche Gründe auf Seiten der Länder, den Internetvertrieb durch Lottogesellschaften aus anderen Bundesländern von vornherein zu verbieten oder einzuschränken.
So liege es nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Bayerischen Staatslotteriegesetz nicht fern, auch die Bereitstellung neuer oder zusätzlicher Vertriebsmöglichkeiten im Internet für bereits verfügbare Spielangebote durch weitere staatliche Lottogesellschaften als unzulässig anzusehen. Auch sei nach dem derzeitigen Stand der Rechtsprechung des EuGH zur Dienstleistungsfreiheit ein Staatsmonopol für Glücksspiele und Lotterien nicht ausgeschlossen. Daher dürften sich die Bundesländer im Rahmen ihrer Gesetzgebungszuständigkeit für oder gegen ein solches Monopol entscheiden und dieses dann auch präventiv durchsetzen.
Im Ergebnis sind die Lottogesellschaften schon vor rechtskräftiger Entscheidung über ihre Beschwerde dazu verpflichtet, ungeachtet der Regelungen im Blockvertrag und im Staatsvertrag eine autonome Entscheidung darüber zu treffen, ob sie ihren Internetvertrieb auf andere Bundesländer ausdehnen und die dafür erforderliche Genehmigung dieser Bundesländer einholen wollen. Diese Genehmigung darf nur aus ordnungsrechtlichen und nicht aus wettbewerblichen Gründen versagt werden.
Mit Beschluss vom 8. Juni 2007 (VI-Kart 15/06 (V)) hat das OLG Düsseldorf – ohne die vorliegende Entscheidung des BGH berücksichtigen zu können – den Beschluss des Bundeskartellamts in der Hauptsache im Wesentlichen bestätigt. Auf die vom BGH getroffene Entscheidung hatte dies keinen Einfluss. Das OLG hat die Rechtsbeschwerde zum BGH zugelassen. Anordnungen der aufschiebenden Wirkung gelten bis zum rechtskräftigen Abschluss des Beschwerdeverfahrens. Auch eine gegen die Ablehnung einer solchen Anordnung gerichtete Rechtsbeschwerde erledigt sich vorher nicht.
Beschluss vom 8. Mai 2007 – KVR 31/06 – Lotto im Internet
Quelle: Pressemitteilung Nr. 85/2007 des BGH v. 25.06.2007
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2. BGH: Datenerhebung durch Bundesnetzagentur rechtmäßig
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Der Bundesgerichtshof hat heute erstmals über die Rechtsmäßigkeit einer Entscheidung der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen entschieden. Das Energiewirtschaftsgesetz 2005 sieht in Parallele zum Kartellrecht für die Anfechtung von Entscheidungen, die die Bundesnetzagentur nach diesem Gesetz erlässt, den Rechtszug zum Oberlandesgericht (Beschwerde) und Bundesgerichtshof (Rechtsbeschwerde) vor.
Die Bundesnetzagentur war gemäß § 112a Abs. 1 Satz 1 EnWG verpflichtet, der Bundesregierung bis zum 1. Juli 2006 einen Bericht zur Einführung der Anreizregulierung nach § 21a EnWG vorzulegen. Das Energiewirtschaftsgesetz räumt der Bundesnetzagentur zur Vorbereitung und Erstellung des Berichts die "Ermittlungsbefugnisse nach diesem Gesetz" ein. Die Bundesnetzagentur veröffentlichte am 21. Dezember 2005 in ihrem Amtsblatt ein Auskunftsverlangen, mit dem allen Betreibern von Gasversorgungsnetzen aufgegeben wurde, ins Einzelne gehende Angaben über Netzstrukturen und Kosten zu machen.
Gegen dieses Verlangen haben mehrere Betreiber von Gasversorgungsnetzen Beschwerde beim Oberlandesgericht Düsseldorf eingelegt. Nachdem ihre Anträge auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihrer Beschwerde zurückgewiesen worden waren, haben sie noch während der Beschwerdeverfahren die verlangten Daten übermittelt. Das Oberlandesgericht Düsseldorf hat am 28. Juni 2006 die Beschwerden zurückgewiesen (vgl. hierzu näher Presseerklärung 013/2007, Verhandlungstermin: 8.5.2007). Wenige Tage später veröffentlichte die Bundesnetzagentur ihren (End)Bericht nach § 112a EnWG (s. http://www.bundesnetzagentur.de).
In drei Fällen haben die Betreiber von Gasfernleitungsnetzen Rechtsbeschwerde gegen die Entscheidung des Oberlandesgerichts eingelegt. Der Kartellsenat des Bundesgerichtshofs hat diese Rechtsbeschwerden heute zurückgewiesen.
Allerdings hat es der Bundesgerichtshof als formell rechtswidrig beanstandet, dass die Bundesnetzagentur die angefochtene Auskunftsverfügung nicht nach den Vorschriften des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) zugestellt hat. Der Bundesgerichtshof ist der Auffassung des Oberlandesgerichts nicht gefolgt, wonach § 73 Abs. 1 Satz 1 EnWG, der die Zustellung der von der Bundesnetzagentur erlassenen Entscheidungen vorschreibt, nach seiner systematischen Stellung nur auf einzelfallbezogene Regulierungsverfahren Anwendung finde. Die Bestimmung gilt – so der BGH – auch in Nebenverfahren, also insbesondere auch für das Auskunftsverlangen nach § 69 EnWG, und zwar unabhängig davon, ob ein Verfahren gegen ein bestimmtes Unternehmen eingeleitet sei oder nicht.
Danach gilt das Erfordernis einer förmlichen Zustellung nach §§ 1 ff. des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) auch in dem in § 41 Abs. 3 Satz 2 VwVfG genannten Fall, in dem die Bekanntgabe einer Allgemeinverfügung an die Beteiligten untunlich ist. Bei Zustellungsschwierigkeiten stelle § 15 VwZG a.F. (nunmehr § 10 VwZG), der die öffentliche Zustellung erlaubt, eine abschließende Regelung dar. Da die Bundesnetzagentur nicht geltend gemacht habe, dass sie nicht imstande gewesen sei, die Adresse der Betroffenen zu ermitteln, lägen die Voraussetzungen für eine öffentliche Zustellung nicht vor.
Der Kartellsenat hat den Zustellungsmangel jedoch als gemäß § 9 VwZG a.F. (vgl. heute § 8 VwZG) geheilt angesehen, weil die betroffenen Betreiber der Gasversorgungsnetze das Amtsblatt der Bundesnetzagentur, in dem die Auskunftsverfügung veröffentlicht war, erhalten und die Auskunftsverfügung zur Kenntnis genommen haben und dabei keinen Zweifel daran hatten, dass die Bundesnetzagentur durch die Veröffentlichung der Verfügung die mit der förmlichen Zustellung der Verfügung verbundenen Rechtsfolgen auslösen wollte. Zwar komme die Heilung eines Zustellungsmangels grundsätzlich nur in Betracht, wenn die Behörde mit Zustellungswillen gehandelt habe. Dafür genüge aber, dass die Behörde mit der Bekanntgabe der Entscheidung für die Betroffenen erkennbar die mit der Zustellung verbundenen Rechtsfolgen habe auslösen wollen.
In Übereinstimmung mit dem Oberlandesgericht hat der Bundesgerichtshof angenommen, dass die Bundesnetzagentur befugt war, von den Betroffenen die geforderten Auskünfte zu verlangen. Es sei grundsätzlich Sache der Bundesnetzagentur zu beurteilen, ob eine Auskunft erforderlich sei, um den Bericht nach § 112a EnWG zu erstellen. Allerdings unterliege diese Beurteilung im Hinblick auf die Bestimmung des § 83 Abs. 5 EnWG auch hinsichtlich der Zweckmäßigkeit der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Die verlangten Auskünfte gingen aber nicht über das hinaus, was angesichts des Zwecks der Untersuchung als erforderlich angesehen werden durfte.
Der Bundesgerichtshof hat es insbesondere nicht beanstandet, dass die Bundesnetzagentur die Auskünfte auch von überregionalen Gasfernleitungsnetzbetreibern verlangt hat, die für sich in Anspruch nehmen, selbst wirksamem Wettbewerb ausgesetzt zu sein und daher nicht Adressaten der Regulierung zu sein. Auch unter Berücksichtigung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes bestehe keine Verpflichtung der Bundesnetzagentur, von Dritten, also von Unternehmen, die derzeit nicht der Anreizregulierung unterliegen, nur solche Auskünfte zu verlangen, die bei den der Anreizregulierung unterliegenden Unternehmen nicht oder nicht ohne weiteres zu bekommen seien. Es sei vielmehr in das pflichtgemäße Ermessen der Behörde gestellt, ob sie sich im Interesse einer validen Datenbasis an alle Unternehmen wende, die ihr die erforderlichen Auskünfte geben könnten. Im Übrigen sei zum Zeitpunkt der Auskunftsanordnung noch nicht geklärt gewesen, welche der Fernleitungsnetzbetreiber zu einem überwiegenden Teil wirksamen Wettbewerb ausgesetzt gewesen seien.
Schließlich sei die Auskunftsanordnung auch insoweit nicht zu beanstanden, als die geforderten Informationen Geschäftsgeheimnisse umfassten. Der Schutzbereich der Berufsfreiheit gemäß Art. 12 GG sei erst berührt, wenn ein Betriebs- oder Geschäftsgeheimnis durch die Behörde offengelegt werde. Der Geheimhaltungsbedürftigkeit der Angaben gegenüber Konkurrenten habe der Gesetzgeber durch eine Reihe gesetzlicher Bestimmungen hinreichend Rechnung getragen.
Beschl. v. 19. Juni 2007 - KVR 16/06
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28. Juni 2006 – VI-3 Kart 157/06 (V)
Beschl. v. 19. Juni 2007 - KVR 17/06
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28. Juni 2006 – VI-3 Kart 152/06 (V)
Beschl. v. 19. Juni 2007 - KVR 18/06
OLG Düsseldorf, Beschl. v. 28. Juni 2006 – VI-3 Kart 151/06 (V)
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 19.06.2007
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3. BGH: Unzulässigkeit der Veröffentlichung von Fotos in der Presse
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Die Beklagte veröffentlichte in der Illustrierten "BUNTE" zwei Fotos, die die Klägerin zusammen mit ihrem Lebensgefährten, dem Musiker Herbert Grönemeyer, in Rom in einem Café und beim Bummeln in einer Fußgängerzone zeigen.
Auf dem Bild im Café blickt die Klägerin ihren Lebensgefährten an, während sie gerade ihre Kaffeetasse zum Mund hebt. In der Bildnebenschrift heißt es: "DIE BLICKE DER LIEBE … Grönemeyer und seine Freundin S. zeigen sich öffentlich in einem römischen Café".
Auf dem anderen Foto bummeln die Klägerin und ihr Lebensgefährte in einer Fußgängerzone. Darunter heißt es:
"Herbert Grönemeyer
"Männer brauchen viel Zärtlichkeit" das gilt auch für ihn
"Das Leben geht weiter", hat er im Radio gesagt, "man kann sich nicht immer rumdrücken." Jetzt hat er das Zitat in einen neuen Frühling umgesetzt: Herbert Grönemeyer, 48, Songpoet mit der Würgestimme, flaniert mit seiner Schweizer Liebe S. F., 32, durch Rom. Der Krebstod seiner Ehefrau und des Bruders 1998 hatte Grönemeyer nach London in die Isolation getrieben. Aber dann hat er sich wohl an einen eigenen Text erinnert: "Der Mensch heißt Mensch, weil er sich anlehnt und vertraut und weil er lacht, weil er lebt." Das Ergebnis ist auf diesen Seiten zu besichtigen."
Die Klägerin verlangt von der Beklagten, es zu unterlassen, diese Aufnahmen erneut zu veröffentlichen. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat die Berufung der Beklagten zurückgewiesen.
Der VI. Zivilsenat hat in Fortführung seiner Rechtsprechung zu dem aus §§ 22, 23 KUG entwickelten abgestuften Schutzkonzept bei der Abwägung zwischen der Pressefreiheit und dem Persönlichkeitsschutz des Betroffenen die Revision der Beklagten zurückgewiesen.
Die beanstandeten Aufnahmen zeigen die Klägerin in einer erkennbar privaten Situation, die in keinem Zusammenhang mit einem zeitgeschichtlichen Ereignis steht. Ein Beitrag zu einer Diskussion von allgemeinem Interesse oder eine Information über ein zeitgeschichtliches Ereignis, welches die Veröffentlichung der Bilder hier rechtfertigen könnte, ist weder den Abbildungen noch der beigefügten Wortberichterstattung zu entnehmen. Dass ihr Lebensgefährte Teile seines Privatlebens im Rahmen seiner Song -Texte künstlerisch verarbeitet hat, kann nicht zur Folge haben, dass die Klägerin eine Berichterstattung über ihre Privatsphäre hinnehmen müsste.
Urteil vom 19. Juni 2007 - VI ZR 12/06
Quelle: Pressemitteilung Nr. 77/2007 des BGH v. 19.06.2007
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4. OLG Köln: Nicht jede unwirksame AGB ist wettbewerbswidrig
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Das OLG Köln (Urt. v. 30.03.2007 - Az.: 6 U 249/06 = http://shink.de/cg7sg) hat entschieden, dass nicht jede unwirksame Allgemeine Geschäftsbedingung (AGB) automatisch auch wettbewerbswidrig ist.
Die Antragsgegnerin hatte in ihren AGB eine Schriftform-, eine Selbstbelieferungs- und eine Nachbesserungs-Klausel verwendet. Hierin sah die Antragstellerin eine Wettbewerbsverletzung.
Zu Unrecht wie die Kölner Richter nun entschieden:
"Bei den Bestimmungen der §§ 305 ff. BGB, deren Verletzung die Antragstellerin rügt, handelt es sich – wie vom Landgericht zutreffend erkannt – in der Regel nicht um Vorschriften, die dazu bestimmt sind, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln. (...)
Unabhängig vom fehlenden Vorrang des Unterlassungsklagengesetzes sprechen schon systematische Gesichtspunkte gegen eine richterliche AGB-Inhaltskontrolle im Wettbewerbsprozess (...). Das Verbandsklagerecht (...) wäre nämlich funktionslos, wenn die (...) anspruchsberechtigten Stellen auf der Grundlage ihrer inhaltlich korrespondierenden Klagebefugnis aus § 8 Abs. 3 Nr. 2 - 4 UWG immer auch aus § 4 Nr. 11 UWG gegen die Verwendung unwirksamer AGB vorgehen könnten."
Identisch hat auch das OLG Hamburg entschieden, wonach ebenfalls nicht jede unwirksame AGB wettbewerbswidrig ist, vgl. die Kanzlei-Infos v. 18.12.2006 = http://shink.de/stf4lc
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5. LG Aachen: Probleme bei Limited-Eintragung ins deutsche Handelsregister
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Das LG Aachen (Beschl. v. 10.04.2007 - Az. 44 T 8/07) hatte über die Hindernisse bei einer Limited-Eintragung ins deutsche Handelsregister zu entscheiden.
Die Antragstellerin ist eine englische Limited, die den Namen "Auskunft Limited" trägt. Sie beantragte die Eintragung einer Zweigniederlassung ins deutsche Handelsregister. Diesen Antrag lehnte das Amtsgericht ab, weil der gewählte Name nicht die erforderliche Unterscheidungskraft habe. Es bedürfe zur Individualisierung eines weiteren Zusatzes.
Gegen diese Ablehnung legte die Antragstellerin Beschwerde ein und bekam Recht. Die Zweigniederlassung sei in der jetzigen Namensfassung eintragungsfähig:
"Im Ausgangspunkt zutreffend hat das Registergericht (...) angenommen, dass die gewählte Firmierung nicht die (...) erforderliche Unterscheidungskraft hat. Nach dieser Bestimmung muss die Firma Unterscheidungskraft besitzen. Der vorliegend gewählte allgemein gehaltene Firmenbestandteil "Auskunft" ist eine nach deutschem Recht unzulässige bloße Gattungs- bzw. Branchenbezeichnung, der keine Unterscheidungskraft zukommt (...)."
Aber dann weiter:
"Die Eintragung kann dennoch nicht versagt werden, weil es sich um die inländische Zweigniederlassung einer englischen Limited handelt.
Allerdings ist auch insoweit der Ausgangspunkt des Registergerichts zu teilen, dass sich die Zulässigkeit der Firma einer inländischen Zweigniederlassung einer englischen private limited Company vom Grundsatz her nach deutschem und nicht nach britischem Recht richtet (...). Insoweit ist zwischen der Firma der Gesellschaft im Ausland und der Firma der Zweigniederlassung im Inland zu unterscheiden. Die Firma der Gesellschaft im Ausland unterliegt ausländischem Recht. Dagegen beurteilt sich die Firma der Zweigniederlassung, mithin die Firma, die im Inland im Rechtsverkehr geführt wird, vom Grundsatz her nach deutschem Recht, so dass für sie die inländischen Vorschriften der Firmenbildung (...) zu beachten sind (...).
Insofern ist deutsches Registerrecht als deutsches öffentliches Recht auch für ausländische Unternehmen mit Niederlassung in Deutschland anzuwenden (...).
Stets ist jedoch zu prüfen, ob die Anwendung des damit grundsätzlich anzuwendenden deutschen Firmenrechts zu einem mit Art. 43 EGV nicht zu vereinbarenden Ergebnis führt. Eine solche Unvereinbarkeit liegt hier vor. Die neuere Rechtsprechung des EuGH (...) hat der Niederlassungsfreiheit ein erhebliches Gewicht beigemessen.
Im Zuge der europarechtlich garantierten Niederlassungsfreiheit und Freizügigkeit können Schranken durch das deutsche Firmenbildungsrecht nur noch in sehr engen Grenzen hingenommen werden.
Eine ausländische Gesellschaft aus der EU kann ihre nach dem ausländischen Recht zulässige Firma grundsätzlich auch dann im Inland führen, wenn die Firma hier anders gebildet werden müsste (...)."
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6. LG Berlin: Keine Haftung von "MeinProf.de" für fremde Bewertung
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Das LG Berlin (Urt. v. 31.05.2007 - Az.: 27 S 2/07 = http://shink.de/vuvavk) hatte über die Haftung der bekannten Online-Plattform "MeinProf.de" für fremde Bewertungen zu entscheiden.
Die Richter verneinen eine Haftung vor Kenntnis:
"Von Dritten, die eine rechtswidrige Beeinträchtigung lediglich objektiv durch ihr Handeln unterstützen, darf durch eine Störehaftung nichts Unzumutbares verlangt werden. Die Haftung als Störer setzt daher die Verletzung von Prüfpflichten voraus. (...)
Eine solche Prüfpflicht hat die Beklagte als Betreiberin einer Meinungsplattform vorliegend nicht verletzt. Die Annahme einer Pflicht zur inhaltlichen Überprüfung aller eingestellten Beiträges scheiden für den Betreiber eines Onlineportals aus, sie wäre wegen der Fülle der Beiträge praktisch nicht durchführbar (...). Allein der Umstand, dass sich die Beklagte in ihren Nutzungsbedingungen die Löschung rechtswidriger Äußerungen vorbehalten hat, führt entgegen der Ansicht des Klägers vorliegend nicht zu einer generellen Prüfpflicht.
Eine Prüfpflicht ist nur zumutbar, wenn der Betroffene im Wege einer Abmahnung in Bezug auf bestimmte vermittelte Inhalte konkrete Persönlichkeitsverletzungen geltend macht. In einem solchen Fall braucht der Betreiber keine umfangreichen Nachforschungen unter hohem personellen und technischen Aufwand durchzuführen. Ihm wird lediglich zugemutet nachzuprüfen, ob der abgemahnte Beitrag aus der Perspektive eines unbefangenen Internetnutzers als rechtmäßig anzusehen ist. Gegen diese Prüfungspflicht hat die Beklagte (...) nicht verstoßen.
Nachdem sie von den rechtswidrigen Beiträgen durch Hinweis des KIägers Kenntnis erhalten hat, hat sie jene unverzüglich aus dem Forum entfernt."
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7. LG Münster: "Keine unfreie Ware"-Klausel bei Online-Widerrufsbelehrung rechtswidrig / Streitwert
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Das LG Münster (Urt. v. 04.04.2007 - Az.: 2 O 594/06 = http://shink.de/i4yrho) hat entschieden, dass die Formulierung "unfrei zurückgesandte Ware werden nicht angenommen" im Rahmen einer fernabsatzrechtlichen Online-Widerrufsbelehrung rechtswidrig sind.
Die Entscheidung liegt damit auf einer Linie mit dem identischen Urteil des OLG Hamburg, vgl. die Kanzlei-Infos 15.04.2007 = http://shink.de/vw1tp6
Lesenswert sind auch die Ausführungen zur Streitwerthöhe. Der Abmahner war von einem Streitwert von 25.000,- EUR ausgegangen. Das Gericht kürzt den Wert auf 4.000,- EUR.
"Der von der Klägerin zugrunde gelegte Hauptsachegegenstandswert in Höhe von 25.000,00 € ist zu hoch angesetzt.
So nimmt das OLG L beispielsweise als Regelstreitwert bei Wettbewerbsstreitigkeiten von mittlerer Bedeutung im Hauptsacheverfahren einen Streitwert von 15.000,00 DM, also umgerechnet 7.669,83 € an (...).
Unter Berücksichtigung dieser Rechtsprechung ist grundsätzlich ein Streitwert von 8.000,00 € angemessen."
Und weiter:
"Dieser Streitwert ist gemäß § 12 Abs. 4 UWG von Amts wegen zu reduzieren. Die Sache ist nach Art und Umfang einfach gelagert. Dies ist der Fall, wenn sie nach Art und Umfang ohne größeren Arbeitsaufwand von den Parteien bzw. ihren Anwälten und dem Gericht zu bearbeiten ist und sich damit als "tägliche Routinearbeit" darstellt.
Ferner ist maßgeblich für die Beurteilung, ob der Sachverhalt ohne umfangreiche oder schwierige Beweisaufnahme zu klären ist und ob die anfallenden Rechtsfragen ohne Auseinandersetzung mit Rechtsprechung und Literatur geklärt werden können. Beispiele für eine Sache der einfach gelagerten Streitigkeit sind serienweise wiederkehrende Wettbewerbsverletzungen und rechtlich eindeutige Verstöße (...).
Es handelt sich hier um eine Abmahnung bezüglich eines Verstoßes gegen die Widerrufsbelehrung auf der Internetplattform (...). Dem Gericht ist aus eigener Erfahrung bekannt, dass es sich bei dem hier vorliegenden Wettbewerbsverstoß bzgl. der fehlerhafte Widerrufsbelehrung, insbesondere hinsichtlich des Punktes "unfrei versandte Rücksendungen", um einen häufig vorkommenden Standardfehler in den Widerrufsbelehrungen handelt.
Solche Abmahnungen bezüglich einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung sind einfachen Charakters, da sie sich aus verschiedenen nur zusammenzustellenden Textbausteinen zusammensetzen. Die Abmahnungen in diesem Bereich wiederholen sich in einer Vielzahl von ähnlich gelagerten Fällen und müssen, wenn überhaupt, nur geringfügig angepasst werden.
Auf Grund des hier einschlägigen § 12 Abs. 4 UWG ist der Streitwert von 8.000,00 € um die Hälfte zu reduzieren, mit der Folge, dass ein ermäßigter Streitwert von 4.000,00 € zugrunde zu legen ist."
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8. VG Frankfurt a.M.: Private Sportwetten erlaubt
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Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat mit Beschluss vom 20.6.2007 dem Eilantrag eines in Frankfurt tätigen Vermittlers von Sportwetten aus dem EU-Ausland gegen eine ihm gegenüber erlassene Untersagungsverfügung stattgegeben.
Sein erster Eilantrag vom August 2006 blieb in beiden Instanzen ohne Erfolg. Er wandte sich erneut an das Verwaltungsgericht, nachdem der Europäische Gerichtshof in Luxemburg in einem Italien betreffenden Verfahren am 4.4.2007 das Verbot, Sportwetten aus dem EU-Ausland nach dort zu vermitteln, für gemeinschaftsrechtswidrig erklärt hatte.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt am Main hat in seinem neuen Beschluss vom 20.6.2007 unter Berücksichtigung der neueren Entwicklung der einschlägigen Rechtsprechung festgestellt, dass inzwischen der Ausgang des Widerspruchs- und eines sich gegebenenfalls anschließenden Klageverfahrens offen erscheine.
Daher sei dem privaten Interesse des Antragstellers Vorrang einzuräumen gegenüber dem öffentlichen Interesse an einer weiteren Unterbindung des Vermittelns von Sportwetten an einen im EU-Ausland ansässigen und dort erlaubtermaßen tätigen Veranstalter von Sportwetten. Nach summarischer Überprüfung erweise sich die gegenüber dem Antragsteller erlassene Untersagungsverfügung als unverhältnismäßig und mit dem vorrangigen Gemeinschaftsrecht nicht vereinbar.
Das Verwaltungsgericht Frankfurt schließt sich im Ergebnis der Rechtsprechung der Oberverwaltungsgerichte Saarlouis und Schleswig an.
Az.: 7 G 1100/07
Quelle: Pressemitteilung des VG Frankfurt a.M. v. 21.06.2007
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9. Interview mit RA Dr. Bahr: Call-Center, Cold Calls und Wallraf-Artikel
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Der jüngste SZ-Bericht von Günter Wallraf über die - vermeintlichen oder tatsächlichen - Zustände in Call-Centern hat für viel Aufsehen in der Öffentlichkeit gesorgt. In der letzten Zeit gab es zahlreiche Fernsehsendungen mit Wallraf dazu = http://shink.de/gv718t
Nun hat Christoph Buch in der aktuellen Ausgabe seines Podcast "Nachgefragt" (= http://shink.de/23b164) u.a. RA Dr. Bahr zu diesem Komplex interviewt (der Download-Link findet sich auf der betreffenden Seite ganz unten unter "Nachgefragt hören ...").
Hörenswert ist auch die Ausgabe von letzter Woche (= http://shink.de/36nu4o), wo Vertreter vom Call Center Forum Deutschland, Deutschen Direktmarketing Verband und KiD Kundendialog in Deutschland befragt werden.
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10. Law-Podcasting.de: Sind Disclaimer in Podcasts notwendig?
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Auf www.Law-Podcasting.de , dem 1. deutschen Anwalts-Audio-Blog, gibt es ab sofort einen Podcast zum Thema "Sind Disclaimer in Podcasts notwendig?" = http://shink.de/lbsagn
Inhalt:
Ab sofort gibt es (wieder) einen monatlichen Podcast (Clubcasting genannt) des größten deutschen Podcast-Verbands, dem Podcastclubs e.V. Auch Law-Podcasting.de ist hier vertreten.
Heute hören Sie das Thema "Sind Disclaimer in Podcasts notwendig?".
Als besonderes Highlight gibt es ab sofort die Möglichkeit unter der Telefonnummer 0721 / 15 15 18 433 eine allgemeine juristische Frage zum Thema Podcasting zu stellen. RA Dr. Bahr beantwortet sie dann im monatlichen Clubcasting.
Den gesamten Clubcasting des Podcastclubs e.V. gibt es ab Anfang Juli auf der Podcastclubs-Seite = http://shink.de/k7k6yt
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11. Neues Video auf Law-Vodcast: Rechtsanspruch auf Aufnahme in den Suchmaschinen-Index?
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Auf Law-Vodcast.de, dem 1. deutschen Anwalts-Video-Blog, gibt es heute ein Podcast zum Thema "Rechtsanspruch auf Aufnahme in den Suchmaschinen-Index (am Beispiel Google)?" = http://shink.de/bb00dv
Inhalt:
Der Video-Cast beschäftigt sich mit der Frage, ob ein Anspruch besteht, in den Index einer Suchmaschine aufgenommen zu werden. Die Erläuterungen erfolgen anhand der bekanntesten Suchmaschine, nämlich Google.
Und wenn es einen solchen Anspruch auf Aufnahme gibt: Unter welchen Voraussetzungen? Dabei geht es vor allem um die kartellrechtliche Problematik des Kontrahierungszwanges.
Und weiter: Gibt es auch einen Anspruch auf eine konkrete Platzierung?
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