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Newsletter vom 27.07.2016 |
Betreff: Rechts-Newsletter 30. KW / 2016: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: In Online-Shop Anzeige der Effizienzklasse auf gesonderter Webseite ausreichend _____________________________________________________________ Es ist ausreichend, wenn in einem Online-Shop die Angaben zu der Effizienzklasse eines Elektrogeräts auf einer gesonderten, verlinkten Webseite platziert werden (BGH, Urt. v. 04.02.2016 - Az.: I ZR 181/14). Die Beklagte verkaufte online Fernseher in ihrem Online-Shop. Unmittelbar unterhalb der Abbildung des beworbenen Produktes befand sich ein Link mit der Bezeichnung "Details zur Energieeffizienz". Auf der verlinkten Seite fanden sich dann detaillierte Informationen zur Energieeffizienzklasse. Die Klägerin hielt dies nicht für ausreichend und klagte. Der BGH hat nun entschieden, dass eine solche Ausgestaltung rechtlich nicht zu beanstanden sei. Die europäische Regelung, aus der sich die Pflicht ergebe, sei nicht zu entnehmen, dass die Energieeffizienzklasse auf der identischen Webseite wie der Preis anzugeben sei. Der gebrauchte Begriff "bei" bedeute nicht klar und eindeutig, dass die Energieeffizienzklasse am Ort der Werbung angegeben werden müsse. Der Ausdruck "bei" könne, da er keinen eindeutig örtlichen Bezug aufweise, zwanglos im Sinne von "anlässlich" oder auch "im Zusammenhang mit" verstanden werden. Wenn es dem Gesetzgeber darum gegangen wäre, dass sich die Angabe im unmittelbaren Umfeld der Preisangabe befinden müsse, hätte es näher gelegen, für die Zuordnung statt des Begriffs "bei" eine in dieser Hinsicht eindeutige Formulierung zu wählen.
Daher spreche der Wortlaut der Vorschrift gegen die vom Kläger für richtig gehaltene Sichtweise.
Der klagende Freistaat Bayern gab topografische flächendeckende Landkarten für das gesamte Bundesland Bayern heraus. Der beklagte Verlag veröffentlichte unter anderem Atlanten, Tourenbücher und Karten für Radfahrer, Mountainbiker und Inline-Skater. Der Kläger war der Ansicht, dass die Beklagte Teile dieser Landkarten, nämlich die geografischen Daten, aus der topografischen Landkarte herausgelöst und für eigene Zwecke verwendet habe. Darin liege eine Verletzung ihres urheberrechtlich geschützten Datenbankrechts vor. Der BGH hat diese Frage bejaht.
Geografischen Daten, die von einem Dritten aus einer topografischen Landkarte herausgelöst würden, um eine andere Landkarte herzustellen und zu vermarkten, stellten unabhängige Elemente einer Datenbank dar, da sie dem betreffenden Unternehmen nach ihrer Herauslösung sachdienliche Informationen lieferten. Auf die Zweckbestimmung von topografischen Landkarten sowie ihren vom typischen Nutzer zu erwartenden Gebrauch komme es für die Beurteilung der Unabhängigkeit der Elemente hingegen nicht an.
Der Markeninhaber ist der Dachverband der Sparkassen-Finanzgruppe. Für ihn ist die am 7. Februar 2002 angemeldete und am 11. Juli 2007 eingetragene abstrakte Farbmarke "Rot" (HKS 13) als verkehrsdurchgesetztes Zeichen für die Dienstleistungen "Finanzwesen, nämlich Retail-Banking (Bankdienstleistungen für Privatkunden)" registriert. Die Antragstellerinnen sind Unternehmen der spanischen Santander-Bankengruppe, die in Deutschland Dienstleistungen im Bereich des Privatkundengeschäfts der Banken erbringen und für ihren Marktauftritt die Farbe Rot verwenden. Sie haben beim Deutschen Patent- und Markenamt die Löschung der Farbmarke beantragt. Das Deutsche Patent- und Markenamt hat die Löschungsanträge zurückgewiesen. Auf die Beschwerde der Antragstellerinnen hat das Bundespatentgericht das Verfahren ausgesetzt und ein Vorabentscheidungsersuchen an den Gerichtshof der Europäischen Union gerichtet, der hierüber mit Urteil vom 19. Juni 2014 entschieden hat. Anschließend hat das Bundespatentgericht die Löschung der Farbmarke angeordnet. Auf die Rechtsbeschwerde der Markeninhaberin hat der Bundesgerichtshof den Beschluss des Bundespatentgerichts aufgehoben und die Beschwerde gegen die Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamts zurückgewiesen. Der Bundesgerichtshof hat entschieden, dass das absolute Schutzhindernis mangelnder Unterscheidungskraft nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG* vorliegt. Abstrakte Farbmarken sind im Allgemeinen nicht unterscheidungskräftig und deshalb nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 MarkenG nicht eintragungsfähig, weil der angesprochene Verkehr eine Farbe regelmäßig als dekoratives Element und nicht als Produktkennzeichen wahrnimmt. Besondere Umstände, die eine andere Beurteilung rechtfertigten, lagen nicht vor. Das Bundespatentgericht hatte angenommen, die Farbmarke habe sich für die in Rede stehenden Dienstleistungen weder im Zeitpunkt der Anmeldung im Jahr 2002 noch der Entscheidung über den Löschungsantrag im Jahr 2015 im Verkehr im Sinne von § 8 Abs. 3 MarkenG** durchgesetzt. Diese Sichtweise hat der Bundesgerichtshof nicht gebilligt. Ausreichend für eine Verkehrsdurchsetzung von abstrakten Farbmarken ist wie bei anderen Markenformen auch, dass der überwiegende Teil des Publikums in der Farbe ein Kennzeichen für die Waren oder Dienstleistungen sieht, für die die Marke Geltung beansprucht. Der Markeninhaber und die Antragstellerinnen haben im Verfahren eine Vielzahl von Meinungsforschungsgutachten zur Frage der Verkehrsdurchsetzung vorgelegt. Diese Gutachten belegen zwar keine Verkehrsdurchsetzung der Farbmarke zum Zeitpunkt der Markenanmeldung im Jahr 2002, sie rechtfertigen jedoch die Annahme der Verkehrsdurchsetzung zum Zeitpunkt der Entscheidung über den Löschungsantrag im Jahr 2015. In einem derartigen Fall darf die Farbmarke gemäß § 50 Abs. 2 Satz 1 MarkenG*** nicht gelöscht werden. Beschluss vom 21. Juli 2016 - I ZB 52/15 - Sparkassen-Rot
Bundespatentgericht, Beschluss vom 19. März 2013 - 33 W (pat) 33/12, GRUR 2013, 844 Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 21.07.2016
* § 8 Abs. 2 MarkenG ** § 8 Abs. 3 MarkenG *** § 50 Abs. 2 MarkenG Die Parteien des Rechtsstreits waren in der Vergangenheit Vertragspartner. Die Beklagte belieferte Kunden - im vorliegenden Fall Tankstellen-Pächter - der Klägerin im Auftrag. Als die Klägerin den Kontrakt nicht weiter verlängerte, wandte sich die Beklagte an die Kunden und schlug eine eine direkte Warenabnahme mit ihr vor. Die Klägerin sah darin einen wettbewerbswidrige Behinderung, denn die Beklagte bediene sich bei ihren Handlungen der klägerischen Kundendaten. Die Frankfurter Richter teilten diese Ansicht nicht und verneinten eine Rechtsverletzung. Ein Wettbewerbsverstoß könne nur in den Fällen angenommen werden, in denen anvertrautes wertvolles Adressmaterial zweckwidrig und zielgerichtet für die Abwerbung von Kunden genutzt werde.
Dies sei hier aber nicht der Fall. Denn die Adressen der Tankstellen seien über das Internet öffentlich abrufbar gewesen. Es handlle sich also nicht um anvertrautes, wertvolles Adressmaterial. Daran ändere auch nichts der Umstand, dass es mit einem gewissen Aufwand verbunden sei, die Adressen aus dem Internet zusammenzusuchen.
Es ging um ein Lied der bekannten Kölner Gruppe “Höhner”, die sich gegen dagegen wehrten, dass ihr Song zur Untermalung bei einer NPD-Veranstaltung gespielt wurde. Das OLG Jena bejahte eine Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts. Da die Song unmittelbar nach dem Vortrag des NPD-Landesvorsitzenden gespielt worden sei, werde das Lied nicht lediglich als Pausenfüller verwendet, sondern es sei ersichtlich als Begleitmusik benutzt worden. Für eine Verletzung des Urheberpersönlichkeitsrechts reiche es aus, wenn nicht ausgeschlossen werden könne, dass ein neutraler Beobachter möglicherweise davon ausgehe, dass die jeweilige Musikgruppe der betreffenden Partei nahestehe. Der Verstoß sei bereits dann gegeben, wenn derartige gedankliche Assoziationen in Betracht kämen.
Dies sei im vorliegenden Fall gegeben, denn die Art und Weise der Verwendung des Liedes könne bei einzelnen Betrachtern den Eindruck erwecken, die Gruppe "Höhner" sympathisiere mit der NPD.
Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung der Bürgerinnen und Bürger gewährt den Versicherten kein Recht auf Verhinderung der Digitalisierung und „Weiterleben in einer analogen Welt“. Dieses Recht verlangt aber umgekehrt auch, dass Voraussetzungen und Umfang der Speicherung sensibler (Gesundheits-)Daten gesetzlich klar geregelt und nicht Vereinbarungen zwischen den beteiligten Behörden überlassen werden. Ein IT-Ingenieur wollte grundsätzlich geklärt wissen, ob er zukünftig die elektronische Gesundheitskarte nutzen müsse, wenn er Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung in Anspruch nehmen wolle. Das Sozialgericht Karlsruhe bejahte dies und wies seine Klage ab. Das Landessozialgericht Baden-Württemberg hat die Berufung des Versicherten zurückgewiesen. Die gesetzlichen Vorschriften, die die Einführung der elektronischen Gesundheitskarte betreffen, sind verfassungsgemäß, so die Stuttgarter Richter. Für die Erhebung, Nutzung und Verarbeitung einer Reihe von sensiblen Daten ist die Einwilligung der Versicherten erforderlich; dies wird durch verschiedene Regelungen zum Datenschutz und zu Maßnahmen zur Verhinderung missbräuchlicher Verwendung flankiert. Damit wird insgesamt sichergestellt, dass der „gläserne Patient“ nicht Wirklichkeit wird. Soweit der Spitzenverband Bund der Krankenkassen und die Kassenärztlichen Bundesvereinigungen jedoch in einer technischen Vereinbarung geregelt haben, dass zukünftig zusätzlich zum „Versichertenstatus“ (Mitglied, Rentner oder Familienversicherter) weitere „statusergänzende Merkmale“ (Teilnahme an bestimmten Programmen, Angaben über spezialfachärztliche Versorgung u.a.) auf der Karte gespeichert werden sollen, dürfte dies nicht von der gesetzlichen Ermächtigung gedeckt und unzulässig sein. Im vorliegenden Fall war der Versicherte jedoch von keinem dieser zusätzlichen Merkmale betroffen, weshalb er nicht in seinen Rechten verletzt war. Urteil vom 21.06.2016, Az. L 11 KR 2510/15
Quelle: Pressemitteilung des LSG Stuttgart v. 12.07.2016
Die Beklagte, Tele Columbus, bot seinen Kunden einen Internetanschluss zu einem Monatspreis von 14,99 EUR an. Im Mai 2015 stellte das Unternehmen diesen Tarif ein und informierte seine Kunden, dass eine Tarifumstellung erfolgt sei: Neben dem Internet-Zugang könne der Verbraucher nunmehr auch telefonieren, jedoch sei ein höherer monatlicher Preis von 19,99 EUR fällig. Die Umstellung erfolge automatisch, es sei denn der Kunde widerspreche dem. Die Klägerin hielt dies für irreführend, denn das Schreiben erwecke den Eindruck, der Kunde müsse kündigen, damit der neue Vertrag nicht zustande komme. Dies sei jedoch nicht notwendig, da es für einen wirksamen Vertragsschluss an einer Willenserklärung des Kunden fehle. Das LG Berlin bestätigte diese Rechtsansicht. Eine Vereinbarung, die eine zusätzliche Zahlung über die eigentliche Leistung hinaus beinhalte, könne nur ausdrücklich erfolgen (§ 312a Abs.3 S.1 BGB). An einer ausdrücklichen Vereinbarung fehle es jedoch im vorliegenden Fall, denn die Beklagte habe die Verträge automatisiert und ohne explizite Zustimmung des Kunden getroffen.
Die Entscheidung ist nicht rechtskräftig.
Der Beklagte hatte bei ImmobilienScout24 mehrere Wohnungsangebote online gestellt. Dort hieß es u.a.: "Sie mieten die Wohnung direkt vom Eigentümer. Als externer Dienstleister (KEIN Makler) führen wir die Besichtigung mit Ihnen durch. ... Sie erhalten von uns bei der Besichtigung sämtliche Unterlagen zur Wohnung und zur späteren Bewerbung beim Eigentümer. Wir erlauben uns für diese Dienstleistung eine einmalige Gebühr von 34,99 EURO inkl. MWSt zu erheben. Diese Summe ist vor Ort in bar zahlbar, Die Klägerin hielt dies für einen Verstoß gegen das WoVermG, da grundsätzlich keine Entgelte genommen werden dürften. Der Beklagte, der Makler war, berief sich hingegen darauf, dass er hier nicht als Makler, sondern als bloßer Dienstleister für den jeweiligen Vermieter tätig werde. Das Gericht hat das geschäftliche Handeln als wettbewerbswidrig eingestuft. Die Vorgaben des WoVermG seien eindeutig und klar. Eine Besichtigungsgebühr unterlaufe die gesetzlichen Wertungen. Das WoVermRG verfolge den Zweck, Missstände zu beseitigen, die sich bei der Wohnungsvermittlung in den letzten Jahren gezeigt hätten. Die Wohnungssuchenden sollten vor ungerechtfertigten wirtschaftlichen Belastungen geschützt werden, die sich häufig aus missbräuchlichen Vertragsgestaltungen oder unlauteren Geschäftsmethoden für sie ergeben würden.
Dabei sei es unbeachtlich, wie der Beklagte sein Vorgehen selbst verstünde oder wie er dies bezeichne. Für die rechtliche Qualifikation seien die objektiven Voraussetzungen maßgeblich, nicht, wie der Beklagte selbst sein Tätigwerden gegenüber den Wohnungssuchenden beschreibe. Insofern sei es ohne Belang, dass der Beklagte in seinen Anzeigen oder oder Begleitschreiben darauf hinweise, er erbringe nur Dienstleistungen und sei kein Makler.
Der Verurteilte bot als Nebenjob seine Leistungen als Kraftfahrzeugmechaniker an. Er trat mit seinen Kunden über Internetplattformen wie "www.ebay-kleinanzeigen.de" oder "www.myhammer.de" in Kontakt. Bei Vertragsschluss verlangte er immer eine Vorauszahlung oder Anzahlung, obwohl er von Anfang an vorhatte, die Reparaturen nicht auszuführen. In keinem Fall hat er die versprochenen Leistungen erbracht. So vereinbarte er zum Beispiel am 16.06.2015, dass er bei dem Wagen einer Geschädigten die Zahnriemen, die Wasserpumpe und einen Temperaturfühler austauschen würde und erhielt dafür eine Anzahlung von 200 Euro. Bei Abholung bezahlte die Geschädigte weitere 150 Euro für die angeblich erbrachte Reparatur. Tatsächlich hat der Verurteilte keinerlei Arbeiten durchgeführt. Es kam dann zum Motorschaden. Nachdem die Geschädigte bemerkt hatte, dass sie betrogen worden war, verständigte sie die Polizei. Diese durchsuchte die Räume des Verurteilten und fand den alten Zahnriemen dort.
Der ermittelnde Polizeibeamte sagte als Zeuge aus: ?Alle Fälle hatten gemeinsam: Alle elf Fälle liefen nach dem gleichen Schema ab. Das Gericht verurteilte ihn wegen gewerbsmäßigen Betrugs, da er sich in engen finanziellen Verhältnissen befand und sich durch die Taten eine zusätzliche Einnahmequelle verschaffen wollte. Bei der Höhe der Strafe berücksichtigte die zuständige Richterin: ?Der Angeklagte ging organisiert vor. Er bot seine Dienste im Internet hat. Er besichtigte die zu reparierenden Fahrzeuge, gab insoweit ein niedriges Reparaturangebot ab, um letztlich eine Anzahlung zu erhalten und in der Folgezeit die Auftraggeber zu vertrösten.? Zu seinen Gunsten hat das Gericht berücksichtigt, dass er ein Geständnis abgelegt hat. Es setzte die Strafe zur Bewährung aus, da er zum ersten Mal eine Freiheitsstrafe erhielt und sozial eingebunden ist. Er hat eine feste Arbeit und Familie. Es ist zu erwarten, dass ihm die Verurteilung Warnung sein wird, erneut Straftaten zu begehen. Als Auflage muss er den von ihm angerichteten Schaden wieder gut machen. Urteil des Amtsgerichts München vom 25.05.2016 - Az.: 821 Ds 233 Js 211222/15 Das Urteil ist rechtskräftig.
Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 25.07.2016
Andreas Mundt, Präsident des Bundeskartellamtes: „Ein Hersteller darf selbstverständlich Anforderungen an die Qualität des Vertriebs seiner Produkte stellen und seinen Händlern bei unterschiedlichen Leistungen auch unterschiedliche Rabatte einräumen. Dabei darf aber der Online-Handel als Vertriebskanal nicht strukturell benachteiligt werden. Die ausführliche Pressemitteilung des BKartA finden Sie hier.
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