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Newsletter vom 28.01.2015 |
Betreff: Rechts-Newsletter 4. KW / 2015: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. EuGH: Zur Reichweite der Europäischen Datenbank-Richtlinie _____________________________________________________________ Der EuGH (Urt. v. 15.01.2015 - Az.: C-30/14) hat eine weitere wichtige Entscheidung zur Frage der Anwendbarkeit der Europäischen Datenbank-Richtlinie getroffen. Ergebnis:Die Datenbank-Richtlinie ist dahin auszulegen, dass sie nicht auf eine Datenbank anwendbar ist, die weder durch das Urheberrecht noch durch das Schutzrecht sui generis nach dieser Richtlinie geschützt wird. Dem Hersteller einer solchen Datenbank ist es daher unbeschadet des anwendbaren nationalen Rechts nicht verwehrt, vertragliche Beschränkungen für ihre Benutzung durch Dritte festzulegen. Gegenstand der Auseinandersetzung war die Nutzung der Daten der Webseite der Ryanair Ltd. durch das Unternehmen PR Aviation. PR Aviation betreibt eine Website, auf der Verbraucher nach Flugdaten von Billigfluggesellschaften suchen, Preise vergleichen und gegen Zahlung einer Provision einen Flug buchen können.
Die AGB von Ryanair verboten aber jede kommerzielle Nutzung der Daten.
Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landgericht hat die Beklagte zur Auskunft verurteilt, weil sich Anonymität nicht mit dem Wesen des Arzt-Patienten-Verhältnis vertrage. Es hat die Revision zugelassen. Der u.a. für die Fragen des Persönlichkeitsschutzes und der Arzthaftung zuständige VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die Revision der Beklagten das Berufungsurteil aufgehoben, die Klage abgewiesen und dies im Wesentlichen wie folgt begründet: Zwar hat der Patient gegenüber Arzt und Krankenhaus grundsätzlich auch außerhalb eines Rechtsstreits Anspruch auf Einsicht in die ihn betreffenden Krankenunterlagen, soweit sie Aufzeichnungen über objektive physische Befunde und Berichte über Behandlungsmaßnahmen (Medikation, Operation etc.) betreffen. Der Klinikträger ist auch grundsätzlich gehalten, dem Patienten den Namen des ihn behandelnden Arztes mitzuteilen. Der Kläger brauchte aber zur Führung des Zivilprozesses nicht die Privatanschrift des Arztes, weil die Klageschrift unter der Klinikanschrift zugestellt werden konnte. Der Auskunftserteilung steht außerdem die datenschutzrechtliche Vorschrift des § 32 Abs. 1 Satz 1 Bundesdatenschutzgesetz (BDSG) entgegen. Die Regelung gestattet dem Arbeitgeber die Erhebung, Verarbeitung und Nutzung von Daten für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses. Der Arbeitgeber ist aber grundsätzlich nicht berechtigt, personenbezogene Daten, die für Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben worden sind, an Dritte weiterzuleiten. Da die Daten für die Zwecke des Beschäftigungsverhältnisses erhoben worden sind, ist die Übermittlung an Dritte nach dem für den Datenschutz geltenden Zweckbindungsgebot grundsätzlich als zweckfremde Verwendung ausgeschlossen. Eine Weiterleitung privater Kommunikationsdaten an Dritte bedarf vielmehr der Einwilligung des Betroffenen oder der besonderen Gestattung durch eine Rechtsvorschrift. Urteil vom 20. Januar 2015 - VI ZR 137/14
Amtsgericht Weißwasser – Urteil vom 08. August 2013 – 6 C 58/13
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 20.01.2015
Eine wertende Kritik an der gewerblichen Leistung eines Wirtschaftsunternehmens ist in der Regel auch dann vom Grundrecht der Meinungsfreiheit gedeckt, wenn sie scharf und überzogen formuliert ist. Sie kann nur unter engen Voraussetzungen als Schmähkritik angesehen werden.
Da sich Wirtschaftsunternehmen in der Öffentlichkeit bewegen, müssen sie daher grundsätzlich eine kritische öffentliche Diskussion hinnehmen.
Das OLG Hamburg hat ein Herz für "ehrliche" Spieler und hat nun auch in der Berufungsverhandlung das Anbieten der Bot-Software "Honorbuddy" und "Gatherbuddy" untersagt. Die Bossland GmbH, die die Bot-Software vertreibt, liegt mit Blizzard bereits seit Jahren im Clinch. Es gibt zahlreiche Gerichtsverfahren zwischen den Beteiligten. So war in der Vergangenheit bereits das Bot-Tool "Demonbuddy" von Bossland verboten worden (LG Hamburg, Urt. v. 19.07.2012 - Az.: 312 O 322/12).
Die OLG-Richter sehen im vorliegenden Fall eine gezielte Absatz- und Vertriebsstörung. Durch den Einsatz der Bot-Software könnten die Spielabläufe ganz erheblich manipuliert werden, so dass die Gefahr bestehe, dass die ehrlichen Spieler enttäuscht würden und von der weiteren Nutzung von "Word of Warcraft" Abstand nähmen. Dadurch würden Blizzard aber ganz erhebliche Einnahme-Verluste drohen.
Eine Vertragsstrafe ist nur dann angemessen, wenn sie den Schuldner empfindlich träfe, wenn er die versprochene Unterlassung nicht einhalten würde, so die Richter. Zwar handle es sich bei der vorliegenden Wettbewerbsverletzung nur um einen geringen Verstoß (fehlende Schaufensterpreisauszeichnung in einem Ladenlokal). Jedoch komme erschwerend hinzu, dass die Schuldnerin 7 Filialen betreibe.
Daher sei eine Höhe von 1.000,- EUR keinesfalls ausreichend, so dass die Wiederholungsgefahr durch die abgegebene Unterlassungserklärung nicht ausgeschlossen worden sei.
Die Parteien stritten u.a. um die Frage, ob die Beklagte, die unerlaubt eine Fotografie verwendet hatte, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abgeben muss oder ob es ausreicht, wenn sie einen befristeten Lizenzvertrag abschließt. Die Beklagte war der Ansicht, durch die vertragliche Vereinbarung entfalle die Möglichkeit, dass sie zukünftig das Bild unerlaubt nutze, denn sie die haben die entsprechenden Nutzungsrechte nun erworben. Dieser Argumentation ist das OLG München nicht gefolgt. Ein befristeter Lizenzvertrag (hier: Zeitdauer von einem Jahr) sei bereits aufgrund der zeitlichen Beschränkung nicht geeignet, dauerhaft die Wiederholungsgefahr entfallen zu lassen. Denn nach Ablauf des Kontraktes könne problemlos wieder eine Urheberrechtsverletzung zu bejahen sein.
Daher werde die Wiederholungsgefahr durch Abschluss derartiger nachträglicher Lizenzverträge nicht dauerhaft ausgeräumt, so dass es der Unterzeichnung einer Unterlassungserklärung bedurft hätte. Da dies nicht erfolgt sei, sei die Wiederholungsgefahr weiterhin gegeben.
Es ging um die nachfolgenden Klauseln in einem Online-Shop: "Diese Vertragsbedingungen unterliegen deutschem Recht." und "Erfüllungsort: Es gilt deutsches Recht." Das OLG Oldenburg stufte diese Regelungen als rechtswidrig ein. Das LG Oldenburg sah hierin einen Verstoß gegen geltendes AGB-Recht, da die Bestimmung den Verbraucher aus dem Ausland benachteilige. So würde versucht, die zwingenden Vorschriften des ausländischen Verbraucherrechts zu umgehen, was jedoch unzulässig sei.
Das OLG Oldenburg schloss sich in der Berufungsinstanz dieser Meinung an.
Die verklagte Haftpflichtversicherung gab personenbezogene Daten des Klägers an einen Dritten weiter. Es ging dabei im Rahmen einer Schadensregulierung um die Überprüfung des eingereichten Kostenvoranschlags des Klägers. Zwar sei mit der ungefragten Weitergabe an den Dritten gegen Datenschutzrecht verstoßen worden, so dass das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers betroffen sei. Jedoch fehle es für den geltend gemachten Unterlassungsanspruch an der erforderlichen Wiederholungsgefahr. Denn die Haftpflichtversicherung habe einmalig - zur Schadensregulierung - die Daten weitergegeben. Es sei nicht davon auszugehen, dass dies noch einmal passiere, wenn die Angelegenheit abgeschlossen sei.
Zwar sei es denkbar, dass der Kläger erneut in einen Verkehrsunfall verwickelt werde, bei dem die Haftpflichtversicherung auf der Gegenseite stehe. Jedoch sei dies von so allgemeiner Natur, dass eine Wiederholungsgefahr nicht begründet werde.
Die Wagen eines Personenbeförderungsdienstes kehrten nach Betriebsschluss nicht immer an den Betriebssitz zurück, sondern verweilten auch anderen Orten.
Dies stelle, so das LG Aachen, eine Verletzung des § 49 Abs. 4 S. 3 PBefG dar. Die PKW müssten grundsätzlich immer an den Ort der Betriebsstätte zurückkehren. Geschehe dies nicht, liege ein Wettbewerbsverstoß vor.
In der Auseinandersetzung wurde dem Beklagten, einem Online-Händler, vorgeworfen, gewisse Informationspflichten auf eBay nicht eingehalten zu haben. Der verteidigte sich u.a. damit, dass er allen gesetzlichen Belehrungen nachgekommen sei. Es sei aber so, dass eBay nicht sämtliche Browser in vollem Umfang unterstütze. Die Webseiten seien speziell für den Internet Explorer optimiert. Daher würden in einzelnen Browsern bestimmte Teil des Angebots möglicherweise nicht angezeigt. Hierfür treffe ihn jedoch keine Verantwortlichkeit. Dieser Ansicht ist das LG Leipzig nicht gefolgt, sondern hat vielmehr die Haftung des Händlers bejaht. Die Tatsache, dass es möglicherweise technische Unzulänglichkeiten durch eBay gebe, entlaste den Händler nicht, so das Gericht. Denn entscheidend sei, dass der Händler durch seine Angebotseinstellung die objektive Bedingung für den Rechtsverstoß gesetzt habe.
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die Beklagte warb in einem YouTube-Video für ein neues Auto, hielt dabei aber nicht die Vorschriften nach der Pkw-Energieverbrauchskennzeichnungsverordnung (PKW-EnVKV) ein. Die Richter stuften dies als Wettbewerbsverstoß ein. Auch wenn in der Werbung kein konkreter Preis genannt werde, würde der Sachverhalt durch die PKW-EnVKV erfasst. Die Vorschriften beträfen nicht nur das Anbieten zum Kauf im Internet, sondern auch das bloße Ausstellen eines Fahrzeugs, so die Richter. Dabei handle es auch um die volle Absicht des Gesetzgebers. Denn die Erfahrung zeige, dass an einer einmal getroffenen Entscheidung vielfach auch dann festgehalten werde, wenn sie sich im Nachhinein als doch nicht so vorteilhaft erweise.
Deshalb seien bereits beim Ausstellen in einem YouTube-Video die entsprechen Informationspflichten (u.a. Kraftstoffverbrauch, CO2-Emmissionen) einzuhalten.
Die Klägerin ist Prostituierte, die einen Escortservice betreibt. Zugleich engagiert sie sich öffentlich für die Rechte von Prostituierten. In der Öffentlichkeit tritt sie jeweils unter einem Pseudonym auf. Ihren an das Bezirksamt Pankow von Berlin gerichteten Antrag auf Eintragung dieses Namens als Künstlernamen in ihren Personalausweis lehnte die Behörde ab, weil die Klägerin keine künstlerische Tätigkeit ausübe und unter diesem Namen auch nicht öffentlich bekannt sei. Hiergegen wandte sich die Klägerin u.a. mit dem Argument, als Kultur- und Erotikbegleiterin arbeite sie mit ihrem Körper ebenso wie etwa eine Tänzerin. Sie schlüpfe in verschiedene Rollen wie eine Schauspielerin und beeinflusse dadurch die Wahrnehmung des Betrachters; so löse sie Affekte in ihm aus, wie dies auch andere Künstler täten. Als Advokatin für die politischen und sozialen Rechte von „Sexarbeitern“ sei sie auch bekannt. Die 23. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin wies die Klage ab. Die Klägerin habe keinen Anspruch auf die begehrte Eintragung. Als Künstlername werde der Namen bezeichnet, unter dem ein Betroffener als Künstler auftrete. Daran fehle es hier. Beim künstlerischen Schaffen wirkten Intuition, Phantasie und Kunstverstand zusammen; dabei gehe es primär nicht um Mitteilung, sondern um den Ausdruck der individuellen Persönlichkeit des Künstlers. Auch wenn die Klägerin einer selbstbestimmten Tätigkeit nachgehe, handele es sich hierbei nicht um freie schöpferische Gestaltung, in der sie ihre Eindrücke, Erfahrungen und Erlebnisse zum Ausdruck bringe; im Mittelpunkt ihrer Dienstleistung stehe die Erfüllung der sexuellen Bedürfnisse ihrer Kunden. Ungeachtet dessen habe die Klägerin auch keinen allgemeinen Bekanntheitsgrad erreicht, der für die Eintragung eines Künstlernamens zwingend erforderlich sei. Tatsächlich wolle die Klägerin einen Berufsnamen bzw. ein Pseudonym führen, dessen Eintragung nach dem Gesetz nicht vorgesehen sei. Gegen das Urteil kann die Zulassung der Berufung beim Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg beantragt werden. Urteil der 23. Kammer vom 20. Januar 2015 (VG 23 K 180.14)
Quelle: Pressemitteilung des VG Berlin v. 26.01.2015
Nach Meinung des AG Koblenz führen Verletzungen des Datenschutzrechts zu einem Beweisverwertungsverbot. Im Rahmen einer gerichtlichen Auseinandersetzung in einer P2P-Abmahnung hat das Gericht einen entsprechenden Hinweisbeschluss erlassen. Danach reicht es nicht aus, wenn der richterliche Gestattungsanspruch nach § 101 Abs.9 UrhG sich auf die Deutsche Telekom AG (DTAG) bezieht, wenn der Beklagte, dessen Daten herausgegeben wurden, bei einem Reseller Kunde ist. In einem solchen Fall muss sich die gerichtliche Verfügung vielmehr auf den Reseller beziehen. Andernfalls würden nämlich die entsprechenden telekommunikationsrechtlichen Schutzvorschriften umgangen.
Siehe dazu auch den inhaltsgleichen Beschluss des AG Koblenz (Beschl. v. 02.01.2014 - Az.: 153 C 3184/14).
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