anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 17. KW im Jahre 2004. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Interessenschwerpunkten Recht der Neuen Medien, Gewerblicher Rechtsschutz, Wirtschaftsrecht und Gewinnspiel- / Glücksspielrecht.
Neben der Entscheidung des OLG Düsseldorf (Kein Wettbewerb b. Apothekern) sind hier vor allem die Urteile des LG Saarbrücken (Preisangabepflicht bei 0700-Rufnummern) und des OLG Münster (Fotos + Schmerzensgeld) zu erwähnen. Aus dem außergerichtlichen Bereich gibt es mehrere Äußerungen der EU-Kommission, den Internet-Report 2010 und die Stellungnahme von BITKOM zur Drucker-Urheberrechtsabgabe zu vermelden.
Die Kanzlei Heyms & Dr. Bahr wünscht Ihnen wie immer angenehmes Lesen. Kontaktieren Sie uns einfach, falls Sie Fragen oder Anregungen haben: http://www.Heyms-DrBahr.de/findex.php?p=kontakt.html
Die Themen im Überblick:
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1. OLG Düsseldorf: Kein Wettbewerbsverhältnis bei Apothekern
2. LG Saarbrücken: Keine Preisangabepflicht bei 0700-Rufnummern
3. LG Münster: Veröffentlichung v. Fotos + Schmerzensgeld
4. VG Koblenz: Flächendeckendes Werbeverbot rechtswidrig
5. AG Aachen: Fehler bei kopiergeschützter CD ?
6. Neue 0190-Dialer-Urteile
7. EU-Kommission: Vertragsverletzung wg. Spam-Nichtumsetzung
8. EU-Kommission: "Product Placement" im Fernsehen rechtmäßig
9. EU-Kommission: Vereinfachte Rechteverwertung
10. Internet 2010: Perspektiven und Auswirkungen
11. BITKOM kritisiert Vorschlag für Drucker-Urheberrechtsabgabe
12. In eigener Sache: Unser neues Web-Portal "Affiliate & Recht"
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1. OLG Düsseldorf: Kein Wettbewerbsverhältnis bei Apothekern
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Das OLG Düsseldorf (Urt. v. 18.11.2003 - Az. I-20 U 27/03 = http://snipurl.com/5zrw) hatte zu entscheiden, ob auf eine Vereinbarung zwischen Apotheker und Krankenkasse Wettbewerbsrecht Anwendung findet.
Der beklagte Apotheker führte aufgrund eines Vertrages mit einer Betriebskrankenkasse Blutzucker- und Blutdruckmessungen für Mitglieder dieser Vereinigung durch. Die Mitglieder der Krankenkasse erhielten dazu in ihrer Mitgliederzeitschrift einen bei der Apotheke einzulösenden Gutschein für kostenlose Messungen. Dier Apotheker nekam von der Krankenkasse eine Vergütung für seine Tätigkeit.
Bei dem Kläger handelt es sich um einen Wettbewerbsverband, der das Handeln des Apothekers als unlauter iSd. § 1 UWG ansah.
Dem sind die Richter nicht gefolgt.
Denn der Vertrag zwischen Apotheker und Krankenkasse unterliege gemäß § 69 SGB V seit dem 01. Januar 2000 nicht mehr den Vorschriften des UWG:
"Dieses Kapitel (...) regelt abschließend die Rechtsbeziehungen der Krankenkassen und ihrer Verbände zu (...) Apotheken."
Dies gilt nach § 69 S.4 SGB V auch dann, wenn durch die Regelung Rechte Dritter betroffen sind.
Mit der Neuregelung des § 69 SGB V durch das GKV-GesundheitsreformG hat der Gesetzgeber das Ziel verfolgt, die Tätigkeiten der Krankenkassen, die im Zusammenhang mit der Erfüllung ihres öffentlich-rechtlichen Versorgungsauftrages stehen, dem Privatrecht, insbesondere dem Wettbewerbs- und Kartellrecht, zu entziehen [BT-Dr. 14/1245 zu Art. 1 Nr. 29 (§ 69 SGB V); PDF, 1.3 MB = http://snipurl.com/5zry].
Danach gilt somit ausschließlich öffentliches Recht. Es ist kein Platz mehr für die Anwendung von privatem Recht, insb. nicht dem UWG. Somit ist auch der Wettbewerbsverband nicht klagebefugt.
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2. LG Saarbrücken: Keine Preisangabepflicht bei 0700-Rufnummern
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Das LG Saarbrücken (Urt. v. 27.01.2004 - Az.: 7II O 116/03 = http://snipurl.com/5zs2) hatte zu entscheiden, ob bei 0700-Rufnummern die Verbindungspreise mit angegeben werden müssen.
Die Kanzlei-Infos hatten vor kurzem darüber berichtet, dass die Wettbewerbszentrale eine einstweilige Verfügung erwirkt hatte, die eine Pflicht zur Preisangabe bei 0700-Rufnummern beinhielt, vgl. die Kanzlei-Info v. 06.02.2004 (= http://snipurl.com/5zs3). Daraufhin kam es zu zahlreichen Abmahnungen bzgl. solcher "Vanity"-Rufnummern.
Nun hat das LG Saarbrücken eben diese besagte einstweilige Verfügung aufgehoben, denn es liege weder ein Verstoß gegen § 1 UWG noch gegen § 3 UWG vor:
"Der Verbraucher wird ohne diese Angaben über die Kosten eines Anrufes bei der Vanity-Nummers des Verfügungsbeklagten nicht in die Irre geführt, da der durchschnittliche Verbraucher nicht aufgrund der Werbung des Verfügungsbeklagten annimmt, zu einem entweder kostenlosen Anruf oder doch kostengünstigen Anruf veranlasst zu werden.
Angesichts der (...) Deregulierung des Telefonmarktes geht mittlerweile jeder Abnehmer von Telekommunikationsleistungen davon aus, dass er für diese Telekommunikationsleistungen ein Entgelt zu bezahlen hat. Es ist allgemein bekannt, dass für die Inanspruchnahme von Telekommunikationsleistungen Entgelte verlangt werden und dass eine solche Leistung nur ausnahmsweise, nämlich in den Fällen der 0800-er Nummern (...) entgeltfrei ist. (...)."
Insbesondere sehen die Richter keine Parallele zu den fernabsatzrechtlichen Vorschriften, bei denen der Unternehmer den Verbraucher vor Abschluss eines Fernabsatzvertrages über die Kosten zu informieren habe. Der Gesetzgeber habe derartige Informationspflichten ausdrücklich auf den fernabsatzrechtlichen Bereich beschränken wollen, so dass hier keine Regelungslücke bestünde, die durch eine Analogie gefüllt werden könnte.
Das aktuelle Urteil ist unter Berücksichtigung mehrerer wichtiger Urteile zu sehen. So gab es Mitte letzten Jahres das Grundlagen-Urteil des BGH (Urt. v. 3.Juli 2003 – I ZR 66/01, I ZR 211/01; PDF, 44 KB = http://snipurl.com/4f1p).
Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat hatte die Frage zu entscheiden, ob es wettbewerbsrechtlich zulässig ist, Telefonauskunftsdienste unter Angabe der jeweiligen Telefonnummer zu bewerben, ohne dabei zugleich den Preis für diese Dienstleistung anzugeben. Der Bundesverband der Verbraucherzentralen hat insoweit die Telegate AG und die Deutsche Telekom AG auf Unterlassung in Anspruch genommen, weil diese ihre - in einem bestimmten Zeittakt berechneten - Inlandsauskunftsdienste unter Angabe der Telefonnummer ("11880" bzw. "11833") ohne Preisangabe beworben hatten.
Der Bundesgerichtshof hat die von den Vorinstanzen kontrovers beurteilte Frage, ob in entsprechenden Fällen eine Verpflichtung zur Preisangabe besteht, bejaht. Die speziellen Vorschriften des Telekommunikationsgesetzes und der Telekommunikations-Kundenschutzverordnung, nach denen die Tarife zu veröffentlichen seien, stünden der Anwendbarkeit der weiterreichenden Vorschriften der Preisangabenverordnung (PAngV) nicht entgegen.
Ebenso interessant ist die Entscheidung des LG Itzehoe, vgl. die Kanzlei-Infos v. 11.07.2003 (= http://snipurl.com/4f39)
"Der Einwand der Verfügungsbeklagten, dass Entgelt für die hier streitgegenständliche 0 18 02 - Rufnummer liege deutlich unter dem Entgelt, das ein Kunde für ein Orts- oder Ferngespräch im Netz der Deutschen Telekom AG zu zahlen hätte, kann zu keiner anderen Betrachtungsweise führen. Auch wenn es sich bei der Verbindung um die billigste entgeltliche Telefonverbindung handelt, ist der Preis pro Verbindung nach § 1 Abs. 1 Satz 1 PAngV anzugeben."
Der sehr weitgehenden Pflicht, Preise anzugeben, entspricht auch das Urteil des OLG Koblenz (Urt. v. 19.11.2002 - Az: 4 W 472/02), vgl. die Kanzlei-Infos v. 19.05.2003 (= http://snipurl.com/4f1r).
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3. LG Münster: Veröffentlichung v. Fotos + Schmerzensgeld
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Das LG Münster (Urt. v. 24.03.2004 - Az.: 10 O 626/03) hatte darüber zu urteilen, unter welchen Umständen die Veröffentlichung von Fotos, auf denen Tatzeugen abgebildet sind, gegen geltendes Recht verstößt.
Die Klägerin verlangte u.a. Schmerzensgeld wegen eines Berichts in der Zeitung der Beklagten. In der Überschrift des Artikels hieß es:
“Sabine (28) wollte sich von ihrem Mann trennen. Da rastete er in der Neujahrsnacht aus.“
In Großlettern darunter:
“Er schnitt ihrem Sohn die Kehle durch.“
Ein Teil des Berichtes besteht aus einer Zeichnung von dem geschiedenen Ehemann der Klägerin und seines Verteidigers. Rechts davon befindet sich ein großformatiges Foto der Klägerin, das sich von seinen Ausmaßen durch den gesamten Artikel zieht.
Das LG Münster hat der Klägerin ein Schmerzensgeld iHv. 5.000,- EUR zuerkannt (§§ 823 Abs.1 BGB iVm. § 22 KunstUrhG).
Nach § 22 KunstUrhG dürfen Bildnisse grundsätzlich nur mit Einwilligung des Abgebildeten verbreitet oder öffentlich zur Schau gestellt werden.
Eine Ausnahme hiervon bildet der Fall des § 23 Abs. 1 Nr. 1 KunstUrhG, wonach Bildnisse aus dem Bereich der Zeitgeschichte grundsätzlich ohne Einwilligung erfolgen dürfen.
Die Rechtsprechung unterscheidet hier zwischen relativen und absoluten Personen der Zeitgeschichte. Absolute Personen der Zeitgeschichte sind Menschen, die kraft politischer oder gesellschaftlicher Position oder kraft außergewöhnlicher persönlicher Leistung aus der Masse der Mitmenschen herausragen und deswegen im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen. Das Gegenteil hierzu sind die sog. relativen Personen der Zeitgeschichte. Hierzu gehören Personen, die erst aufgrund ihrer Verknüpfung mit einem Ereignis der Zeitgeschichte oder aufgrund ihrer Beziehungen zu einer Persönlichkeit des öffentlichen Lebens in den Blickpunkt der Öffentlichkeit geraten.
Im vorliegenden Fall konnte die Klägerin somit allenfalls als relative Person der Zeitgeschichte eingestuft werden können:
"Es kann hier dahinstehen, ob die Klägerin eine relative Person der Zeitgeschichte (...) ist.
Angehörige von Verbrechensopfern können eine relative Person der Zeitgeschichte darstellen, wenn sie zugleich auch Tatzeuge sind (...). Aber selbst bei sogenannten relativen Personen der Zeitgeschichte dürfen deren Bildnisse nicht schrankenlos ohne jede Einwilligung verbreitet werden. Nach § 23 Abs. 2 KunstUrhG ist eine Veröffentlichung unzulässig, wenn das berechtigte Interesse des Abgebildeten entgegensteht.
Die Anwendung dieser von der Rechtssprechung entwickelten Grundsätze ergibt, dass die Veröffentlichung des Fotos der Klägerin (...) ohne ihre Einwilligung unzulässig war und gegen ihr Persönlichkeitsrecht verstoßen hat."
Die Richter haben die Beklagte daher zur Zahlung von 5.000,- EUR Schmerzengsgeld verurteilt.
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4. VG Koblenz: Flächendeckendes Werbeverbot rechtswidrig
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Flächendeckende Einschränkung von Werbung unzulässig - Bad Kreuznach muss große Werbeplakate am Bahnhof genehmigen
Die Stadt Bad Kreuznach muss große Werbeplakate auf ihrem Bahnhofsvorplatz genehmigen. Die einschränkende Werbesatzung der Stadt ist nichtig, da sie flächendeckend die Werbung regelt, ohne ein gebietsbezogenes Gestaltungsziel zu verfolgen. Dies hat das Verwaltungsgericht Koblenz am 13.04.2004 entschieden.
Die Stadt Bad Kreuznach versagte der Deutschen Eisenbahn-Reklame GmbH die Genehmigung für große Werbeplakate von 2,52 m x 3,56 m am Bahnhofsvorplatz von Bad Kreuznach. Sie berief sich dabei auf ihre Werbesatzung, wonach nur Werbung bis zu 3 qm zulässig sei. Dagegen klagte die Deutsche Eisenbahn-Reklame GmbH und argumentierte, die übliche Plakatwerbung für Wahlen, Markenartikel etc. sei dreimal größer als 3 qm. Die Nachfrage nach den kleinen Werbeformaten sei nahezu Null.
Die Koblenzer Richter entschieden, dass die Werbesatzung der Stadt Bad Kreuznach nichtig ist. Denn die Landesbauordnung lasse eine Werbesatzung nur zu, wenn ein bestimmtes Stadtgebiet gestaltet werde und damit ein besonderes Gepräge erhalten solle. Die Werbesatzung von Bad Kreuznach erfasse jedoch flächendeckend die gesamte Innenstadt und einige Randgebiete und diene damit nicht einem gebietsbezogenen Gestaltungsziel.
Die beklagte Stadt kann gegen die Entscheidung beim OVG Rheinland-Pfalz die Zulassung der Berufung beantragen.
(Urteil vom 13.04.2004; Az.: 7 K 1874/03.KO)
Quelle: Pressemitteilung Nr. 15/2004 Justiz Rheinland-Pfalz
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5. AG Aachen: Fehler bei kopiergeschützter CD ?
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Das AG Aachen (Urt. v. 28.11.2003 - Az.: 84 C 210/03 = http://snipurl.com/5zs7) hatte darüber zu entscheiden, ob ein CD-Player, der eine kopiergeschützte CD nicht abspielen kann, fehlerhaft iSd. § 434 BGB ist.
Diese Frage ist vor allem durch die zum 13.09.2003 in Kraft getretene Urheberrechtsreform aktuell geworden. Danach können die CD-Hersteller technische Kopierschutz-Mechanismen einsetzen, um das Recht auf Privatkopie einzuschränken. Wir haben zur Urheberrechtsreform eine eigene Rechts-FAQ "Fragen zum neuen Urheberrecht" erstellt = http://snipurl.com/4f19
Im vorliegenden Fall ging es um ein CD-Autoradio.
Das Gericht hat einen Fehler verneint:
"Zwischen den Parteien ist eine solche Beschaffenheit des CD-Autoradios nicht vereinbart worden (...).
Entgegen der Auffassung des Klägers kann nicht bei jedem (gewöhnlichen) CD-Player voraussgesetzt werden, dass dieser jede auf dem Markt erhältliche "Compact Disc" abspielen kann.
Grundsätzlich erwartet darf von einem (...) Player, dass dieser in der Lage ist, solche (...) Discs abzuspielen, in der Lehre und dem Standard der Patentrechtsinhaber Philipps und Sony entsprechen. Werden (...) Discs abweichend von diesem Standard hergestellt, ist es bereits fraglich, ob es sich überhaupt noch um einen Tonträger handelt, die unter den ursprünglichen Begriff "Compact-Disc" fallen.
In jedem Fall kann aber von einem gewöhnlichen CD-Player nicht ohne weiteres erwartet werden, dass dieser jedweden Tonträger (...) abspielen kann."
Wichtig anzumerken ist hierbei, dass das Gericht nicht über einen Fehler der CD geurteilt hat, sondern über einen möglichen Fehler des Players. Es läßt somit die entscheidende Frage, ob denn nun eine CD fehlerhaft ist, die kopiergeschützt ist und deswegen in herkömmlichen Playern nicht abspielbar ist, offen.
Insofern ist das Urteil nicht allzu überraschend, denn ein möglicher Fehler der CD kann keinesfalls dem Player angelastet werden.
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6. Neue 0190-Dialer-Urteile
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Es gibt zwei neue 0190-Dialer-Urteile zu vermelden:
a) Urteil des AG Celle vom 20.02.2004 - - Az.: 15a/ 13 C 2197/03 (8):
(Leitsätze:)
1. Der Netz-Betreiber ist beweispflichtig für die Inanspruchnahme der Leistung.
2. Angesichts des in letzter Zeit festzustellenden erheblichen Missbrauchs von Dialern kann von keinem Beweis der ersten Anscheins für die Richtigkeit der Telefonrechnung ausgegangen werden.
http://www.dialerundrecht.de/Entscheidungen/agpeine100304.htm
b) Urteil des AG Peine vom 10.03.2004 - Az.: 24 C 308/03:
(Leitsätze:)
1. Der Netz-Betreiber ist beweispflichtig für die Inanspruchnahme der Leistung.
2. Angesichts des in letzter Zeit festzustellenden erheblichen Missbrauchs von Dialern kann von keinem Beweis der ersten Anscheins für die Richtigkeit der Telefonrechnung ausgegangen werden.
http://www.dialerundrecht.de/Entscheidungen/agpeine100304.htm
Hinweis:
Zu der rechtlichen Problematik von Dialern finden Sie auf unserem Internet-Portal www.dialerundrecht.de ausführliche Erläuterungen.
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7. EU-Kommission: Vertragsverletzung wg. Spam-Nichtumsetzung
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Die Europäische Kommission wird Deutschland wegen Nichtumsetzung der Europäische Richtlinie "über die Verarbeitung personenbezogener Daten und den Schutz der Privatsphäre in der elektronischen Kommunikation" vom 12.07.2002 (2002/58/EG; PDF, 172 KB = http://snipurl.com/59vf) verklagen.
Mit dieser Richtlinie wird u.a. das Spam-Werbeverbot in das deutsche Wettbewerbsrecht übernommen, vgl. den Aufsatz von RA Dr. Bahr: "Änderung der Spam-Rechtslage durch Reform des Wettbewerbsrechts?" (= http://snipurl.com/2uai). Der deutsche Gesetzgeber will im Zuge der kurz bevorstehenden Wettbewerbsrechts-Reform diese Richtlinie mit berücksichtigen. Wir haben hierzu eine eigene Rechts-FAQ eingerichtet: "Fragen zum neuen Wettbewerbsrecht" = http://snipurl.com/49ec
Die Umsetzung der besagten Richtlinie in nationales Recht hätte bis zum 31.10.2003 geschehen müssen. Dies ist in Belgien, Deutschland, Griechenland, Frankreich, Luxemburg und den Niederlande nicht passiert.
Zwar hat erst vor kurzem der Deutsche Bundestag die Wettbewerbsrechts-Reform verabschiedet, vgl. die Kanzlei-Info v. 03.04.2004 (= http://snipurl.com/5zt8). Noch ist jedoch unklar, wann das Gesetz in Kraft treten wird.
Trotz dieser vermuteteten alsbaldigen Umsetzung wird nun die EU-Kommission besagte 6 EU-Länder vor dem Europäischen Gerichtshof verklagen, weil sie die neue Rechtsvorschriften zur elektronischen Kommunikation nicht vollständig umgesetzt haben:
"Der neue EU-Rechtsrahmen hätte seit (...) vergangenen Jahres in allen Mitgliedstaaten in Kraft sein sollen. (...)
Acht Mitgliedstaaten haben die Frist für die Übernahme der vier Teile des neuen Rechtsrahmens in einzelstaatliches Recht nicht eingehalten. Gegen sie hat die Kommission vergangenes Jahr Vertragsverletzungsverfahren eingeleitet.
Nach der Notifizierung von Umsetzungsmaßnahmen durch Spanien und unlängst durch Portugal wurden die gegen sie eingeleiteten Maßnahmen eingestellt. Der Kommission sind die Fortschritte bekannt, die in den Mitgliedstaaten (...) im Hinblick auf den Abschluss der Umsetzungsmaßnahmen gemacht werden, doch muss noch eine letzte Anstrengung unternommen werden. Sie ist bereit, solchen Entwicklungen Rechnung zu tragen, sobald die einzelstaatlichen Rechtsvorschriften förmlich notifiziert werden."
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8. EU-Kommission: "Product Placement" im Fernsehen rechtmäßig
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Die EU-Kommission hat in einer aktuellen Pressemitteilung (= http://snipurl.com/5ztc) erklärt, dass „Split-Screen“, „virtuelle Werbung“ und „Product Placement" mit der EU-Fernseh-Richtlinie vereinbar sind.
Beim "Split Screen" wird das Sichtfenster in mindestens zwei Hälften geteilt, auf der einen Seite der eigentliche Inhalt, auf der anderen die Werbung. Ein Fall der "virtuellen Werbung" liegt vor, wenn die Einblendung der Werbeflächen direkt in laufende Übertragungen geschieht. Beim "Product Placement" wird bewusst ein Markenprodukt in den filmischen Vordergrund gerückt, um damit beim Zuschauer einen Wiedererkennungseffekt und einen Kaufanzreiz zu schaffen.
Zwar komme der Trennung zwischen Inhalt und Werbung eine besondere Bedeutung zu, so die EU-Kommissarin für Bildung und Kultur Viviane Reding, jedoch erkenne die Fernseh-Richtlinie auch an, dass die Werbung Wirtschaftsgrundlage für alle privaten und einen Teil der öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ist.
Die deutsche Rechtsprechung vertritt dagegen eine klar restriktivere Ansicht. So hatte z.B. das ZDF bei einem Krimi-Fernsehspiel Anfang der 90er ("Wer erschoß Boro?") mit einem Verlagsunternehmen ein begleitendes Lösungsbuch herausgeben wollen. Das ZDF machte in einer Reihe von Programmhinweisen auf die Sendung auch auf das Buch aufmerksam. Der BGH sah hierin einen Verstoß gegen das Trennungsgebot (BGH, GRUR 1990, 611).
Dennoch ist das gerade versteckte Product Placement aus dem Fernseh-Alltag kaum Wegzudenken. Man denke dabei nur an die "Klassiker": Der BMW bei Derrick oder die Paroli-Bonbons bei Tatort (Schimanski).
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9. EU-Kommission: Vereinfachte Rechteverwertung
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Die Europäische Kommission schlägt in einer aktuellen Pressemitteilung (= http://snipurl.com/5ztl) vor, die Regelungen über die urheberrechtlichen Verwertungsgesellschaften auf europäischer Ebene zu vereinheitlichen und somit eine simplere Rechteverwertung für alle Beteiligten zu schaffen.
Da es den Urheber eines Werkes überfordern würde mit jedem Interessenten einzeln einen Nutzungsvertrag zu schließen, gibt es das Konstrukt der Verwertungsgesellschaften, die die betreffenden Rechte im Auftrage der Urheber wahrnehmen. Wichtigste Verwertungsgesellschaft in Deutschland ist dabei die GEMA (= Gesellschaft für musikalische Aufführungs- und mechanische Vervielfältigungsrechte).
Die europäischen "Kernländer" Deutschland, Großbritannien und Frankreich haben unterschiedlich intensive Gesetze über das Recht der Verwertungsgesellschaften erlassen.
Angesichts dieser Rechtszersplitterung sei eine Harmonisierung dringend erforderlich:
"Eine gemeinschaftliche Regelung für die kollektive Rechtewahrnehmung und vor allem für die Tätigkeit der Verwertungsgesellschaften erscheint dringend geboten.
Das ist eine der wichtigsten Schlussfolgerungen einer von der Europäischen Kommission veröffentlichten Mitteilung, die sich auf eine umfassende Analyse aller mit der Wahrnehmung von Urheberrechten und verwandten Schutzrechten verbundenen Fragen stützt. Die Kommission wird nun unverzüglich eine weitere Konsultation über den Inhalt eines derartigen Gesetzesvorhabens auf den Weg bringen.
Eine anderes Fazit der Mitteilung lautet, dass vor dem Einsatz von Systemen der digitalen Rechteverwertung (...) deren Interoperabilität sowie die Akzeptanz bei allen Beteiligten, einschließlich der Verbraucher, gewährleistet sein muss."
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10. Internet 2010: Perspektiven und Auswirkungen
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Das Europäische Institut für internationale Wirtschaftsbeziehungen (EIIW = http://www.euroeiiw.de) hat vor kurzem die Studie "Internetwirtschaft 2010 - Perspektiven und Auswirkungen" vorgelegt (Download hier; PDF, 234 KB = http://snipurl.com/5ztp).
Neben zahlreichen statistischen Werten (Anzahl der Bevölkerung online; Anzahl der Mobiltelefone, Breitbandanschlüsse usw.) ist das Dokument insbesondere deswegen lesenswert, weil es in knapper Form einen Ausblick in die vermeintliche, nähere Zukunft bietet.
Mag auch nicht jeder Ansatz oder jede Interpretation überzeugen, so sind die thesenartig formulierten Punkte in jedem Fall interessante gedankliche "Sprungbretter", um sich eingehender mit den einzelnen Themen zu beschäftigen.
Insgesamt kommen die Verfasser zu einem außerordentlich positiven Ergebnis für Deutschland. Einen besonderen Stellenwert bei der weiteren technischen Entwicklung wird dabei der Mobilfunk-Branche eingeräumt.
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11. BITKOM kritisiert Vorschlag für Drucker-Urheberrechtsabgabe
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Der Streit um Urheberrechtsabgabe auf digitale Medien geht in eine weitere Runde.
Im Herbst letzten Jahres hatte der Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien e.V. (BITKOM) mit der Zentrale für private Überspielungsrechte (ZPÜ) einen Gesamtvertrag für DVD-Brenner abgeschlossen, vgl. die Kanzlei-Info v. 12.08.2003 (= http://snipurl.com/359j). Ende November hatte schließlich die Verwertungsgesellschaft Wort (VG Wort) Fujitsu Siemens wegen nicht geleisteter Abgaben auf Personalcomputer (PC) verklagt, vgl. die Kanzlei-Info v. 20.11.2003 = http://snipurl.com/5ztq
Siehe insgesamt zu dem Problem der Urheberrechtsabgaben auf digitale Medien auch die Studie der Business Software Alliance, vgl. die Kanzlei-Info v. 14.09.2003 = http://snipurl.com/5ztr
Nun hat die Schiedsstelle des Deutschen Patent- und Markenamtes einen Vorschlag für Urheberrechtsabgaben auf Drucker gemacht, die derartige Geräte mit einer Abgabe zwischen 8,- und 70,- EUR (abhängig von der Druckgeschwindigkeit) belasten würde.
BITKOM kritisiert in einer aktuellen Stellungnahme (= http://snipurl.com/5zxy) diesen Vergleichsvorschlag als absolut inakzeptabel:
„Die Abgabe ist in der Sache nicht gerechtfertigt und in der Höhe nicht tragbar“, stellt Jörg Menno Harms, Vizepräsident des BITKOM, fest. „Eine Abgabenlast in dieser Höhe ist angesichts des massiven Preiswettbewerbs wirtschaftlich nicht vertretbar“.
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12. In eigener Sache: Unser neues Web-Portal "Affiliate & Recht"
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Affiliate & Recht (http://www.AffiliateundRecht.de) heißt das neue Portal und beschäftigt sich mit der großen Welt der Partnerprogramme, Affiliates und Merchants. Ein juristisch nahezu unerforschtes Gebiet. Der Surfer findet auf den Seiten zahlreiche Aufsätze, Gerichtsurteile und sonstige wichtige Infos.
Neben Dialer & Recht (http://www.DialerundRecht.de) ist es das 2. Portal aus unserer "... & Recht" - Reihe. In der nächsten Zeit werden wir weitere themenbezogene Web-Portale starten.
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