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Newsletter vom 28.10.2020 |
Betreff: Rechts-Newsletter 44. KW / 2020: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. EuGH: Fernabsatzrechtliches Widerrufsrecht ausgeschlossen, auch wenn Unternehmer mit Herstellung noch gar nicht begonnen hat _____________________________________________________________ Beauftragt ein Verbraucher die Herstellung einer Ware nach individuellen Kundenspezifikationen ist das fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht auch dann ausgeschlossen, wenn der Unternehmer noch gar nicht mit der Herstellung begonnen hat (EuGH, Urt. v. 21.10.2020 - Az.: C-529/19). Der Beklagte bestellte bei der Klägerin, Möbel Kraft, eine Einbauchküche auf Basis kundenspezifischer Vorstellungen. Noch bevor Möbel Kraft mit der Fertigung begann, widerrief der Kunde seine Order unter Hinweis auf sein fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht. Dies lehnte das Unternehmen ab, da der Auftrag kundenindividuell sei und das Gesetz (§ 312g Abs.2 Nr.1 BGB) hierfür einen Widerruf ausdrücklich ausschließe. Der Kunde meinte, dieser Ausschlussgrund greife nicht, da die Fertigung noch gar nicht begonnen habe.
Der EuGH gab Möbel Kraft Recht, d.h. es bestünde in diesen Fällen keine fernabsatzrechtliche Widerrufsmöglichkeit. Dies gelte auch dann, wenn die Produktion noch gar nicht gestartet sei:
"Was im Übrigen die Ziele der Richtlinie 2011/83 betrifft, so ergibt sich insbesondere aus ihren Erwägungsgründen 7 und 40, dass mit ihr die Rechtssicherheit von Geschäften zwischen Unternehmern und Verbrauchern erhöht werden soll. Aus Gründen der Rechtssicherheit knüpft der EuGH somit nicht an den Umstand der Produktion an, sondern erachtet es vielmehr als ausreichend, dass die Maßanfertigung vertraglich vereinbart wurde. Ob der Unternehmer bereits gestartet hat, ist dabei unerheblich. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 2. BVerfG: Unbegründete Verfassungsbeschwerde gegen das neue Tabakerzeugnisgesetz _____________________________________________________________ Mit heute veröffentlichtem Beschluss hat die 2. Kammer des Ersten Senats die Verfassungsbeschwerde einer Produzentin von Tabakerzeugnissen gegen das Tabakerzeugnisgesetz (TabakerzG) und die Verordnung über Tabakerzeugnisse und verwandte Erzeugnisse (TabakerzV) nicht zur Entscheidung angenommen. Zur Begründung hat die Kammer im Wesentlichen ausgeführt, dass eine Überprüfung dieser Regelungen am Maßstab der deutschen Grundrechte nicht in Betracht kommt, weil sie zwingendes Unionsrecht umsetzen. Angesichts der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Vereinbarkeit des einschlägigen zwingenden unionsrechtlichen Fachrechts mit den Unionsgrundrechten erscheint es auch ausgeschlossen, eine Überprüfung am Maßstab der deutschen Grundrechte durch eine Vorlage mit dem Ziel der Ungültigerklärung dieses unionsrechtlichen Fachrechts zu eröffnen. Soweit die Beschwerdeführerin die Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht als verspätet rügt, ist eine Prüfung am Maßstab der deutschen Grundrechte zwar eröffnet, eine Grundrechtsverletzung allerdings nicht genügend dargetan.
Sachverhalt: § 5 Abs. 1 Nr. 1 TabakerzG verbietet das Inverkehrbringen von Zigaretten und Tabaken zum Selbstdrehen, die ein charakteristisches Aroma haben oder Aromastoffe in ihren Bestandteilen enthalten oder sonstige technische Merkmale aufweisen, mit denen sich der Geruch oder Geschmack oder die Rauchintensität verändern lassen. Die Vorschrift ist gemäß § 47 Abs. 6 TabakerzG für Zigaretten und Tabake zum Selbstdrehen mit einem charakteristischen Aroma, deren unionsweite Verkaufsmengen 3 % oder mehr einer bestimmten Erzeugniskategorie ausmachen, erst ab dem 20. Mai 2020 anzuwenden. § 6 Abs. 1 TabakerzG regelt, dass Tabakerzeugnisse nur in den Verkehr gebracht werden dürfen, wenn die Packungen und Außenverpackungen mit gesundheitsbezogenen Warnhinweisen versehen sind, die in einer vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft zu erlassenden Rechtsverordnung vorgeschrieben sind. Entsprechende Vorgaben ergeben sich für Zigaretten und Tabake zum Selbstdrehen aus §§ 10 bis 14 TabakerzV und für Pfeifentabake aus §§ 15 und 16 TabakerzV. Nach § 18 Abs. 2 Satz 1 TabakerzG ist es verboten, Tabakerzeugnisse unter Verwendung irreführender werblicher Informationen auf Packungen, Außenverpackungen oder auf dem Tabakerzeugnis selbst in den Verkehr zu bringen. Eine Irreführung liegt nach § 18 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 TabakerzG unter anderem schon dann vor, wenn sich die werblichen Informationen auf Geschmack, Geruch, Aromastoffe oder sonstige Zusatzstoffe oder auf deren Fehlen beziehen. Die Beschwerdeführerin sieht sich als Produzentin von Tabakerzeugnissen, insbesondere mentholisierten Tabak-Feinschnitten, durch die Regelungen der § 5 Abs. 1 Nr. 1, § 6 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 1 TabakerzG in Verbindung mit §§ 12 bis 16 TabakerzV und § 18 Abs. 2 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 TabakerzG in ihren Rechten aus Art. 3 Abs. 1, Art. 5 Abs. 1, Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG verletzt und macht zudem geltend, infolge einer als verspätet gerügten Umsetzung der EUTPD II in nationales Recht in ihren Rechten aus Art. 12 Abs. 1 und Art. 14 Abs. 1 GG verletzt zu sein.
Wesentliche Erwägungen der Kammer: a) Das Rechtsschutzbedürfnis ist entfallen, soweit sich die Beschwerdeführerin durch die Übergangsregelung des § 47 Abs. 6 TabakerzG beschwert sieht und geltend macht, dass diese lediglich für Menthol-Zigaretten, jedoch nicht für mentholisierten Tabak gelte. Denn mit der – nach Erhebung der Verfassungsbeschwerde – erlassenen Regelung des § 34 Abs. 3 TabakerzV wurde klargestellt, dass die Übergangsfrist auch für mentholisierten Feinschnitt gilt. b) Darüber hinaus ist eine Überprüfung der angegriffenen Regelungen des TabakerzG und der TabakerzV durch das Bundesverfassungsgericht am Maßstab der deutschen Grundrechte nicht eröffnet, weil sie zwingende unionsrechtliche Vorgaben in deutsches Recht umsetzen. Soweit dem nationalen Gesetzgeber Gestaltungsspielräume verbleiben, betreffen sie nicht die von der Beschwerdeführerin geltend gemachte grundrechtliche Beschwer. Angesichts der zwischenzeitlich ergangenen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs zur Vereinbarkeit des einschlägigen zwingenden unionsrechtlichen Fachrechts mit den Unionsgrundrechten geht auch die Anregung der Beschwerdeführerin ins Leere, eine Überprüfung am Maßstab der deutschen Grundrechte durch eine Vorlage an den Gerichtshof mit dem Ziel der Ungültigerklärung des unionsrechtlichen Fachrechts zu eröffnen. Der Europäische Gerichtshof hat die Vereinbarkeit der maßgeblichen Vorgaben der EUTPD II mit Unionsrecht – zuletzt mit dem Urteil vom 30. Januar 2019, Planta Tabak-Manufaktur, C-220/17, EU:C:2019:76 – gerade auch im Hinblick auf die von der Beschwerdeführerin als verletzt bezeichneten Unionsgrundrechte bestätigt. Im Übrigen ist - auch mit Blick auf diese Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs - weder dargelegt noch sonst ersichtlich, dass die Unionsgrundrechte den vom Grundgesetz jeweils als unabdingbar gebotenen Schutz zumal des Wesensgehalts der hier in Rede stehenden deutschen Grundrechte nicht generell verbürgen. 2. Die Verfassungsbeschwerde ist auch unzulässig, soweit die Beschwerdeführerin rügt, die EUTPD-II hätte so rechtzeitig in deutsches Recht umgesetzt werden müssen, dass die Unternehmen auf dieser Grundlage die notwendigen Maßnahmen zur Umstellung der Produktionsabläufe vor Anwendung der Neuregelung ab dem 20. Mai 2016 hätten durchführen können. Zwar ist die Prüfung am Maßstab der deutschen Grundrechte eröffnet, weil die EUTPD-II insoweit Gestaltungsspielraum lässt. Die Mitgliedstaaten waren unionsrechtlich nicht gehindert, die Vorschriften zur Umsetzung der EUTPD-II schon vor deren Anwendbarkeit ab dem 20. Mai 2016 zu erlassen. Eine Verletzung von Grundrechten ist jedoch nicht in einer den Anforderungen der § 23 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1, § 92 BVerfGG genügenden Weise dargetan. Die Beschwerdeführerin zeigt nicht nachvollziehbar auf, dass die geltend gemachten Investitionskosten und Ertragseinbußen nicht ohnehin aufgrund der zwingenden unionsrechtlichen Vorgaben entstanden wären, sondern bei einer frühzeitigen Umsetzung der EUTPD-II in deutsches Recht vor dem 20. Mai 2016 hätten verhindert werden können. Zudem legt sie nicht dar, dass eine isolierte frühzeitige Teilumsetzung bereits hinreichend konkretisierter Vorgaben der EUTPD-II in deutsches Recht trotz der damit verbundenen Zersplitterung des Gesetzgebungsverfahrens überhaupt möglich gewesen wäre. Beschluss vom 08. September 2020 - 1 BvR 895/16
Quelle: Pressemitteilung v. 16.10.2020
Die Beklagte bot auf Amazon und eBay Autositzbezüge zum Verkauf an. Die Produkte waren nicht für Fahrzeuge mit Seitenairbags geeignet. Hierüber wurde ein potenzieller Käufer jedoch nicht informiert.
Dies stufte das OLG Köln als Wettbewerbsverstoß ein, da wesentliche Informationen unterlassen worden seien.
"Die von der Klägerin geforderten Angaben zur Möglichkeit der Nutzung für ein Fahrzeug, das mit Seitenairbags in den Sitzen ausgestattet ist, ist eine nach § 5a Abs. 3 Nr. 1 UWG wesentliche Information. Dabei reiche es, wenn der Verkäufer auf die fehlende Kompatibilität hinweise. Eines weitergehenden Warnhinweis, dass bei der Benutzung in ungeeigneten Fahrzeugen eine Gefahr für Leib und Leben bestünde, bedürfe es hingegen nicht: "Wie das Landgericht mit Recht und mit zutreffender Begründung angenommen hat, handelt es sich bei der Information, dass Gefahren für Leib und Leben bestehen können, nicht um eine wesentliche Information im oben im Einzelnen dargelegten Sinn. (...) Und weiter: "Nach diesen Grundsätzen ist die Information nicht wesentlich. Wie das Landgericht mit Recht und mit zutreffender Begründung angenommen hat, ergibt sich bereits aus der Information, dass die Sitzbezüge nicht für Fahrzeuge mit Seitenairbags geeignet sind, dass die Funktion dieser Airbags bei Nutzung der Sitzbezüge gestört werden kann. zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 4. LG Bonn: VerpackG-Registrierung unter Geschäftsbezeichnung ausreichend = kein Wettbewerbsverstoß _____________________________________________________________ Es ist ausreichend, wenn ein Einzelunternehmer sich unter seiner geschäftlichen Bezeichnung beim Verpackungsregister registriert. Nicht notwendig ist es, dass er dort seinen realen bürgerlichen Namen angibt (LG Bonn, Urt. v. 29.07.2020 - Az.: 1 O 417/19). Der Beklagte betrieb einen Online-Shop, in dem er unterschiedliche Waren aus Bambus (z.B. Messer, Schneidebretter, Geschirr) anbot. Nach § 9 Abs.1 VerpackG registrierte er sich beim Verpackungsregister nicht mit seinem tatsächlichen privaten Namen, sondern gab nur die geschäftliche Bezeichnung an, unter der er auftrat. Die Klägerin stufte dies als unzureichend ein und ging gegen diesen aus ihrer Sicht vorliegenden Wettbewerbsverstoß gerichtlich vor. Das LG Bonn stufte das Begehren als unbegründet ein.
Zunächst erörtert das Gericht das Für und Wider der einzelnen Standpunkte:
"Das VerpackG selbst definiert nicht näher, was mit dem Begriff Name gemeint ist oder welche Angaben an dieser Stelle zu machen sind. (...)Die Gesetzesbegründung zum VerpackG (BR-Drs. 797/16) enthält ebenfalls keine nähere Erläuterung, was mit dem Begriff Name gemeint sein kann. Im Ergebnis bewertet das LG Bonn die Eintragung einer bloßen Geschäftsbezeichnung als ausreichend: "Das Verpackungsgesetz enthält Vorschriften, die dem Abfallrecht angehören. Es konkretisiert die Produktverantwortung iS. des § 23 KrWG und dient in erster Linie der Abfallvermeidung. Seine wesentlichen Elemente sind die Pfand- und Rücknahmepflichten, mit denen die massenhaft anfallenden Verpackungsabfälle möglichst vermieden oder wenigstens gesondert erfasst und verwertet werden sollen sowie die Systembeteiligungspflicht (...). Ziel der Registrierung ist, dass die Zentrale Stelle eine bessere Überwachungsgrundlage erhalten und durch die Veröffentlichung der wesentlichen Registrierungsdaten im Internet zugleich eine effektive Selbstkontrolle des Marktes ermöglicht werden soll (...). zurück zur Übersicht ____________________________________________________________ 5. VG Freiburg: Polizeianwärter darf wegen Mitgliedschaft in rassistischer WhatsApp-Gruppe entlassen werden _____________________________________________________________ Die Polizeihochschule durfte einen angehenden Polizeibeamten wegen Zweifeln an seiner charakterlichen Eignung entlassen, weil er – wenn auch weitgehend passiv – Mitglied einer WhatsApp-Gruppe war, in der nationalsozialistische, antisemitische, rassistische, gewaltverherrlichende und frauenverachtende Kommentare und Bilder geteilt wurden. Dies hat das Verwaltungsgericht Freiburg mit Beschluss vom 19.10.2020 (3 K 2398/20) entschieden und damit den gegen seine Entlassung gerichteten Eilantrag eines Polizeimeisteranwärters abgelehnt. Der entlassene Polizeimeisteranwärter bei der Hochschule für Polizei Baden-Württemberg in Villingen-Schwenningen war gemeinsam mit sechs weiteren Klassenkameraden Mitglied einer WhatsApp-Gruppe mit dem Namen „Pozilei bad boys“. In der Gruppe wurden neben Nachrichten zu Ausbildungs- und Freizeitthemen u. a. Hitlerportraits, das Hakenkreuzsymbol sowie antisemitische, rassistische, gewaltverherrlichende und frauenfeindliche Bilder und Texte verschickt. Nach Bekanntwerden der WhatsApp-Gruppe entließ die Polizeihochschule den Polizeimeisteranwärter aus dem Polizeivollzugsdienst. Sie begründete dies mit Zweifeln an seiner charakterlichen Eignung. Auch wenn er in der Gruppe weder Administrator noch treibende Kraft gewesen sei, habe er Beiträge geschrieben, kommentiert und mitgelesen. Damit habe er rechtes, antisemitisches und frauenfeindliches Gedankengut toleriert. Dies sei mit der Vorbildfunktion als angehender Polizeibeamter nicht vereinbar. Der entlassene Polizeimeisteranwärter wendete hiergegen ein, er habe die Beiträge der anderen nicht genau gelesen und sei auch mit ihrem Inhalt nicht einverstanden gewesen. Das Verwaltungsgericht lehnte den Eilantrag im Wesentlichen mit folgender Begründung ab: Beamte auf Widerruf wie der Polizeimeisteranwärter könnten entlassen werden, wenn berechtigte Zweifel an ihrer persönlichen oder fachlichen Eignung bestünden. Die Polizeihochschule habe die Entlassung – nach der im Eilverfahren vorzunehmenden überschlägigen gerichtlichen Prüfung – voraussichtlich zu Recht auf Zweifel an der charakterlichen und damit persönlichen Eignung gestützt. Für die gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbare Beurteilung der charakterlichen Eignung sei die Einschätzung entscheidend, inwieweit ein Bewerber der von ihm zu fordernden Loyalität, Aufrichtigkeit, Zuverlässigkeit, Fähigkeit zur Zusammenarbeit und Dienstauffassung gerecht werde. Von einem Polizeibeamten sei dabei zu erwarten, dass er zu jeder Zeit und ohne jeden Vorbehalt für die Verteidigung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung und die Grundwerte eines friedlichen Zusammenlebens eintrete. Damit einher gehe nicht nur das Verbot von gegen die Verfassung gerichteten Taten, sondern auch eine Pflicht zum aktiven Handeln. Es sei vor diesem Hintergrund nicht zu beanstanden, dass die Polizeihochschule dem entlassenen Polizeimeisteranwärter vorhalte, er sei weder aus der WhatsApp-Gruppe ausgetreten noch habe er in der Gruppe zu erkennen gegeben, dass er das dort dokumentierte Gedankengut nicht teilt, sondern im Gegenteil sogar einige Beiträge kommentiert habe. Indem er die nationalsozialistischen, antisemitischen, rassistischen, gewaltverherrlichenden und frauenverachtenden Äußerungen, Symbole und Bilder hingenommen und vereinzelt ohne jede Distanzierung kommentiert habe, habe er sie verharmlost und bagatellisiert. Es sei von ihm auch bereits in der Ausbildungszeit zu erwarten gewesen, dass er sich aktiv für die Grundwerte des gesellschaftlichen Zusammenlebens einsetze und sich dem widersprechenden Verhalten gerade innerhalb des Kollegenkreises entgegenstelle. Damit begründe bereits das Hinnehmen und kritiklose Kommentieren die berechtigten Zweifel an seiner charakterlichen Eignung für den Polizeiberuf, ohne dass es der Feststellung einer gefestigten eigenen rechtsextremen Überzeugung des entlassenen Polizeimeisteranwärters bedürfe.
Der Beschluss ist noch nicht rechtskräftig. Der Antragsteller kann innerhalb von zwei Wochen Beschwerde zum Verwaltungsgerichtshof Baden Württemberg in Mannheim einlegen.
Quelle: Pressemitteilung des VG Freiburg v. 26.10.2020
Diese Auskunft hat die Antragsgegnerin mit dem Argument verweigert, dass es sich bei der Staatsangehörigkeit um ein personenbezogenes Datum handele. Die Auskunft könne deswegen nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 des Niedersächsischen Pressegesetzes (NPresseG) verweigert werden. Der Antragsteller ist der Auffassung, die Information sei von Relevanz. Ihm sei als Gerichtsreporter in der Vergangenheit aufgefallen, dass an illegalen Straßenrennen oftmals junge Männer teilnähmen, die häufig einen Migrationshintergrund hätten. Diesbezüglich verwies der Antragsteller auf mehrere (Fremd-)Berichterstattungen in ähnlich gelagerten Fällen. Die 6. Kammer des Verwaltungsgerichts Hannover hat dem Eilantrag mit Beschluss vom 20. Oktober 2020 stattgegeben. Der Auskunftsanspruch ergebe sich aus § 4 Abs. 1 NPresseG. Hiernach seien die Behörden verpflichtet, den Vertretern der Presse die der Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgabe dienenden Auskünfte zu erteilen. Eine öffentliche Aufgabe erfülle die Presse, wenn sie in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse Nachrichten beschaffe und verbreite, Stellung nehme, Kritik übe oder auf andere Weise an der Meinungsbildung mitwirke. Die vorliegend begehrte Auskunft hinsichtlich der Staatsangehörigkeit(en) des in Rede stehenden Unfallbeteiligten diene der Erfüllung einer solchen „öffentlichen Aufgabe“, welche konkret darin bestehe, sich in Angelegenheiten von öffentlichem Interesse publizistisch zu betätigen. Ein öffentliches Informationsinteresse sei hinsichtlich der Teilnahme an verbotenen Kraftfahrzeugrennen zu bejahen. Dies habe sich in der Vergangenheit beispielsweise an dem Berliner „Ku’damm-Raser-Fall“ gezeigt. Neben dem generellen öffentlichen Interesse an besagter medialer Berichterstattung besteht nach Ansicht der Kammer darüber hinaus auch ein konkretes Informationsinteresse in Bezug auf die Staatsangehörigkeit(en) der in Rede stehenden Beschuldigten. Diesbezüglich habe der Antragsteller durch die Vorlage verschiedener Berichterstattungsauszüge glaubhaft gemacht, dass der soziokulturelle Hintergrund im Hinblick auf die Feststellung etwaiger Häufungen in Rede stehender Verhaltensweisen bei bestimmten Tätergruppen von Bedeutung sein könne. Das private Interesse des Beschuldigten daran, dass seine Staatsangehörigkeit nicht offengelegt werde, überwiege nicht gegenüber dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit. Den Beteiligten steht das Rechtsmittel der Beschwerde zum Niedersächsischen Oberverwaltungsgericht in Lüneburg zu. Az.: 6 B 5352/20
Quelle: Pressemitteilung des VG Hannover vom 21.10.2020
Die Beklagte war Immobilienmaklerin und warb auf ihrer Webseite wie folgt:
"Sind sie von Immobilienverlust bedroht, befinden sich in einer uneinigen Erbengemeinschaft oder strittigen Entscheidungssituation? Egal ob privat oder gewerblich – wir stehen Ihnen mit Rat und Tat zur Seite und schützen Ihr Vermögen und Ihre Werte vor Gläubigern und dem Zugriff der öffentlichen Hand. Dies stufte das Gericht als wettbewerbswidrig ein, da ein Verstoß gegen § 3 RDG vorliege. Die Beklagte bewerbe eine Rechtsdienstleistung, zu deren Ausübung sie nicht befugt sei. "Nach Auffassung des erkennenden Gerichts wirbt die Beklagte (...) mit einer kostenlosen Rechtsberatung im Sinne von § 3 RDG. Dies ergibt sich ohne Weiteres aus der Schilderung der Beklagten: „Sind Sie von Immobilienverlust bedroht, befinden sich in einer uneinigen Erbengemeinschaft oder strittigen Entscheidungssituation?“ Und weiter: "(...) stellt sich der Werbeauftritt (...) so dar, dass die Beklagte darüber hinaus dem Kunden anbietet, sein "Vermögen und (…) Werte vor Gläubigern und dem Zugriff der öffentlichen Hand“ zu schützen, die Situation zu sortieren und gemeinsam eine passende Lösung zu finden. Es gehe hier also um deutlich mehr als um reine Maklertätigkeit. Es liege daher eine Wettbewerbsverletzung vor. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 8. ArbG Augsburg: Kein Anspruch des Arbeitnehmers auf Homeoffice _____________________________________________________________ Auch in Corona-Zeiten besteht kein grundsätzlicher Anspruch des Arbeitnehmers auf Homeoffice (ArbG Augsburg, Urt. v. 07.05.2020 - Az.: 3 Ga 9/20). Der Arbeitnehmer legte angesichts der aktuellen Corona-Pandemie ein entsprechendes ärztliches Attest vor und verlangte von seinem Arbeitgeber, ihm entweder ein Einzelbüro zuzuweisen oder ihm die Arbeit in Form von Homeoffice zu gestatten. Beides lehnte das Gericht ab. Es stünde grundsätzlich dem Arbeitgeber frei, wo und wie er seine Arbeitnehmer einsetze. Ein Anspruch auf Homeoffice ergebe sich weder aus dem Vertrag noch aus dem Gesetz. Zwar sei der Arbeitgeber verpflichtet, die Gesundheit seiner Arbeitnehmer zu schützen. Ihm stünde jedoch ein umfangreiches Ermessen zur Verfügung, wie er diese Auswahl vornehme. Dies könne beispielsweise auch ein Büro mit mehreren Personen sein, wenn entsprechende Schutzvorkehrungen vorhanden seien.
Der Kläger habe daher auf die geltend gemachten Ansprüche kein Anrecht.
Der Kläger war Ausländer und bei der Beklagten beschäftigt. Im Jahr 2019 war er viele Tage erkrankt. Daraufhin schrieb die Prokuristin der verklagten Firma eine E-Mail an die Ausländerbehörde. In dieser Nachricht teilte sie u.a. mit, ihr keine aktuelle Anschrift vorliege und dass der Kläger arbeitsunfähig erkrankt sei. Eine Abschrift der E-Mail übersandte die Firma auch an die Arbeitsagentur, um sich dort für ihre Kündigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Kläger zu rechtfertigen. Als der Kläger von dieser Vorgehensweise erfuhr, schaltete er den Sächsischen Datenschutzbeauftragten ein. Die Behörde stufte das Vorgehen des Arbeitgebers als rechtswidrig ein, da unerlaubt Gesundheitsdaten an Dritte weitergegeben worden seien. Daraufhin begehrte der ehemalige Arbeitnehmer u.a. Schadensersatz wegen der DSGVO-Verletzung. Das ArbG Dresden sprach ihm eine Höhe von 1.500,- EUR zu.
Zunächst stellte das Gericht fest, dass die Weitergabe an die Ausländerbehörde rechtswidrig war:
"Bei Gesundheitsdaten nach Art. 9 Abs. 1 DSGVO handele es sich um Gesundheitsdaten, deren Verarbeitung grundsätzlich untersagt ist. Nur in den von Art. 9 Abs. 2 DSGVO genannten Ausnahmen ist die Verarbeitung zulässig. Zur Höhe des Ausgleichsbetrages führt das Gericht aus: "Zum Ersatz dieses immateriellen Schadens hält die Kammer einen Betrag i.H.v. 1.500,00 EUR für geboten, aber auch ausreichend. zurück zur Übersicht _____________________________________________________________ 10. Webinar mit RA Dr. Bahr "Werbemöglichkeiten unter dem neuen Glücksspielstaatsvertrag 2021" am 13.11.2020 _____________________________________________________________ Am 13.11.2020 gibt es ein kostenloses Webinar mit RA Dr. Bahr zum Thema "Werbemöglichkeiten unter dem neuen Glücksspielstaatsvertrag 2021" Die Veranstaltung ist kostenfrei. Anmeldungen können hier vorgenommen werden.
Datum: 13.11.2020
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