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1. BGH: "Neuwagen"-Eigenschaft eines Vorführwagen
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Der Bundesgerichtshof hat heute entschieden, dass der Begriff "Vorführwagen" keine Aussage über das Alter des Fahrzeugs enthält.
Der Kläger kaufte im Juni 2005 vom Beklagten, einem Händler, unter Verwendung eines Bestellformulars für gebrauchte Wohnmobile ein vom Verkäufer als Vorführwagen genutztes Wohnmobil. In dem Kaufvertrag sind der abgelesene Kilometer-Stand und die "Gesamtfahrleistung lt. Vorbesitzer" mit 35 km angegeben. In der Zeile "Sonstiges" heißt es: "Vorführwagen zum Sonderpreis …".
Die Fahrzeugübergabe fand im Juli 2005 statt; die Erstzulassung erfolgte auf den Kläger. Im November 2005 erfuhr der Käufer auf einer Messe, dass es sich bei dem Wohnmobil um einen Aufbau aus dem Jahr 2003 handelt. Unter Berufung darauf erklärte er im März 2007 den Rücktritt vom Kaufvertrag.
Mit seiner Klage begehrt der Käufer die Rückzahlung des Kaufpreises in Höhe von 64.000 € Zug um Zug gegen Rückübereignung des Wohnmobils. Das Landgericht hat der Klage stattgegeben. Das Oberlandesgericht hat auf die Berufung des Verkäufers die Klage abgewiesen.
Die dagegen gerichtete Revision des Käufers hatte keinen Erfolg. Der unter anderem für das Kaufrecht zuständige VIII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat entschieden, dass allein die Bezeichnung eines Fahrzeugs als Vorführwagen keinen Rückschluss auf das Herstellungsdatum zulässt. Die Tatsache, dass es sich bei dem im Jahr 2005 als Vorführwagen verkauften Wohnmobil um einen Aufbau aus dem Jahr 2003 gehandelt hat, stellt daher keinen Sachmangel dar, der den Käufer zum Rücktritt vom Kaufvertrag berechtigen würde.
Unter einem Vorführwagen ist ein gewerblich genutztes Fahrzeug zu verstehen, das einem Neuwagenhändler im Wesentlichen zum Zwecke der Vorführung (Besichtigung und Probefahrt) gedient hat und noch nicht auf einen Endabnehmer zugelassen war. Die Beschaffenheitsangabe "Vorführwagen" umfasst hingegen keine Vereinbarung über das Alter des Fahrzeugs oder die Dauer seiner bisherigen Nutzung als Vorführwagen. Soweit mit der Bezeichnung "Vorführwagen" häufig die Vorstellung verbunden ist, dass es sich regelmäßig um ein neueres Fahrzeug handele, beruht dies allein darauf, dass ein Vorführwagen im Allgemeinen nur für kürzere Probefahrten genutzt wird und auch als Ausstellungsobjekt keiner größeren Abnutzung unterliegt. Ein Rückschluss auf das Alter des Vorführwagens kann angesichts dessen nur aufgrund besonderer Umstände des Einzelfalles gerechtfertigt sein. Derartige Umstände waren hier jedoch nicht gegeben.
Urteil vom 15. September 2010 – VIII ZR 61/09
LG Konstanz – Urteil vom 16. Juli 2008 – 2 O 263/07
OLG Karlsruhe – Urteil vom 19. Februar 2009 – 9 U 176/08
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 15.09.2010
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2. OLG Celle: Keine generalpräventiven Gedanken bei Streitwertbemessung in Urheberrechtsfällen
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In Fällen von Urheberrechtsverletzungen sind bei Bestimmung der Streitwerthöhe keine generalpräventiven Gedanken zu berücksichtigen, denn es ist nicht Aufgabe der Streitwertfestsetzung, potentielle Nachahmer abzuschrecken (OLG Celle, Beschl. v. 07.12.2011 - Az.: 13 U 130/11).
Der Beklagte war Betreiber einer Gaststätte und zeigte dort Inhalte aus dem Pay-TV, ohne einen entsprechenden Vertrag mit dem Fernsehveranstalter abgeschlossen zu haben. Als der gerichtliche Rechtsstreit sich anderweitig erledigte, ging es nur noch um die Kosten und die Festsetzung des Streitwertes.
Grundlage der Bestimmung sei immer das Interesse des Gläubigers an der Durchsetzung des geltend gemachten Anspruchs, so die Richter. Dabei sei im Urheberrecht zu berücksichtigen, in welchem Ausmaß und Umfang das jeweils betroffene Recht verletzt werde.
Generalpräventive Gesichtspunkte hätten hingegen bei der Streitwertbemessung unberücksichtigt bleiben. Denn es sei nicht Aufgabe der Streitwertfestsetzung, potentielle weitere Nachahmer abzuschrecken.
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3. OLG Düsseldorf: Apotheker-Werbung "Holen Sie sich Ihre Praxisgebühr zurück" nicht wettbewerbswidrig
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Eine Apotheker-Werbung "Holen Sie sich Ihre Praxisgebühr zurück" ist nicht wettbewerbswidrig (OLG Düsseldorf, Urt. v. 18.10.2011 - Az.: 20 U 36/11).
Die verklagte Apotheker hatte eine Anzeige geschaltet, in der es hieß:
"Holen Sie sich ihre Praxisgebühr zurück"
Den Lesern wurde darin angeboten, die gesetzliche Praxisgebühr iHv. 10,- EUR erstattet zu bekommen, wenn sie in der Apotheke des Beklagten einkauften.
Die Düsseldorfer Richter verneinten einen Wettbewerbsverstoß.
Zwar seien die Regelungen über die Praxisgebühr verletzt, jedoch handle es sich bei diesen Bestimmungen um keine Marktverhaltensregeln im Sinne des Wettbewerbsrechts.
Denn durch die Normen sei gerade kein Schutz der Allgemeinheit bezweckt. Vielmehr solle die Eigenverantwortung der Versicherten gestärkt und ein Beitrag zur Konsolidierung der Finanzen der gesetzlichen Krankenversicherung geleistet werden.
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4. OLG Frankfurt a.M.: Gegenverfügung im einstweiligen Rechtsschutz unzulässig
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In einem anhängigen Verfügungsverfahren ist ein Antrag des Antragsgegners auf Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen den Antragsteller prozessual unzulässig. Die Vorschriften über das einstweilige Verfügungsverfahren sehen eine solche Gegenverfügung nicht vor (OLG Frankfurt a.M., Urt. v. 20.10.2011 - Az.: 6 U 10/11).
Die Antragstellerin beantragte eine einstweilige Verfügung wegen eines Wettbewerbverstoß. Die Antragsgegnerin stellte daraufhin einen "Gegenverfügungsantrag", in dem sie die Werbeaussagen der Antragstellerin verbieten lassen wollte.
Dies stuften die Frankfurter Richter als unzulässig ein. Eine solche "Gegenverfügung" sehe das deutsche Zivilprozessrecht nicht vor.
Es sei keine Notwendigkeit ersichtlich, dem Antragsgegner im anhängigen Eilverfahren die Möglichkeit zu eröffnen, gleichfalls einen Eilantrag zu stellen.
Zum einen bestünde die Gefahr, dass die angestrebte zügige Entscheidung über den Antrag des Antragstellers gefährdet werde. Auch sei kein Grund ersichtlich, weshalb ein Antragsgegner einen Gegenverfügungsantrag nicht in einem eigenständigen Verfahren verfolgen könnte.
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5. OLG München: YouTube nicht zur Herausgabe von Nutzerdaten verpflichtet
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Ein Rechteinhaber kann von der Videoplattform YouTube keine Auskunft über Daten ihrer Nutzer verlangen, wenn diese Nutzer urheberrechtlich geschützte Filmausschnitte von schlechter Qualität und zusammenhanglos bei YouTube zum Upload bereitstellen. Eine Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß liegt in einem solchen Fall nicht vor (OLG München, Urt. v. 17.11.2011 - Az.: 29 U 3495/11).
Zwei Nutzer der Videoplattform YouTube hatten sechs Ausschnitte des Films "Werner Eiskalt" bei YouTube eingestellt. Die Filmausschnitte waren von schlechter Qualität und wiesen keinerlei Zusammenhang auf. Die Klägerin, die die Rechte an dem Werk besass, verlangte die Herausgabe der Nutzerdaten, damit die beiden Täter rechtlich verfolgt werden könnten.
Das OLG München lehnte einen solchen Auskunftsanspruch ab.
Es fehle an der notwendigen Rechtsverletzung in gewerblichem Ausmaß, so die Robenträger. Die beanstandeten Filmausschnitte begründeten weder hinsichtlich der Anzahl der Aufrufe auf YouTube eine Rechtsverletzung noch sei zu erkennen, dass mit diesen unmittelbar oder mittelbar ein wirtschaftlicher oder kommerzieller Vorteil erzielt werden sollte.
Hierfür spreche insbesondere, dass die Filmausschnitte von sehr schlechter Qualität seien und nicht in einem näheren inhaltlichen Zusammenhang zueinander stünden.
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 15.12.2011
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6. VG Düsseldorf: Sperrungsanordnung gegen einzelne Internet-Zugangsanbieter zum unerlaubten öffentlichen Glücksspiel rechtswidrig
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Mit den Beteiligten soeben zugestelltem Urteil vom 29. November 2011 hat die 27. Kammer des Verwaltungsgerichts Düsseldorf der Klage der Vodafone D2 GmbH gegen eine glücksspielrechtliche Sperrungsanordnung der Bezirksregierung Düsseldorf stattgegeben.
Der Klägerin, einer Internet-Zugangsanbieterin, war von der Bezirksregierung Düsseldorf aufgegeben worden, eine Sperrung der über die Klägerin zugänglichen Websites zweier großer Online-Glücksspielanbieter einzurichten. Diese Sperrungsanordnung aus dem Jahr 2010 hat das Gericht aufgehoben. In der Urteilsbegründung führt die Kammer aus: Die Klägerin sei als Diensteanbieterin im Sinne des Telemediengesetzes nicht für die durch Aufruf der Domains der beiden Glücksspielanbieter zu erreichenden Inhalte verantwortlich, da sie die Übermittlung der Glücksspielinhalte weder veranlasse noch auswähle.
Auch die bloße Kenntnis von der Rechtswidrigkeit des Glücksspielangebots begründe keine Verantwortlichkeit. Die Inanspruchnahme der Klägerin als Nichtstörerin sei rechtswidrig, weil die Bezirksregierung Düsseldorf nur gegen zwei Access-Provider vorgehe. Die Wahrung des Gleichheitssatzes erfordere jedoch eine einheitliche Vorgehensweise gegen die in Nordrhein-Westfalen ansässigen gewerblichen Diensteanbieter. Zudem könnten die Internetnutzer ohne weiteres auf einen der verbleibenden Anbieter ausweichen.
Die Klage der drittbetroffenen Tipp24 Services Ltd., die eine gleichlautende, gegen die Deutsche Telekom AG gerichtete Sperrungsanordnung angefochten hatte, war daher ebenfalls erfolgreich.
Gegen die Urteile kann Berufung eingelegt werden.
Aktenzeichen: 27 K 5887/10 und 27 K 3883/11
Quelle: Pressemitteilung des VG Düsseldorf v. 22.12.2011
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7. LG Freiburg: Auch bei Preisrätsel muss Fremdwerbung erkennbar sein
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Ein Preisrätsel ist als verbotene Schleichwerbung zu qualifizieren, wenn nicht von vornherein die mit dem Preisrätsel verfolgte Werbung zugunsten des Absatzes eines fremden Produkts erkennbar ist (LG Freiburg, Urt. v. 17.01.2011 - Az.: 12 O 78/10).
Preisrätsel an sich seien nicht automatisch als (unerlaubte) Werbung für fremde Produkte zu qualifizieren, denn der ausgelobte Preis werde bei dieser Form des Gewinnspiels stets durch einen Dritten gespendet.
Die Grenze zur unzulässigen Schleichwerbung werde jedoch dort überschritten, wo diese Konstellation nicht von vornherein für Dritte erkennbar sei.
Im vorliegenden Fall erwecke die Beklagte durch zahlreiche äußere Umstände den Eindruck, die Produkte stammten von ihr selbst. Auch werde der zu gewinnende Preis unverhältnismäßig groß und aufmerksamkeitserregend beworben.
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8. LG Lüneburg: Versand von Postwurfsendungen gegen den Willen des Adressaten unzulässig
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Die Zusendung nicht gewünschter Postwurfsendungen stellt einen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Ein Verbraucher ist nicht gezwungen, einen Aufkleber mit den Worten "Werbung - Nein Danke" auf seinem Briefkasten anzubringen. Vielmehr genügt es, wenn er dem Unternehmen mitteilt, dass er eine derartige Werbung nicht wünscht (LG Lüneburg, Urt. 30.09.2011 - Az.: 4 S 44/11).
Der Kläger erhielt regelmäßig in seinen Briefkasten die Zeitschrift der Deutschen Post "Einkauf aktuell" eingeworfen. Diese Postwurfsendung besteht aus einem wöchentlichen TV-Programmhaft und Werbebroschüren unterschiedlicher Handelsunternehmen.
Als er die Post aufforderte, dies zu unterlassen, lehnte diese ab und wies darauf hin, dasser einen entsprechenden "Werbung, nein danke"-Aufkleber an seinen Briefkasten anbringen könne.
Die Lüneburger Richter teilten diese Ansicht nicht und verurteilten das Unternehmen zur Unterlassung.
Es handle sich umerlaubte Werbung, die das Allgemeine Persönlichkeitsrecht des Klägers verletze.
Der Kläger habe sich mehrfach an die Beklagte gewandt und darum gebeten, die Postwurfsendungen sein zu lassen. Trotz dieser Kenntnis habe die Beklagte die Werbung weiterhin in den Briefkasten geworfen.
Der Kläger müsse sich nicht darauf verweisen lassen, dass er einen Aufkleber mit den Worten "Werbung - Nein Danke" anbringen solle. Es reiche aus, dass er dem Unternehmen mitteile, keine Postwurfsendungen mehr erhalten zu wollen.
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9. LG Ulm: Zitate aus Leserbewertungen müssen Fundstelle angeben
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Die Werbung mit Leserbeurteilungen ist nur dann zulässig, wenn die Fundstelle angegeben wird. Denn nur dann kann der Leser nachvollziehen, dass es sich bei der Bewertung um subjektive Eindrücke handelt und nicht um offizielle Testergebnisse (LG Ulm, Urt. v. 30.09.2011 - Az.: 10 O 102/11).
Der Beklagte, der Motoröle vertrieb, warb in verschiedenen Autozeitschriften mit Leserbeurteilungen, ohne dass diese näher gekennzeichnet gewesen waren.
Die Ulmer Richter stuften dies als wettbewerbswidrig ein.
Werde ein Produkt mit Testergebnissen beworben, müsse der Verbraucher klar und eindeutig darauf hingewiesen werden, wo er die näheren Angaben und Umstände zu diesem Test erfahren könne.
Dieser Grundsatz gelte auch für Leserbewertungen. Auch hier müsse der Kunde darüber informiert werden, welche Fragestellungen der Leserumfrage beispielsweise zugrunde gelegen hätten.
Denn Testergebnisse und Leserbewertungen seien geeignet, die Kaufentscheidung des Verbrauchers erheblich zu beeinflussen. Gerade positive Werbebotschaften sorgten dafür, dass dem Produkt auch positive Eigenschaften zugesprochen würden. Insofern müsse deutlich herausgestellt werden, dass es ich um subjektive Meinungen und Eindrücke der Leser handle und nicht um offizielle Testergebnisse.
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10. AG Düsseldorf: 600 EUR Schadensersatz für Online-Gedicht
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Auch wenn Gedichte auf einem Online-Portal kostenlos für private Zwecke zur Verfügung gestellt werden, so stellt die Übernahme für eine durch Werbung finanzierte Internetseite einen Urheberrechtsverstoß dar (AG Düsseldorf, Urt. v. 30.03.2011 - Az.: 57 C 14084/10).
Die Klägerin bot online Gedichte für den privaten Download an. Der Beklagte übernahm ungefragt einen Teil der Texte für seine kommerzielle Webseite. Als die Klägerin aufgrund dieser Handlungen Schadensersatz verlangte, lehnte der Beklagte ab.
Das AG Düsseldorf bejahte einen Schadensersatz iHv. 600,- EUR.
Auch wenn die Klägerin für private Zwecke keine Entgelte nehme, sei dies im vorliegenden Fall irrelevant, da der Beklagte den Text geschäftlich genutzt habe. Aufgrund von Rechnungen habe die Klägerin nachweisen können, dass sie herkömmlicherweise pro Zeichen 75 Cent erhalte, so dass sich eine Gesamtsumme von 600,- EUR ergebe.
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11. AG Frankfurt a.M.: Bei Online-Urheberrechtsverletzungen fliegender Gerichtsstand nicht immer anwendbar
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Der "Ausuferung des fliegenden Gerichtsstandes" ist Einhalt zu geben. Allein die technische Abrufbarkeit einer Internetseite reicht zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit nicht aus. Vielmehr muss sich der Rechtsverstoß an dem Ort des angerufenen Gerichts zwischen den Parteien konkret ausgewirkt haben (AG Frankfurt a.M., Urt. v. 01.12.2011 - Az.: 30 C 1849/11-25).
Von dem Kläger war unerlaubt ein Foto durch eine Nachrichtenagentur online veröffentlicht wurden. Hiergegen ging der Abgelichtete vor.
Das Frankfurter Gericht wies die Klage ab, da es unzuständig sei.
Der Ausuferung des fliegenden Gerichtsstand sei Einhalt zu gebieten, so die Robenträger.
Ein Gerichtsstand könne nur dort gegeben sein, wo sich der behauptete Rechtsverstoß in dem konkreten Verhältnis der Prozessparteien tatsächlich ausgewirkt habe. Eine Zuständigkeit ergebe sich daher nur am Wohn- oder Geschäftsort des Beklagten oder des Klägers, weil angenommen werden könne, dass die Rechtsverletzung hier eingestellt bzw. abgerufen worden
Allein die technische Abrufbarkeit der Webseite reiche zur Begründung der örtlichen Zuständigkeit nicht aus.
Anmerkung von RA Dr. Bahr: Die ganz überwiegende Rechtsprechung bejaht die rechtliche Zulässigkeit des fliegenden Gerichtsstandes. Nur vereinzelt - wie jetzt das AG Frankfurt a.M. - lehnen Gerichte dieses Prinzip ab.
Das AG Frankfurt a.M. hatte bereits in der Vergangenheit diesen Grundsatz verneint, wurde jedoch später in der Berufungsinstanz vom LG Frankfurt a.M. (Urt. v. 05.11.2009 - Az.: 2/3 S 7/09) mit deutlichen Worten wieder aufgehoben.
Zum fliegenden Gerichtsstand allgemein siehe unser Law-Vodcast-Video "Zuständiges Gericht bei Internet-Verletzungen".
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12. AG Hamburg: Keine Begrenzung der Abmahnkosten auf 100 EUR bei Film-Upload
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Wird ein Film in einer P2P-Tauschbörse anderen Mitgliedern zum Download angeboten, so steht dem Rechteinhaber ein Schadensersatz in Höhe von 250,- EUR und die Erstattung der vollen Abmahnkosten zu (AG Hamburg, Urt. v. 05.12.2011 - Az.: 36a C 279/11).
Der Beklagte hatte einen Spielfilm in einer P2P-Tauchbörse angeboten. Als er außergerichtlich keine Abmahnkosten und keinen Schadensersatz leistete bzw. nicht vollständig leistete, erhob der Rechteinhaber Klage und bekam vor dem Hamburger Gericht Recht.
Das AG Hamburg sprach der Klägerseite zunächst einen Schadensersatz iHv. 250,- EUR zu.
Darüber hinaus stufte es die Abmahnkosten in voller Höhe als erstattungsfähig ein. Eine Begrenzung der Kosten auf 100,- EUR scheide aus, weil durch die die öffentliche Zugänglichmachung eines Spielfilms in einer P2P-Tauchbörse keine unerhebliche Rechtsverletzung mehr vorliege.
Das AG Hamburg bestätigt damit seine bisherige Rechtsprechung. Bereits im September hatte es geurteilt, dass das Veröffentlichen eines Musikstückes in einer P2P-Tauchbörse nicht als unerheblicher Rechtsverstoß zu werten ist (AG Hamburg, Urt. v. 07.06.2011 - Az.: 36a 71/11).
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13. Neuer Aufsatz von RA Dr. Bahr: "Der Admin-C haftet doch (nicht)"
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Es gibt einen neuen Aufsatz von RA Dr. Bahr zum SEO-Bereich: "Der Admin-C haftet doch (nicht)".
Der Artikel (S.87-89) ist im neuen Magazin von Prof. Mario Fischer "Website Boosting" in der aktuellen Ausgabe (1-2/2012) erschienen.
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14. Erpressung eines Online-Shops mit Google-Abwertung
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Die Betreiber des Online-Shops "holzspielzeug-discount.de" werden erpresst, 5.000,- EUR zu zahlen, andernfalls wird ihnen eine Abwertung bei Google durch eine massenhafte Spam-Verlinkung angedroht.
Der Erpresser soll am 6. Dezember 2011 telefonisch damit gedroht haben, massenhaft Badlinks von Adressen, die Google nicht gefallen würden, zu setzen. Dadurch würde der Shop im Ranking auf eine schlechtere Position fallen und deutlich weniger Kunden haben.
In der SEO-Szene wird kontrovers diskutiert, inwieweit durch eine solche Aktion tatsächlich die Reputation der Seite bei Google geschädigt werden kann. Google selbst schließt eine Beeinflussung nicht gänzlich aus, wie dieses Video mit Matt Cutts zeigt.
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Der vorliegende Fall ist ganz sicher nicht erste (deutsche) Fall von Erpressung mit Blackhat-Methoden. Er ist aber der erste Fall, bei dem sich ein Unternehmen outet und von sich aus den Fall an die Öffentlichkeit bringt.
Es bleibt abzuwarten, inwieweit Google auf diesen und andere Fälle reagiert und seinen Algorithmus überarbeitet, um solchen Drohpotentialen jeden Nährboden zu entziehen.
Sicherlich darf diese neue Form der Cyberkriminalität nicht auf die leichte Schulter genommen werden. Andererseits sollte sie auch nicht überdramatisiert werden. Denn es bestehen seit langem deutlich "effektivere" Methoden, einen Server lahmzulegen, so dass eine Spam-Verlinkung sicherlich nicht die 1. Wahl eines Täters sein wird.
So z.B. im Fall des LG Düsseldorf (Urt. v. 22.03.2011 - Az.: 3 KLs 1/11), wo der Angeklagte sich die Webseiten mehrerer Glücksspiel-Anbieter herausgesucht und ihnen mit DDoS-Attacken gedroht hatte, die ihre Server zu bestimmten wichtigen Sport-Großereignissen lahmlegen würden, wenn sie nicht einen Betrag zwischen 1.000,- EUR und 2.000,- EUR zahlen würden. Der Angeklagte hatte damals die notwendigen Server-Kapazitäten locker flockig bei einem russischen Provider angemietet.
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15. Law-Podcasting: Machtwort des BGH: Wann und wie haftet ein Host-Provider für die Inhalte seines Kunden?
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Auf Law-Podcasting.de, dem 1. deutschen Anwalts-Audio-Blog, gibt es heute einen Podcast zum Thema "Machtwort des BGH: Wann und wie haftet ein Host-Provider für die Inhalte seines Kunden?".
Inhalt: Nach vielen Jahren der rechtlichen Unklarheiten und Widersprüchlichkeiten in der instanzgerichtlichen Rechtsprechung hat der Bundesgerichtshof Ende Oktober 2011 nun endlich ein Machtwort gesprochen und festgelegt, wann ein Host-Provider für die rechtswidrigen Inhalte seines Kunden haftet.
Der Kläger ging gegen den Host-Provider Blogspot vor, weil Nutzer rechtswidrige Äußerungen über ihn getätigt hatten. Er war der Auffassung, dass Blogspot als Host-Provider dafür hafte und mahnte diesen ab, ohne genau anzugeben, um welchen Beitrag es sich handle. Blogspot entfernte den Beitrag nicht.
Daraufhin präzisierte der Kläger genau den Artikel und den Passus, den er gelöscht haben wollte. Da Blogspot auch dem nicht nachkam, klagte er.
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