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Newsletter vom 29.07.2015 |
Betreff: Rechts-Newsletter 30. KW / 2015: Kanzlei Dr. Bahr |
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Die einzelnen News: |
____________________________________________________________ 1. BGH: Gutscheinaktion von Amazon verstößt gegen Buchpreisbindung _____________________________________________________________ Der unter anderem für das Wettbewerbsrecht zuständige I. Zivilsenat des Bundes-gerichtshofs hat heute entschieden, dass beim Erwerb preisgebundener Bücher Gutscheine nur verrechnet werden dürfen, wenn dem Buchhändler schon bei Abgabe der Gutscheine eine entsprechende Gegenleistung zugeflossen ist. Der Kläger ist der Börsenverein des Deutschen Buchhandels e.V. Die Beklagte verkauft über ihre Website www.amazon.de in Deutschland preisgebundene Bücher. Über das "Trade-in-Programm" der Beklagten können Kunden ihr gebrauchte Bücher verkaufen. Bei einer um die Jahreswende 2011/2012 durchgeführten Werbeaktion erhielten Kunden, die mindestens zwei Bücher gleichzeitig zum Ankauf eingereicht hatten, zusätzlich zum Ankaufspreis einen Gutschein über 5 € auf ihrem Kundenkonto gutgeschrieben. Dieser Gutschein konnte zum Erwerb beliebiger Produkte bei der Beklagten eingesetzt werden. Dazu zählte auch der Kauf neuer Bücher. Der Kläger sieht in der Anrechnung der Gutscheine auf den Kauf preisgebundener Bücher einen Verstoß gegen die Buchpreisbindung. Das Landgericht hat die dagegen gerichtete Unterlassungsklage abgewiesen. Das Oberlandesgericht hat ihr stattgegeben, weil die Beklagte gegen §§ 3, 5 BuchPrG* verstoßen habe. Die Revision der Beklagten hatte keinen Erfolg. Die Beklagte hat mit der beanstandeten Werbeaktion § 3 BuchPrG verletzt, weil sie Gutscheine, die zum Erwerb preisgebundener Bücher eingesetzt werden konnten, an Letztverbraucher ausgegeben hat, ohne dass ihr dafür eine entsprechende Gegenleistung der Kunden zugeflossen ist. Der Zweck der Buchpreisbindung besteht darin, durch Festsetzung verbindlicher Preise beim Verkauf an Letztabnehmer ein umfangreiches, der breiten Öffentlichkeit zugängliches Buchangebot in einer großen Zahl von Verkaufsstellen zu sichern (§ 1 BuchPrG). Preisbindungsrechtlich zulässig sind Geschenkgutscheine, die Buchhandlungen verkaufen, und mit denen die Beschenkten Bücher erwerben können. In diesem Fall erhält der Buchhändler durch den Gutscheinverkauf und eine eventuelle Zuzahlung des Beschenkten insgesamt den gebundenen Verkaufspreis für das Buch. Ein Verstoß gegen die Buchpreisbindung liegt dagegen vor, wenn ein Händler beim An- oder Verkauf von Waren für den Kunden kostenlose Gutscheine ausgibt, die zum Erwerb preisgebundener Bücher benutzt werden können. Der Buchhändler erhält dann im Ergebnis für das Buch ein geringeres Entgelt als den gebundenen Preis. Unerheblich ist, dass Gutscheinausgabe und Buchverkauf zwei selbständige Rechtsgeschäfte darstellen und ein Bezug zwischen ihnen erst durch die Kaufentscheidung des Kunden hergestellt wird. Bezugspunkt für die Prüfung eines Verstoßes gegen die Preisbindung ist danach, ob das Vermögen des Buchhändlers beim Verkauf neuer Bücher in Höhe des gebundenen Preises vermehrt wird. Daran fehlt es im Streitfall. Die Beklagte wird zwar durch den Kauf eines preisgebundenen Buches unter Anrechnung des Gutscheins von der Verpflichtung befreit, die sie gegenüber dem Kunden mit dem Gutschein beim Ankauf eines Buchs übernommen hat. Sie erhält aber für den Verkauf des preisgebundenen Buches insgesamt nicht den gebundenen Preis, wenn ihr für den Gutschein - wie im vorliegenden Fall - keine entsprechende Gegenleistung zugeflossen ist. LG Wiesbaden - Urteil vom 16. August 2013 - 13 O 18/13 * § 3 BuchPrG § 5 BuchPrG Urteil vom 23. Juli 2015 - I ZR 83/14 - Gutscheinaktion beim Buchankauf
Quelle: Pressemitteilung des BGH v. 23.07.2015
Der BGH hatte die Frage zu beantworten, ob bei der Online-Order von Heizöl das ganz normale fernabsatzrechtliche Widerrufsrecht gilt oder ob hier nicht möglicherweise eine Ausnahmevorschrift greift. Die Vorinstanz, das LG Bonn (Urt. v. 31.07.2014 - Az.: 6 S 54/14) hatte ein Widerrufsrecht verneint, da das Produkt den Preisschwankungen auf dem Finanzmarkt unterliege und somit einer der Ausnahmefälle vorliege. Dieser Ansicht sind die Karlsruher Richter nicht gefolgt. Vielmehr haben sie die Anwendbarkeit der Ausnahmeregelung verneint. Voraussetzung wäre gewesen, dass der spekulative Charakter den Kern des Geschäfts ausmache. Einen solchen spekulativen Kern weise der Ankauf von Heizöl durch den Verbraucher jedoch nicht auf, so dass die grundsätzlichen Bestimmungen zum Fernabsatzrecht greifen würden.
Somit stünde dem Kunden das herkömmliche Widerrufsrecht zu.
In der Vergangenheit war der verklagte Immobilienmakler gerichtlich verurteilt worden, auf seiner Webseite die zuständige Aufsichtsbehörde anzugeben (LG Leipzig, Urt. v. 12.06.2014 - Az.: 05 O 848/13). Nun änderten sich die Wohnverhältnisse des Beklagten, so dass eine andere Aufsichtsbehörde zuständig war. Im Impressum der Homepage wurde jedoch weiterhin das alte Amt angegeben. Der Gläubiger beantragte daraufhin die Verhängung eines Ordnungsmittels. Dies lehnte das OLG Dresden nun ab. Zwar erfasse eine Unterlassungsverfügung neben identischen Verletzungshandlungen nach der sogenannten Kerntheorie auch kerngleiche Abwandlungen. Eine Abwandlung sei nach ständiger Rechtsprechung kerngleich, wenn in ihr das Charakteristische der konkreten Verletzungsform zum Ausdruck komme. Dies sei im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Das ursprüngliche gerichtliche Verbot betreffe die Konstellation, dass gar keine Angaben gemacht worden seien. Davon weiche der zu beurteilende Sachverhalt jedoch ab. Denn ursprünglich sei die zutreffende Behörde genannt worden, jedoch zwischenzeitlich durch einen Ortswechsel unzuständig geworden.
Eine solche Gegebenheit sei nicht kerngleich. Im Übrigen sei die unzuständige Behörde gesetzlich zur Ermittlung von Amts wegen verpflichtet, so dass davon auszugehen sei, dass anfragende Personen an die zuständige Aufsichtsbehörde verwiesen würden.
Die Beklagte warb mit einem Schutzrechtshinweis, d.h. dem Buchstaben "R" in einem Kreis, für ihre Marke. Die Marke war vom Deutschen Patent- und Markenamt gelöscht worden. Gegen diese Löschung hatte die Beklagte Rechtsmittel eingelegt, so dass der Vorgang noch nichts rechtskräftig war. Die Klägerin beanstandete eine wettbewerbswidrige Irreführung. Zum einen werde für eine abgelaufene Marke geworben, was unzulässig sei. Zum anderen werde die Marke in der Werbung nicht 1:1 benutzt wie sie eingetragen war, sondern leicht abgewandelt. Beide Argumente überzeugten die Frankfurter Richter nicht, so dass sie die Klage abwiesen. Solange die Löschung nicht rechtskräftig und somit endgültig sei, bestehe die Marke fort und dürfe auch beworben werden.
Auch an dem Inhalt der Werbung hatten die Robenträger nichts auszusetzen. Eine Abweichung von dem eingetragenen Kennzeichen sei erlaubt, wenn durch die vorgenommenen Abweichungen nicht der Charakter der Marke verändert werde. Dies sei hier nicht der Fall, so dass eine Täuschung der Verbraucher ausscheide.
Inhaltlich ging es um Damenhandtaschen, die an das Design der bekannten Marke Longchamp angelehnt waren. Das Gericht hatte nun zu entscheiden, ob die Handtasche eine solche besondere Eigenart aufzuweisen hatte, dass sie wettbewerbsrechtlich gegen Nachahmungen geschützt war. Die Richter haben dies bejaht. Das Modell habe Merkmale, die in ihrer Kombination besonders individuell und einzigartig wirkten. So steche die Tasche durch ihre Trapezform, den Reißverschluss an der Oberseite, den reizvollen Material- und Farbkontrast und die Faltbarkeit aus der Masse hervor. Durch die Kombination dieser einzelnen Gestaltungselemente entstehe eine besondere Eigenart des Produktes.
Die Damenhandtasche genieße einen sehr guten Ruf und habe einen hohen Bekanntheitsgrad, der hier in unerlaubter Weise ausgenutzt werde.
Die Beklagte warb für ihre Produkte sowohl online als auch offline. In einer Fotomontage mit Fussballmannschaften in Nike-Trikots waren zahlreiche namhafte Fussball-Profis abgebildet. im Text hieß es u.a.: "Verbessere Dein Spiel mit NIKEFOTBALL + Bist Du bereit für die Elite?" Die Hamburger Richter stuften dies als irreführend ein. Da mindestens 9 der abgelichteten Fussball-Profis nicht in Nike-Schuhen spielten, handle es sich um eine irreführende Werbung. Entscheidend sei dabei, in welchen Produkten sie bei ihrer Tätigkeit in den jeweiligen Fussballvereinen tätig würden. Nicht relevant sei, ob die Profifussballer möglicherweise noch individuelle Werbeverträge mit Nike hätten. Unerheblich sei auch, ob Nike mit den jeweils abgelichteten Mannschaften generell Werbeverträge abgeschlossen habe.
Da die Spieler nicht in Nike-Produkten spielen würden, liege eine Irreführung des Verbrauchers vor.
Die Kölner Richter nehmen eine Täterschaft des Amazon-Händlers an, die zu einer Haftung führe. Dies sei auch dann der Fall, so die Robenträger, wenn die Preisangaben originär von Amazon eingepflegt würden und der Händler zunächst keine vertiefte Kenntnis hiervon habe. Das so beworbene Produkt nebst Inhalt mache sich der Händler durch das Anbieten zu eigen und müsse sich die einzelnen Angaben als eigene Inhalte voll zurechnen lassen.
Wenn ein Händler die Verkaufsplattform der Firma Amazon für die Bereitstellung und Verbreitung ihrer Angebote nutze, obliege es ihm, die für das Angebot angezeigten Produktinformationen und deren Rechtmäßigkeit zu überprüfen und zu kontrollieren.
Der Antragsteller ist Journalist der Tageszeitung "Bild". Er recherchiert zum Fall eines Sportmediziners, dem vorgeworfen wird, Sportler mit Dopingmitteln versorgt zu haben. Er wandte sich an den Antragsgegner und bat um Einsicht in dort gelagerte Ermittlungsakten der Staatsanwaltschaft Freiburg. Nach dem Landesarchivgesetz (LArchG) hat jedermann, der ein berechtigtes Interesse glaubhaft macht, das Recht, das Archivgut nach Ablauf der Sperrfrist zu nutzen. Die Sperrfrist läuft bei Akten, die sich auf eine natürliche Person beziehen, frühestens 10 Jahre nach deren Tod ab. Sie kann auf Antrag verkürzt werden, wenn die Nutzung zu wissenschaftlichen Zwecken oder zur Wahrnehmung berechtigter Belange, die im überwiegenden Interesse einer anderen Person oder Stelle liegen, "unerlässlich" ist. Der Antragsgegner teilte dem Antragsteller mit, die betreffenden Akten unterlägen noch der gesetzlichen Sperrfrist. Der Antragsteller beantragte daraufhin unter Berufung auf sein journalistisches Rechercheinteresse die Verkürzung der Sperrfrist für Akten von Ermittlungsverfahren der Staatsanwaltschaft Freiburg gegen den Sportmediziner aus den Jahren 1986 und 1995. Der Antragsgegner lehnte dies ab; die Voraussetzungen für eine Verkürzung der Sperrfrist seien nicht erfüllt. Daraufhin begehrte der Antragsteller beim Verwaltungsgericht Stuttgart (VG), den Antragsgegner durch einstweilige Anordnung zu verpflichten, ihm Zugang bzw. Einsicht zu den Ermittlungsverfahren gegen den Sportmediziner aus den Jahren 1986 und 1995 zu gewähren. Er machte u.a. auch geltend, der Antragsgegner habe in zwei Fällen Dritten Zugang zu den streitigen Akten gewährt und aufgrund dieser Akteneinsicht hätten eine Rundfunkanstalt und eine Zeitung über den Inhalt dieser Akten berichtet. Das VG lehnte den Eilantrag ab. Der VGH hat die Beschwerde des Antragstellers zurückgewiesen. Die Voraussetzungen für eine Verkürzung der Sperrfrist seien nicht erfüllt. Mit dem Tatbestandsmerkmal der "Unerlässlichkeit" messe der Gesetzgeber den Belangen der Personen, die von einer Akteneinsicht betroffen seien, bewusst ein besonderes Gewicht bei. Eine Sperrzeitverkürzung setze daher nicht nur voraus, dass das Interesse an der Nutzung des Archivgutes das Schutzinteresse des Betroffenen im Einzelfall überwiege. Hinzukommen müsse, dass die Nutzung des Archivguts für die Verwirklichung eines besonders gewichtigen Belangs unabdingbar, in jeder Hinsicht unverzichtbar sei. Daran fehle es hier auch unter Berücksichtigung der besonderen Bedeutung der Pressefreiheit. Das Rechercheinteresse des Antragstellers in einer wichtigen öffentlichen Angelegenheit könne allein die Unerlässlichkeit nicht begründen. Denn sonst führte jedes solche Rechercheinteresse dazu, dass die vom Gesetzgeber verfassungsgemäß vorgenommene Interessenbewertung mit dem besonderen Schutz des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen umgekehrt würde. Darüber hinausgehende besondere Umstände, dass der Antragsteller für seine Recherche unabdingbar gerade auf die genannten Akten angewiesen sei und daher bei Ablehnung der Akteneinsicht mangels sonstiger Erkenntnisquellen ein gravierender und unzumutbarer Schaden für die Pressefreiheit in einer besonders gewichtigen Angelegenheit entstünde, lägen nicht vor. Der Antragsteller könne sich auch nicht auf das Gleichbehandlungsgebot berufen. Der Umstand, dass der Antragsgegner in zwei Fällen Dritten Zugang zu den streitigen Akten gewährt und dass aufgrund dieser Akteneinsicht eine Rundfunkanstalt und eine Zeitung über den Inhalt dieser Akten berichtet hätten, verletze das Gleichbehandlungsgebot nicht. Denn der Antragsgegner habe alle journalistischen Akteneinsichtsanträge abgelehnt und lediglich Forschungsanträgen mit Auflagen stattgegeben, die für eine journalistische Akteneinsicht nicht gälten. Es seien keine Anhaltspunkte erkennbar, dass er Einsichtsanträgen, die als Forschungsanträge bezeichnet gewesen seien, in dem Wissen stattgegeben habe, dass diese nur zum Schein als Forschungsanträge bezeichnet seien. Der Beschluss ist unanfechtbar (Az.: 1 S 802/15).
Quelle: Pressemitteilung des VGH Mannheim v. 21.07.2015
Inhaltlich geht es um die Frage, ob ein Reiseveranstalter unmittelbar nach Buchung mehr als 20% des Reisepreises als Anzahlung verlangen kann. Die Rostocker Richter haben dies verneint und allenfalls eine Anzahlungshöhe iHv. 20% als gerechtfertigt angesehen. Sie beriefen sich dabei auf entsprechende BGH-Urteile.
Es sei nicht dargelegt, dass der Veranstalter hier besondere Investitionen getätigt habe, die eine höhere Anzahlung rechtfertigen würden.
Der Schuldner hatte wegen Wettbewerbsverstößen eine Unterlassungserklärung abgegeben. Nun machte die Klägerin Ansprüche aus Verstößen gegen die Erklärung iHv. 2.500,- EUR geltend und klagte vor dem Landgericht. Der Schuldner sah die Zuständigkeit des Landgerichts nicht gegeben, da diese erst bei einer Summe von mehr als 5.000,- EUR gegeben sei. Das OLG Schleswig ist dieser Ansicht nicht gefolgt, sondern hat das Landgericht als zuständig angesehen. Für Klagen auf Vertragsstrafen aus UWG-Verstößen gelte auch die besondere UWG-Zuständigkeit, so die Richter. Hierfür spreche der innere sachliche Zusammenhang. Das Gesetz bezwecke für die Spezialmaterie des Wettbewerbsrechts eine besondere Zuständigkeit, um dem Richter am Amtsgericht für vereinzelte UWG-Sachen einen unverhältnismäßigen Einarbeitungsaufwand zu ersparen und sich den bei den Kammern für Handelssachen gegebenen Sachverstand und das Erfahrungswissen für diesen Bereich zu Nutze zu machen.
Daher würden auch für Vertragsstrafen die UWG-Zuständigkeits-Normen gelten.
Die verklagte Drogeriemarktkette warb damit, fremde Rabattgutscheine auch bei sich einzulösen. Dabei wurden auch die Namen von Mitbewerbern genannt. Die Stuttgarter Richter haben dies als zulässig eingestuft. Es handle sich um keine wettbewerbswidrige Behinderung durch die Beklagte. Das Eindringen in einen fremden Kundenkreis sowie Abfangen von Kunden gehöre grundsätzlich zum Wesen des Wettbewerbs. Eine unlautere Behinderung sei daher erst dann gegeben, wenn auf Kunden, die bereits dem Wettbewerber zuzurechnen seien, in unangemessener Weise eingewirkt werde, um sie als eigene Kunden zu gewinnen oder zu erhalten. Eine solche Konstellation sei hier nicht ersichtlich. Alleine durch den Umstand, dass ein potentieller Kunden einen Gutschein erhalten habe, bedeute noch nicht, dass bereits eine Vertragsbeziehung bestehe oder der Verbraucher bereit sei, diesen unbedingt einzulösen.
Der Kunde sei in diesen Fällen noch nicht zum Vertragsschluss entschlossen. Dies gelte auch dann, wenn die Gutscheine lediglich an Bestandskunden abgegeben würden.
Jameda.de. bot Ärzten den Erwerb von sogenannten "Premium-Paketen" an. Darin war u.a. auch die kostenpflichtige Zusatz-Option "Top-Platzierung Fachgebiete" buchbar. Dieses Feature ermöglichte dem jeweiligen Arzt, sich mit seinen Tätigkeitsschwerpunkten bzw. Fachgebieten über allen anderen Ärzten in der Ergebnisliste auf der Webseite zu präsentieren. Der Hintergrund einer solchen Anzeige war hell-grün im Gegensatz zu den übrigen Ergebnissen, die in weiß gestaltet waren. Sobald der Nutzer mit dem Cursor über die Anzeige fuhr, änderte sich die Farbe des Hintergrunds ebenfalls in weiß. Am rechten Seitenrand der kostenpflichtigen Anzeige fand sich optisch hervorgehoben durch eine graue Hinterlegung und durch weiße Schrift das Wort "Premium-Partner". Das Wort war in kleiner Schriftgröße entgegen der Leserichtung angebracht. Erkennbare Hinweise zur Erläuterung des Begriffs "Premium-Partner" gab es nicht. Sofern der Nutzer mit dem Cursor über das Wort "Premium-Partner" fuhr, erschien nachfolgendes Information: "Diese Anzeigen sind optionaler Teil des kostenpflichtigen Premium-Pakets Gold oder Platin und stehen in keinem Zusammenhang zu Bewertungen oder Empfehlungen. Sie sind Arzt und interessieren Sie sich für diese exklusive Platzierung? (...)" Die Münchener Richter sahen diese Ausgestaltung als irreführend und somit wettbewerbswidrig an. Jameda.de kennzeichne nicht ausreichend, dass es sich um eine gekaufte Platzierung handle. Anders als bei reinen Suchmaschinen wie z.B. Google oder Bing komme im Falle von Jameda.de der Platzierung einer Anzeige entscheidende Bedeutung zu. Bei Bewertungs- und Empfehlungsportalen gehe der Verbraucher nämlich davon aus, dass an erster Stelle immer diejenige Person genannt werde, die am besten sei und die die höchsten Bewertungen habe. Die Anzeige sei als solche nicht ausreichend klar erkennbar. Sie stehe an erster Stelle der jeweiligen Ergebnisliste und sei somit Bestandteil hiervon. Eine räumliche Trennung von den übrigen Treffern gebe es nicht. Die gekauften "Premium"-Anzeigen seien weitestgehend in denselben Farben und in dem gleichen Layout gehalten wie die normalen Suchergebnissen.
Die leicht farbliche Unterscheidung reiche nicht aus, zumal beim Mouse-Over sich die Farbe in das übliche Weiß ändere. Auch der Hinweis "Premium-Partner" nehme nicht am Blickfang teil und genüge daher nicht den gesetzlichen Anforderungen. Der Text, der beim Mouse-Over erscheine, sei bereits deswegen unzureichend, weil die Einblendung vom Zufall abhänge.
Die Beklagte war ein Verlag und gab u.a. eine Zeitschrift heraus, die von Sanitätsfachgeschäften an Kunden kostenlos abgegeben wird. In zwei Beiträgen wurden jeweils zwei unterschiedliche Warentypen genannt, jedoch immer nur ein Anbieter am Markt genannt. Die beiden genannten Anbieter hatten zudem in der Ausgabe an anderer Stelle Werbeanzeigen geschaltet. Das Gericht stufte dies als Verstoß gegen das Verbot der redaktionellen Werbung ein. Aufgrund der Ausgestaltung erwarte der Leser bei den Artikeln eine inhaltliche sachliche Auseinandersetzung, was jedoch gerade nicht der Fall sei. Im Schein einer redaktionellen werde Werbung für einen bestimmten Produktanbieter gemacht.
Dabei handle es sich um wettbewerbswidrige Schleichwerbung. Erforderlich sei in solchen Fällen die Platzierung eines ausdrücklichen Hinweises wie "Anzeige" oder "Werbung".
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