anbei erhalten Sie den Rechts-Newsletter zur 22. KW im Jahre 2006. Sie finden wie immer aktuelle Urteile, Entscheidungen und sonstige wichtige Informationen zu den kanzleibezogenen Interessenschwerpunkten Recht der Neuen Medien, Gewerblicher Rechtsschutz, Wirtschaftsrecht und Gewinnspiel- / Glücksspielrecht.
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Die Themen im Überblick:
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1. BGH: Meta-Tags sind Rechtsverletzung
2. BGH: Streitwert bei rechtswidrigen Internet-Werbemaßnahmen
3. OLG Karlsruhe: TV-Privatsender muss Schmerzensgeld bezahlen
4. OLG Nürnberg: Sorgfaltspflichten bei E-Mail-Versendung
5. VG Arnsberg: Private Sportwetten erlaubt
6. VG Düsseldorf: Verbot für private Sportwetten-Vermittlung rechtmäßig
7. VG Hamburg: Private Sportwetten erlaubt / kein SpielVO-Verstoß
8. VG Minden: Private Sportwetten erlaubt
9. StA Köln: 3.500 Ermittlungsverfahren / 130 Hausdurchsuchungen gegen eDonkey-Nutzer
10. BMJ: Anwaltliche Abmahnkosten sollen auf 100 EUR reduziert werden
11. Law-Podcasting.de: Urheberrechtlicher Schutz von Podcasting-Beiträgen
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1. BGH: Meta-Tags sind Rechtsverletzung
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Der BGH (Urt. v. 18.05.2006 - Az.: I ZR 183/03) hat entschieden, dass die Benutzung markenrechtlich geschützter Begriffe als Meta-Tags eine Rechtsverletzung ist.
Es handelt sich dabei um ein Versäumnisurteil, da die Gegenseite nicht erschien. Das Urteil liegt noch nicht mit schriftlichen Entscheidungsgründen vor, so dass unklar ist, ob die Richter den Unterlassungsansprch primär auf Markenrecht oder Wettbewerbsrecht stützen.
Erst dann ist auch eine Analyse möglich, ob und wenn ja welche Auswirkung dieses Urteil auf die Rechtsprechung zu Google AdWords hat. Bislang entscheiden die Instanzgerichte zu diesem Problembereich recht unterschiedlich.
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2. BGH: Streitwert bei rechtswidrigen Internet-Werbemaßnahmen
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Der BGH (Beschl. v. 24.03.2005 - Az.: I ZR 157/04 = http://shink.de/sknzoy) hatte darüber zu entscheiden, welcher Streitwert bei rechtswidrigen Internet-Werbemaßnahmen angemessen ist.
Hierzu führen die BGH-Richter aus:
"Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision in dem Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 24. August 2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen, weil der Wert der von der Klägerin mit einer Revision geltend zu machenden Beschwer zwanzigtausend Euro nicht übersteigt (...).
Der Streitwert ist in beiden Vorinstanzen auf 10.000 € festgesetzt worden. Dies entsprach der eigenen Streitwertangabe der Klägerin, die dabei nach ihrem Vortrag in der Klageschrift berücksichtigt hat, daß die Website gerade für Unternehmen, die Internetdienstleistungen anbieten, eine äußerst bedeutsame Werbemaßnahme ist.
Es ist darüber hinaus nichts dafür ersichtlich, daß der Beklagte als Mitbewerber für die Klägerin nennenswerte Bedeutung gehabt hat oder in Zukunft haben könnte. Er hat unstreitig sein Gewerbe abgemeldet; seine Internetadresse (...) ist seit dem 20. November 2003 nicht mehr registriert.
Der beanstandete Internetauftritt des Beklagten konnte bereits bei Klageerhebung nicht mehr aufgerufen werden."
Aus der Entscheidung lassen sich zwei Dinge ableiten: Erstens, dass die Webseite für Unternehmen, die Internet-Dienstleistungen anbieten, eine extrem wichtige wirtschaftliche Bedeutung hatben. Und zweitens, ein Streitwert reduziert sich, wenn das beklagte Unternehmen gar nicht mehr aktiv ist.
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3. OLG Karlsruhe: TV-Privatsender muss Schmerzensgeld bezahlen
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Im Juli 2003 hatte sich die damals knapp fünf Jahre alte Klägerin Nr. 2 auf dem weitläufigen Gelände eines italienischen Campingplatzes verlaufen, wo sie zusammen mit ihren Eltern die Ferien verbrachte. Ein zufällig anwesendes Kamerateam des beklagten Privatsenders, das eine Berichterstattung über das Alltagsleben auf dem Campingplatz plante, filmte, wie das Kind zur Rezeption der Anlage gebracht, dort befragt und sodann wieder zum elterlichen Zelt gebracht wurde.
Anschließend wurde noch ein kurzes Interview mit der Mutter des Kindes, der Klägerin Nr. 1 aufgezeichnet. Die Bilder wurden im August 2003 zweimal jeweils zur Mittagszeit im Rahmen eines Boulevardmagazins der Beklagten ausgestrahlt.
Die Klägerinnen haben behauptet, sie seien ohne ihre Einwilligung gefilmt worden, die Ausstrahlung sei gegen ihren Willen erfolgt. Wegen der schweren Verletzung ihrer Persönlichkeitsrechte haben die Klägerinnen die Beklagte vor dem Landgericht Waldshut-Tiengen auf Zahlung einer Geldentschädigung - 7.000 Euro für die Mutter und 5.000 Euro für die Tochter - in Anspruch genommen. Das Landgericht Waldshut-Tiengen hat die Beklagte verurteilt, an die Tochter einen Betrag von 2.500 Euro zu bezahlen, die Klage der Mutter hat das Landgericht abgewiesen.
Die Berufung der Klägerinnen zum Oberlandesgericht Karlsruhe - Senate in Freiburg - hatte nur teilweise Erfolg.
Das Oberlandesgericht hat der klagenden Mutter eine Geldentschädigung von 2.500 Euro zuerkannt. Eine durch Presseveröffentlichungen bewirkte Verletzung des Persönlichkeitsrechts kann zu einem aus § 823 Abs. 1 BGB i.V. m. Artikel 1 und Artikel 2 GG herzuleitenden Anspruch des Opfers auf Zahlung einer Geldentschädigung führen. Voraussetzung ist, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt, wobei die Verantwortlichen ein Verschulden treffen muss, und die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann. Für die Beurteilung maßgeblich sind insbesondere Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, dessen Anlass und der Beweggrund des Handelnden sowie der Grad seines Verschuldens.
Die Beklagte hat durch die Ausstrahlung der die Klägerin Nr. 1 zeigenden Filmaufnahmen deren Recht am eigenen Bild und damit ihr allgemeines Persönlichkeitsrecht in gravierender Weise verletzt.
Die Beklagte hat nicht bewiesen, die Klägerin sei mit der Ausstrahlung der Bilder einverstanden gewesen. Nachdem sich der Senat die Videoaufnahmen angesehen hat, steht für ihn fest, dass die Klägerin bemerkt hat, dass sie gefilmt wurde. Mit dem Landgericht ist der Senat deshalb davon überzeugt, dass sie mit der Herstellung der Filmaufnahmen auch einverstanden war, denn sie hat die Fragen des Interviewführers ohne Unwillen zu zeigen beantwortet und in die Kamera geschaut. Dadurch hat sie aber nicht zugleich zum Ausdruck gebracht, auch mit einer Ausstrahlung der Szene durch die Beklagte im Rahmen des Boulevardmagazins, das den Zuschauer „mit den kleinen Skurrilitäten des Alltags unterhalten“ - so die Charakterisierung des Magazins durch den Privatsender - will, einverstanden zu sein.
Es lag zwar nah, dass die Aufnahmen auch später gesendet werden sollten, eine stillschweigende Einwilligung kann aber nur für die Verbreitung in einem Rahmen angenommen werden, der nicht in einem Missverhältnis zu der Bedeutung steht, die der Betroffene selbst in erkennbarer Weise dem gefilmten Erlebnis beimisst. Gegenstand des Interviews war die Verzweiflung der Klägerin Nr.1 nach dem Verschwinden ihrer Tochter und die Erleichterung, nachdem das Kind wieder aufgetaucht war. Dass sie diese Ereignisse tief bewegt haben und von ihr keinesfalls als „Skurrilitäten“ angesehen wurden, ist ihrem Verhalten vor der Kamera deutlich zu entnehmen. Eine stillschweigende grundsätzliche Einwilligung zu einer Veröffentlichung des Films hätte daher die Ausstrahlung im Rahmen einer der oberflächlichen Unterhaltung dienenden Sendung nur dann gedeckt, wenn die Klägerin über die Einzelheiten der geplanten Verbreitung, insbesondere über das Niveau der Sendung und den Zusammenhang unterrichtet worden wäre. Dies ist nicht geschehen.
Der Senat hat eine Geldentschädigung in Höhe von 2500,-- Euro für angemessen erachtet.
Der Senat hat festgestellt, dass die vom Landgericht zugesprochene Geldentschädigung für die Tochter nicht unangemessen niedrig ist, insbesondere sind keine konkreten Anhaltspunkte ersichtlich, dass die Tochter durch die Ausstrahlung der Filmaufnahmen auf nachhaltige Weise beeinträchtig worden ist.
Quelle: Pressemitteilung des OLG Karlsruhe v. 26.05.2006
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4. OLG Nürnberg: Sorgfaltspflichten bei E-Mail-Versendung
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Das OLG Nürnberg (Beschl. v. 20.04.2006 - Az.: 5 U 456/05: PDF = http://shink.de/wzhz5) hatte über die Pflichten bei Versendung von E-Mails zu entscheiden.
Der Betroffene hatte im Rahmen eines Gerichtsprozess in der 1. Instanz verloren und hatte nun seinen Anwalt per E-Mail gebeten, Berufung gegen das Urteil einzulegen. Er setzte sich dabei auf CC. Da er eine Kopie seiner eigenen Nachricht erhielt und auch keine Fehlermeldung vom Account des Rechtsanwalts zurückkam, ging er davon aus, dass der Anwalt die Nachricht bekommen hatte.
Die Berufungsfrist verstrich, ohne dass etwas passierte. Eine Nachfrage brachte die Erkenntnis, dass keine Berufung eingelegt worden war, da die Mail nicht angekommen war.
Nun begehrte der Betroffene Wiedereinsetzung in den vorherigen Stand.
Zu Unrecht wie die Nürnberger Richter entschieden:
"Der Beklagte wäre allerdings' ausreichend entschuldigt, wenn er, wie er vorträgt, seinen Prozessbevollmächtigten am Morgen des 27.01.2006 tatsächlich per E-Mail den Auftrag erteilt hatte, Rechtsmittel einzulegen.
Dieses Vorbringen des Beklagten steht aber im Widerspruch zu der ebenfalls mittels einer eidesstattlichen Versicherung glaubhaft gemachten Behauptung der Rechtsanwaltsfachangestellten, sie habe weder am 27. Januar 2006 noch danach den Eingang einer E-Mail des Beklagten feststellen können.
Wenn der gesamte Sachvortrag des Beklagten und beide eidesstattlichen Versicherungen richtig sein sollen, müsste die E-Mail vom 27.01.2006 trotz korrekter Adressierung völlig spurlos im Internet verschwunden sein. Das mag theoretisch vorstellbar sein, die Wahrscheinlichkeit eines solchen Ereignisses erscheint jedoch als derart gering, dass diese Möglichkeit bei der Beurteilung der Glaubhaftigkeit des Beklagtenvorbringens außer Acht gelassen werden muss (...)."
Und weiter:
"Dann bleibt als Erklärung aber nur ein Fehler des Beklagten selbst bei der Bedienung seines Computers oder ein Fehler in der Kanzlei seines Prozessbevollmächtigten, der dazu geführt haben könnte, dass die E-Mail nicht rechtzeitig beachtet wurde.
Gegen die Richtigkeit der ersten Alternative spricht die eidesstattliche Versicherung des Beklagten, gegen die Richtigkeit der zweiten die eidesstattliche Versicherung der Rechtsanwaltsfachangestellten Schild.
Der Senat vermag nicht zu sagen, welche der beiden eidesstattlichen Versicherungen der Vorzug zu geben ist. Auch wenn für die Glaubhaftmachung ein gegenüber dem Vollbeweis verminderter Grad der Wahrscheinlichkeit genügt (...), so genügt es doch nicht, dass der den Antragsteller entlastende Sachverhalt genauso wahrscheinlich ist wie der ihn belastende.
Nur ein ungewöhnlicher Verlauf muss unter Wahrscheinlichkeitsgesichtspunkten außer Betracht bleiben (...). Die Möglichkeit, dass dem Beklagten bei der Erstellung und Versendung, der fraglichen E-Mail ein Fehler unterlaufen ist, ist nicht so ungewöhnlich, dass sie ganz außer Betracht bleiben konnte."
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5. VG Arnsberg: Private Sportwetten erlaubt
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Das VG Arnsberg (Beschl. v. 23.05.2006 - Az.: 1 L 379/06 = http://shink.de/5s43y5) hat entschieden, dass das Verbot für private Sportwetten-Vermittlungen EU-Recht verletzt und somit rechtswidrig ist.
Das Gericht schließt sich damit der Meinung des VG Minden (Beschl. v. 26.05.2006 - Az.: 3 L 249/06 = http://shink.de/pt5i97) und des VG Hamburg (Beschl. v. 21.04.2006 - Az.: 16 E 885/06 = http://shink.de/b49jna) an.
Anderer Ansicht sind das VG München (Beschl. v. 11.05.2006 - Az.: M 22 S 06.1473 = http://shink.de/e04nuy) und das VG Düsseldorf (Beschl. v. 09.05.2006 - Az.: 3 L 757/06 = http://shink.de/hx30z6), die nur eine deutsche Lizenz als ausreichend ansehen.
Das VG Arnsberg:
"Dieser Verstoß gegen das europäische Gemeinschaftsrecht ist nicht während einer bis zum Ende des Jahres 2007 dauernden Übergangszeit, in der Beschränkungen der Veranstaltung von Sportwetten in Einklang mit dem höherrangigen Recht neu zu regeln sind, unbeachtlich. Etwas Anderes ergibt sich nicht aus der vorbezeichneten Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 28. März 2006.
Dem Recht der Europäischen Gemeinschaften und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs sind Übergangsfristen, während derer nationales Recht trotz seiner Unvereinbarkeit mit dem EG-Vertrag weiter anwendbar ist, fremd. Diese Vertragsbestimmungen und die anderen unmittelbar geltenden Rechtsakte der Gemeinschaftsorgane haben vielmehr Vorrang vor dem internen Recht der Mitgliedstaaten. Dieses Recht ist, soweit es dem EG-Recht widerspricht, unangewendet zu lassen."
All dies zeigt, dass daher keineswegs von einer "ganz herrschenden Rechtsprechung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts" - in die eine oder andere Richtung - die Rede sein kann, auch wenn dies von Dritter Seite (= http://shink.de/knckc) gerne hoffnungsträchtig so interpretiert wird.
Vielmehr ist die Zeit viel zu kurz, um hier irgendeine seriöse Einschätzung abzugeben zu können. Eine Vielzahl von Eilentscheidungen laufen derzeitig noch. Es gilt daher vielmehr die weitere Rechtsentwicklung abzuwarten.
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6. VG Düsseldorf: Verbot für private Sportwetten-Vermittlung rechtmäßig
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Das VG Düsseldorf (Beschl. v. 09.05.2006 - Az.: 3 L 757/06 = http://shink.de/luy2hm) hat das behördliche Verbot für private Sportwetten-Vermittler in Nordrhein-Westfalen für rechtmäßig erachtet:
"Leitsätze:
Sportwetten dürfen in Deutschland nur mit einer deutschen Lizenz angeboten oder vermittelt werden. Dabei ist es unerheblich, ob das in Nordrhein-Westfalen geltende Sportwetten-Gesetz verfassungswidrig ist."
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7. VG Hamburg: Private Sportwetten erlaubt / kein SpielVO-Verstoß
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Das VG Hamburg (Beschl. v. 21.04.2006 - Az.: 16 E 885/06 = http://shink.de/btbcw6) hat entschieden, dass das Verbot für private Sportwetten-Vermittlungen rechtswidrig ist.
Anderer Ansicht sind das VG München (Beschl. v. 11.05.2006 - Az.: M 22 S 06.1473 = http://shink.de/ps8xn) und das VG Düsseldorf (Beschl. v. 09.05.2006 - Az.: 3 L 757/06 = http://shink.de/wfenqq).
Das Hamburger Gericht begründet seine Ansicht wie folgt:
"Die Anordnung der sofortigen Vollziehung einer Verfügung, mit der die Vermittlung von Sportwetten in das EU-Ausland untersagt wird, bedarf wegen erheblicher Zweifel an der gemeinschaftsrechtlichen Vereinbarkeit des § 284 StGB der Benennung von über die Strafbarkeit hinausgehender konkreter Gefahren für das Allgemeinwohl."
Interessant ist die Entscheidung auch deswegen, weil sich ein deutsches Gericht - soweit ersichtlich - erstmalig zu der Problematik Sportwetten-Terminals und einem möglichen Verstoß gegen die zum 01.01.2006 reformierte SpielVO geäußert hat:
"§ 33 i Abs. 1 Satz 1 GewO schließt es nicht aus, dass ein erlaubnisbedürftiges Spielhallenunetrnehmen nebenei auch noch andere gewerbliche Leistungen anbietet, etwa Leistungen einer Wettannahme.
Die Antragstellerin verstößt auch nicht gegen § 3 Abs. 1 Satz 1 der Spielverordnung. Nsch dieser Bestimmung dürfen in Wettannahmestellen höchstens drei Geld- oder Warenspielgeräte aufgestellt werden. Spielhallen mit Wettannahme - also Gewerbebetriebe, bei denen der Schwerpunkt auf dem Bereitstellen der Spielgeräte liegt, nebenbei aber auch Wetten angenommen werden - fallen nicht unter § 3 Abs. 1 Satz 1 der Spielverordnung. Die Vorschrift betrifft nur solche Wettannahmestellen, bei denen die Wettannahme im Vordergrund steht und die daher keinen Spielhallencharakter haben (...).
Schließlich verstößt die Antragstellerin auch nicht gegen § 6a Satz 1 der Spielverordnung. Nach dieser Bestimmung ist das Aufstellen und der Beirieb bestimmter Spielgeräte verboten, wenn auf der Grundlage ihrer Spielergebnisse Gewinne ausgezahlt werden. Wetterminals - also Geräte, mit denen ein Spiel vereinbart wird - fallen nicht unter § 6a Satz 1 der Spielverordnung.
Die Vorschrift betrifft nur Geräte, mit denen ein Spiel durchgeführt wird."
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8. VG Minden: Private Sportwetten erlaubt
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Das BVerfG (Urt. 28.03.2006 - Az.: 1 BvR 1054/01 = http://shink.de/tm0udn) hat vor 2 Monaten eine Grundlagen-Entscheidung zum staatlichen Sportwetten-Monopol getroffen. Viele hatten im Vorwege gehofft, dass dieses höchstrichterliche Urteil nun zu einer einheitlichen Rechtsprechung im deutschen Sportwetten-Recht führen würde.
Diese Hoffnung hat sich nicht bewahrheit. Vielmehr scheint das genaue Gegenteil der Fall. D.h. die BVerfG-Entscheidung hat vielmehr zusätzlich neue Fragen aufgeworfen.
So entschied das VGH Hamburg (Beschl. v. 21.04.2006 - Az.: 16 E 885/06 = http://shink.de/cd1l3l), dass das Verbot für private Sportwetten-Vermittlungen rechtswidrig ist.
Anderer Ansicht sind das VG München (Beschl. v. 11.05.2006 - Az.: M 22 S 06.1473 = http://shink.de/mdx8ar) und das VG Düsseldorf (Beschl. v. 09.05.2006 - Az.: 3 L 757/06 = http://shink.de/4n04qs).
Nun hat sich das VG Minden (Beschl. v. 26.05.2006 - Az.: 3 L 249/06 = http://shink.de/qwr8n0) in einer ausführlichen, 17-seitigen Begründung der Meinung des VG Hamburg angeschlossen:
"Leitsätze:
1. WestLotto-ODDSET hat bislang nicht die Vorgaben des BVerfG, Urt. 28.03.2006 - Az.: 1 BvR 1054/01 umgesetzt.
2. Zudem verstößt das Sportwettengesetz NRW bzw. der Lotteriestaatsvertrag gegen Europarecht.
3. Die Regelung des § 284 StGB in nicht hinreichend bestimmt iSd. Art. 103 GG, da nach der Entscheidung des BVerfG (Urt. 28.03.2006 - Az.: 1 BvR 1054/01) die Strafbarkeit von dem Handeln eines Dritten (hier: ODDSET) abhängt.
4. Aus all diesen Gründen ist ein Verbot der privaten Sportwetten-Vermittlung rechtswidrig."
Es kann daher keineswegs von einer "ganz herrschenden Rechtsprechung nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts" - in die eine oder andere Richtung - die Rede sein, auch wenn dies von Dritter Seite (= http://shink.de/0yxrai) gerne hoffnungsträchtig so interpretiert wird.
Vielmehr ist die Zeit viel zu kurz, um hier irgendeine seriöse Einschätzung abzugeben zu können. Eine Vielzahl von Eilentscheidungen laufen derzeitig noch. Es gilt daher vielmehr die weitere Rechtsentwicklung abzuwarten.
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9. StA Köln: 3.500 Ermittlungsverfahren / 130 Hausdurchsuchungen gegen eDonkey-Nutzer
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Die Staatsanwaltschaft Köln (StA Köln) teilt in einer aktuellen Pressemitteilung (PDF = http://shink.de/pnedfs) mit, dass sie 3.500 Ermittlungsverfahren eingeleitet und parallel 130 Hausdurchsuchungen gegen eDonkey-Nutzer in Deutschland durchgeführt hat:
"In einer von der Staatsanwaltschaft Köln und der Kreispolizeibehörde Rhein-Erft-Kreis koordinierten Aktion wurden am heutigen Tage zeitgleich im gesamten Bundesgebiet 130 Hausdurchsuchungen durchgeführt. Dabei wurden zahlreiche PCs beschlagnahmt und weitere Beweismittel sichergestellt.
Vorausgegangen waren monatelange Ermittlungen der Strafverfolgungsbehörden in Zusammenarbeit mit der von der deutschen Landesgruppe der IFPI e.V. beauftragten proMedia Gesellschaft zum Schutze geistigen Eigentums mbH. Es gelang den Ermittlern, insgesamt etwa 3.500 Nutzer des Filesharingsystems „eDonkey“ zu identifizieren, die jeweils bis zu 8.000 Dateien über diese sogenannte Tauschbörse angeboten haben. Gegen alle Beschuldigten wurden Ermittlungsverfahren eingeleitet. Für die betroffenen Musikfirmen sind die erforderlichen Strafanträge gestellt worden.
Es handelt sich um das größte Verfahren, das jemals in Deutschland gegen illegale Angebote in Internettauschbörsen durchgeführt wurde."
Die International Federation of the Phonographic Industry (IFPI), die "Veranlasserin" der straf- und zivilrechtlichen Verfolgung ist, bewertet diese aktuelle Maßnahme in einer eigenen Erklärung als "bislang größten Schlag gegen die Musikpiraterie in Deutschland" = http://shink.de/lhk73w
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10. BMJ: Anwaltliche Abmahnkosten sollen auf 100 EUR reduziert werden
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Die Bundesjustizministerin Zypries hat auf dem Deutschen Anwaltstag Ende letzter Woche angekündigt, die anwaltlichen Abmahnkosten auf 100,- EUR reduzieren zu wollen:
"(...) ich möchte das chinesische Sprichwort von vorhin mit einem weiteren Thema verknüpfen, das uns zur Zeit beschäftigt: Und zwar die anwaltliche Abmahnpraxis bei Urheberrechtsverletzungen. Lassen Sie mich eines vorwegschicken: Wenn es darum geht, durch Rechtsverletzungen in großem Stil Geld zu verdienen, müssen sich die Geschädigten selbstverständlich dagegen wehren können – natürlich auch mit anwaltlicher Hilfe. Abmahnungen sind dabei ein wichtiges Instrument. Und es ist auch richtig, dass die Kosten von demjenigen getragen werden, der das Recht verletzt hat. Der Holzstamm ist also im Großen und Ganzen gesund.
Aber: In letzter Zeit wenden sich immer mehr Privatleute an mich, die für die einmalige Verletzung eines Urheberrechts eine Abmahnung mit einer zuweilen sogar vierstelligen Anwaltsrechnung ins Haus geschickt bekommen. Zum Beispiel ein 15jähriges Mädchen, das ein Foto ihrer Lieblings-Popgruppe auf ihrer Homepage eingestellt hat – oder der Vorsitzende eines Sportvereins, der einen kleinen Stadtplan-Ausschnitt für den Weg zum Sportplatz ins Internet stellt. Und wenn ich dann noch höre, dass eine Anwaltskanzlei täglich bei den Betroffenen anruft, um die Geldforderung einzutreiben, dann muss ich Ihnen ganz klar sagen: Ein solches Verhalten kann nicht akzeptiert werden!
Wir werden deshalb bei Abmahnungen wegen Urheberrechtsverletzungen den Gegenstandswert präziser regeln und auch deckeln: Einfach gelagerte Fälle mit einer nur unerheblichen Rechtsverletzung dürfen nicht mehr als 50 bis 100 Euro für Abmahnung und Anwalt nach sich ziehen.
Ich möchte aber auch die Anwaltschaft bitten, solche Fälle im Blick zu behalten, vor allem zu sensibilisieren und zu informieren. Und ich bitte Sie: In Missbrauchsfällen muss gegebenenfalls mit den Mitteln des Berufsrechts eingeschritten werden. Das sind Sie der überwältigenden Mehrheit der Kolleginnen und Kollegen schuldig, die ihren Beruf einwandfrei ausüben."
(Zitat aus der vollständigen Rede = http://shink.de/7eevt).
Die Ankündigung betrifft somit nur
- Abmahnungen aus Urheberrecht
- und wo der Abgemahnte Privatperson ist.
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Das Vorhaben mag gut gemeint sein, geht aber an den Realitäten vollkommen vorbei.
Der Abmahnungs-Missbrauch ist seit wirklich 30 Jahren gut dokumentiert. Und das Einzige, was einfällt, ist eine Regelung für Privatleute im Urheberrecht?
Was mit den abertausenden Fällen wegen angeblich fehlerhaften Impressum, sinnentleertem Markenrecht, und, und...? Vor allem die Begrenzung auf den privaten Bereich ist gerade im Internet kontraproduktiv, da dort sehr schnell, z.B. durch einen schnöden Werbebanner, der geschäftliche Verkehr angenommen wird.
Anstatt generelle und allgemeingültige Regelungen einzuführen, die dem zu Unrecht Abgemahnten (auch außerhalb der Schutzrechtsverwarnung) Schadens- und Erstattungsansprüche bei unberechtigten Abmahnungen zuerkennen, wird wieder einmal nur kosmetische Korrektur betrieben.
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11. Law-Podcasting.de: Urheberrechtlicher Schutz von Podcasting-Beiträgen
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Auf www.Law-Podcasting.de , dem 1. deutschen Anwalts-Audio-Blog, gibt es ab sofort einen Podcast zum Thema "Urheberrechtlicher Schutz von Podcasting-Beiträgen (am Beispiel von Phonecaster.de)" = http://shink.de/shhiz1
Inhalt:
Vor kurzem ist eine neue Dienstleistung im Bereich des Podcastings online gegangen. Unter Phonecaster.de wird dem User die Möglichkeit angeboten, sein Lieblings-Podcast nicht nur wie gewohnt über das Internet anzuhören, sondern nunmehr auch über das Telefon. Der User wählt einfach die entsprechende Rufnummer und schon kann er der jeweiligen Sendung lauschen.
Das Angebot von Phonecaster.de hat in der Podcasting-Szene für viel Aufsehen und Verstimmung gesorgt. Anhand dieses aktuellen Beispiels stellt sich die allgemeine Frage, ob Podcasting-Sendungen urheberrechtlich geschützt sind und ob die Handlungen von Phonecaster.de und sicherlich bald zu erwartenden Verwertungen ähnlicher Unternehmen eine Rechtsverletzung darstellen.
Und am Ende noch eine "kleine" Premiere: Ab sofort leiht neben der schon bekannten Stimme von Christine Hegeler nun auch Deef von "Die Gefühlskonserve" (= http://shink.de/x9tn8r) dem Law Podcasting seine Stimme. Er spricht die Beispiele, wörtlichen Zitate und, und...
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