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Kategorie: Onlinerecht

AG Bremen: Umfang des Schadensersatzesanspruchs bei außerordentlicher Kündigung eines Mobilfunk-Vertrags

Wird ein Mobilfunkvertrag wegen Zahlungsverbindlichkeiten des Kunden durch das Telekommunikation-Unternehmen außerordentlich gekündigt, kann es nicht die vollständige Monats-Grundgebühr ersetzt verlangen, sondern muss vielmehr konkret darlegen, welchen Gewinn es dabei erzielt (AG Bremen, Urt. v. 18.02.2019 - Az.: 9 C 187/18).

Das Telekommunikations-Unternehmen forderte nach der Kündigung des Mobilfunkvertrages aufgrund Zahlungsverzugs vom Kunden Schadensersatz. Dabei machte es die zukünftigen monatlichen Grundgebühren als volle Schadensposition geltend.

Dies lehnte das AG Bremen ab. Es sei nicht nachvollziehbar, warum die Klägerin hier 100% der monatlichen Kosten einfordern könne, denn sicherlich sei nur ein gewisser Teil der Grundgebühr ein entgangener Gewinn:

"Nach der 1 zu 1 Berechnung der Klägerin wäre die monatliche Grundgebühr des typischen Handynutzers zu 100% (!) eine reine Gewinnposition der Telekommunikationsanbieter.

Dies kann schwerlich anzunehmen sein, ist jedoch auch nicht überprüfbar, da die Telekommunikationskonzerne zu ihren Betriebskosten bezüglich der Unterhaltung der Sendemasteninfrastruktur ebensowenig Auskunft geben, wie zu ihrer durchschnittlichen Funkauslastung. Ein entfallener Kunde belastet die technische Infrastruktur nicht mehr (befreite Datenkapazitäten) und entlastet die bürokratische Kundenverwaltung; auch kann seine frei werdende Rufnummer an neue Kunden vergeben werden."

Außerdem beanstandete das Gericht das Verhalten des Unternehmens. Denn die Firma habe mit der außerordentlichen Kündigung so lange gewartet, bis die automatische Vertragsverlängerung wirksam geworden sei. Eine solche Vorgehensweise sei aber ein Verstoß gegen Treu und Glauben:

"Im Übrigen hätte die Klägerin angesichts des sich seit März 2017 beständig vergrößernden Zahlungsrückstands das Vertragsverhältnis bereits vor der automatischen Vertragsverlängerung im August 2017 fristlos kündigen können (§ 242 BGB). (...)

Das offenbar bewusste Zuwarten der Klägerin mit der Kündigungserklärung bis unmittelbar nach Eintritt der automatischen Vertragsverlängerung (...) zwecks Generierung eines zusätzlichen Schadensersatzanspruchs erscheint jedoch unbillig, zumal die Klägerin diesen ohne Gegenleistung mit 100% der (entgangenen) Grundgebühren veranschlagt."

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