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Kategorie: Onlinerecht

OLG Schleswig: 48 Monate-Laufzeit für Radio-Werbevertrag rechtmäßig, aber komplette Vorauszahlungszahlungspflicht unwirksam

Eine 48-monatige Vertragslaufzeit für einen Radio-Werbevertrag im B2B-Bereich ist zulässig. Unwirksam ist hingegen die Pflicht zur vollständigen Vorauszahlung.

Ein Radio-Werbevertrag im B2B-Verhältnis mit einer Laufzeit von 48 Monaten ist rechtlich grundsätzlich nicht zu beanstanden. Unwirksam ist hingegen eine komplette Vorauszahlungszahlungspflicht (OLG Schleswig, Urt. v. 17.01.2025 - Az.: 1 U 37/24).

Die verklagte Firma schloss mit der klägerischen Firma einen Vertrag über Rundfunkvertrag mit einer Laufzeit von 48 Monaten ab. Der Kontrakt sah eine vollständige Vorauszahlung vor. 

In der Vereinbarung hieß es:

"Der Auftraggeber erhält vor Sendebeginn einen digitalen Textvorschlag sowie ggf. eine Korrektur. (...) Bei verspäteter oder unvollständiger Einsendung ist (…) GmbH berechtigt, nach eigenem Ermessen einen Werbespot zu erstellen und auszustrahlen oder den Werbeplatz kostenpflichtig zu reservieren. Ab Sendebeginn des Spots oder der Reservierung des Werbeplatzes beginnt die Vertragslaufzeit, und der vereinbarte Auftragspreis ist gemäß der Zahlungsweise für die Laufzeit im Voraus fällig. (...) Der Vertrag verlängert sich automatisch um die maximal vereinbarte Laufzeit, wenn dieser nicht drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt wird. (...) Der Auftrag kann nicht widerrufen werden.“

Davon optisch durch einen durchgehenden Strich abgesetzt hieß es weiter:

"Die Rechnungsstellung erfolgt mit der Auftragsbestätigung. Fälligkeit: sofort nach Rechnungsstellung“. 

Durch Ankreuzen konnte zwischen einer "Einmalzahlung mit 3 % Skonto“ oder einer Zahlung von „50 % bei Sendungsbeginn, 50 % 6 Monate nach Sendungsbeginn“ gewählt werden.

Die Beklagte entschied sich für die Einmalzahlung.

Die Beklagte kündigte den Vertrag und leistete keine Zahlung, da sie die Vereinbarung für unangemessen hielt. Daraufhin klagte die Werbefirma auf Zahlung.

Das OLG Schleswig gab der Klägerin nur zu einem Teil Recht.

1. Laufzeit von 48 Monaten im B2B-Bereich rechtlich unproblematisch:

Die lange Vertragsbindung von vier Jahren sei zulässig, da es dafür sachliche Gründe gebe.

Die Klägerin erbringe organisatorische und finanzielle Vorleistungen, etwa durch den Einkauf von Werbezeiten und den Einsatz von Handelsvertretern.

Zudem handle es sich um einen Vertrag zwischen zwei Unternehmern. Verbraucher seien nicht beteiligt. Daher würden die strengeren Schutzvorschriften, wie sie im Verbraucherschutz üblich seien, hier nicht greifen.

Die Klausel sei auch weder unverständlich noch überraschend und greife auch nicht unangemessen in die wirtschaftliche Handlungsfreiheit der Beklagten ein. Die monatlichen Werbekosten seien verhältnismäßig gering. Zudem bestehe jederzeit die Möglichkeit, neue Werbespots produzieren zu lassen:

2. Pflicht zur kompletten Vorauszahlung jedoch unwirksam: 

Unwirksam sei hingegen die Regelung, dass die gesamte Vergütung für die gesamten 4 Jahre zu Beginn fällig werde.

Die sofortige Zahlung der gesamten Vergütung widerspreche dem Grundgedanken des Werkvertragsrechts. Dort sei vorgesehen, dass der Auftraggeber erst nach Abnahme der Leistung zahlen müsse.

Dies schütze ihn insbesondere davor, bei Schlechtleistungen oder sonstigen Mängeln keine wirksame Zurückbehaltungsmöglichkeit mehr zu haben.

Diese Schutzwirkung entfalle bei einer vollständigen Vorauszahlung. Gerade bei einem mehrjährigen Vertrag stelle dies eine erhebliche Belastung dar.

Die Klägerin habe auch kein hinreichendes berechtigtes Interesse an der vollständigen Vorauszahlung darlegen können. Sie habe nicht darlegen können, dass sie außergewöhnlich hohe Investitionen tätigen müsse, die ausnahmsweise eine sofortige Zahlung hätten rechtfertigen können:

"Denn das Interesse der Klägerin, ihre Vergütung schon zu Beginn des Vertragsverhältnisses zu erhalten, berücksichtigt das Interesse ihres Vertragspartners, ihr gesetzlich vorgesehenes Druckmittel für die ordnungsgemäße Erfüllung nicht schon zu Beginn einer vierjährigen Vertragslaufzeit aus der Hand geben zu müssen, überhaupt nicht. 

Es ist auch kein anderer Ausgleich für den Verlust des Leistungsverweigerungsrechts im Vertrags vorgesehen. 

Jedenfalls bei einer mehrjährigen Vertragsdauer ist der Vertragspartner auch in einem Werkvertrag mit Dauerschuldcharakter durch eine Vorleistungspflicht für die gesamte Vertragslaufzeit unangemessen benachteiligt (…)."

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