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Kategorie: Onlinerecht

BGH: AGB-Klausel zur SIM-Kartensperre, die zusätzlich Kennwort verlangt, ist unwirksam

Eine SIM-Karten-Sperre darf nicht davon abhängen, dass Kunden ihr persönliches Kennwort nennen müssen.

Der unter anderem für das Dienstleistungsrecht zuständige III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat heute eine Klausel in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen eines Telekommunikationsunternehmens für unwirksam erklärt, nach der der Kunde seine Rufnummer und sein persönliches Kennwort nennen muss, um seine SIM-Karte sperren zu lassen.

Sachverhalt:
Die Beklagte verwendet in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen unter anderem folgende Klauseln:

"7. Sperre
7.1 Der Diensteanbieter darf Sprachkommunikationsdienste und Internetzugangsdienste nach Maßgabe des § 61 TKG ganz oder teilweise sperren. […]

8. Verpflichtung und Haftung des Kunden
8.5 Der Kunde hat dem Diensteanbieter eine missbräuchliche Nutzung oder den Verlust der ihm vom Diensteanbieter zur Verfügung gestellten SIM unter Nennung der Rufnummer und des persönlichen Kennwortes zwecks Sperrung der SIM unverzüglich mitzuteilen. Dies kann insbesondere entweder telefonisch bei der Hotline des Diensteanbieters oder elektronisch im Kundenportal erfolgen."

Der klagende Verbraucherschutzverband hält Satz 1 der Klausel Nr. 8.5 für unzulässig. Mit seiner Klage hat er von der Beklagten unter anderem verlangt, die Verwendung dieser sowie fünf weiterer Klauseln zu unterlassen.

Prozessverlauf:
Das Landgericht hat der Klage im Hinblick auf zwei Klauseln stattgegeben und sie im Übrigen - auch bezüglich der Klausel Nr. 8.5 - abgewiesen. 

Das Oberlandesgericht hat das landgerichtliche Urteil auf die Berufung des Klägers teilweise abgeändert und der Klage unter anderem hinsichtlich der Klausel Nr. 8.5 stattgegeben. Mit der vom Berufungsgericht beschränkt auf diese Klausel zugelassenen Revision verfolgt die Beklagte ihren insoweit gestellten Klageabweisungsantrag weiter.

Die Entscheidung des Bundesgerichtshofs:
Die Revision ist unbegründet. Das Berufungsgericht hat die Klausel zu Recht als gemäß § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam angesehen. 

Sie ist so zu verstehen, dass die Beklagte eine Sperre des Anschlusses nur durchführt, wenn auch das Kennwort genannt wird. Dies führt zu einer unangemessenen Benachteiligung der Kunden der Beklagten. Zwar haben beide Seiten ein berechtigtes Interesse daran, dass sich derjenige, der eine SIM-Kartensperre verlangt, als Berechtigter authentifiziert, um Missbräuchen vorzubeugen.

Jedoch wird durch das Erfordernis, für eine Sperre zwingend das Kennwort des Kunden zu nennen, dessen berechtigtes Interesse an einer zügigen und unkomplizierten Sperre unzumutbar beeinträchtigt. Vom Mobilfunkkunden kann nicht erwartet werden, angesichts der Vielzahl der im Alltag zu verwendenden Passwörter sämtliche im Gedächtnis zu behalten oder bei Abwesenheit von der Wohnung notiert mit sich zu führen. 

Der Beklagten ist es hingegen zuzumuten, auch andere Authentifizierungsmöglichkeiten – wie etwa die Beantwortung einer von den Kunden hinterlegten Frage nach persönlichen Umständen – zuzulassen, die einen vergleichbaren Schutz vor einer missbräuchlichen Sperre durch Dritte bewirken, jedoch nicht das Abrufen präsenten Wissens ohne Gedächtnisstütze erfordern.

Vorinstanzen:
LG Hanau - Urteil vom 7. Dezember 2022 - 9 O 708/22
OLG Frankfurt am Main - Urteil vom 23. Mai 2024 - 1 U 4/23

Urteil vom 23. Oktober 2025 – III ZR 147/24

Die maßgebliche Vorschrift lautet:
§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB:
(1) 1Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen sind unwirksam, wenn sie den Vertragspartner des Verwenders entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen.

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