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Kategorie: Presserecht

OVG Schleswig: Behörden entscheiden über Presseanfragen durch Verwaltungsakt

Ein presserechtlicher Eilantrag von Axel Springer scheitert, weil nicht das Land, sondern direkt die Staatsanwaltschaft zu verklagen ist.

In einem presserechtlichen Eilverfahren hat der 6. Senat des Schleswig-Holsteinischen Oberverwaltungsgerichts heute entschieden, dass ein Antrag der Axel Springer Deutschland GmbH gegen das Land Schleswig-Holstein auf Auskunft zu einem strafrechtlichen Ermittlungsverfahren bereits unzulässig ist.

Der Antrag muss nach landesrechtlichen Regelungen gegen die auskunftsverpflichtete Staatsanwaltschaft Flensburg selbst gerichtet werden, da nur diese als Landesbehörde bei der gerichtlichen Durchsetzung des Auskunftsanspruchs als richtige Antragsgegnerin in Frage kommt. Dies liegt darin begründet, dass die hier erfolgte Ablehnung des Auskunftsanspruchs ein Verwaltungsakt ist – eine im Verwaltungsrecht vorgesehene besondere Handlungsform der Behörden. Gegen dessen Ablehnung ist in einem Hauptsacheverfahren prinzipiell zunächst ein behördliches Widerspruchsverfahren und bei dessen Erfolglosigkeit Verpflichtungsklage gegen die Behörde zu erheben. Entsprechendes gilt, wenn der Auskunftsanspruch vorab im Eilverfahren geltend gemacht wird.

Der Senat ordnet diese Fragen rechtlich anders ein als die bisher verbreitete Meinung in der Rechtsprechung und Fachliteratur. Danach sei der presserechtliche Auskunftsanspruch auf ein schlichtes Realhandeln der Behörde gerichtet. Im Falle der Ablehnung einer Presseanfrage durch eine Behörde könne daher ohne ein vorhergehendes Widerspruchsverfahren eine Leistungsklage erhoben werden. Die Klage und ggf. auch ein Eilantrag wären in diesem Fall, auch wenn eine Landesbehörde handelt, nicht gegen diese sondern gegen das Land zu richten.

In seinem über 30 Seiten langen Beschluss setzt sich der Senat ausführlich mit der bisherigen Rechtsprechung zur Rechtsnatur des presserechtlichen Auskunftsanspruchs sowie mit den Besonderheiten der Pressefreiheit und deren Schranken (Artikel 5 Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2 Grundgesetz) auseinander. Dabei konnte er allerdings nicht feststellen, dass seine Entscheidung, wie die Antragstellerin meint, eine „seit 70 Jahren bestehende Verfassungstradition“ umkehren würde.

In dem Beschluss wird vielmehr hervorgehoben, dass Regelungen des Verwaltungsverfahrens und des Prozessrechts auch für die Presse gelten und zu den im Grundgesetz zugelassenen Schranken der Pressefreiheit gehören. Vorschriften müssen gegebenenfalls „pressefreundlich“ ausgelegt werden, falls der Zweck des Auskunftsanspruchs sonst vereitelt oder maßgeblich gefährdet würde. 

Effektiver Rechtsschutz wird nicht verhindert, weil der presserechtliche Anspruch ­ wie bisher auch ­ im Wege eines einstweiligen Anordnungsverfahrens durchgesetzt werden kann. Sobald ein gesteigertes öffentliches Interesse und ein starker Gegenwartsbezug der Berichterstattung vorliegen, kann im Eilverfahren eine Entscheidung auch unter Vorwegnahme der Hauptsache getroffen werden. Dabei spielt es keine Rolle, ob schon Widerspruch eingelegt ist und welche Rechtsnatur die Klage im Hauptsacheverfahren hat.

Weil der Antrag bereits unzulässig ist, musste sich der Senat nicht zu der inhaltlichen Frage äußern, ob die Staatsanwaltschaft Flensburg die Auskunft zurecht wegen überwiegender schutzwürdiger Interessen und entgegenstehender Vorschriften über die Geheimhaltung ablehnen durfte. Das Verwaltungsgericht hatte diese Abwägung in seinem Beschluss vom 5. August 2025 (Az. 6 B 20/25) nicht beanstandet. 

Der Beschluss (Az. 6 MB 28/25) ist unanfechtbar.

Quelle: Pressemitteilung des OVG Schleswig v. 17.10.2025

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