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VG Ansbach: Bei dreimonatiger Untätigkeit der Datenschutzbehörde darf Betroffener erheben

Bleibt eine Datenschutzbehörde nach Eingang einer Beschwerde auch nach Ablauf von 3 Monaten untätig, kann der Betroffene Untätigkeitsklage vor Gericht erheben. Im Falle einer späteren Verfahrenserledigung muss dann im Zweifel die Behörde des Kosten des Gerichtsprozesses tragen (VG Ansbach, Beschl. v. 03.08.2023 - Az.: AN 14 K 19.01313).

Die Klägerin legte per E-Mail Beschwerde bei der zuständigen Datenschutzbehörde über einen konkreten Sachverhalt ein. Es erfolgte weder eine Eingangsbestätigung noch eine sonstige Rückmeldung durch das Amt.

Nach Ablauf von 3 Monaten, in denen nichts passierte, ging die Klägerin vor Gericht und erhob eine sogenannte Untätigkeitsklage. Im Laufe des Gerichtsprozesses bearbeitete die Datenschutzbehörde dann den Fall und teilte dem Kläger außergerichtlich ihre Bewertung mit.

Das Verfahren wurde daraufhin übereinstimmend für erledigt erklärt. Nun ging es nur noch um die Frage, wer die Kosten zu tragen hatte.

Die Datenschutzbehörde, so das Gericht, denn in Art. 78 Abs.2 DSGVO  sei ausdrücklich normiert, dass die Dienststelle innerhalb von 3 Monaten handeln müsse:

"Die Klägerin durfte grundsätzlich aufgrund der Vorschrift des Art. 78 Abs. 2 Alt. 2  DS-GVO damit rechnen, dass der Beklagte sie innerhalb von drei Monaten über den Stand ihrer Datenschutzbeschwerde (...) in Kenntnis setzt.

Entgegen der Ansicht des Beklagten handelte es sich bei dieser E-Mail der Klägerin auch um eine Beschwerde i.S.d. Art. 77, 78 DS-GVO, denn die Voraussetzungen an die bloße Einleitung eines Beschwerdeverfahrens dürfen im Sinne des hier bezweckten effektiven Rechtsbehelfs nicht überspannt werden.

Die Klägerin hat in dieser E-Mail ausdrücklich einen Verstoß gegen das Kopplungsverbot (Art. 7 Abs. 4 DS-GVO) gerügt, sodass die Behandlung ihrer E-Mail als Beschwerde i.S.d. Art. 77, 78 DS-GVO mit der entsprechenden Unterrichtungspflicht aus Art. 78 Abs. 2 Alt. 2 DS-GVO angezeigt gewesen wäre.

Da die inhaltlichen Anforderungen an ein Inkenntnissetzen i.S.d. Art. 78 Abs. 2 Alt. 2 DS-GVO wohl nicht allzu hoch sind, dürfte sich auch der behördliche Zeitaufwand hierfür in Grenzen halten und in der Regel innerhalb von drei Monaten umsetzbar sein. Es sind im vorliegenden Fall auch keine außergewöhnlichen Anhaltspunkte ersichtlich, die möglicherweise eine Verlängerung der starren Frist des Art. 78 Abs. 2 Alt. 2 DS-GVO rechtfertigen könnten. Daher durfte die Klägerin analog § 161 Abs. 3 VwGO mit einem Tätigwerden des Beklagten vor Klageerhebung rechnen."

Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Die aktuelle Entscheidung ist in mehrfacher Hinsicht interessant.

Zum einen, weil sie die bislang in der Praxis kaum relevante Vorschrift des Art. 78 Abs.2 DSGVO betrifft, wonach eine Datenschutzbehörde innerhalb von 3 Monaten nach Eingang einer Beschwerde tätig werden muss.  Zur Einhaltung der Frist genügt bereits eine einfache Antwort des Amtes, z.B.,m dass die Beschwerde eingegangen ist. Mehr ist nicht notwendig. Es müssen weder Ermittlungen aufgenommen worden sein noch muss der Sachverhalt ausermittelt sein. 

In der Praxis ist der Art. 78 Abs. 2 DSGVO daher eher ein stumpfes Schwert, weil in den allermeisten Fällen die meisten Datenschutzbehörden innerhalb von 3 Monaten in irgendeiner Weise reagieren. Der vorliegende Sachverhalt betraf  den Zeitraum von April 2019, also knapp ein Jahr nach Wirksamwerden der DSGVO. Also einem Zeitpunkt, wo viele Datenschutzbehörden personell noch nicht so gut wie heute aufgestellt waren und teilweise von den Beschwerden förmlich überrant wurden.

Zum anderen, weil das Gericht ausdrücklich klarstellt, dass ein Verbraucher seine Beschwerde auch per E-Mail einlegen kann:

"Entgegen der Ansicht des Beklagten handelte es sich bei dieser E-Mail der Klägerin auch um eine Beschwerde i.S.d. Art. 77, 78 DS-GVO, denn die Voraussetzungen an die bloße Einleitung eines Beschwerdeverfahrens dürfen im Sinne des hier bezweckten effektiven Rechtsbehelfs nicht überspannt werden."

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