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Kategorie: Datenschutzrecht

AG Trier: Einsatz von "MonoCam"-System zur Verkehrsüberwachung zwar rechtswidrig, aber kein Beweisverwertungsverbot

Das "MonoCam"-System zur Verkehrsüberwachung ist zwar rechtswidrig, aber die damit gewonnenen Beweise dürfen trotzdem vor Gericht verwendet werden (kein Beweisverwertungsverbot).

Der Einsatz des "MonoCam"-System zur Verkehrsüberwachung (hier: Kontrolle, ob während der Fahrt unerlaubt per Smartphone telefoniert wird) ist zwar rechtswidrig, da es an einer ausreichenden gesetzlichen Grundlage fehtl. Dies führt jedoch nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, sodass diese Informationen in einem Gerichtsverfahren verwertet werden dürfen (AG Trier, Urt. v. 02.03.2023 - Az.: 2 OWi 8113 Js 1906/23 (2)).

Mittels der "MonoCam"-Technik wird durch Live-Aufnahmen automatisiert überprüft, ob ein Autofahrer während der Reise ein Mobiltelefon benutzt. Die Kamera zeichnet potenzielle Verstöße automatisch auf und überprüft diese später.

Im vorliegenden Fall wehrte sich ein betroffener Autofahrer gegen eine ihn verhängte Geldbuße.

1. “MonoCam”-System ist rechtswidrig:

Das AG Trier stellt fest, dass das System rechtswidrig ist und die Betroffenen in ihrem Allgemeinen Persönlichkeitsrecht verletzt, da es an einer ausreichenden Rechtsgrundlage fehle:

"Aufgrund der Funktionsweise des MonoCam-Systems werden bereits ab Beginn des Livestreams personenbezogene Daten in Form von Bildaufnahmen des Kennzeichens und des Fahrzeugführers vorbeifahrender Fahrzeuge erfasst und mittels Auswertung durch die KI-Software verarbeitet. (…)

Die Erfassung des Kennzeichens und des Fahrzeugführers mitsamt der Fahrzeuginnenraumauswertung durch die KI-Software im Rahmen des Livestreams der MonoCam stellt einen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht des Betroffenen aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG in seiner Ausprägung als Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar  (…)

Eine erforderliche gesetzliche Grundlage für die anlasslose Erfassung des Fahrzeuginnenraums sowie des Kennzeichens durch das MonoCam-System besteht vorliegend nicht.

a) § 100h Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 StPO i. V. m. § 46 Abs. 1 OWiG scheidet als Rechtsgrundlage aus. (…)

(b) § 33 Abs. 1 S. 1 des Polizei- und Ordnungsbehördengesetz R.-Pf. (POG), der die anlassbezogene Kennzeichenerfassung normiert, scheidet sowohl vom Anwendungsbereich her als auch mangels Vorliegen der Voraussetzungen als Rechtsgrundlage aus. Zum einen gestattet die Vorschrift lediglich eine vorübergehende und nicht flächendeckende automatische Kennzeichenerfassung und damit bereits nicht die bildliche Erfassung der Fahrzeugführer. Zum anderen setzt § 30 Abs. 1 S. 1 POG eine – vorliegend nicht bestehende – gegenwärtige Gefahr voraus. (…)

2. Aber kein Beweisverwertungsverbot:

Der Einsatz der Technik sei somit rechtswidrig, so das Gericht. Führe aber nicht zu einem Beweisverwertungsverbot, sodass der Autofahrer zu einer Geldbuße verurteilt werden könne:

"Die Bildaufzeichnung des Betroffenen darf zu Beweiszwecken verwertet werden, da das erkennende Gericht trotz Fehler in der Beweiserhebung der Datenerfassung nicht von einem durchgreifenden Beweisverwertungsverbot ausgeht. (…)

Die anfängliche, anlasslose Datenerfassung erfolgte ohne gesetzliche Grundlage. Von Verfassungs wegen besteht jedoch kein Rechtssatz des Inhalts, dass im Fall einer rechtsfehlerhaften Beweiserhebung die Verwertung der gewonnenen Beweise stets unzulässig wäre. Auch im Strafverfahrensrecht besteht kein allgemein geltender Grundsatz, demzufolge jeder Verstoß gegen Beweiserhebungsvorschriften zugleich ein strafprozessuales Verwertungsverbot nach sich zieht.  Vielmehr ist die Frage, ob ein auf rechtswidrige Weise erlangtes Beweismittel zulasten des Betroffenen verwertet werden darf jeweils nach den Umständen des Einzelfalls, insbesondere nach der Art des Verbots und dem Gewicht des Verstoßes unter Abwägung der widerstreitenden Interessen zu entscheiden. (…)

Nach diesen vorgenannten Grundsätzen ist im vorliegenden Fall ein Beweisverwertungsverbot für die mittels des MonoCam-Systems erfassten Daten nicht anzunehmen.

Im Rahmen der gebotenen Gesamtschau bei wertender Betrachtung unter Berücksichtigung der schutzwürdigen Belange des Betroffenen überwiegt das allgemeine Interesse an der effektiven Abwehr von Gefahren, die von erheblichem Fehlverhalten, insbesondere der rechtswidrigen Benutzung von Mobiltelefonen im Straßenverkehr ausgehen."

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