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LG Frankfurt a.M.: Gleichstellungsbeauftragte kann eine relative Person der Zeitgeschichte sein

Die Gleichstellungsbeauftragte einer Kommune kann eine relative Person der Zeitgeschichte sein, wenn sie auf einer Veranstaltung Bilder von sich machen lässt, um diese über Medien verbreiten zu lassen. Dies hat die 17. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt am Main am 04.03.2008 entschieden.

Die Klägerin ist in der Stadtverwaltung von E. Gleichstellungsbeauftragte. Im Rahmen ihrer Verwaltungstätigkeit hat sie an der Vorbereitung und Durchführung des vierten H. Familientags mitgewirkt. An der Veranstaltung nahm die Klägerin in dieser beruflichen Eigenschaft teil, trug einen Anhänger, der sie als Funktionsträgerin auswies und stand zusammen mit anwesenden Prominenten auf der Bühne. Die Klägerin ließ sich bei der Veranstaltung mehrfach – jeweils als Teil einer Gruppe – zwecks Veröffentlichung ablichten.

Im Anschluss an den Familientag versandten die Beklagten an Mitglieder der Elterninitative eine E-mail mit der Bemerkung, im Anhang seien einige Impressionen vom Familientag. Der Anhang enthielt neben anderen Aufnahmen auch das streitgegenständliche Foto der Klägerin. Es war auf dem Familientag - von ihr unbemerkt - aufgenommen worden, als sie sich im Gespräch mit einer dritten Person befand.

Die Klägerin ließ die Beklagten abmahnen und zugleich auffordern, eine strafbewehrte Unterlassungserklärung abzugeben sowie Abmahnkosten zu begleichen. Die Beklagten erklärten fristgerecht, dass das Bild in keiner Weise mehr verwendet werden würde, gaben aber keine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab.

Die Klägerin verfolgt ihre Begehren mit der Klage weiter. Dem hat die 17. Zivilkammer nicht entsprochen. Sie führt in ihrer Entscheidung aus:

„Ein Anspruch auf ein strafbewehrtes Unterlassungsgebot besteht unter Berücksichtigung des öffentlichen Auftritts der Klägerin auf dem Familientag nicht.

Die Klägerin erstrebt die Unterlassung erneuter Verbreitung des Fotos. An der für die Zubilligung eines solchen Anspruchs gegenüber den Beklagten notwendigen Voraussetzung einer Wiederholungsgefahr fehlt es. .....Denn die Aufnahme und Weiterverbreitung des Fotos der Klägerin verletzte im damaligen Zusammenhang nicht deren Persönlichkeitsrecht….

… Das Recht am eigenen Bild ist eine besondere Ausprägung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Daraus ergibt sich, dass grundsätzlich allein der abgebildeten Person die Befugnis zusteht, darüber zu befinden, ob und in welcher Weise sie der Öffentlichkeit im Bild vorgestellt wird (ständige Rspr., vgl.BVerfG NJW 1973, 1226; BGH NJW 1996, 1128)....

…Eine konkludente Einwilligung der Klägerin in die Weiterverbreitung des Fotos lag allerdings nicht vor….

Zulässig ist die Weiterleitung einer Bilddatei jedoch, wenn sie lediglich der Bebilderung einer Berichterstattung über ein Ereignis der Zeitgeschichte dient und damit selbst ein „Bildnis aus dem Bereich der Zeitgeschichte“ darstellt (BGH NJW 2007, 1997).

Die Abbildung der Klägerin gehörte in einem zeitlich und örtlich begrenzten Rahmen zum Bereich der Zeitgeschichte; das Informationsinteresse der angesprochenen Öffentlichkeit überwog in diesem Zusammenhang das allgemeine Persönlichkeitsrecht; bei ihrer Verbreitung wurde kein berechtigtes Interesse der Klägerin verletzt und es ist nicht ersichtlich, dass die Beklagten eine erneute aus dem Zusammenhang gerissene Weiterverbreitung beabsichtigen.

Mit dem Bereich der Zeitgeschichte im Sinne von § 23 Abs. 1 Nr. 1 KUG erfasst sind Vorgänge, die zwischen Tagesaktualität und Geschichte angesiedelt sein können. Hierzu gehören beispielsweise öffentliche Sportveranstaltungen, spektakuläre Strafverfahren. Der H. Familientag ist in diesem Sinne Zeitgeschichte, er war h-weit von allgemeinem Interesse....“


Az.: 2-17 O 128/07

Quelle: Pressemitteilung des LG Frankfurt a.M. v. 19.03.2008

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