Ein Hostinganbieter haftet nach dem Digital Services Act (DSA) nur dann, wenn das vorgeschriebene Meldeverfahren eingehalten wurde. Formlose Hinweise per E-Mail oder andere Wege reichten nicht aus (LG Berlin II, Beschl. v. 07.08.2025 - Az.: 27 O 262/25 eV).
Der klägerische Gastronomiebetrieb wollte erreichen, dass bestimmte Online-Bewertungen über sein Restaurant entfernt werden. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung richtete sich gegen die Plattformbetreiberin als Hostdienstleisterin.
Die Bewertungen stammten von Dritten und beinhalteten subjektive Meinungsäußerungen zu Speisen und Dienstleistungen, u.a.
“Gar nicht meins. Salz-Pfeffer-Verhältnis hat überhaupt nicht gepasst”.
Das Gericht lehnte das Begehren der Antragstellerin ab.
1. Streitwert unter 5.000,- EUR, Amtsgerichte sind zuständig:
Zum einen unterschreite das Begehren den Streitwert von 5.000,- EUR, sodass nicht die Landgerichte, sondern die Amtsgerichte zuständig seien.
Die Antragstellerin habe aber nicht ausreichend dargelegt, dass die Sternebewertungen ihren Umsatz oder Ruf erheblich geschädigt hätten. Sternebewertungen seien heute ein übliches Mittel der Meinungsäußerung.
Dabei handele es sich nicht um überprüfbare Tatsachen, sondern um subjektive Einschätzungen wie etwa „Gar nicht meins. Salz-Pfeffer-Verhältnis hat überhaupt nicht gepasst“. Solche Aussagen seien gesellschaftlich akzeptiert und in ihrer Wirkung eher gering. Deshalb liege der Streitwert unter 5.000,- EUR:
"Zum anderen ist hier zu berücksichtigen, dass es sich bei der Bewertung von Restaurants und vergleichbaren gastronomischen Einrichtungen mittlerweile um ein Alltagsphänomen handelt, bei dem das verständige Publikum dem Umstand Rechnung trägt, dass es sich bei der vergebenen Sterneanzahl um keine dem Wahrheitsbeweis zugängliche Tatsachenbehauptung, sondern lediglich um eine wesentlich von Elementen des Meinens und Dafürhaltens geprägte Meinungsäußerung handelt.
Diese auch hier maßgebenden Einzelfallumstände mildern die ohnehin schon unterdurchschnittliche Eingriffsintensität der beanstandeten Äußerungen auf das Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Antragstellerin nochmals in erheblichem Umfang ab. Davon ausgehend ist eine Bemessung des Zuständigkeitsstreitwertes mit mehr als 5.000,00 EUR bei der Bewertung der hier streitgegenständlichen gastronomischer Dienstleistungen - anders als etwa bei der Bewertung von Dienstleistungen der freien Berufe wie Ärzten und Rechtsanwälten - erst recht nicht zu rechtfertigen (…)."
2. Meldeverfahren nach dem DSA nicht eingehalten:
Ein Unterlassungsanspruch gegen die Plattform bestehe nur, wenn diese von der Rechtsverletzung auf zumutbare Weise Kenntnis erlangt habe.
Das sei hier nicht der Fall gewesen.
Die Gastronomin habe nicht das vorgeschriebene Meldeverfahren gemäß DSA genutzt. Formlose Hinweise per E-Mail oder andere Wege reichten nach Ansicht des Gerichts nicht aus.
Der europäische Gesetzgeber verlange ein klar strukturiertes, leicht zugängliches Meldeverfahren. Ein solches habe die die Plattform auch angeboten. Deshalb könne der Plattform keine Kenntnis unterstellt werden:
"Gemessen daran war es der Antragsgegnerin bislang nicht unschwer möglich, die streitigen Äußerungen tatsächlich und rechtlich zu überprüfen. Denn die Antragstellerin hat bislang davon abgesehen, der Antragsgegnerin Kenntnis über das gemäß Art. 16 Abs. 1 und 2 der Verordnung (EU) 2022/2065 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 19. Oktober 2022 über einen Binnenmarkt für digitale Dienste und zur Änderung der Richtlinie 2000/31/EG (Digital Services Act, im Folgenden "DSA") für Hostingdienstanbieter verpflichtende - und von der Antragsgegnerin auch eingerichtete - Melde- und Abhilfeverfahren über die ihrer Auffassung nach persönlichkeitsrechtswidrigen Inhalte zu machen.
Gemäß Art. 16 Abs. 3 DSA ist von einer tatsächlichen Kenntnis oder einem Bewusstsein in Bezug auf die betreffende Einzelinformation bei Meldungen des Betroffenen aber ausschließlich dann auszugehen, wenn die Meldung des Betroffenen "nach diesem Artikel (…) erfolgt.
Davon abweichende Formen der Kenntnisverschaffung durch den Betroffenen sind ungeeignet, dem Hostingdienstanbieter in zumutbarer Weise Kenntnis von der angeblichen Persönlichkeitsrechtsverletzung zu verschaffen (…)."