Ein Online-Pflegeportal darf sich nicht als staatliche Institution ausgeben und keine falschen Erfolgsquoten angeben (LG München I, Urt. v. 30.06.2025 - Az.: 4 HK O 11665/24).
Die beklagte Firma betrieb das Portal “digitaler-pflegeantrag.de” und bot Verbrauchern an, online einen Pflegeantrag zu stellen und ihn an die entsprechenden behördlichen Einrichtungen weiterzuleiten.
Auf dieser Webseite wurde mit dem Slogan “Deutschland innovativ” und den Farben der deutschen Flagge geworben. Zudem wurde eine Erfolgsquote von 95 % bei Pflegeanträgen angegeben:
“95 %-Erfolgsquote Die Erfolgsquote einer positiven Bewilligung liegt bei 95 %. Tendenz steigend.”
Beides beanstandete nun das LG München I als irreführend.
1. Logo / Deutschland-Farben:
Das verwendete Logo der Webseite zusammen mit den Farben Schwarz-Rot-Gold und dem Slogan “Deutschland innovativ” könne beim Verbraucher den Eindruck erwecken, es handle sich um ein offizielles Angebot einer staatlichen Stelle.
Dies sei insbesondere deshalb der Fall, weil sich das Design optisch stark an das Logo des Bundesministeriums für Gesundheit anlehne. Diese gestalterische Nähe könne zur Verwechslung führen.
Dies sei irreführend, da keine staatliche Verbindung bestehe und somit ein unzutreffender Eindruck über die Herkunft des Angebots entstehe.
"Die Beklagte verstößt dadurch, dass sie das Logo (…) auf ihrem Internetauftritt verwendet, gegen § 3, 5 Abs. 1, Abs. 2 Nr. 3 UWG, da sie den irreführenden Eindruck erweckt, es handele es sich bei ihr um eine staatliche Institution.
Die Beklagte bietet auf ihrer Plattform Unterstützung bei der Beantragung oder Höherstufung von Pflegeleistungen an. Wendet sich ein durchschnittlicher Verbraucher zu diesem Zweck an die Internetseite der Beklagten und sieht das Logo (…), so wird an das Logo erinnert, das die Bundesregierung selbst verwendet (…) und von der Bundesregierung als Bild-Wortmarke verwendet wird.
Er wird daher, insbesondere auch, wenn er dann noch die Worte „Deutschland innovativ“ liest meinen, die Beklagte sei eine staatliche Institution, die von der Bundesregierung ermächtigt worden ist, das Logo (…) in abgewandelter Form zu benutzen.
Da dies nicht zutrifft, ist die Verwendung des vom Kläger angegriffenen Logos irreführend."
Die isolierte Benutzung der Deutschland-Farben alleinehingegen sei nicht zu beanstanden:
"In der Verwendung des Logos, das in der Anlage K 3 wiedergegeben ist, sieht die Kammer dagegen keinen Verstoß gegen Vorschriften des Wettbewerbsrechts.
Allein durch die Verwendung der Farben schwarz-rot-gold, die sich auch auf vielen anderen nicht staatlichen Websites befinden, wird nicht der Eindruck erweckt, die Beklagte sei eine staatliche Institution.
Die angesprochenen Verbraucher haben sich vielmehr daran gewöhnt, dass private Firmen, die Dienstleistungen in Deutschland bewerben, diese Farben benutzen."
2. Werbung mit Erfolgaquote:
Auch die Reklame, dass 95 % der Pflegeanträge erfolgreich seien, sei eine Täuschung.
Der durchschnittliche Nutzer könne glauben, dass die Nutzung der Webseite tatsächlich Einfluss auf den Erfolg des Pflegeantrags habe.
In Wahrheit hänge der Antragserfolg jedoch allein von den gesetzlichen Voraussetzungen ab und nicht von der Nutzung des Portals. Daher sei auch diese Aussage geeignet, Verbraucher zu täuschen:
"Wer im Internet unter der Überschrift „Warum Digitaler Pflegeantrag nutzen" Hilfe bei der Beantragung von Pflegestufen anbietet und mit einer 95 %-igen Erfolgsquote wirbt, erweckt den irreführenden Eindruck, diese Erfolgsquote hänge davon ab, ob man seine Website verwendet oder nicht. Dies ist jedoch unstreitig unzutreffend mit der Folge, dass dem Kläger diesbezüglich ein Unterlassungsanspruch aus §§ 5 UWG zusteht."