Wird für ein Produkt mit umweltbezogenen Angaben (hier: "nachhaltig"), so sind erhöhte Anforderungen an die Aufklärung des Begriffs zu stellen. Andernfalls liegt ein Wettbewerbsverstoß vor (OLG Bremen, Urt. v. 23.12.2022 - Az.: 2 U 103/22).
Die Beklagte warb für ihre Teesorten in der Lebensmittelzeitung mit folgenden Aussagen:
"nachhaltige [Teesorte]"
und
"ressourcenfreundlich"
und
"kurze Lieferwege"
Alle drei Statements stuften die Richter als Rechtsverletzung ein.
1., Nachhaltigkeit:
Zwar seien umweltbezogene Angaben grundsätzlich rechtlich zulässig. Jedoch bestünde in diesem Bereich ein erhöhter Aufklärungsbedarf:
"Allerdings ist die Werbung mit Umweltschutzbegriffen und -Zeichen ähnlich wie die Gesundheitswerbung nach strengen Maßstäben zu beurteilen. Mit der allgemeinen Anerkennung der Umwelt als eines wertvollen und schutzbedürftigen Gutes hat sich in den letzten Jahren zunehmend ein verstärktes Umweltbewusstsein entwickelt, das dazu geführt hat, dass der Verkehr vielfach Waren (Leistungen) bevorzugt, auf deren besondere Umweltverträglichkeit hingewiesen wird. (...)
Eine Irreführungsgefahr ist daher in diesem Bereich der umweltbezogenen Werbung besonders groß. Wie die angeführten Entscheidungen erkennen lassen, sind die beworbenen Pro dukte überdies regelmäßig nicht insgesamt und nicht in jeder Beziehung, sondern meist nur in Teil bereichen mehr oder weniger umweltschonender (weniger umweltstörender) als andere Waren. Unter diesen Umständen besteht ein gesteigertes Aufklärungsbedürfnis der angesprochenen Ver kehrskreise über Bedeutung und Inhalt der verwendeten Begriffe und Zeichen."
Da keine weitergehenden Erläuterungen zum Begriff der Nachhaltigkeit gegeben würde, fehle es an den notwendigen Informationen:
"Ausgehend hiervon erweist sich die angegriffene Werbung, soweit sie eine Beschreibung aller drei Teesorten als „nachhaltig“ erkennen lässt, als irreführend. Denn die Werbung lässt nach dem maßgeblichen Gesamteindruck aus Sicht der angesprochenen Fachkreise keine hinreichende Be nennung derjenigen Vorzüge erkennen, die die Auslobung der Nachhaltigkeit aus Sicht der Verfügungsbeklagten tragen soll."
2., Ressourcenfreundlich:
Die gleichen Maßstäbe wie beim Begriff "Nachhaltigkeit" seien bei der Aussage "ressourcenfreundlich" anzulegen, so das Gericht:
"Die Beschreibung als „ressourcenfreundlich“ bleibt ebenso unscharf wie die Auslobung als „nachhaltig*, so dass aus denselben Gründen, wie zuvor dargestellt, bereits die ohne Erläuterung angeführte, blickfangmäßige Auslobung des Kamillentees als ressourcenfreundlich eine Irreführungsgefahr begründet. (...)
Selbst wenn man dies aber anders sehen und annehmen wollte, dass der angesprochene Leser der Werbung sich nur die Vorstellung bildete, dass das Produkt in irgendeiner Hinsicht schonend für irgendeine Ressource sei, so erweist sich selbst eine solche Anpreisung als irreführend, da eine unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten vorläge."
3. Kurze Lieferwege:
"Die Beschreibung auf der abgebildeten Packungsvorderseite lässt es bereits nicht deutlich er kennen, dass die Herkunftsangabe „deutsch“ nur auf die Pfefferminze bezogen sein soll, nicht aber auch auf die Nanaminze.
Tatsächlich wird die Nanaminze, die die Verfügungsbeklagte für das von ihr beworbene Produkt verwendet, jedoch in Nordafrika angebaut. Die Gesamtdarstellung „kurze Lieferwege“ mit der Beschreibung „Medley aus Deutscher Pfefferminze und Nanaminze“ erweckt aus Sicht des angesprochenen Lesers aber den Eindruck, dass die Lieferwege kurz seien, weil die verwendeten Minzpflanzen in Deutschland hergestellt werde."