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OLG Köln: Mitstörerhaftung bei Online-Auktionen

Ende 2001 hatte das OLG Köln (Urt. v. 02.11.2001 - Az.: 6 U 12/01) entschieden, dass ein Online-Auktionshaus für Markenrechtsverletzungen, die die Kunden des Auktionshauses bei ihren Online-Angeboten begehen, nicht als Mitstörer haftet.

Dieses Urteil wurde Jahre später durch die Rolex-Entscheidung des BGH (Urt. v. 11. März 2004 - I ZR 304/01) in der Revisions-Instanz leicht modifiziert: Eine Haftungsprivilegierung komme nur hinsichtlich des Anspruches auf Schadensersatz in Frage, hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs greife das TDG nicht. Somit gelte für den Unterlassungsanspruch das allgemeine Zivilrecht. D.h. eine Störerhaftung komme dann in Frage, wenn das Online-Auktionshaus die tatsächliche Möglichkeit habe, die rechtswidrige Handlung zu verhindern.

Der BGH verwies die Sache zur endgültigen Entscheidung wieder an das OLG Köln. Diese Entscheidung liegt nun vor: Urt. v. 18.03.2005 - Az.: 6 U 12/01 a.

Daraus sind zwei Aspekte bemerkenswert.

Zum einen die Frage, ob "ein Handeln im geschäftlichen Verkehr" vorliegt und somit das MarkenG überhaupt Anwendung findet, wenn jemand beliebig Dritte das geschützte Kennzeichen verwendet:

"Der Senat hat (...) davon auszugehen, dass die Dritten, welche im Rahmen der von der Beklagten veranstalteten Fremdauktionen Uhren nach Maßgabe der in den Tenor dieses Urteils eingeblendeten acht Beispiele angeboten haben, hierbei im geschäftlichen Verkehr (...) gehandelt haben.

Der Begriff des geschäftlichen Verkehrs ist weit auszulegen und erfasst jede Handlung, die der Förderung eines eigenen oder fremden Geschäftszwecks dient, ohne dass es z.B. auf Gewinnerzielungsabsicht oder (...) Entgeltlichkeit ankäme (...). Ausgenommen sind u.a. zwar rein private Tätigkeiten (...). Indes kann auch der Verkauf durch Private bei Hinzutreten bestimmter Umstände geschäftsmäßig sein. Hiervon ist im Interesse eines wirksamen Markenschutzes insbesondere dann auszugehen, wenn Ware außerhalb des Privatbereichs einer unbestimmten Vielzahl von Personen - nicht notwendig gegen Entgelt - angeboten wird (...).

Nach Maßgabe dieser Kriterien steht ohne weiteres zu vermuten, dass die im Rahmen einer Internetauktion (...) tätigen Anbieter stets im geschäftlichen Verkehr (...) handeln. Sie bieten nämlich ihre Ware, im Streitfall Armbanduhren, außerhalb ihrer Privatsphäre einem unbekannten und nach Anzahl nicht bestimmbaren, infolge der Öffentlichkeit des "world wide web" sogar denkbar großen Personenkreis, mit dem Ziel an, einen möglichst hohen Verkaufspreis zu erzielen.

Angesichts dessen spielt es daneben keine Rolle, ob die Anbieter sonst unternehmerisch oder gewerblich tätig sind, in welchem Umfang und mit welcher Häufigkeit sie Angebote in die Internetplattformen einstellen und welcher Art die offerierten Artikel sind."


Der zweite Aspekt betrifft die Mitstörerhaftung:

"Die Beklagte haftet wegen dieser von Dritten begangenen Markenverletzungen (...) als Störerin auf Unterlassung.

Unter Bezugnahme auf seine ständige Rechtsprechung (...) hat der Bundesgerichtshof in dem Revisionsurteil vom 11.03.2004 festgestellt, dass als Störer jeder auf Unterlassung in Anspruch genommen werden kann, der unter Verletzung eigener Prüfungspflichten willentlich und adäquat-kausal an der Verletzung von Immaterialgüterrechten mitwirkt. Diese Voraussetzungen liegen im Streitfall vor.

Dass die Beklagte durch das Betreiben einer Internet-Plattform einen im genannten Sinne ursächlichen Tatbeitrag zu den dargestellten Markenverletzungen der Anbieter leistet, bedarf keiner weiteren Erörterung. Sie wendet überdies ohne Erfolg ein, dass ihr keine Verletzung zumutbarer Prüfungspflichten vorgeworfen werden könne.

Nach Maßgabe des Revisionsurteils ist die Beklagte, so sie auf klare Markenverletzungen hingewiesen wird, nicht nur verpflichtet, das konkrete Uhrenangebot unverzüglich zu sperren, sondern auch - in welcher technischen Weise auch immer - dafür Sorge zu tragen, dass es zu keinen weiteren Rechtsgutverletzungen mehr kommt.

Es ist unstreitig und wird überdies durch ihr eigenes Rundschreiben vom 22.11.1999 (...) belegt, dass ihr zu diesem Zeitpunkt die Existenz unter Verletzung auch der klägerischen Marken erfolgter sogenannter Privatauktionen auf ihren Webseiten bekannt war.

Jedenfalls in den vorstehend zu Ziffer 2.a) aufgezeigten und zum Teil beispielhaft in den Tenor aufgenommenen Fällen, welche sämtlich aus Zeiträumen danach stammen, kann aber kein ernsthafter Zweifel bestehen, dass es sich insgesamt um für die Beklagte als solche klar erkennbare, evidente Markenverletzungen handelte."


Siehe zu dem ganzen auch unsere Rechts-FAQ "Recht der Neuen Medien", Punkt 10 "Haftung von Online-Auktionshäusern".

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