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AG München: Zahlungsverpflichtung bei Mehrwerten

Zur Begründung einer Zahlungsverpflichtung nach Inanspruchnahme sogenannter "Mehrwertdienste" im Telekommunikationsnetz bedarf es einer bewussten Willenserklärung des Nutzers. Hieran kann es nach der konkreten Gestaltung der Internetseite eines Anbieters im Einzelfall fehlen.

Die (spätere) Klägerin bietet Telekommunikationsdienstleistungen an. So kann über ihr Netz u. a. eine Verbindung zu einem weiteren Dienstleister hergestellt werden, der es ermöglicht, nach Herunterladen einer Zugangssoftware Zugriff zu Erotikbildern zu erhalten.

Der in München ansässige (spätere) Beklagte servte Ende Februar 2003 im Netz und kam so auch auf die Seite der späteren Klägerin. Nach einigen Mausklicks hatte er das Angebot des Mehrwertdienstes des weiteren Anbieters vor Augen. Noch am selben Tag und einen Tag später nutzte er das Angebot, offenbar in der Annahme, dies sei alles kostenlos. Er war dann überrascht, als er einige Zeit später eine Rechnung der Klägerin in Höhe von 135,00 EUR für diese Nutzung erhielt. Er zahlte nicht, so dass der Fall vor das Amtsgericht München kam. Der Anbieter der Erotikbilder hatte seinen Zahlungsanspruch an die Klägerin abgetreten.

Die Klägerin trug vor, dass die einzelnen Schritte des Zugangs zu den Erotikseiten und deren Entgeltlichkeit für den Nutzer klar und eindeutig auf den Internetseiten beschrieben seien. So sei dort u.a. nach Aufführen der Telefonnummer, die zum Aufruf der Erotikseiten gewählt werden musste, eingeblendet, dass der Aufruf der Erotikbilder in der ersten Minute bereits 45,00 EUR kostet, sodann in den nächsten Minuten 0,59 EUR pro Minute. Da die Einzelverbindungsnachweise seines Telefonanschlusses die Einwahl der Nummer bestätigten, müsse der Beklagte aufgrund seiner Nutzungszeit 135,00 EUR bezahlen.

Dies sah der Beklagte ganz anders. Er habe lediglich auf den Startseiten gesehen, dass dort fettgedruckt stand:"GRATIS DOWNLOAD", so dass er der Meinung gewesen sei, dass die Nutzung dieser Seiten nach Einwahl der Telefonnummer kostenlos sei.

Dieser Meinung schloss sich der zuständige Richter des Amtsgerichts München an. Dem Klicken des Beklagten auf den Button "Ja, weiter!" komme im vorliegenden Fall nicht die Bedeutung einer rechtsgeschäftlichen Willenserklärung zu. Es fehle am Erklärungsbewusstsein. Der Hinweis auf die Kosten sei viel zu klein gedruckt, wenn man die übrige Schrift der Internetseite, insbesondere den vorherigen "GRATIS DOWNLOAD" berücksichtige. Das "GRATIS" lediglich die Zugangssoftware heruntergeladen werden konnte, nicht jedoch die Erotikbilder selbst, sei angesichts der Gesamtgestaltung der Internetseite nicht klar und eindeutig und müsse sich dem Nutzer nicht ohne weiteres erschließen. Vielmehr habe der Beklagte, der vorher kostenlos Internetseiten genutzt habe, nicht damit rechnen müssen, plötzlich mit einer extrem kostenintensiven Nutzung weitere Internetseiten konfrontiert zu werden.

Die Klägerin blieb daher auf ihrem Anspruch sitzen. Das Urteil ist rechtskräftig.

Urteil des Amtsgerichts München vom 25.07.2005 (Aktenzeichen: 163 C 13423/05)

Quelle: Pressemitteilung des AG München v. 12.09.2005

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