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Kategorie: Wirtschaftsrecht

OLG Frankfurt a.M.: Nicht-binäre Person hat keinen Anspruch auf geschlechtsneutrale Anrede in Gerichtsschreiben

Die wiederholte männliche Ansprache einer nicht-binären Person in Gerichtsschreiben ist kein Justizverwaltungsakt und daher nicht gerichtlich überprüfbar.

Die antragstellende nicht-binäre Person wendet sich gegen die Ansprache „Sehr geehrter Herr (...)" in verfahrensleitenden Schreiben des Landgerichts Frankfurt am Main im Rahmen eines Berufungsstrafverfahrens. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) hat nun entschieden, dass diese Schreiben keine Justizverwaltungsakte darstellen, so dass der eingeschlagene Rechtsweg unzulässig ist.

Die antragstellende Person ist nicht-binär und hat einen gestrichenen Geschlechtseintrag. Gegen sie wird beim Landgericht Frankfurt am Main ein Berufungsstrafverfahren wegen Beleidigung geführt. 

In diesem Zusammenhang ist die antragstellende Person wiederholt in gerichtlichen Schreiben mit „Sehr geehrter Herr (...)“ angesprochen worden. 

Hiergegen richtet sich der Antrag der antragstellenden Person auf gerichtliche Entscheidung gem. § 23 EGGVG. Es soll festgestellt werden, dass die wiederholte männliche Ansprache durch das Landgericht rechtwidrig ist. Zudem soll das Landgericht verpflichtet werden, eine männliche oder weibliche Ansprache gegenüber der antragstellenden Person zu unterlassen.

Der zuständige 3. Strafsenat des OLG hat den Antrag als unzulässig zurückgewiesen. 

Der eingeschlagene Rechtsweg (§ 23 EGGVG) sei nicht eröffnet, begründete er die Entscheidung. Hier gehe es nicht - wie erforderlich - um die Beseitigung, Vornahme oder Feststellung der Rechtswidrigkeit eines Justizverwaltungsaktes. Unter den Begriff des Justizverwaltungsaktes fielen Anordnungen, Verfügungen oder sonstige Maßnahmen, die von den Justizbehörden zur Regelung einzelner Angelegenheiten auf den Gebieten u.a. der Strafrechtspflege getroffen werden. 

Die hier beanstandete männliche Ansprache sei insoweit kein tauglicher Streitgegenstand. 

Voraussetzung sei stets, dass die fragliche Maßnahme eine einzelne Angelegenheit „regelt“. Die hier zugrundeliegenden Schreiben hätten sich jedoch nur auf die geänderte Terminplanung, die Übersendung einer Anlage und auf neue konkrete Berufungshauptverhandlungstermine bezogen. „Die in diesen Schreiben jeweils enthaltene männliche Ansprache „Sehr geehrter Herr (...)“ enthält damit keine Regelung an sich. Sie ist vielmehr lediglich ein formeller Beginn und Ausdruck einer gängigen Höflichkeit einer schriftlichen Kommunikation. Regelungsgehalt haben ausschließlich die an die antragstellende Person gerichteten Schreiben als Ganzes“, erläuterte der Senat.

Die durch die antragstellende Person beanstandete männliche Ansprache stelle auch keine Maßnahme dar, die durch eine Justizbehörde getroffen worden sei. Die Schreiben unterfielen dem Bereich der sog. justizförmigen Verwaltungstätigkeit. 

Es handele sich zwar nicht um Rechtsprechung im engeren Sinne, wohl aber um richterliche Tätigkeit, die in richterlicher Unabhängigkeit ausgeübt werde. Bei den streitigen verfahrensleitenden und -fördernden Maßnahmen im Zusammenhang mit der Anberaumung der Berufungshauptverhandlung habe das Landgericht Frankfurt am Main damit nicht als Justizbehörde gehandelt.

Die Entscheidung ist nicht anfechtbar.

Oberlandesgericht Frankfurt am Main, Beschluss vom 28.10.2025, Az. 3 VAs 9/25

Quelle: Pressemitteilung des OLG Frankfurt a.M. v. 18.11.2025

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