Service-Entgelte auf Kreuzfahrten, die zwingend anfallen und nicht in das Belieben des jeweiligen Kunden stehen, müssen in den anzugebenden Gesamtpreis mit einberechnet werden. Dies gilt auch dann, wenn das Service-Entgelt durch den Kunden abgeändert oder ganz gestrichen werden kann (OLG Hamm, Beschl. v. 15.07.2024 - Az. 1-4 W 25/23).
Die Beklagte, eine Kreuzfahrtgesellschaft, bewarb in ihren Werbeprospekten Seereisen mit entsprechenden Preisen. In die Werte waren jedoch das obligatorische Service-Entgelt von 14,50 USD/Tag nicht mit einberechnet.
Bereits im Jahr 2015 war die Beklagte entsprechend gerichtlich verurteilt worden.
Die Klägerin stellte daraufhin aufgrund der aktuellen Werbung einen entsprechenden Ordnungsmittel-Antrag.
Die Beklagte verteidigte sich damit, dass im vorliegenden Fall das Service-Entgelt von dem Kunden abgeändert bzw. ganz gestrichen werden könne und somit das ursprüngliche Urteil nicht greife. Außerdem habe ein Dritter die Preise ermittelt und nicht sie selbst, sodass ihr kein Vorwurf gemacht werden könne.
1. Verstoß gegen PAngVO:
Das OLG Hamm nahm auch im vorliegenden Fall einen Verstoß gegen die PAngVO an.
Nach § 3 Abs.1 PAngVO müsse ein Gesamtpreis gebildet werden, wenn es sich um obligatorische Kosten handle. Daran ändere auch der Umstand nichts, wenn der Kunde dem Service-Entgelt widersprechen könne.
“Bei der Service- bzw. Trinkgeldpauschale i.H.v. täglich USD 14,50, die dem Bordkonto der Kreuzfahrtpassagiere von der Reederei automatisch berechnet werden und die die Schuldnerin bei der Ermittlung des von ihr angegebenen Gesamtpreises unstreitig unberücksichtigt gelassen hat, handelt es sich um ein obligatorisches Serviceentgelt in diesem Sinne. Denn nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (…) stellt ein für den Service an Bord eines Kreuzfahrtschiffs grundsätzlich zu zahlendes Entgelt, das bereits im Vorfeld der Reise betragsmäßig feststeht und dem Bordkonto der/des Reisenden automatisch belastet wird, einen Preisbestandteil dar, der in den nach § 3 I PAngV anzugebenden Gesamtpreis einzubeziehen ist (…).”
Auch ein etwaiges Widerspruchsrecht des Kunden ändere an dieser Einstuftung nichts:
"Dem steht nicht entgegen, dass das Serviceentgelt nach dem unbestrittenen Vortrag der Streithelferin von den Reisenden während der Kreuzfahrt durch Mitteilung gegenüber dem Servicepersonal oder eigenhändige Eingabe im Bordkonto jederzeit betragsmäßig geändert oder sogar gänzlich gestrichen werden kann, so dass es letztlich nicht in jedem Fall zwingend (in der durch die Reederei vorgegebenen Höhe) anfällt.
Wie der Bundesgerichtshof zutreffend ausgeführt hat, betrachtet der angesprochene Verbraucher - dies ist letztlich entscheidend - das Serviceentgelt als ein obligatorisch anfallendes, der Höhe nach bereits bestimmtes (Teil-)Entgelt für die Kreuzfahrt, dessen Reduzierung oder gar gänzliche Stornierung durch ihn nur unter bestimmten Umständen - insbesondere bei (gravierenden) Beanstandungen - gerechtfertigt ist (…).
Dies deckt sich letztlich auch mit der Erwartungshaltung, die den Reisenden auf der von der Schuldnerin beworbenen Seereise von Seiten der Reederei bzw. unmittelbar an Bord des Kreuzfahrtschiffs entgegengebracht wird. Hierzu hat die Streithelferin der Schuldnerin unwidersprochen ausgeführt, dass die Zahlung eines Trinkgeldes in der US-amerikanischen Kreuzfahrtbranche einen deutlich wichtigeren Stellenwert einnehme, als dies etwa bei europäischen Reedereien der Fall sei."
2. Fahrlässiges Handeln der Beklagten:
Die Beklagte habe zumindestens fahrlässig gehandelt, da sie Daten des Dritten hätte überprüfen müssen:
"Gemessen hieran hat die Schuldnerin jedenfalls fahrlässig gehandelt.
Denn nach den unnagegriffenen Feststellungen des Landgerichts hat sie keine Maßnahmen ergriffen, um die Einhaltung der Unterlassungsverpflichtung durch die Streitverkündete zu kontrollieren und zu überwachen.
Soweit die Schuldnerin hiergegen einwendet, sie habe keine Veranlassung gehabt, die von der Streithelferin ermittelten und im Werbeprospekt angegebenen Gesamtpreise in Frage zu stellen, verkennt sie in diesem Zusammenhang die Bedeutung des gegen sie ergangenen Unterlassungstitels.
Auch wenn dieser aus einer Zeit stammt, als die Schuldnerin noch nicht mit der Streithelferin, sondern stattdessen mit einem anderen Reiseveranstalter vertraglich verbunden war, hat er der Schuldnerin unmissverständlich vor Augen geführt, welche Bedeutung etwaigen an Bord erhobenen Servicepauschalen bei der Bewerbung von Schiffskreuzfahrten im Hinblick auf den anzugebenden Gesamtpreis zukommt.
Insoweit hat es der Schuldnerin zur Wahrung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt oblegen, (auch) in der Zusammenarbeit mit der Streithelferin besondere Sicherungsmechanismen einzuziehen, um künftige Verstöße gegen die PAngV zu verhindern. Gegen diese Ob liegenheit hat die Schuldnerin verstoßen, indem sie weder die Streithelferin hinreichend über das aus dem Urteil des Landgerichts (…) folgende Unterlassungsgebot sensibilisiert noch ausreichende eigene Vorkehrungen getroffen hat, um die Beachtung des Unterlassungsgebots durch die Streithelferin zu überwachen."
3. Ordnungsgeld iHv. 25.000,- EUR:
Das Gericht bewertete aufgrund des Verstoßes ein Ordnungsgeld iHv. 25.000,- EUR für angemessen:
"Schließlich gibt es auch gegen die Höhe des vom Landgericht festgesetzten Ordnungsgeldes nichts zu erinnern. Bei der Wahl und Bemessung der Ordnungsmittel steht dem Tatrichter ein Ermessen zu (…). (…)
Wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, ist bei der Bemessung des gegen die Schuldnerin aufgrund des begangenen Verstoßes festzusetzenden Ordnungsgeldes zu ihren Gunsten zu berücksichtigen, dass es sich - soweit bekannt - um den ersten Verstoß gegen den bereits sieben Jahre alten Unterlassungstitel handelt. Auch mag in diesem Sinne weiter zu berücksichtigen sein, dass die Schuldnerin lediglich fahrlässig handelte, wenngleich das Organisationsversagen der Schuldnerin, die keinerlei Vorkehrungen getroffen hatte, um die Beachtung des Unterlassungstitels durch die Streithelferin sicherzustellen, bereits als grob fahrlässiger Verstoß einzustufen sein dürfte."
Und weiter:
“Allerdings sprechen - wie das Landgericht in dem angegriffenen Beschluss und dem Nichtabhilfebeschluss vom 04.04.2023 zutreffend ausgeführt hat insbesondere die Marktstellung der Schuldnerin, der Verbreitungsgrad der Werbemaßnahme (einige hunderttausend Exemplare , die in sämtlichen Filialen des Vertriebsgebiets ... auslagen und zudem an Bestandskunden verschickt wurden) und die Größenordnung der von der Schuldnerin mit Pauschalreisen erwirtschafteten Umsatzes („geringer zweistelliger Millionenbetrag“) bereits gegen die Festsetzung eines geringeren Ordnungsgeldes.
Dies gilt insbesondere auch mit Blick darauf, dass allein der Verkauf einer der bewor- benen Reisen der Schuldnerin einen Umsatz i.H.v. mindestens € 6.999,00 - dies allein entspricht bereits knapp einem Drittel des verhängten Ordnungsgeldes - bescherte. Bei einem niedriger bemessenen Ordnungsgeld stünde zu befürchten, dass dieses für die insgesamt besonders umsatz- starke Schuldnerin nicht ausreichend spürbar wäre, um sie zukünftig von weiteren Verletzungshandlungen zuverlässig abzuhalten.”