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Kategorie: Onlinerecht

LG Frankfurt a.M.: Punkteabzug des DFB gegenüber SV Waldhof Mannheim unwirksam

Das Landgericht Frankfurt a. M. hat heute entschieden, dass der Deutsche Fußballbund e.V. (DFB) nicht berechtigt ist, dem Fußballclub SV Waldhof Mannheim wegen Vorkommnissen in zwei Relegationsspielen zum Aufstieg in die 3. Liga 2018/2019 drei Punkte abzuziehen (Aktenzeichen 2-06 O 420/18).

SV Waldhof Mannheim nahm in der Saison 2017/2018 am Spielbetrieb der Regionalliga Südwest teil und qualifizierte sich als Zweitplatzierter für die Aufstiegsrunde. Die Aufstiegsspiele werden vom DFB als „Bundesspiele“ veranstaltet. Relegationsspiele fanden am 24.5.2018 in Duisburg und am 27.5.2018 in Mannheim statt. SV Waldhof Mannheim unterlag in beiden Partien. Anhänger des Vereins führten in beiden Spielen pyrotechnische Aktionen durch, die bei der Begegnung in Mannheim kurz vor Spielende zum Spielabbruch führten.

In einem verbandsinternen Sportgerichtsverfahren wurde SV Waldhof Mannheim wegen dieser Geschehnisse letztinstanzlich von dem Berufungsgericht des DFB zu einer Geldstrafe von 25.000 € und einem Abzug von drei Punkten verurteilt. Gegen diesen Punkteabzug hat SV Waldhof Mannheim vor dem Landgericht Frankfurt a. M. im heute entschiedenen Verfahren geklagt.

„Selbstverständlich stellen das Entzünden pyrotechnischer Gegenstände und gewalttätige Auseinandersetzungen erhebliche Gefahren für alle im Stadion befindlichen Personen dar“, stellte die zuständige Kammer des Landgerichts in ihrem heutigen Urteil klar. „Die Aberkennung von drei Punkten kann aber nach den Grundsätzen von Treu und Glauben keinen Bestand haben“, so die Richter.

Die Sportgerichtsbarkeit des DFB sei zwar grundsätzlich befugt, Ordnungsmaßnahmen zu verhängen. Verbandsgerichtliche Entscheidungen unterlägen jedoch der gerichtlichen Kontrolle. Mit Rücksicht auf die Verbandsautonomie sei die gerichtliche Nachprüfung teilweise eingeschränkt und umfasse vorrangig formale Aspekte des sportgerichtlichen Verfahrens. Da der DFB jedoch eine überragende Machtstellung im wirtschaftlichen und sozialen Bereich habe, sei die Entscheidung seines Berufungsgerichts im vorliegenden Fall vollständig darauf überprüfbar, ob ein angemessener Ausgleich der jeweiligen Interessen stattgefunden habe.

Ausweislich seiner Satzung fühle sich der DFB in hohem Maße dem Gedanken des Fair Play verbunden. Der Fair Play-Gedanke könne grundsätzlich auch Punkteabzüge rechtfertigen. Der Vorsitzende der Kammer erklärte heute: „Der Punktabzug verfälscht den sportlichen Wettbewerb. Diesen in fairer Weise zu fördern, ist oberster Satzungszweck des DFB. Ein Punktabzug ist daher in aller Regel nur gerechtfertigt, wenn er dazu dient, einen unberechtigt oder in sonstiger Weise unfair erlangten Vorteil wieder rückgängig zu machen.“ SV Waldhof Mannheim habe in den beiden von pyrotechnischen Vorkommnissen begleiteten Relegationsspielen aber verloren. „Der vom Sportgericht verhängte Punkteabzug korrigierte daher nicht die Punkteverteilung in diesen Spielen, sondern entfaltete seine Wirkung auf die gesamte nächste Spielsaison, die mit den Vorfällen in den Relegationsspielen in keinem Zusammenhang steht.“

Beim verhängten Punkteabzug sei auch nicht beachtet worden, dass der Gedanke des Fair Play vor allem auch gegenüber den Spielern gelte, „die nach hartem Training in einem fairen Spiel alles daran setzen, einen Sieg (…) zu erringen, die um den Aufstieg in eine höhere Liga kämpfen und die unmittelbar für die Vorfälle nicht verantwortlich sind“, so das Landgericht. Die Interessen der Spieler, die kein Verschulden treffe, habe das Berufungsgericht des DFB nicht berücksichtigt. Sie seien aber erheblich. Ein Abzug von drei Punkten könne den Aufstieg in die 3. Liga verhindern. Das habe für jeden Spieler unmittelbare, auch finanzielle Auswirkungen. Dem könne auch nicht entgegengehalten werden, dass SV Waldhof Mannheim derzeit Tabellenführer sei und nach sportlichen Kriterien gegenwärtig in die 3. Liga aufsteigen würde.

Das heutige Urteil verpflichtet den DFB bzw. seine Mitgliedsverbände, den Punkteabzug zu beseitigen. Die Entscheidung des Landgerichts ist nicht rechtskräftig. Gegen sie kann binnen eines Monats bei dem Oberlandesgericht Frankfurt a. M. Berufung eingelegt werden.

Quelle: Pressemitteilung des LG Frankfurt a.M. v. 20.03.2019

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