Der BGH hat dem EuGH zwei Fragen zur Vorabentscheidung vorgelegt, die sich auf die Konsequenzen beziehen, wenn bei einem Online-Vertrag das Muster-Widerrufsformular fehlt (BGH, Beschl. v. 22.10.2025, Az.: I ZR 192/24).
Ein Verbraucher schloss online einen Maklervertrag zur Vermittlung eines Hauses ab. Die Maklerin informierte ihn per E-Mail über sein Widerrufsrecht und bat um eine Bestätigung, damit er das Exposé erhalten konnte. Der Kunde klickte auf den Link, bestätigte die Belehrung und erhielt die Unterlagen. Ob das gesetzlich vorgesehene Muster-Widerrufsformular mitgeschickt wurde, war zwischen den Parteien umstritten. Der Kunde kaufte das Haus und zahlte die Maklerprovision.
Einige Monate später widerrief er den Maklervertrag und forderte sein Geld zurück.
Das LG Mannheim und das OLG Karlsruhe wiesen die Klage ab. Beide Gerichte sahen den Widerruf entweder als verspätet oder als durch Vertragserfüllung erloschen an. Der BGH setzte das Verfahren aus und legte dem Europäischen Gerichtshof zwei Fragen vor.
"1 Beginnt die vierzehntägige Widerrufsfrist des Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2011/83/EU zu laufen, wenn der Unternehmer dem Verbraucher das Muster-Widerrufsformular nicht zur Verfügung gestellt hat?
2. Ergibt sich aus Bestimmungen der Richtlinie 2011/83/EU, dass das Widerrufsrecht des Verbrauchers nach Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie fortbesteht, obwohl sowohl er als auch der Unternehmer einen zwischen ihnen geschlossenen Fernabsatzvertrag vollständig erfüllt haben? Gilt dies gegebenenfalls jedenfalls dann, wenn der Unternehmer dem Verbraucher das Muster-Widerrufsformular nicht zur Verfügung gestellt hat?"
Anmerkung von RA Dr. Bahr:
Nach Ansicht der BGH-Richter besteht nachfolgender Klärungsbedarf: Zum einen ist unklar, ob die Widerrufsfrist überhaupt zu laufen beginnt, wenn der Unternehmer dem Verbraucher das Muster-Widerrufsformular nicht zur Verfügung stellt. Zum anderen ist fraglich, ob das Widerrufsrecht auch dann noch besteht, wenn der Vertrag vollständig erfüllt wurde, also der Makler seine Dienstleistung erbracht und der Verbraucher gezahlt hat.
Die Antwort des EuGH dürfte weitreichende praktische Konsequenzen nach sich ziehen.